Protokoll der Sitzung vom 18.02.2010

(Beifall bei der LINKEN)

Ihr Beitrag hat nur bewiesen, dass Sie diese soziale Schere in unserer Gesellschaft und die erhebliche Kostenbelastung für die Familien im Bereich Schule tatsächlich massiv verleugnen. Das kann

man nur noch als Verleugnung bezeichnen. Mir fällt dazu nichts anderes mehr ein.

(Beifall bei der LINKEN)

Zur zweiten Kurzintervention erteile ich Herrn Poppe von der SPD-Fraktion das Wort. Herr Poppe, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der Tatsache, dass Herr Försterling nicht so recht zum Schluss kommen konnte, fällt mir nur ein alter Kaufmannsspruch ein: Schlechte Ware braucht viele Worte.

(Zustimmung bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Die IGS kann eigentlich keine Schule für Reiche sein. Denn wenn die IGS eine Schule für Reiche wäre, dann müsste sie ja die Lieblingsschule der FDP sein.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

In dem Zusammenhang, Herr Försterling - ich bin ja zu lebenslangem Lernen bereit -,

(Björn Thümler [CDU]: Das merkt man gerade!)

würde ich Sie doch einmal bitten, mir das statistische Material zur Verfügung zu stellen, das Sie zu dieser abenteuerlichen Behauptung gebracht hat.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Herr Kollege Försterling möchte antworten. Ich erteile Ihnen das Wort. Sie haben anderthalb Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Poppe, ich habe schon damals bei der Diskussion der Großen Anfrage dargelegt, wie man das berechnen und zu diesen Ergebnissen kommen kann. Ich möchte kurz aus dem Entschließungsantrag zitieren:

„Vor diesem Hintergrund fordert der Landtag die Landesregierung auf:

1. sämtliche Kostenarten, die aufgrund eines Schulbesuchs anfallen,

sowie deren Höhe zu erfassen und auszuwerten. Dazu gehören beispielsweise Kosten für den Schulweg, die Lernmittel, das Mittagessen, Kopien von Unterrichtsmaterialien, Klassenfahrten, Benutzung/Erwerb eines (Schul-) Computers,“

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Wir kennen den Antrag!)

„die Anschaffung von für den Unterricht notwendigen Sachmitteln - beispielsweise im Kunst- oder Sportunterricht oder auch Taschenrechner, Hefte oder Stifte - sowie weitere Anschaffungskosten, etwa für einen Schulranzen und zusätzliche Kosten, die bei privater Nachhilfe oder freiwilligen Arbeitsgemeinschaften anfallen“

In der Tat, Herr Poppe: Schlechte Ware, viele Worte.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Ganz schlecht, Herr Försterling! - Zurufe von der SPD)

Zu Wort gemeldet hat sich jetzt Frau Ministerin Heister-Neumann. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Poppe, erlauben Sie mir zunächst einmal, eine Ihrer Unterstellungen ganz stark zurückzuweisen. Sie haben gesagt, „Keiner darf verloren gehen“ sei für diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen mittlerweile eine Floskel. Das möchte ich an dieser Stelle ganz stark zurückweisen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie ma- chen das zu einer Floskel mit Ihrer Politik!)

Denn, meine Damen und Herren, es geht uns um jeden Einzelnen, um jede einzelne Schülerin und um jeden einzelnen Schüler. Das können Sie schon daraus ersehen, dass alle Maßnahmen, die wir auf den Weg gebracht haben, dazu geführt haben, dass seit dem Beginn unserer Regierungszeit, seit 2003, die Schulabbrecherquote von 10,5 % auf 7,4 % gesunken ist. Wir haben gesagt:

