Protokoll der Sitzung vom 17.02.2010

Für die SPD-Fraktion hat sich noch einmal Herr Watermann gemeldet. Herr Watermann, Sie haben 1:49 Minuten Redezeit.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, der Landtag hat das so beschlossen. Das ist der Beschluss, den wir gemeinsam erarbeitet haben. Wir sagen, auch die Möglichkeit des Optierens soll freigestellt werden. Das ist eine klare sozialdemokratische Position

(David McAllister [CDU]: Siehe Stein- meier!)

- nun mal langsam! - hier in diesem Landtag. Wir haben nur darauf gewartet, dass ihr Kauder überzeugen könnt.

(David McAllister [CDU]: Haben wir!)

Daran ist es das letzte Mal gescheitert. Wir sagen ganz klar: Natürlich werden wir das dorthin transportieren. Aber es war der Ministerpräsident dieses Landes, der sich im November, als die Ministerin von der Sozialministerkonferenz kam, hier hingestellt und uns deutlich gemacht hat, dass wir uns ordentlich auf die getrennte Aufgabenträgerschaft vorbereiten müssten. Ab und zu muss man sich daran vielleicht erinnern.

Sie müssen uns hier nicht etwas abverlangen, was wir schon längst beschlossen haben. Manchmal hilft das Lesen der gemeinsamen Anträge. Wir werden das nach Berlin bringen. Wir stehen klar dafür, dass wir Frieden mit diesem System geschlossen haben. Damit hatte ich meine Rede angefangen; aber vielleicht habe ich mich zu undeutlich ausgedrückt.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Nein, du hast dich deutlich ausgedrückt!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich stelle fest, dass die Beratung zu Punkt e damit erledigt ist.

Die Aktuelle Stunde ist damit ebenfalls beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Erste Beratung: Betriebsratswahlen 2010 - Mitbestimmungsrechte in der Krise nutzen - Demokratie verwirklichen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/2177

Eingebracht wird dieser Antrag von dem Kollegen Schminke von der SPD-Fraktion. Ich erteile ihm das Wort.

(Unruhe)

Einen kleinen Moment noch, Herr Kollege Schminke, bis etwas mehr Ruhe eingekehrt ist. - Herr Schminke, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Alle vier Jahre, so auch in diesem Jahr, finden in der Zeit von März bis Mai in weit über 20 000 Betrieben in der Bundesrepublik Betriebsratswahlen statt. Bundesweit sind somit alle Arbeitnehmer aufgerufen, ihre Interessenvertretungen für den betrieblichen Alltag zu wählen. Die SPD-Fraktion unterstützt diesen Aufruf ausdrücklich. Wir fordern deshalb alle Beschäftigten auf, ihr aktives und passives Wahlrecht bei den anstehenden Betriebsratswahlen wahrzunehmen.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Betriebsräte sichern den Arbeitnehmern die demokratische Mitgestaltung im Betrieb; denn sie stehen für mehr Mitbestimmung, für Teilhabe, für Vertrauen und natürlich auch für wirtschaftlichen Erfolg. Wer die Demokratie stärken möchte, der muss dafür sorgen, dass diese nicht bereits vor dem Werkstor zu Ende ist, sondern Betriebsratswahlen

durchgeführt werden. Nur dann ist man glaubwürdig.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der LINKEN)

In den Betrieben spielt sich ein Großteil des Lebens ab. Es gilt der Grundsatz: Gute Arbeit ist ein Kernbestandteil guten Lebens. - Dieser Grundsatz ist auch belegbar. In der Arbeit der Betriebsräte geht es nämlich nicht immer nur um starke Interessenvertretung und um die Überwachung der Einhaltung von Gesetzen und Tarifverträgen. Unter Interessenvertretung verstehen wir heute zuallererst die aktive Sicherung von Arbeitsplätzen. Dafür gibt es sehr viele gute Beispiele aus der betrieblichen Praxis.

Immer öfter geht es um intelligente Vorschläge der Betriebsräte zu Innovationsoffensiven. Betriebsratstätigkeit ist heute Komanagement. Betriebsräte steuern Prozesse mit. Sie gestalten, auch mit Hilfe der Gewerkschaften, mit den Arbeitgebern ganze Branchen. Damit gilt auch die Botschaft: Betriebsräte gehören in eine moderne Arbeitswelt. Wer einen Betriebsrat hat, der ist fein raus und kann etwas ruhiger schlafen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Besonders erweiterte Mitbestimmungsrechte mit besseren Freistellungsmöglichkeiten für die Betriebsratsarbeit haben sich in den letzten Jahren sehr bewährt. Kluge Unternehmen nutzen deshalb aktive und engagierte Betriebsräte als Ansprechpartner und Verbindungsglieder zu ihren Beschäftigten. Da sind Betriebsräte auch ein Ordnungsfaktor im Unternehmen.

