Protokoll der Sitzung vom 17.03.2010

Herr Innenminister Schünemann hat das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde es schon sehr merkwürdig, dass man dann, wenn man jetzt tatsächlich individuelle Hilfe leistet, in eine ganz andere Ecke gestellt wird. Angesichts dessen werde ich sehr nachdenklich. Das muss man erst einmal sacken lassen. Wenn man jemandem, der hier Verwandte - etwa einen Bruder - hat, individuell zu helfen versucht, ist das nach meiner Ansicht eine sehr sinnvolle Angelegenheit. Ich glaube, das sollten wir auch in Zukunft so tun.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es ist im Übrigen nicht so, dass die Betreffenden anschließend ausschließlich in Lagern untergebracht werden. Frau Seeler, ich glaube, Sie waren 2006 oder 2007 mit Herrn Gansäuer im Kosovo. Seitdem hat sich manches geändert. Ich darf hier keine statistischen Kurven zeigen. Ich kann aber sagen, dass Roma-Siedlungen wieder aufgebaut werden, und zwar mit einem Standard, der durchaus vernünftig ist. Das ist nach meiner Ansicht auch ein richtiger Weg.

Ich habe mich eigentlich zu Wort gemeldet, weil Herr Wenzel es so dargestellt hat, dass ich Herrn Bischof Trelle oder vielleicht auch Herrn Bischof

Weber in irgendeiner Weise vorgehalten habe, Sie würden eine Kampagne führen. Das tun sie ausdrücklich nicht. Vielmehr kümmern sie sich tatsächlich um Einzelfälle und erkundigen sich danach. Wenn sie dann Briefe schreiben, bekommen sie auch eine Antwort. Ich wende mich allerdings dagegen, dass es gerade von Ihrer Fraktion, teilweise aber auch von den anderen Oppositionsfraktionen - das habe ich seit nahezu sieben Jahren hier im Plenum erlebt - pauschal so dargestellt wird, dass wir inhuman abschieben und eben keine Einzelfallprüfung durchführen. Dagegen wehre ich mich nun wirklich, weil das schlichtweg nicht stimmt und weil es sich hier um eine Kampagne handelt, die Sie politisch benutzen. Dagegen wehre ich mich. Das lasse ich Ihnen auch nicht durchgehen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich habe gerade über den Fall, der hier in Rede stand, persönlich mit Herrn Bischof Weber gesprochen, um ihm die Einzelheiten einmal darzustellen. Das ist eine schwierige Angelegenheit. Wir konnten gar nicht alle Einzelheiten darstellen. Das wäre datenschutzrechtlich nicht ganz einfach. In jedem Falle habe ich aber dargelegt, wie sich die Situation in diesem Falle darstellt. Es war ein sehr gutes Gespräch. Es ist klar, dass ich hier über keine Einzelheiten aus diesem Gespräch berichten werde. Ich meine, es ist der richtige Weg, wenn man sich erkundigt, einen Dialog führt und in diesem Zusammenhang dann vielleicht auch zu gemeinsamen Entscheidungen kommt.

Ich weise es zurück, wenn gesagt wird, dass ich der evangelischen Kirche oder der katholischen Kirche vorgeworfen habe, irgendeine Kampagne zu führen. Das werfe ich vielmehr Ihnen vor, weil Sie - das gilt auch für Frau Polat - dieses Thema in der Vergangenheit immer wieder instrumentalisiert haben. Das lasse ich Ihnen auch in diesem Parlament wirklich nicht mehr durchgehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über Nr. 1 der Beschlussempfehlung des Ausschusses. Wer ihr zustimmen und damit den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/1496 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegen

stimmen? - Stimmenthaltungen? - Es ist mehrheitlich so beschlossen.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/1502 ablehnen möchte, den bitte ich ebenfalls um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Auch das wurde so beschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses. Wer ihr zustimmen will und damit die in die Beratung einbezogene Eingabe 1300 für erledigt erklären möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Es ist mehrheitlich so beschlossen.

