Danke schön. - Für anderthalb Minuten erteile ich das Wort Frau Kollegin Behrens von der SPDFraktion zu einer Kurzintervention auf Frau Kollegin Helmhold. Bitte schön!
Frau Kollegin Helmhold, die Medienpolitik ist eine wichtige landespolitische Aufgabe, der wir uns hier immer versichern und bei der wir an der einen oder anderen Stelle auch der Meinung sind, dass im Parlament viel zu wenig über Medienpolitik gesprochen wird und dass wir die Aufgaben, die wir haben, gar nicht wirklich wahrnehmen. Nun ist es doch Sache der Länder, zunächst einmal zu schauen und das Problem des Aufsichtsrats und des Fernsehrats sowie das, was Ministerpräsident Kurt Beck auf den Tisch gelegt hat, zu prüfen. Wenn Sie als Grüne sagen, dass Ihnen das nicht genug sei, dann kann ich das akzeptieren. Wenn ein Landesparlament nun aber nicht versucht, sich dieses Problems zunächst einmal aus eigener Kraft zu entledigen, sondern dies gleich auf die Gerichte verschiebt, kann ich das nicht verstehen. Wo ist dann eigentlich noch die landespolitische Kompetenz?
Deshalb sollten wir uns darum kümmern und unsere eigenen Probleme lösen. Erst wenn das nicht klappt und sich die Rundfunkkommission nicht einigt - das haben wir auch klar gesagt -, wird es zu diesem Normenkontrollverfahren kommen. Zunächst einmal sollte aber geguckt werden, ob man die Probleme selbst lösen kann. Das ist verantwortliche Politik.
Liebe Frau Behrens, Sie haben meine Argumentation quasi schon vorweggenommen. Ich finde es völlig richtig, dass hier im Niedersächsischen Landtag über dieses Problem diskutiert wird. Wir haben dies übrigens schon getan. Wir haben über den Vorgang „Brender“ hier im Landtag schon gesprochen. Es ist Ihnen unbenommen, hierzu eine Aktuelle Stunde oder irgendetwas anderes zu beantragen. Sie stellen hier im Landtag aber einen Antrag, mit dem Sie die Becksche Forderung aufgreifen, die wir ohnehin nicht für ausreichend halten. Dann sagen Sie: Wenn das nicht passieren soll, dann soll die Landesregierung eine Klage vorbereiten. - Da eine Klageschrift schon fertig vorliegt, können Sie von uns nicht erwarten, dass wir Ihrem Antrag zustimmen. Dass hier über dieses Thema diskutiert wird, halte ich für richtig. Ich halte aber Ihren Antrag für nicht geeignet, um sich diesem Problem zu nähern.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst zum Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Die Europäische Fernsehrichtlinie hat den Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgegeben, bis Ende 2009 Regelungen u. a. zur Werbung im Fernsehen zu treffen. Die Richtlinie gibt nicht vor, dass Vorgaben so liberalisiert werden müssen, wie das jetzt geschehen soll. Die EU-Richtlinie hätte durchaus erlaubt, den bisherigen Umfang von Werbung im Fernsehen deutlich zu reduzieren. Stattdessen werden - wie die Vertreterin der Staatskanzlei formuliert hat - Liberalisierungsspielräume genutzt. Hier wird eine echte medienpolitische Chance vertan. Die Interessen der Wirtschaft haben sich einmal mehr durchgesetzt.
Meine Fraktion, die Linke, lehnt die Ausweitung der Werbemöglichkeiten privater Sender ab. Wir kritisieren, dass für Produktplatzierungen - also die im Spielfilm gut sichtbar auftauchenden Markenlaptops oder Markensportschuhe - keine deutlichen und schärferen Regelungen getroffen werden. Wir kritisieren außerdem, dass der Vertrag an vielen
Stellen juristisch unklare Regelungen enthält, die noch zu vielen Streitigkeiten führen werden. Frau Helmhold hat es gerade ausgeführt.
Wir lehnen diesen Vertrag im Ergebnis ab, weil er sowohl einem wirksamen Verbraucherschutz als auch der kulturellen Qualität der Fernsehsendungen durch Unabhängigkeit der Fernsehsender entgegensteht.
Meine Damen und Herren, ich komme nun zum Antrag der SPD-Fraktion. Ich möchte noch einmal ins Gedächtnis rufen, was da passiert ist: Im Herbst wurde für den ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender im ZDF-Verwaltungsrat eine Vertragsverlängerung abgelehnt. Auf Deutsch: Er fliegt. - Warum? - Brender hat das im Februar in einem Interview erläutert. Wenn Sie dieses Interview nach dem Wort „DDR“ weitergelesen hätten, Herr Kollege - wo ist er? -, dann hätten Sie das auch lesen können. Er berichtet, Regierungssprecher hätten immer mal wieder versucht, Berichterstattungen zu beeinflussen. Er habe darauf immer mit der Bitte reagiert, ihm die Kritik schriftlich einzureichen. Zitat Brender:
„Die andere Seite hinterlässt ungern Spuren. Dann kam meist nix mehr. Bevor ich hier anfing, landeten Telefonproteste von Politikern direkt in der Aktuell-Redaktion. Das habe ich abgestellt.“
Dieses Verhalten von Herrn Brender war für Roland Koch und Angela Merkel Grund genug, ihn mit ihrer CDU-Mehrheit im ZDF-Verwaltungsrat zu schassen.
