Protokoll der Sitzung vom 16.02.2010

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Gesetze wollen wir heute endgültig verabschieden. Während mein Kollege Karl-Heinrich Langspecht gleich zum Wassergesetz sprechen wird, werde

ich mich auf das NUVP-Gesetz und auf das Naturschutzgesetz konzentrieren.

Alle Gesetze treten wie das entsprechende Bundesgesetz zum 1. März 2010 in Kraft. Das ist richtig und wichtig; denn damit vermeiden wir rechtliche Unklarheit und Unsicherheit. Damit wäre niemandem geholfen; denn die Zuständigkeit von Gesetzen muss für die Menschen, die sie täglich anwenden, klar sein. Das ist bei uns in Niedersachsen ab dem 1. März 2010 eindeutig der Fall.

(Beifall bei der CDU)

Nachdem CDU und FDP am 2. November 2009 angekündigt hatten, dass das Naturschutzrecht geändert werden soll, sind die entsprechenden Gesetzentwürfe allen Fraktionen hier im Hause am 23. November 2009 zugegangen. Am 30. November 2009 haben wir uns im Umweltausschuss über den Kreis der Anzuhörenden verständigt und auf die Verbände geeinigt, die bei den Anhörungen am 8. Januar, am 11. Januar und am 13. Januar 2010 vorgetragen haben. Bei den Anhörungen haben wir zum Naturschutzrecht 16 Verbände, zum Wassergesetz 11 Verbände und zum NUVP-Gesetz zwei Verbände angehört.

Ich erzähle Ihnen das heute so deutlich, weil die Damen und Herren auf der linken Seite dieses Hauses gleich erzählen werden, dass nach ihrer Auffassung die Gesetzentwürfe viel zu spät vorgelegen hätten, dass keine Zeit für die Vorbereitung der Anhörung gewesen sei, dass die Beratungen in einer hektischen Atmosphäre verlaufen seien

(Zustimmung von Miriam Staudte [GRÜNE])

und dass die Gesetze - ich gebrauche hier bewusst die Worte meiner Kollegen von der SPD - „durchgepeitscht“ worden seien.

(Zustimmung bei der SPD)

Dem, meine sehr geehrten Damen und Herren, will ich an dieser Stelle entschieden entgegentreten. Sicherlich war es kein Schlafwagentempo, mit dem wir die Entwürfe hier beraten haben, und sicherlich kann man Gesetze auch mit deutlich mehr Zeit beraten. Aber wenn der Bundesgesetzgeber und frühere Bundesumweltminister Sigmar Gabriel im Rahmen seiner Gesetze solche Vorgaben macht, dann kann man zwei Dinge tun: Man kann entweder als Abgeordneter kapitulieren, wie es einige Kollegen in diesem Hause vorgehabt haben, oder man kann die Ärmel aufkrempeln und Regelungen treffen, die für die Menschen und für die Natur in

Niedersachsen wichtig sind und auch der Wirtschaft in Niedersachsen Sicherheit bei Investitionen geben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben uns für die zweite Alternative entschieden. Das können die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen auch erwarten.

Während vor der Föderalismusreform der Bund das Rahmenrecht vorgab und die Länder dieses Rahmenrecht ausfüllten, gibt es jetzt unmittelbar geltendes Bundesrecht und daneben ausführendes Landesrecht. Das heißt mit einfachen Worten: Das, was der Bund regelt, darf das Land nicht mehr regeln, und nur das, was der Bund nicht regelt, findet Aufnahme in das Landesrecht.

Das NUVPG, das Niedersächsische Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, ist ein sehr schlankes Gesetz. Viele Regelungen, die der Bund auf die Bundesebene gezogen hat, mussten aus unserem NUVPG gestrichen werden. Neu in das Landesgesetz aufgenommen wurden im Wesentlichen nur Regelungen über die Flurbereinigung und zu den Privatstraßen - zur Flurbereinigung deshalb, weil diese ab dem 1. März 2010 in die Länderkompetenz fällt, und zu den Privatstraßen, weil es für die Natur unerheblich ist, ob eine Straße öffentlich oder privat ist; der Neubau beider Straßen ist ein Eingriff in die Natur und deshalb UVPpflichtig.

