Protokoll der Sitzung vom 19.02.2010

(Beifall bei der CDU)

Drittens. Die Grünen haben den Antrag aus ihrem Selbstverständnis als Oppositionsfraktion heraus formuliert. Sie interpretieren die engen Beziehungen der Abgeordneten der regierungstragenden Fraktionen zur Regierung als Verlust gewaltenteilender Kontrolle. Dahinter verbergen sich nach meinem Dafürhalten tief sitzende Missverständnisse der Grundlagen und Funktionsbedingungen

moderner parlamentarischer Demokratie. Demokratie bedeutet nämlich auch, dass Minderheiten Mehrheitsentscheidungen akzeptieren sollten.

Viertens. Die Grüne-Fraktion unternimmt mit dem vorliegenden Antrag erneut den Versuch, die Geschäftsordnung zu verändern. Wir hatten diese Debatten schon einmal zu Beginn dieser Legislaturperiode. Es ist müßig, die einzelnen Argumente von damals noch einmal in epischer Breite zu wiederholen. Die Regelungen der Niedersächsischen Verfassung und der aktuellen Geschäftsordnung sind nach meinem Dafürhalten völlig ausreichend. Ihnen stehen alle Wege offen, die dort beschreiben sind.

Zum SPD-Antrag.

Erstens. Es ist ein weitverbreitetes Phänomen, die Minderheitenrechte im Parlament immer erst zu entdecken - Sie haben es gerade gesagt, Herr Bartling -, wenn man selbst nicht mehr in der Mehrheit sitzt. Wie entlarvend allerdings Ihre Angriffe auf Personen sind - Sie fordern ja, dass Angriffe auf Personen und Diffamierungen unterlassen werden -, zeigt die Debatte heute Morgen. Dort waren von Herrn Jüttner Begriffe zu hören wie „ertappt“, „hat sich reuig gegeben“, „infam“, es wurde ohne Titel angesprochen,

(Oh! Majestätsbeleidigung! bei der SPD und bei den GRÜNEN)

„darf nicht ungeschoren davonkommen“. - Meine Damen und Herren, der Titel wäre in diesem Fall „Herr“ gewesen. „Herr“ reicht ja schon.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wenn Sie das schon trifft! Sie sind sehr sen- sibel, Herr Thümler! - Weitere Zurufe von der SPD, von den GRÜNEN und von der LINKEN - Petra Emmerich- Kopatsch [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

- Nein, das trifft uns nicht.

Herr Kollege Thümler!

Nein, Herr Präsident.

Keine Zwischenfrage.

Nein, das trifft uns nicht. Vielmehr geht es darum, wie Sie formulieren. Sie wollen hier einen Stil einführen, den Sie aber fortwährend mit Füßen treten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Lassen Sie mich zum Abschluss sagen: Anstatt zu versuchen, von den eigenen Unzulänglichkeiten, die bei Ihnen hier gegeben sind, von den internen Querelen, von Rücktritten prominenter Persönlichkeiten etc. abzulenken, indem Sie immer wieder auf Geschäftsordnungsdebatten kommen, wäre es besser, Sie würden Ihre Probleme lösen und uns damit in Ruhe lassen.

Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, mir liegen zwei Wortmeldungen zu Kurzinterventionen vor, zunächst von Herrn Wenzel vom Bündnis 90/Die Grünen und dann von Frau Zimmermann von der Linken. - Bitte, Herr Wenzel!

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Stefan, den- ke an den Titel „Herr Parlamentari- scher Geschäftsführer“! - Ralf Briese [GRÜNE]: Dr. Graf von Thümler! - Gegenruf von Reinhold Coenen [CDU]: Herr Jüttner, das ist völlig daneben! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich bestehe auf dem Titel! - Weitere Zurufe - Glocke des Präsidenten)

- Meine Damen und Herren, Herr Wenzel hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Thümler, wenn Sie hier so erregt einsteigen

(Widerspruch bei der CDU - Björn Thümler [CDU]: Ich bin vollkommen ruhig! - Weiterer Zuruf von der CDU: Erregt? Sie kennen ihn gar nicht!)

und sich darüber empören, wie sich meine Kollegin hier zu Wort gemeldet hat, dann vielleicht deshalb, weil sie Herrn Lammert zitiert hat und den Finger bei Ihnen in die Wunde gelegt hat.