Meine Damen und Herren, ich rufe nun den Tageordnungspunkt 22 auf:

Einzige (abschließende) Beratung: Europa bewusst machen - Sozialrechte stärken Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/2172 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien - Drs. 16/2274 neu

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Frau Flauger von der Fraktion DIE LINKE hat sich zu Wort gemeldet. Bitte, Frau Flauger!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst Frau Jannine Menger-Hamilton zu ihrer heute erfolgten Einbürgerung beglückwünschen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun zum Thema. Ich möchte zu Beginn aus der Landtagssitzung vom 17. Februar zitieren:

„Lassen Sie uns, statt an diesen vier Wochen zu kleben, zu jeder Zeit konsequent künftige Wählerinnen und Wähler ansprechen.“

Es war der CDU-Abgeordnete Lammerskitten, der das gesagt hat. Er hat völlig recht.

Die Linke hatte Ihnen im letzten Jahr vor der Europawahl einen Antrag mit dem Titel „Europa be

wusst machen - Wahlbeteiligung erhöhen“ vorgelegt. Weil Sie auf der rechten Seite dieses Hauses trotz der unwiderlegbaren Richtigkeit dieses Antrags einem Antrag meiner Fraktion nicht zustimmen konnten, haben Sie unseren Antrag erst abgeschrieben und sich dann nachher so sehr verrannt, dass Sie im Plenum mehrfach nicht mehr wussten, wie Sie abstimmen mussten.

Meine Damen und Herren, die Wahlbeteiligung bei der Europawahl lag in Niedersachsen nur knapp über 40 %. Als überzeugte Demokratinnen und Demokraten finden wir Linke das zutiefst beunruhigend. Offensichtlich ist die Europäische Union für viele Menschen immer noch abstrakt und schwer greifbar, obwohl inzwischen 80 % unserer Gesetze auf der Basis europäischer Vorgaben erlassen werden.

Wir beraten deshalb heute wieder einen Antrag der Linken, mit dem wir dazu beitragen wollen, der breiten Öffentlichkeit die Wichtigkeit der Europäischen Union deutlicher zu machen und die Wahlbeteiligung ganz im Sinne von Herrn Lammerskitten durch frühzeitige und konstante Information zu erhöhen. Der Landtag soll für einen umfassenden, flächendeckenden Ausbau der Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf die Europäische Union ein Konzept erarbeiten. Die europäischen Gremien und ihre Arbeit sollen transparent gemacht werden. Die politische Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger soll forciert werden. Einen Schwerpunkt sollen dabei Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bilden. Deshalb sollen die bewährten Planspiele des Europäischen Informations-Zentrums auch flächendeckend und für alle Schulformen angeboten werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Medienpartnerschaften zur journalistischen Berichterstattung über die EU sollen ausgebaut werden.

Weil Information aber nicht reicht, solange die EU die oft prekäre Lebenssituation der Menschen nicht spürbar positiv beeinflusst, fordern wir in unserem Antrag auch, dass Niedersachsen im Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung entsprechende Programme entwickelt und durchführt. Das wäre ein echter Beitrag zur Erhöhung der Akzeptanz der EU.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, wir haben über das Thema im Ausschuss beraten. Gegen keine unserer Forderungen konnten Sie inhaltlich ernsthaft

etwas vorbringen. Von der CDU kamen Klagen, dass wir die Regierung in dem Antrag nicht genug loben und das EIZ ebenfalls nicht. Es wurde gefragt, wie wir das EIZ denn kritisieren könnten. Wir haben das aber gar nicht getan und wollen es auch nicht tun. Interessant ist, dass das EIZ selbst sich gar nicht kritisiert fühlte.

(Zuruf von der LINKEN: Hört! Hört!)

