Auch die Gerichte sind jetzt natürlich gefordert, dieses teilweise schmutzige Treiben sofort zu beenden. Diese Vorgänge sind mit unserer Demokratie nicht mehr vereinbar.
Was da auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stattfindet, sind Zustände, die wir jetzt unbedingt beseitigen müssen.
Meine Damen und Herren, wir, die Abgeordneten, hören sehr oft auch Klagen von Beschäftigten. Ich möchte Sie alle bitten und auffordern: Zeigen Sie Rückgrat! Nehmen Sie verängstigte Beschäftigte an die Hand! Gehen Sie zu den Gewerkschaften, und sorgen Sie dafür, dass solche Zustände wie bei Schlecker und Lidl endgültig beseitigt werden! Sorgen Sie dafür, dass Betriebsräte gewählt werden!
Zum Schluss einen Beleg dafür, wie sehr die Gegner einer modernen Mitbestimmung auch sprachlich vor keiner Perversion mehr zurückschrecken: Als Unwort des Jahres 2009 wurde „betriebsratsverseucht“ gekürt. Mit einem einzigen Wort wird die abgrundtief gegen Betriebsräte ausgerichtete geistige Haltung bei denjenigen Leuten sichtbar, die solche Worte offensichtlich nicht oft genug und auch immer wieder ungestraft aussprechen dürfen.
Meine Damen und Herren, ich sage hier für meine Fraktion - ich glaube, das gilt auch für das gesamte Haus; wenigstens da sollte man sich deutlich einig sein -: Solche Leute haben unser Grundgesetz und insbesondere seinen Artikel 9 nicht verstanden.
Sie brauchen unverzüglich Nachhilfe, und wir müssen ihnen dann auch die entsprechend gute Antwort geben.
Demokratie ist auch in unserer modernen Arbeitswelt unverzichtbar. Darum unterstützen wir die Betriebsratswahlen bundesweit, aber insbesondere natürlich auch in unserem schönen Niedersachsen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schminke, auf den Betriebsrat von VW möchte ich hier lieber nicht eingehen. Ich glaube, davon haben wir in der Vergangenheit einiges zu hören und zu sehen bekommen. Das möchte ich hier lieber nicht mehr aufs Tapet bringen.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Was soll das denn? - Gegenruf: Ganz ruhig bleiben! - Gerd Ludwig Will [SPD]: Das ist doch unglaublich! Sa- gen Sie einmal etwas dazu, Herr Wulff! - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: Er hat sich schon zu Wort ge- meldet! - Weitere Zurufe von der SPD - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, während des Beitrags von Herrn Schminke war hier wirkliche Aufmerksamkeit zu spüren. Ich bitte darum, jetzt auch die Rednerin zu Wort kommen zu lassen und sich zu beruhigen. Dann können wir weitermachen. - Frau König, Sie haben das Wort.
Betriebsräte gibt es beispielsweise schon seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts, und zwar erstmals 1905. 1920 wurde das Thema in der Weimarer Republik aufs Tapet gerufen, und 1952 wurden Betriebsräte im Betriebsverfassungsgesetz - es ist stetig und wiederkehrend novelliert worden - eingerichtet. Von daher haben sie ihre Berechtigung; daran hege ich auch keinerlei Zweifel.
Heute kann - wohlgemerkt aber, meine Damen und Herren: kann - jedes Unternehmen mit mehr als fünf festen Mitarbeitern einen Betriebsrat wählen. In allen großen Betrieben und Konzernen ist das faktisch Bestandteil des Arbeitslebens. In kleinen Unternehmen ist das eher die Ausnahme, und das ist auch verständlich.
Aus meiner eigenen Praxis heraus - jetzt hören Sie gut zu! - kann ich nur davon abraten, Einfluss auf die Implementierung eines Betriebsrats zu nehmen. Gerade in den kleineren Unternehmen stößt dies auf einen berechtigten Widerstand - Wider
Frau König, ich muss Sie unterbrechen. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie können ja damit nicht einverstanden sein. Aber der Fairness gebührt es, dass Sie zuhören. - Bitte!
In den meisten Firmen sprechen die Mitarbeiter lieber persönlich mit ihrem Chef und regeln ihre Probleme lieber selbst.
Die Geschäftsführung und die Arbeitnehmer arbeiten Hand in Hand für das Wohl des Unternehmens und pflegen eine Kultur der direkten Kommunikation. Vorgesetzte kennen ihre Mitarbeiter und deren Familien sehr genau und sind jederzeit bereit, mit ihnen Lösungen zu suchen, wenn es Konflikte oder berechtigte Forderungen gibt. Diese Unternehmen scheinen Sie überhaupt nicht zu kennen.
(Beifall bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist doch kein Argument gegen einen Betriebsrat!)
Unser damaliger Betriebsrat hat ganze zwei Legislaturperioden gehalten. Danach haben sich die Mitarbeiter zu keiner weiteren Wahl zusammengefunden. Es war ihnen nur lästig, und sie hatten kein Interesse - sprich: Nutzen - mehr.
Die Kommunikation mit uns, den Vorgesetzten, blieb, wie sie zu Zeiten des Betriebsrates und davor gewesen ist.
Natürlich verstehe ich es, wenn sich Arbeitnehmer in größeren Betrieben lieber vertreten lassen möchten.
Das ist in einer bestimmten Atmosphäre und Größe manchmal durchaus angebracht. Hieraus sind in der Vergangenheit sogar schon eigene Haustarife entwickelt worden, manchmal auch gegen die Vorstellungen der Gewerkschaften, aber immer
zum Wohle des Betriebes und zur Sicherung der Arbeitsplätze. Es kann aber auch eine finanzielle Belastung sein.
Frau König, ich unterbreche Sie. - Hier muss erst einmal Ruhe einkehren. Das macht keinen Sinn. Wir hier oben verstehen Sie ja kaum.
Es kann aber auch, insbesondere für kleine Unternehmen, eine finanzielle Belastung sein, wenn beispielsweise eine wirtschaftliche Arbeitsweise ausgehebelt wird; denn auch die Freistellung von gewählter Vertretern für Schulungen und Versammlungen sind selbst für Betriebe mittlerer Größe eine ungeheure Belastung. Diese Fehlzeiten müssen aufgefangen werden. Das wiederum muss die Belegschaft, d. h. das Kollegium, tragen, und zwar zusätzlich zu den normalen Fehlzeiten aufgrund von Krankheit, Urlaubsansprüchen oder Sonstigem. Das kann sich nicht jeder Betrieb einfach leisten. Dies ist meines Erachtens eine Relation, die maßgeblich dafür ist, ob man einen Betriebsrat wählt. Das muss im Arbeitsumfeld selbst entschieden werden.
Fazit ist also: Der Betriebsrat ist durchaus ein Instrument für Arbeitnehmer, um sich vertreten zu lassen, wenn sie es denn wollen und für nötig halten. Alle Möglichkeiten und gesetzlichen Voraussetzungen sind gegeben. Politik hat sich dabei aber herauszuhalten. Daher unterstützen wir diesen Antrag so überhaupt nicht.
Demokratie heißt für mich, anderen Raum für eigene Entscheidungen zu lassen und nicht alles von oben zu verordnen. Wir werden nicht in die Unternehmen hineinregieren.