Für die Linke ist glasklar: Politik darf kritische und unbequeme Journalisten nicht einfach aus dem Weg räumen.
Der aktuelle ZDF-Staatsvertrag verhindert das aber nicht. Er gibt zuviel Einfluss von Politikerinnen und Politikern auf den Rundfunk. Die SPD schreibt nun in ihrem Antrag vom 9. Februar, sie wolle eine Einigung aller Länder zu Änderungen im ZDFStaatsvertrag, die den Einfluss von Politikern reduzieren. Das wäre zwar eine gewisse Verbesserung, richtig konsequent wäre aber auch dies nicht.
Wenn man jetzt die aktuellen Äußerungen von Kurt Beck im Spiegel liest, wird jetzt auch ihm deutlich, dass mit den unionsgeführten Ländern nicht einmal diese kleinen Verbesserungen zu machen sind und er wohl doch den Weg einer Klage gehen muss. Bei allem Optimismus, Frau Behrens und meine Kollegen von der SPD: Ich halte es für unrealistisch, dass sie da tatsächlich eine Einigung erzielen werden.
Nachdem die Staatsferne des Rundfunks mit der CDU offensichtlich nicht zu machen ist - zumindest nicht, solange Sie regieren -, ist es ja gut, dass sich Linke und Grüne konsequent um die Einhaltung unserer Verfassung kümmern und vom Bundesverfassungsgericht prüfen lassen wollen, ob der ZDF-Staatsvertrag die Staatsferne des Rundfunks sichert.
Der vorliegende Antrag der SPD mit dem Ziel einer Einigung aller Bundesländer wird durch die Realität überholt. Das wird nicht funktionieren. Wir stimmen ihm deshalb nicht zu.
Die SPD fordern wir auf, entsprechend dem Ergebnis der Online-Umfrage auf der SPD-Internetseite www.vorwaerts.de vorzugehen und sich wie 97 % der Abstimmenden für eine Unterstützung der Normenkontrollklage von Linken und Grünen zu entscheiden.
Danke schön, Frau Flauger. - Nun hat für die FDPFraktion Herr Kollege Rickert das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion im Niedersächsischen Landtag wird dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zum Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zustimmen, nicht nur, weil er inhaltlich unsere Zustimmung findet, sondern auch, weil wir vor dem Hintergrund, dass sich alle 16 Bundesländer auf diesen Staatsvertrag geeinigt haben, keinen Anlass sehen, unsere Zustimmung zu verweigern.
Gestatten Sie mir, noch einige Anmerkungen zu dem vorliegenden Vertragstext zu machen. Die in diesem Staatsvertrag enthaltenen Änderungen dienen zunächst der Umsetzung europäischen Rechts, genauer: der EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste aus dem Jahr 2007, die nun auch in Deutschland zum 1. April 2010 in Kraft treten soll. Durch Lockerungen bei den Vorgaben zur Produktplatzierung im Rundfunk soll einerseits dem Strukturwandel einer sich rasant entwickelnden Medien- und Informationsgesellschaft Rechnung getragen werden. Andererseits soll mit dem vorliegenden Staatsvertrag und den damit einhergehenden transparenteren Vorgaben für Werbung und Produktplatzierung insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit und Rechtssicherheit der europäischen und deutschen Unternehmen im Medienbereich gestärkt werden. Sie können künftig in Zeiten sinkender Einnahmen in der Medienlandschaft durch Produktplatzierung neue Erträge generieren. Diesen Punkt möchte ich besonders für die FDPFraktion ausdrücklich unterstreichen.
Ebenso begrüße ich allerdings, dass bestimmte Formate wie Nachrichten- oder Kindersendungen weiterhin frei von Produktplatzierungen sein werden. Ansonsten glaube ich, dass unsere mündigen Zuschauer gut mit den Bestimmungen werden umgehen können, zumal Sendungen, die Produktplatzierungen enthalten, auch als solche gekennzeichnet werden sollen.
Abschließend möchte ich hervorheben, dass die FDP-Fraktion im Niedersächsischen Landtag den SPD-Antrag zur Änderung des ZDF-Staatsvertrages ablehnen wird; denn wir teilen die dem Antrag zugrunde liegende Darstellung, die vom ZDFVerwaltungsrat in seiner Unabhängigkeit getroffene Entscheidung, den Arbeitsvertrag des ehemaligen ZDF-Chefredakteurs nicht zu verlängern, sei parteipolitisch motiviert gewesen, ausdrücklich nicht. Im Übrigen hat sich Herr Brender durch seine Einlassungen anschließend auch selbst disqualifiziert.
