Protokoll der Sitzung vom 17.03.2010

dann müssen wir mit den Zahlen, die sowohl Ihnen als auch unseren Kollegen im Fachausschuss vorgestellt worden sind, - - -

Herr Kollege, letzter Satz bitte!

- - - so aufrichtig umgehen, dass wir niemandem Sand in die Augen streuen und die Leute, die mit ihrem Leid genug zu tun haben, nicht verunsichern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die Kollegin Staudte hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen noch eine

Restredezeit. Wenn sie möchte, dann bitte! Wenn nicht, dann kommt der Nächste.

(Wilhelm Heidemann [CDU]: Sie wer- den nicht gezwungen!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Noch einen Aspekt für die Abgeordneten der CDU-Fraktion: Bei uns in der Region wird auch von Ihren Parteikollegen das Problem sehr ernst genommen. Wir haben vor neun Tagen im Kreistag in Lüneburg eine Resolution verabschiedet, die wir Grüne eingebracht hatten. Sie wurde von den Linken, von der SPD und auch von Mitgliedern der CDU unterstützt. Dort heißt es: Der Landrat wird gebeten, in enger Abstimmung mit dem Landkreis Harburg die Landesregierung von Niedersachsen eindringlich aufzufordern, auf das Land Schleswig-Holstein einzuwirken, damit das Atomkraftwerk Krümmel nicht wieder in Betrieb genommen wird.“

Ich würde mich darüber freuen, wenn Sie einmal auf Ihre Parteigenossen hören würden.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, für die FDP-Fraktion hat nun Herr Dr. Hocker das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Kernkraftwerk Krümmel ist in der Vergangenheit durch verschiedene Betriebsstörungen - nicht durch Störfälle - aufgefallen, die nicht dazu beigetragen haben, die Akzeptanz für die Nutzung der Kernenergie in Deutschland zu fördern. Insbesondere hat vor allem die unverantwortliche, häufig unvollständige und widersprüchliche Informationspolitik des Betreibers den Kernkraftgegnern in Deutschland neuen Auftrieb gegeben. Nicht zuletzt hat die mangelhafte Kommunikation, insbesondere nach der letzten Schnellabschaltung am 4. Juli 2009, zu Ängsten bei den Menschen in der Region geführt, die bei einer vollständigen, proaktiven und schließlich professionellen Informationspolitik nicht hätten entstehen müssen.

In der Bewertung dieser Situation sind wir uns in großen Teilen einig, würde ich sagen, nicht allerdings in der Frage, welche Schlüsse wir als Niedersächsischer Landtag hieraus tatsächlich zu ziehen haben.

Verschiedene Mitglieder sowohl der schleswigholsteinischen als auch der niedersächsischen Landesregierung haben schon mehrfach unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie von einer Wiederanfahrung des Kernkraftwerks Krümmel Abstand nehmen würden, wenn sie diese Entscheidung zu fällen hätten.

(Rolf Meyer [SPD]: Das hat auch Herr Sander gesagt!)

Dabei liegt die Betonung auf dem letzten Nebensatz.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Schröder-Ehlers?

Ja, wenn sie gut ist.

Herr Dr. Hocker, ist Ihnen bekannt, dass Vattenfall gerade immense Investitionen in den Reaktor tätigt, alle Transformatoren austauscht und mehrere Millionen Euro in der klaren Erwartung investiert, dass innerhalb der nächsten paar Wochen die Genehmigung zur Wiederinbetriebnahme erfolgt?

Liebe Frau Kollegin Schröder-Ehlers, das ist mir sehr wohl bekannt. Es ändert aber nichts an den Zuständigkeiten, wer dafür verantwortlich ist, diese Entscheidung zu treffen. Diese Entscheidung wird nicht bei uns in Niedersachsen getroffen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der CDU: Das war eine schlechte Frage, weil sie nicht not- wendig war!)

Die Betonung dessen, was ich gerade gesagt habe, liegt auf den Worten „wenn sie diese Entscheidung zu treffen hätten“. Darauf möchte ich jetzt gerne eingehen. Meine Damen und Herren von der Opposition, mit Ihrem Antrag suggerieren Sie den Menschen in der Region, dass wir als Niedersächsischer Landtag tatsächlich Einfluss auf die Entscheidung gegen die Wiederaufnahme des Betriebes des KKWs nehmen könnten, das sich, wie Sie ja hoffentlich wissen, auf schleswig-holsteinischem Gebiet befindet. Sie wissen, dass das nicht der Fall ist.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist nicht richtig!)

Sie führen die Menschen in Ihrem Antrag ganz gezielt in die Irre.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Natürlich können wir Einfluss nehmen!)

Weil wir es nicht akzeptieren, dass die Menschen in der Region nicht nur durch einen unzuverlässigen Kraftwerksbetreiber verzögert und unvollständig informiert wurden, sondern jetzt auch noch von Teilen der Politik mit Versprechungen, die man gar nicht einhalten kann, ganz bewusst hinters Licht geführt werden sollen, werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Nein, ich möchte meine Überlegungen jetzt zu Ende führen. - Mit nichts lässt sich leichter Politik machen und Mehrheiten herbeiführen als mit den Ängsten von Betroffenen. Diese Ängste für die eigenen politischen Ziele zu instrumentalisieren, halte ich aber nicht nur für unangemessen, sondern auch für ein ganz gefährliches politisches Kalkül.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die einen verunsichern die Menschen in der Region, indem sie ihnen nicht unverzüglich die Wahrheit über die Betriebsstörungen in Krümmel sagen. Die anderen treiben es auf die Spitze, wenn sie den Menschen Hoffnungen machen, auf deren Erfüllung sie selber überhaupt keinen Einfluss haben.