Meine Damen und Herren, die SPD möchte mit dieser Entschließung gerade in Krisenzeiten dazu aufrufen, Betriebsräte zu bilden. Denn für uns gilt: Ob fünf Arbeitnehmer oder tausend Beschäftigte, kein Betrieb soll ohne Betriebsrat bleiben. Das muss das Ziel sein.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die erfolgreiche soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland ist von der gewachsenen Mitbestimmung und von der Teilhabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einfach nicht zu trennen. Die heutigen Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsgesetze sind eine wichtige Grundlage für Arbeitnehmermitbestimmung. Deshalb müssen die Mitbestimmung

und die Interessenvertretung gestärkt und ausgebaut werden. Die positive Entwicklung beispielsweise bei VW wäre ohne Arbeitnehmermitbestimmung, ohne starke gestaltende Betriebsräte und ohne ein kluges Komanagement durch den Betriebsrat, Frau König, überhaupt nicht vorstellbar gewesen. Das will ich Ihnen einmal sagen!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Betriebsräte haben feindliche Übernahmen verhindert, sie haben Belegschaften mobilisiert und unmissverständlich Klartext gesprochen, wenn es nötig war, vor allem, wenn sich das Management vornehm zurückgehalten hat. Solche Betriebsräte, meine Damen und Herren, braucht das Land: engagiert und informiert, Leute aus echtem Schrot und Korn!

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Um mit noch einem Irrtum aufzuräumen: Wirtschaftlichkeit und unternehmerischer Erfolg gelingen langfristig immer nur mit Betriebsräten, Frau König, nicht ohne und erst recht nicht gegen sie.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Christian Grascha [FDP]: Wer bestreitet das?)

Das Beispiel VW zeigt nämlich auch, dass die Mitbestimmung verantwortungsbewusst und qualifiziert wahrgenommen wurde. Damit geht ein wesentlicher Beitrag zum unternehmerischen Erfolg einher, meine Damen und Herren. Die Conti ist übrigens ein weiteres klassisches Beispiel für die Unverzichtbarkeit von Betriebsräten in Krisenzeiten. Auch das haben wir erfahren.

Meine Damen und Herren, es geht uns insbesondere auch um die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen im Lande.

(Gabriela König [FDP]: Au weia!)

Auch und gerade für sie ist ein Betriebsrat für die Stabilisierung und die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens von Vorteil. Im internationalen Wettbewerb sind gut informierte Belegschaften - natürlich auch durch Betriebsräte - immer auch gleichbedeutend mit einem Standortvorteil, den man sehen muss. Betriebsräte kümmern sich um die Aus- und Weiterbildung. Sie kümmern sich um Arbeitssicherheit. Sie stehen für Tarifbindung und arbeiten für die Sicherung der Altersvorsorge.

(Zuruf von Gabriela König [FDP])

- Ja, Frau König, ich weiß, dass Ihnen nicht alles hierbei zusagt, aber so ist nun einmal die Realität.

(Beifall bei der SPD)

Manche Arbeitnehmer wären bereits in die Arbeitslosigkeit gegangen, wenn es nicht clevere Betriebsräte gegeben hätte, die mit Verhandlungsgeschick und Einfallsreichtum manche Übergangslösungen mit der Geschäftsleitung ausgehandelt hätten, wodurch das harte Schicksal der Arbeitslosigkeit vermieden werden konnte. Auch dafür sind Betriebsräte gut.

(Gabriela König [FDP]: Nein!)

Dennoch soll es ja zahlreiche Unternehmen geben, die das anders sehen und die versuchen, Betriebsratswahlen zu verhindern. Meine Damen und Herren, wenn Großdiscounter wie Lidl und Schlecker Strafanzeigen bekommen, weil sie Betriebsratswahlen behindern, dann sind das arbeitsrechtliche Amokläufe, die im Kontext zu anderen menschenverachtenden Ereignissen in diesen Märkten zu bewerten sind.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Hier - das sage ich ganz deutlich - muss es dann auch knallharte Sanktionen geben.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Es ist ja schön, wenn die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen urplötzlich zur besten Sendezeit bei Anne Will die skandalösen Beschäftigungsformen bei Schlecker entdeckt und dann Abhilfe schaffen will. Es ist auch gut, wenn Frau von der Leyen gesetzliche Initiativen prüfen will. Aber eine konsequente Antwort auf Lidl, Schlecker und andere Discounter, wo solche Zustände herrschen, wäre es doch wohl gewesen, diesen Märkten und den Beschäftigten als erstes zu empfehlen und öffentlich dazu aufzurufen, Betriebsratswahlen durchzuführen und ihre Arbeitnehmervertretungen zu wählen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Betriebsräte sind der beste Schutz vor Ausbeutung.