Man fragt sich natürlich: Warum passiert das eigentlich? Warum wird an dieser Stelle die Solarförderung geschwächt? - Ich habe keine andere Erklärung gefunden, als dass es Ihnen im Kern
- das hat die Debatte eben gerade, Herr Kollege Dr. Hocker, bewiesen - um den Erhalt der alten Strukturen geht. Sie wollen die Atomenergie nicht schwächen. Sie wollen die Kohlekraft nicht schwächen.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Sie wollen, dass die Leute die Zeche zah- len! So sieht es aus! - Wilhelm Hogre- fe [CDU]: Die einfachen Leute zahlen die Zeche!)
(Christian Dürr [FDP]: Das soll lächer- lich sein, Herr Meyer? Es ist unver- schämt, was Sie da sagen!)
Das ist doch schon deshalb lächerlich, weil auch die Solarenergie längst anstrebt, die Netzparität zu erreichen. Es geht doch darum, bei Wind und Sonne möglichst viel zu erreichen.
Herr Kollege Hogrefe, an dieser Stelle sollten Sie nicht so laut sein. Davon haben Sie, glaube ich, gar keine Ahnung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer vorhatte, im Jahr 2010 eine Fotovoltaikanlage zu installieren, wird sich das nach den Kahlschlagsankündigungen von Umweltminister Röttgen dreimal überlegen oder sogar ganz lassen. Die Solar
branche mit der im EEG vorgesehenen Kürzung um 9 % bis 11 % - degressiv! - für 2010 ab 1. Juli mit zusätzlichen 15 % bis 16 % zu belasten, zeugt von klima- und wirtschaftspolitischer Kurzsichtigkeit.
Selbstverständlich, Herr McAllister, kann man auf Billigmodule zurückgreifen und mit aufgehübschter Wirtschaftlichkeitsberechnung sogar noch Renditen prognostizieren - auf dem Papier. In meinem Landkreis haben etliche Landwirte, die ihre Scheunen schon in den vergangenen Jahren mit solchen Risikopaneelen belegten, riesige Probleme bekommen und statt hoher Renditen viel Ärger - besonders bei folgenden Herstellerpleiten - und große Verluste.
Mit den abrupten 26 % Gesamtkürzung wird das Umwelt- und Wirtschaftsgreenhorn Röttgen in der Solarwirtschaft einen beispiellosen Flurschaden anrichten, sehr wahrscheinlich sogar irreversibel. Viele der 60 000 Arbeitsplätze werden ebenso verloren gehen wie der hohe technologische Standard vieler Firmen, und das ausgerechnet und vorrangig dort, wo ihr Kanzler Kohl blühende Landschaften versprach: in den neuen Bundesländern.
(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das war wohl nichts! - Gegenruf von Editha Lorberg [CDU]: In der DDR sah es da traurig aus!)
Mit den billigen Herstellungskosten in China zu konkurrieren wird genauso unmöglich sein wie mit den verbesserten Rahmenbedingungen z. B. in den USA.
Dabei ist der Bundesverband Solarwirtschaft durchaus kompromissbereit. Eine Kürzung sei akzeptabel, aber eben über Jahre gestreckt und nicht als abrupter Aderlass direkt aus der Schlagader. Der Verband stützt sich dabei u. a. auf Analysten der Landesbank Baden-Württemberg, die prognostizieren, dass die europäischen Hersteller durch Röttgens Erdrosselungskurs von den ostasiatischen Modulbauern aus dem Markt katapultiert würden. Dies bedeute die Zerstörung der deutschen Solarproduktion. Das Fraunhofer-Institut muss Herrn Röttgen erst einmal Nachhilfeunterricht erteilen, dass sich die Förderung an den realen Kostenentwicklungen orientieren müsse und nicht an dubioser Preisentwicklung insbesondere
für No-Name-Solaranlagen. Das, meine Damen und Herren, sind besonders für eine neoliberale Regierung wirtschaftspolitische Ohrfeigen erster Klasse.
Dementsprechend harsch ist natürlich auch die einhellige Kritik der Wirtschaftsminister aus Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen an dem Röttgen-Kahlschlag. Sie fürchten zu Recht nicht nur Arbeitsplatzverluste, sondern eben auch massive Ausfälle bei Steuereinnahmen, die augenblicklich auf ca. 5 Milliarden Euro beziffert werden.