Bis zum Ende dieser Legislaturperiode wollen wir sie auf 5 % senken. Und wenn Sie die Förderschüler abziehen, dann liegt die Quote nur noch bei 1 %. Das bringen wir auf den Weg, das ist unsere verantwortliche Arbeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Zu Ihrem Antrag: Wir haben bereits am 14. Juli 2009 in Beantwortung der Großen Anfrage sehr genau und detailliert erläutert, warum eine umfassende Aufstellung sämtlicher Kosten des Schulbesuchs einer Schülerin oder eines Schülers wenig sinnvoll erscheint. Das ist hier auch schon sehr deutlich dargelegt worden, wofür ich mich ausdrücklich bedanke. Es gibt ganz viele individuelle Gegebenheiten beim Schulbesuch: Alter, Klasse, Wohnort, Schulform, Wiederholer, Teilnahme an Mittagsverpflegung. Dabei gibt es sehr große Unterschiede. Es sind auch außerschulische Anbieter mit im Boot. Deshalb ist eine Aufstellung schlicht und ergreifend extrem schwierig.

Meine Damen und Herren, Erziehung und Bildung der Kinder sind und bleiben in erster Linie Aufgabe, Recht und Pflicht der Eltern bzw. der Erziehungsberechtigten. Für uns als Land ist es allerdings ein Gebot der Chancengerechtigkeit, die Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen an Bildung und Ausbildung zu ermöglichen. Deshalb muss an dieser Stelle einmal gesagt werden, dass diese Landesregierung unglaublich viel in Bildung investiert: Wir haben unsere Ausgaben im Bildungsetat mittlerweile um fast 1 Milliarde Euro gesteigert. Das sollte einmal zur Kenntnis genommen werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Astrid Vockert [CDU]: Hört, hört!)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Flauger?

Nein, Frau Flauger. Wir können uns sehr gerne nachher unterhalten.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ha- be ich mir fast gedacht!)

Wir haben in die frühkindliche Bildung investiert. Wir haben das dritte Kindergartenjahr beitragsfrei gestellt. Wir unterstützen die Mittagsverpflegung. Wir entwickeln die Ganztagsschulen; das gilt insbesondere - das ist sehr wirksam und gut - für die

Kinder, die aus bildungsfernen oder finanzschwachen Familien kommen.

Meine Damen und Herren, es gibt bereits viele staatliche Maßnahmen, mit denen Bund, Land und Kommunen einen Beitrag zur Wahrung von Bildungschancen von Kindern aus finanzschwachen Familien leisten. Ich darf an dieser Stelle nur auf das Schulbedarfspaket, die Einführung einer dritten Altersstufe bei der Regelleistung nach SGB II und SGB XII für 6- bis 13-Jährige, die Landesstiftung „Familie in Not“ und verschiedene andere Maßnahmen hinweisen.

Ich möchte mit Blick auf die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Hartz-IVRegelsätzen noch darauf hinweisen, dass - das ist Ihnen bekannt - massiv über eine neue Bedarfsberechnung diskutiert wird. Die Bundesregierung wird intensiv an einer Verbesserung arbeiten. Wir als Land setzen auf eine enge Abstimmung zwischen Bund und Land, bei der wir uns darum bemühen werden, die besonderen Bedarfe der Kinder im Bereich der Bildung bei der Neubemessung mit in den Blick zu nehmen.

Bildungschancen und die Erziehungsverantwortung der Eltern in Einklang zu bringen, ohne dabei eine den finanziellen Möglichkeiten entsprechende Unterstützung außer Acht zu lassen, ist unsere zentrale Aufgabe und Anstrengung. Der werden wir auch gerecht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt vor. Wir sind am Ende der Beratung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/2072 ablehnen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das Erste war die Mehrheit. Der Beschlussempfehlung wurde zugestimmt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 39 auf:

Einzige (abschließende) Beratung: R-Besoldung für Richter und Staatsanwälte beibehalten - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/508 - Beschlussempfehlung des

Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 16/2134

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen lautet auf unveränderte Annahme.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, dass über diesen Punkt ohne Beratung abgestimmt werden soll. Daher kommen wir jetzt zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drs. 16/508 unverändert annehmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Wer enthält sich? - Das Erste war die Mehrheit. Dementsprechend ist der Beschlussempfehlung gefolgt worden.

Damit schließe ich die Sitzung. Die Beratungen werden morgen um 9 Uhr fortgesetzt. Ich wünsche Ihnen einen schönen Feierabend.