Wesentlich umfangreicher ist das neue Naturschutzrecht. Über unser Naturschutzgesetz ist hier in Niedersachsen in den vergangenen Wochen sehr intensiv diskutiert worden: bei der Einbringung der Gesetzentwürfe, bei der Anhörung und auch im Rahmen der Ausschussberatungen. Wir haben uns - das kann ich für die CDU-Fraktion und auch für die FDP-Fraktion deutlich sagen - mit allen Argumenten auseinandergesetzt, mit den Betroffenen Gespräche geführt und das Für und Wider einzelner Regelungen sorgfältig gegeneinander abgewogen.

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die jetzt vorliegenden Gesetzesfassungen, die heute beschlossen werden, viele der Anregungen aufgreifen und in unser Recht hier in Niedersachsen umsetzen. Das gilt für die Landschaftsplanung und auch für die Anwendung der Eingriffsregelung. Wir haben uns nämlich dafür entschieden, eine Bagatellregelung für Eingriffe, wie sie der Bund vorsieht, in Niedersachsen abzulehnen, weil es den Beteiligten nicht zu vermitteln ist, dass für kleine Maß

nahmen, die keiner behördlichen Genehmigung bedürfen, riesige bürokratische Prozesse in Gang gesetzt werden müssen. Auch das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein Beitrag zum Abbau von Bürokratie.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ein wichtiges Ergebnis der Anhörung war auch die Schaffung eines Ausnahmetatbestandes für Tiergehege in § 30/1 unseres Gesetzes. Hier schaffen wir eine flexible Regelung gerade für die Halter von wenigen Tieren, wie z.B. Falkner mit einem oder zwei Greifvögeln, die wegen des Bundesrechts in großer Sorge waren, dass sie zukünftig wie große Tiergehege, wie große Zoos behandelt würden. Wir haben die Sorgen und Nöte der Falkner ernst genommen und hier eine Regelung geschaffen, die sich an dem orientiert, was praxisgerecht ist.

Bei den Mitwirkungsrechten der Verbände gilt in Zukunft im Wesentlichen das, was auch zurzeit gilt. Insofern haben wir die Anregungen des NABU und des BUND aufgegriffen und hier keine Änderungen gegenüber dem Bundesrecht vorgenommen.

Wesentlich näher an der täglichen Praxis sind die zukünftigen Regelungen zu den Fristen für die Beteiligung der Verbände. Wer sich an einem Verfahren beteiligen möchte, hat dies innerhalb von zwei Wochen der zuständigen Behörde anzuzeigen. Danach gilt für kleinere Verfahren wie in der Vergangenheit eine Frist von einem Monat zur Abgabe einer Stellungnahme. Für UVP-pflichtige Vorhaben haben die Fraktionen von CDU und FDP diese Frist auf zwei Monate angehoben. Diese Frist kann auf Antrag sogar noch weiter verlängert werden, wenn dadurch keine Verzögerung des Verfahrens zu erwarten ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zwei Regelungen sind uns darüber hinaus besonders wichtig:

Wir setzen bei den Naturschutzbeauftragten darauf, dass die Städte und Landkreise vor Ort selber in der Lage sind, zu entscheiden, ob sie einen Naturschutzbeauftragten brauchen oder nicht. Das muss das Land nicht regeln; das kann sehr gut nahe bei Mensch und Natur vor Ort entschieden werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der zweite Punkt ist das Betretensrecht. Hier ist es uns wichtig, dass Bedienstete von Behörden das Betreten von Grundstücken und Betriebsgebäuden den Betroffenen vorher anzeigen, um Konflikte, die

sich aus unangekündigten Besuchen ergeben können, von vornherein zu vermeiden. Im Zeitalter von Handy, E-Mail und Internet sollte das möglich sein. Außerdem entspricht das genau unserer Einstellung zum Naturschutz, dass man ihn nämlich mit den Menschen und nicht gegen die Menschen macht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Oberbüro- kraten!)