Es ist keine Majestätsbeleidigung, einen Parlamentarischen Geschäftsführer, die Regierungsfraktionen oder die Regierung zu kritisieren. Das ist Bestandteil unserer Arbeit hier. Wir haben oft genug gemerkt, dass es notwendig ist, diese Regierung sehr deutlich und sehr scharf zu kritisieren. Es gibt eine Geschäftsordnung, die dafür den Rahmen schafft.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie Zu- stimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Wir haben nach langen Debatten - dies ist beileibe nicht die erste Debatte - gesagt: Um den Parlamentsbetrieb lebendiger zu gestalten, um die Arbeitsbedingungen für alle zu verbessern und um der Öffentlichkeit ein interessantes Forum zu bieten, wo man sich davon überzeugen kann, wie die Diskussionen geführt werden, welche Argumente am Ende tragen und das Parlament dazu bringen, ein bestimmtes Gesetz zu beschließen oder eine Entschließung zu fassen - - - Das war eine Geschäftsordnung, die einige neue Elemente eingeführt hat.

(Glocke des Präsidenten)

Nun erleben wir, dass Sie diese Instrumente sukzessive wieder abbauen,

(Björn Thümler [CDU]: Das ist doch Quatsch!)

und zwar immer ausgerechnet dort, wo die Möglichkeiten der Opposition betroffen sind.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: So ein Zufall!)

Herr Kollege, den letzten Satz, bitte!

Gleichzeitig erleben wir, dass sich die Landesregierung beispielsweise bei der Beantwortung von Anfragen Rechte herausnimmt, die früher in diesem Haus nicht Usus waren.

(Zustimmung von Ina Korter [GRÜ- NE])

Das war der Punkt, den meine Kollegin angesprochen hat.

Herr Kollege Wenzel, Sie sind bei einer Kurzintervention.

Wenn man die Wahrheit anspricht, dann stößt man manchmal auch in ein Hornissennest.

(Der Präsident schaltet dem Redner das Mikrofon ab - Björn Thümler [CDU]: Jetzt ist es aber vorbei!)

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, die nächste Meldung zu einer Kurzintervention kam von Frau Zimmermann. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Thümler, Sie sprechen hier nach den Ausführungen von Frau Helmhold davon, dass Sie keine Belehrung benötigten, was Ihr Demokratieverständnis angeht.

(Zuruf von der CDU: Von Ihnen schon einmal gar nicht!)

Aber mit Ihren Ausführungen haben Sie gezeigt, wie sehr Sie eine solche benötigen. Jedenfalls uns ist das klar geworden.

Sie reden davon, dass die Regierungsfraktionen überhaupt nicht wollen, dass Minderheitenrechte eingeschränkt werden. Was aber passiert, ist genau das Gegenteil. Ich lade Sie herzlich ein, einmal in den Innenausschuss zu kommen. Wie da mit Anhörungen umgegangen wird, kann ich hier einmal ergänzen. Es ist nämlich nach einer Anhörungsliste gefragt worden, also wer denn hier so viele Anhörungen gefordert hat. Da musste man sich schon fast outen, wenn man demokratisch Leute anhören will, um sich zu informieren. Des Weiteren ist eine Beschränkung der Zahl der Anzuhörenden gefordert worden.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das ist peinlich hier!)

Die großen Fraktionen sollen jeweils drei, die kleinen einen Anzuhörenden benennen dürfen. Wo bleibt denn da Ihr Demokratieverständnis, was das Minderheitenrecht angeht?

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Herr Thümler, da kann ich Sie bestätigen: Das ist eine Dreistigkeit ganz besonderen Ausmaßes. Das kann man doch wirklich nicht hinnehmen.

(Björn Thümler [CDU]: Wenden Sie doch die Geschäftsordnung an! - Un- ruhe - Glocke des Präsidenten)