Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche hier für die Landesregierung.
- Ich kann ja nur aus meiner Alltagspraxis erzählen. Insbesondere möchte ich auch deutlich machen, dass ich sogar noch im Amt dazulerne.
Ich möchte ausdrücklich sagen, dass ich mir eine Landtagsentschließung wünsche, durch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Niedersachsen darum gebeten werden, an den Betriebsratswahlen von März bis Mai teilzunehmen, um damit die besonders wichtige Arbeit der Betriebsräte wertzuschätzen.
Ich möchte aus meiner Praxis sagen, dass die Arbeit der Betriebsräte wichtiger denn je ist. Dies habe ich bei den Neujahrsempfängen der Industrie- und Handelskammern Braunschweig, Hannover, Osnabrück-Emsland und anderenorts besonders gelobt und herausgestellt; denn wir haben in der Krise gesehen, dass wir teilweise nur über die Betriebsräte die notwendigen Informationen bekommen haben oder aber die besten Informationen vonseiten der Betriebsräte erhalten haben. Wir haben uns von Anfang an in unserem Koordinierungskreis der wichtigen Ressorts mit der Krisenbewältigung befasst. Wir haben von Beginn an die Banken, Sparkassen, die Industrieverbände, die Handwerkskammern und den DGB einbezogen. Damit haben wir erstklassige Erfahrungen gemacht. Sie wissen, dass wir alle vier Wochen freitags zusammenkommen, um intern die Krisenbekämpfung zu erörtern, und dass wir viele gemeinsame Maßnahmen vereinbart haben.
Die norddeutschen Ministerpräsidenten treffen sich seit Jahrzehnten. Aber ich musste feststellen, dass sie sich mit dem DGB seit 25 Jahren nicht getroffen hatten, obwohl jährlich mit den Unternehmerverbänden und den Kammerpräsidenten verhandelt und beraten wird. Daher haben wir vor einigen Wochen erstmals nach langer Zeit auch die DGBVorsitzenden Nord und Niedersachsen - Bremen - Sachsen-Anhalt hinzugezogen.
- Das machen wir eigentlich anders, Herr Jüttner. Wenn Sie sich melden, dann muss ich davon ausgehen, dass Sie eine Zwischenfrage stellen möchten.
(Wolfgang Jüttner [SPD] geht zum Rednerpult und überreicht dem Minis- terpräsidenten einen Wortmeldezettel - Heiterkeit)
Das ist ein Missverständnis, Herr Jüttner. Aber Sie kennen die Gepflogenheiten. - Herr Ministerpräsident, Sie haben das Wort.
Wir denken, dass darin auch ein partnerschaftlicher Umgang zum Ausdruck kommt. Dazu gehören auch die flexiblen Tarifverträge. Bei Firmen wie Volkswagen, ASL Lemwerder, Premium AEROTEC, Airbus, EADS, Karmann und Dow Chemical - wenn ich mehr als fünf Minuten Redezeit hätte, könnte ich Hunderte von Firmen nennen - erweist sich die Zusammenarbeit mit den Betriebsräten als sehr wirkungsvoll.
Im Übrigen sollten wir uns hier im Parlament einmal vor Augen führen, dass nicht nur die Betriebsräte besser sind als gemeinhin ihr Ruf, sondern auch die Politik ist viel besser als ihr Ruf.
Bei der Krisenbekämpfung haben die Rettungsschirme, die Konjunkturpakete, die Kurzarbeiterregelungen, die Umweltprämie und vieles andere mehr geholfen. Die Gewerkschaften haben auch bei schwierigen Entscheidungen innerhalb der Betriebe geholfen. Es geht hier um gelebte soziale Marktwirtschaft. In der sozialen Marktwirtschaft haben die Betriebe eine besondere, herausgehobene Verantwortung für ihre Mitarbeiter, deren Familien und Kinder, die Humanisierung der Arbeitswelt, die Produktionsverfahren und die Pro
dukte, die sie herstellen. Diese besondere Verantwortung in der sozialen Marktwirtschaft ist für mich eine besondere Erfahrung in und aus der Krise. Deswegen, so meine ich, wäre es aller Anstrengung wert, wenn die Gesichtspunkte von Frau König und die Gesichtspunkte anderer in die Beratungen des Ausschusses mit einfließen. Wenn wir im März einen Aufruf machen, hat er auch noch Wirkung, jedenfalls für die Betriebsratswahlen im April und Mai. Der Antrag ist relativ spät eingebracht worden. Ich glaube, über den Antrag lohnt es sich zu diskutieren. Es lohnt sich, eine breite Mehrheit dafür herbeizuführen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, das war wirklich klassisch ausgebremst.