10 Milliarden Euro wollte die Branche in den kommenden Jahren in Produktion und vor allem in Forschung investieren. Sie wollte damit schon 2013 Preise unterhalb der Verbraucherstromtarife erreichen und 2020 schon 10 % des Strombedarfs mit Solarstrom decken. - Pustekuchen, mit einem einzigen Federstrich eines Minister-Azubis!
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, bei der Suche nach rhetorischen Stützstrümpfen für Röttgens Abdreher führen Sie gerne die Strompreise und die Aussagen der Verbraucherverbände an,
dann aber bitte, Herr Langspecht, auch vollständig: Die Mitgliederversammlung der Verbraucherzentralen hat ein zeitlich gestrecktes Zurückfahren der Förderung beschlossen und ist damit interessanterweise absolut deckungsgleich mit dem von mir vorher zitierten Angebot der Solarwirtschaft selbst.
Herr Hocker, Herr Langspecht, im Übrigen wissen Sie doch, dass 36 % des Strompreises auf die Beschaffung entfallen. Genau diese Kosten sind seit 2009 um 40 % gefallen. Die Stromriesen schöpfen diesen Rahm ab und erhöhen trotzdem die Verbraucherpreise. Das nenne ich neoliberale Freibeuterei, der Sie mit Ihrer Politik Tür und Tor öffnen,
und zwar selbstverständlich ohne die Hartz-IVSätze anzupassen. Diesen Bereich überlassen Sie der Sozialdemagogie Ihres Außenstürmers Westerwelle.
Meine Damen und Herren, hier liegt aber der Hase im Pfeffer; denn lediglich 4 bis 5 % des Strompreises entfallen auf die Kosten, die durch den gesam
ten Anwendungsbereich des EEG anfallen: 1 Cent von 21 Cent. Herr Langspecht, mit Verlaub, das muss drin sein, wenn auch nur ein Quäntchen Ernsthaftigkeit bei der Bekämpfung der Klimakatastrophe dabei ist.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das waren von Herrn Meyer und von Herrn Herzog ja schon einmal sehr sachliche Beiträge zum Thema.
Wir hatten schon angenommen, Sie wollten zu Tagesordnungspunkt 16 reden. Aber dann haben Sie doch noch die Kurve bekommen. Von meinen beiden Vorrednern hatte ich auch eine bessere Vorbereitung erwartet.
- Ja, wir reden zur Sache. - Uns und auch Ihnen liegen ja aus der Vorbereitung Informationen vor. Wir wollen einmal aufrastern, wie die einzelnen Energiearten zur Stromerzeugung und zum Strommix in Deutschland beitragen. Bei der Fotovoltaik sehen wir: Ganze 0,6 % trägt die Fotovoltaik zur Stromerzeugung bei. Andere erneuerbare Energien: Windenergie 6,5 %, Bioenergie 4,5 %. Mit diesen ganzen 0,6 % will die SPD letztendlich Kernkraftwerke und Kohlekraftwerke ersetzen. Herr Herzog, Sie bewältigen sogar die Klimakatastrophe mit 0,6 % der Stromerzeugung. Sie haben sich sehr gut vorbereitet.
Selten haben wir auch einen so überholten Antrag gesehen. Insgesamt ist es aber auch ein sehr überflüssiger Antrag.
Worum geht es überhaupt? - Es geht um nichts anderes als darum, die Einspeisevergütung für Fotovoltaikanlagen den Marktpreisen anzupassen. Dazu verweise ich auf die aktuelle Ausgabe von Rathaus und Umwelt - Ausgabe 1/2010 -, die den Kommunen und uns als Abgeordneten vorliegt. Da heißt es fachlich sehr gut dargestellt: Im Jahr 2009 sind die Systempreise - will heißen: Modulpreise plus Installationskosten - insgesamt um durchschnittlich rund 30 % gesunken. Für 2010 wird in Fachzeitschriften nochmals eine Preissenkung in der Größenordnung von 10 % bis 15 % vorausgesagt. Der dadurch bedingte Verfall der Marktpreise hat bei den gegenwärtigen Vergütungssätzen - darüber reden wir heute - zu einer Überförderung und damit zu wirtschaftlichen Fehlanreizen geführt. - Die wollen wir letztendlich aufheben.