Herr Dr. Hocker, nur noch einen letzten Satz bitte!

Ein letzter Satz. Die Reaktion und Frustration bei den Betroffenen dürften die gleiche sein. Es ist Zeit, dass den Menschen in der Region endlich die Wahrheit gesagt wird und ihnen nichts vorgemacht wird, erst recht nicht von der Politik. Damit durch Ihren Antrag nicht auch noch die Glaubwürdigkeit der Politik beschädigt wird, werden wir ihm nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die nächste Rednerin ist Frau Somfleth von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anders als die beiden Regierungsfraktionen nehmen die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker in den Kommunen jenseits des AKW Krümmel ihre Verantwortung sehr ernst. Sie haben nämlich noch im letzten Jahr mit Resolutionen den Sorgen der Bevölkerung Rechnung getragen. In diesen Resolutionen fordern sie, dass der Pannenreaktor Krümmel, der von ihren Grundstücken ja nur durch die Elbe getrennt ist, nicht wieder angeschaltet wird.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es ist wirklich nicht nachvollziehbar, weshalb sich die Regierungsfraktionen dieser Verantwortung nicht stellen. In den neun Kommunen ist parteiübergreifend die Stimmung der Bevölkerung wiedergegeben worden. Dort - vielleicht wissen das einige von Ihnen nicht - wohnen mehr als 150 000 Menschen. Sogar der CDU-Bürgermeister der Gemeinde Dahlenburg, Herr Dassinger, hat sich mit seinen Gemeinderatskolleginnen und -kollegen diesen Resolutionen angeschlossen. Frau Staudte hat auch bereits auf den Beschluss im Lüneburger Kreistag hingewiesen.

Wie aber sieht es im Niedersächsischen Landtag aus? Nehmen wir auch hier - etwas weiter weg von der Elbe - die Ängste und Sorgen niedersächsischer Bürgerinnen und Bürger ernst?

(Astrid Vockert [CDU]: Das machen wir genauso!)

Mitnichten! Ich habe einmal das Protokoll über die erste Beratung dieses Antrages nachgelesen, über den ja leider zusammen mit der Großen Anfrage zur Energieversorgung und unserem Antrag zur Endlagerung beraten worden ist. Weder der Umweltminister noch der energiepolitische Sprecher der CDU, noch der damalige umweltpolitische Sprecher der FDP, Herr Dürr, haben sich auch nur mit einem Wort zum Thema Krümmel geäußert. Jetzt aber tun Sie so, als ob über diesen Antrag intensiv beraten worden wäre. Das ist noch nicht einmal im Fachausschuss geschehen. Als wir am Montag der vorangegangenen Woche darüber beraten haben, standen für die Beratung nur

knapp 15 Minuten zur Verfügung. Ihre Stellungnahmen waren mehr als kurz.

(Zuruf von der CDU: Ihre aber auch!)

Sie gipfelten in der Äußerung: Wir sind nicht zuständig. - Herr Hocker, wir können es Ihnen auch unter Berücksichtigung Ihres Alters und der Kürze der Zeit, die Sie diesem Landtag angehören, nicht durchgehen lassen, dass Sie sagen: Der Antrag ist reine Schaumschlägerei. - Es ist ein Schlag in das Gesicht all der besorgten Eltern vor Ort, wenn Sie hier so etwas äußern.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LIN- KEN)

Ihre Spitzenleute sowohl von CDU als auch von FDP sind in dieser Hinsicht schon erheblich weiter. Frau Merkel hat sich im Bundestagswahlkampf - Herr Wenzel hat das erwähnt - schon eindeutig dazu geäußert. Sogar Minister Sander hat noch in diesem Jahr einer Besuchergruppe gesagt, er würde diesen Pannenreaktor nicht wieder ans Netz gehen lassen. Ich frage mich: Wissen denn die Fachpolitiker in Ihren Reihen nicht, was Ihre Spitzenpolitiker zu diesem Fall von sich geben?

(Astrid Vockert [CDU]: Haben Sie einmal Frau Trauernicht gefragt?)

Machen Sie sich doch bitte einmal etwas schlauer.

Wir wissen jetzt, dass sich CDU und FDP in Schleswig-Holstein schon geäußert haben. Auch sie sind der Meinung, dieser Reaktor solle nicht wieder ans Netz. Ich beziehe mich hierbei auf Herrn von Boetticher und Herrn Koppelin. Heute steht im Kieler Landtag das Thema Krümmel ebenfalls auf der Tagesordnung. Es wäre doch ein unwahrscheinlich wichtiges Signal, wenn wir den Kolleginnen und Kollegen in Kiel heute hier vom Landtag Hannover aus sagen könnten: Wir stehen zu unserer Verantwortung