Ich möchte die heutige Beratung auch dazu nutzen, mich bei all denen zu bedanken, die an diesem Gesetzesvorhaben mitgewirkt haben: bei den Mitarbeitern der Ministerien, die uns unabhängig von Bürozeiten für Auskünfte zur Verfügung gestanden haben, bei der Landtagsverwaltung, beim GBD und beim Stenografischen Dienst, bei den Kollegen aus dem Arbeitskreis Umwelt, die in den vergangenen Wochen sehr viel Zeit damit zugebracht haben, die Gesetzentwürfe zu beraten, und auch bei unserem wissenschaftlichen Dienst.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Tante hat immer gesagt: Es allen Menschen recht zu machen, ist eine Kunst, die niemand kann. - Das gilt gerade und erst recht auch für Gesetze. Natürlich hätten sich die Naturschutzverbände, das Landvolk, die Unternehmerverbände, der Wasserverbandstag und die kommunalen Spitzenverbände die eine oder andere Regelung mehr oder vielleicht auch weniger gewünscht. Das ist für mich durchaus nachvollziehbar. Unsere Aufgabe als Gesetzgeber ist es aber, aus allen Anforderungen ein Gesetz zu formen, das die unterschiedlichen und zum Teil miteinander konkurrierenden Wünsche sorgfältig in Einklang bringt. Das ist uns mit diesem Gesetzentwurf, den wir gleich beschließen werden, ohne Zweifel gelungen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Rolf Meyer [SPD]: Davon seid ihr mei- lenweit entfernt!)

Niedersachsen bekommt hiermit ab dem 1. März 2010 ein rechtlich klares, austariertes und eigenständiges Naturschutzrecht, das den Spielraum nutzt, den uns der Bundesgesetzgeber lässt.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile der Kollegin Schröder-Ehlers von der SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wir haben uns die Redezeit aufgeteilt. Ich werde mich jetzt schwerpunktmäßig auf den Naturschutz konzentrieren.

Heute ist es also so weit. Heute werden Sie, Herr Bäumer, meine Damen und Herren von CDU und FDP, dem Naturschutz in Niedersachsen einen weiteren empfindlichen Schlag versetzen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Sie werden dafür sorgen, dass etliche Eingriffe in die Natur von den Behörden ignoriert werden müssen. Sie werden dafür sorgen, dass die Beteiligungsmöglichkeiten der Verbände auf ein absolutes Minimum reduziert werden.

(Rolf Meyer [SPD]: Unerhört!)

Sie werden den staatlichen Naturschutz mit diesem Gesetz schwächen. Das ist ein Gesetz, das in mehreren Punkten klar rechtswidrig ist. Darum werden wir diesem Gesetz auf gar keinen Fall zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt, Herr Sander, haben Sie es fast erreicht, jetzt haben Sie Ihr politisches Lebenswerk fast vollbracht: Sie haben es fast geschafft, dem Naturschutz den Todesstoß zu versetzen.

(Zustimmung bei der SPD)

Der Naturschutz liegt schon auf der Intensivstation. Sie würden gerne den Tropf abstellen. Daran haben Sie sehr systematisch gearbeitet. Ob Ihnen auch klar war, dass Sie mit Ihrem Verhalten letztlich auch das eigene Ministerium abschaffen könnten, weiß ich nicht; aber auch das haben Sie fast erreicht. Ich glaube, Sie werden in die Geschichte des Landes als ein Minister eingehen, der es mit unverantwortlicher Klientelpolitik geschafft hat, sein eigenes Haus zu zerstören und nur noch einen Haufen Scherben zu hinterlassen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Ehlen - oder wohl eher Herr Ripke - steht schon bereit und freut sich auf die Übernahme,

freut sich darauf, die letzten Reste aus den Trümmern herauszupicken.

(Lachen bei der CDU - Zuruf von Karl- Heinrich Langspecht [CDU])

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich die Leidensgeschichte des Naturschutzes kurz darstellen, Herr Langspecht, und zwar in drei Akten.