Zum einen haben Sie nicht nur mir ein paar Pointen aus Zeitungsartikeln geklaut, die ich zu Ihren Veranstaltungen hatte. Daraus hätte ich gerne zitiert. Jetzt haben Sie es hier im Original gesagt. Chapeau!
Man muss bedenken, dass es sich um einen CDUMinisterpräsidenten handelt, der zu Beginn gesagt hat, er hat im Amt dazugelernt. Ich möchte daran erinnern, dass es von diesem Ministerpräsidenten hier Reden in Bezug auf Betriebsräte gab, die einen etwas anderen Tenor hatten.
Aber das ist in diesem Moment alles Vergangenheit und Vergessen. Wir reden über den Antrag der SPD, der ja zur richtigen Zeit vor den Betriebsratswahlen eingebracht worden ist, damit das Parlament klar Position beziehen kann, und das ist dringend notwendig; denn wir haben eine Bundesregierung, in der die Liberalen sehr stark in eine andere Richtung agieren. Daran möchte ich durchaus erinnern. Da ist Frau König in ihrer Darstellung sogar noch zurückhaltend gewesen. Ich erinnere nur daran, was die Liberalen aus ihrer Programmatik heraus in Sachen Kündigungsschutz und Einschränkung der Arbeit von Betriebsräten machen möchten und wie sie das in die Koalitionsverhandlungen eingebracht haben. Das alles ist uns noch sehr gut bekannt.
Da wäre es am Ende so gewesen, Frau König, dass viele Tausend Betriebe in Deutschland ohne Betriebsrat dagestanden hätten, hätten Sie sich durchgesetzt. Davon wären mehr als 300 000 Beschäftigte betroffen gewesen. Das haben zum Glück einige und am Ende die gesamte Fraktion der Union auf Bundesebene verhindert. Damit befindet man sich in der guten Tradition dessen, wie Sozialstaat von der Mehrheit der Parteien in der Bundesrepublik Deutschland verstanden wird. Das begrüße ich außerordentlich. Ich begrüße es auch, dass wir aufgrund der Rede des Ministerpräsidenten jetzt damit rechnen können, dass es vielleicht nicht zu einer sofortigen Abstimmung, aber doch zu einer gemeinsamen Entschließung kommt.
Nun zu den Argumenten, die ich hier zusammengetragen habe, über das, was alles bei uns im Lande schiefläuft. Hier werden in Betrieben Betriebsratswahlen verhindert, wie z. B. bei SAP und easyJet. Trotz Betriebsräten haben wir Vertrauensbrüche in Betrieben. In dem Zusammenhang möchte ich die Überwachung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und deren Ehepartner bei der Deutschen Bahn oder bei der Telekom oder die Bespitzelung der Beschäftigten von Lidl mit StasiMethoden erwähnen. Das alles weist darauf hin, wie wichtig es ist, dass wir starke Betriebsräte haben, die so etwas verhindern, wie z. B. die Schwangerschaftstests bei Bewerberinnen in der niedersächsischen Fleischfabrik Kemper. Man muss gar nicht so weit gucken. Auch vor der eigenen Haustür ist durchaus Korrekturbedarf.
Dass Betriebsräte in der Krise letztendlich eine Stütze für die Unternehmen sind, wenn sie im Rahmen der Beteiligung und auch schon vorher ein entsprechendes Gewicht haben, weil sie dann ein Unternehmen in der Krisenbewältigung mit stützen können, ist in den letzten Monaten sicherlich auch sehr deutlich geworden. Auch deswegen sollten wir gemeinsam die Betriebsratswahlen unterstützen und die Neugründung von Betriebsräten in Branchen und Bereichen, in denen es noch keine gibt, politisch unterstützen. Das muss unbedingt in eine gemeinsame Entschließung mit hinein und ist, wie ich meine, die richtige Fortsetzung dessen, wie wir soziale Marktwirtschaft verstehen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich Herrn Hagenah nur anschließen: Der Herr Ministerpräsident hat jetzt auch
Ich habe mich ganz besonders darüber gefreut, dass der Herr Ministerpräsident gesagt hat, dass auch er lernfähig sei und somit auch seine Rede im August des letzten Jahres gegen Herrn Brandt sozusagen revidiert, indem - - -
(Widerspruch von Ministerpräsident Christian Wulff - Björn Thümler [CDU]: Herr Brandt ist aber kein Betriebsrat! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Er ist Perso- nalrat!)
- Herr Ministerpräsident, Sie müssen sich da entscheiden! Sie können nicht bei VW in Wolfsburg und Braunschweig die Mitbestimmung loben, sagen, dass das Unternehmen nicht trotz, sondern wegen der Mitbestimmung so erfolgreich ist, und die freigestellten Betriebsräte loben und zugleich in