Danke schön, Herr Kollege Rickert. - Für die Landesregierung hat nun Herr Ministerpräsident Wulff das Wort. Bitte schön!
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Wesentliche zum Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist bereits von den Kollegen und Kolleginnen gesagt worden. Er setzt europäisches Recht um. Dahinter verbirgt sich das Zusammenwirken von 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union und 16 Bundesländern. Viele Formulierungen des Staatsvertrages lassen Kompromisse erkennen, und manche Dinge wurden wegen der vielen Beteiligten nicht gänzlich klar formuliert.
Wir handeln wegen der Konvergenz der Medien. Wir müssen uns den Telemedien zunehmend widmen und brauchen Regelungen, z. B. Rechtssicherheit für die Produktplatzierung.
Ich würde nicht so viel Misstrauen gegenüber der Arbeit der Landesmedienanstalten haben, Frau Kollegin Behrens. Sie sind mit den Spielräumen, die wir ihnen eröffnet haben, bisher gut zurechtgekommen, und sie werden zu handhabbaren Verfahren kommen, um den Dingen nachzuspüren.
Unsere Aufgabe als Ministerpräsidenten haben wir vor allem z. B. im Jugendschutz gesehen. Von Möglichkeiten der Werbeunterbrechung auch in Kindersendungen machen die Länder bewusst keinen Gebrauch, und es ist auch weiterhin nicht zulässig, Sponsorenlogos in Kindersendungen zu zeigen. Die Politik setzt diese Grenzmarkierungen, und die Landesmedienanstalten achten darauf, dass sie auch tatsächlich durchgesetzt werden.
Ich möchte noch auf zwei niedersächsische Besonderheiten hinweisen. Einmal trägt der neue § 11 c Abs. 2 Satz 2 dafür Sorge, dass die NDRStaatsvertragsländer den NDR beauftragen können, vier weitere digitale terrestrische Hörfunkprogramme zu veranstalten.
Wir müssen hier die Besonderheiten einer VierLänder-Anstalt immer wieder anmahnen und schaffen das ja auch erfolgreich. Damit ist Niedersachsen an der Fortentwicklung des Digitalradios beteiligt.
Außerdem haben wir § 25 Abs. 4 ergänzt, in dem es um das Verhältnis von Veranstaltern des Hauptprogramms zu den Regionalfensterprogrammen geht. Niedersachsen hat sich bereits im Vorgriff auf diese Regelung durch eine Änderung des Niedersächsischen Mediengesetzes eine größtmögliche Flexibilität bei der Auswahl der Veranstalter der
Für uns ist es von zentraler Bedeutung, dass es Regionalfensterprogramme mit Nachrichten aus Niedersachsen sowohl in RTL als auch in SAT.1 gibt. Ich möchte die gutachterliche Bewertung ansprechen, die die Landesmedienanstalt bei einem renommierten Medienwissenschaftler in Auftrag gegeben hat. Es ist schon von großem Interesse, wie stark gerade die Regionalfensterprogramme in Niedersachsen von unabhängiger Stelle gelobt werden.
So handhaben wir es seitens der Länder auch bei dem Sie störenden Vorgang des ZDF-Staatsvertrages. Wir prüfen natürlich auch die Vorschläge des Kollegen Beck, die er jetzt vorgelegt hat, bei denen er sich einmal auf der Minderheitsseite befand. Wenn man solche Fragen thematisiert, ist es immer etwas glaubwürdiger, wenn man die Mehrheit hinter sich hat, als wenn man in der Minderheit ist. Aus einer Minderheitenposition nachträglich eine Überprüfung zu fordern, zeugt nicht gerade von Durchschlagskraft.
Trotzdem haben die Länder drei Rechtswissenschaftler beauftragt, den ZDF-Staatsvertrag gutachterlich zu bewerten. Die Gutachten werden morgen der Öffentlichkeit präsentiert. Zwei der drei Gutachter kommen zu dem Ergebnis, der ZDFStaatsvertrag sei verfassungsgemäß, so Professor Ricker. Für Professor Degenhart ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers noch gewahrt. Lediglich Professor Hain kommt zu dem Ergebnis, es seien substanzielle Änderungen des ZDFStaatsvertrages erforderlich. Ich nenne ein Beispiel aus dessen Gutachten: Problematisch sei, wenn dem Staat zurechenbare Vertreter Vorsitzende eines Gremiums sind und ihre Stimme bei Stimmengleichheit besonderes Gewicht bekommt. Er verweist auf Herrn Beck, der Vorsitzender des Verwaltungsrates ist und dem bei Stimmengleichheit doppeltes Stimmgewicht zukommt. Möglicherweise müssen wir im Hinblick auf die Position von Herrn Beck den ZDF-Staatsvertrag zukünftig ändern.