Die Umsetzung unseres Antrages würde ganz im Gegenteil das EIZ in seinen Bemühungen stützen, wenn es versucht, die verschiedenen Aktivitäten in Niedersachsen zu koordinieren. Von der FDP kam wegen der Forderung nach einem Konzept und nach Koordination ein abstruser Zentralismusvorwurf - man könne doch alles dem freien Spiel der Kräfte überlassen. - Ich habe in der freien Wirtschaft gelernt, dass man für komplexe Vorhaben ein Konzept entwickeln und die einzelnen Aktivitäten koordinieren sollte. Sie sollten das auch wissen. Geben Sie sich auf der rechten Seite des Hauses diesmal einen Ruck, stimmen Sie einem richtigen Antrag der Linken zu, und setzen Sie damit auch den Beschluss der Europaministerkonferenz von Ende 2009 unter niedersächsischer Berichterstattung um! Diese richtigen Beschlüsse sollten keine Lippenbekenntnisse bleiben.

(Beifall bei der LINKEN)

Nächster Redner ist Herr Mindermann von der CDU-Fraktion. Bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrten Damen und Herren! Die Linken fordern in ihrem Antrag u. a. politische Konsequenzen, da sie eine Kluft zwischen der politischen Relevanz der Europäischen Union und der Wahrnehmung bei den Menschen sehen. Klar ist, dass öffentlichkeitswirksame Maßnahmen vor EU-Wahlen künftig frühzeitiger beginnen müssen und mittels zielgruppenorientierter Kampagnen kontinuierlich und nachhaltig nähergebracht werden sollten. Dem stimme ich voll und ganz zu.

Aber Ihr negatives Bild, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, das Sie in ihrem Antrag vermitteln, stimmt nicht mit der Realität überein.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das le- sen Sie zwischen den Zeilen heraus! Das schlechte Gewissen plagt Sie!)

Ich frage Sie, Frau Flauger, haben Sie schon einmal etwas von der Europawoche oder von dem laufenden europäischen Journalistenwettbewerb, den diversen Aktionen der Europa-Union oder dem EU-Projekttag an Schulen am 3. Mai dieses Jahres gehört?

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Ja, na- türlich, ich war doch auch schon da- bei!)

Sie fordern von der Landesregierung, geeignete Programme zu entwickeln, um dem Europäischen Jahr zur Bekämpfung von sozialer Armut und sozialer Ausgrenzung gerecht zu werden. Ich möchte an dieser Stelle beispielhaft auf eine geplante Veranstaltung des Sozialministeriums mit den Paritätischen Wohlfahrtsverbänden hinweisen, die im zweiten Quartal dieses Jahres in Hannover stattfinden wird. Diese Veranstaltung steht in der aktuellen Projektliste 2010 des Europäischen Informationszentrums an erster Stelle. Ich empfehle Ihnen, hier einmal hineinzuschauen. Dort finden Sie z. B. eine Autorenlesung mit Europabezug oder Veranstaltungen mit dem Landessportbund oder zum Thema „Europa besser kommunizieren“.

Meine Damen und Herren, das sind kreative, innovative und interessante Veranstaltungen, die das Europäische Informationszentrum initiiert. Aber auch weitere Termine wie der Tag der Niedersachsen in diesem Jahr in Celle oder eine Vielzahl von Aktionen im Rahmen der jährlich stattfindenden Europawoche vor Ort sind ein tolles Beispiel für viel Engagement im Sinne einer Werbung für ein soziales Europa.

Bedanken möchte ich mich bei dieser Gelegenheit auch einmal sehr herzlich für die Arbeit der Mitglieder der Europa-Union. Hier wird vor Ort ehrenamtlich der Geist Europas vorangetragen.

(Beifall bei der CDU)

Auch hier kann man nur für Unterstützung werben. Die Europa-Union ist eine wichtige Institution, die ihren Teil dazu beiträgt, Europa bewusster zu machen.