Protokoll der Sitzung vom 17.03.2010

Denn es ist Aufgabe des Verfassungsschutzes, die Erkenntnisse mitzuteilen, die gegen eine Einbürgerung sprechen können.

Ob konkret ein Mitglied der Partei DIE LINKE persönlich verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt oder es sich hiervon glaubhaft distanziert, das kann nur von der Einbürgerungsbehörde selbst in der Gesamtschau entschieden werden. Sie hat den Betroffenen dazu zu befragen, anzuhören. Wie ich den Medien entnehmen musste, soll sich Frau Menger-Hamilton einer Anhörung allerdings verweigert haben. Vielleicht hat das zu der Verzögerung geführt; deshalb will ich Herrn Jagau da gar nicht kritisieren. Aber festzustellen ist, dass es hier noch nicht zu einer Entscheidung gekommen ist.

Die Fachaufsicht im niedersächsischen Innenministerium hat sich gegenüber der Region Hannover ebenfalls rechtlich einwandfrei verhalten.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Mit wel- chem Recht haben Sie eine Abstim- mung gefordert?)

Wegen der zu erwartenden öffentlichen Aufmerksamkeit bei einer Regelanfrage zu einem Einbürgerungsantrag eines Mitglieds der Partei DIE LIN

KE hat die Fachaufsicht in meinem Haus die Region Hannover gebeten, ihr die Entscheidung der Region Hannover vorab zur Kenntnis zu geben. Hieraus kann der Regionspräsident aber natürlich nicht ableiten, dass er nicht entscheiden kann.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie ha- ben Abstimmung gefordert, Herr Schünemann!)

Er ist lediglich darum gebeten worden, die Entscheidung, die er fällen will, der Ausländerabteilung mitzuteilen. Damit hätte er ganz im Gegenteil sogar schneller entscheiden können, weil wir uns anschließend noch einmal absprechen konnten. Daraus zu machen, wir hätten verzögert, ist schlicht falsch. Die Verantwortung liegt hier eindeutig bei der Region Hannover und auch beim Regionspräsidenten, Herrn Jagau.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Kreszentia Flauger [LINKE])

- Nein, Information, nicht Abstimmung.

Herr Minister, Frau Modder wünscht, eine Zwischenfrage zu stellen.

Nein, ich will erst einmal im Zusammenhang vortragen. Danach können Sie noch fragen.

Die Fakten im Fall Menger-Hamilton liegen lange auf dem Tisch, und die Region kann und muss entscheiden.

Meine Damen und Herren, natürlich habe ich mir, nachdem der Fall öffentlich geworden ist, berichten lassen. Der danach offenbar auf Ebene einzelner Mitarbeiter intern und wohl auch gegenüber der Region Hannover wiedergegebene Eindruck, diesem Verfahren liege eine Weisung und inhaltliche Entscheidung durch mich zugrunde, ist schlicht falsch.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Aha!)

Im konkreten Fall Menger-Hamilton hatte der damalige Verfassungsschutzpräsident bereits im Dezember 2007 entschieden. Ich sage aber noch einmal: Ich habe ihn dafür nicht zu kritisieren. Er hat völlig korrekt gehandelt. Hätte ich eine Weisung erteilt, wäre sie auch nicht falsch gewesen. Denn der Verfassungsschutzpräsident hat völlig richtig und rechtskonform gehandelt. Deshalb ist es völlig unerheblich, ob ich da eingegriffen habe

oder nicht. Der Verfassungsschutz, für den ich verantwortlich bin, hat korrekt gehandelt, Punkt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weil Herr Jüttner und auch Herr Briese die Frage gestellt haben, wie man die Partei DIE LINKE heute überhaupt noch beobachten könne, sage ich Ihnen noch einmal: Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm - in Klammern: SPD -, hat erst in diesen Tagen die Notwendigkeit der Überwachung der Partei DIE LINKE als Ganzes noch einmal deutlich gemacht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb, meine Damen und Herren, werde ich im Sinne einer wehrhaften Demokratie weiterhin an der Beobachtung durch den Verfassungsschutz festhalten. Der Verfassungsschutz wird auch in Zukunft Informationen an die Einbürgerungsbehörden weitergeben. Ich gehe davon aus, dass die Einbürgerungsbehörden aus diesem Fall lernen, dass möglichst zügig abzuwägen ist. Denn zweieinhalb Jahre sind - das gebe ich zu - eine Zeit, in der man sich eigentlich hätte entscheiden können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Fraktion DIE LINKE hat nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung um zusätzliche Redezeit gebeten.

(Björn Thümler [CDU]: Geht das denn? - Ulf Thiele [CDU]: Dies ist eine Aktuelle Stunde!)

- Natürlich! - Herr Perli, Sie haben für eine Minute das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

(Der Redner zeigt ein Schriftstück)

Das ist sie: meine Einbürgerungsurkunde. Ich habe überhaupt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass ich in einem rechtsstaatlich völlig korrekten Verfahren eingebürgert worden bin.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Niemand ist unfehlbar! - Weitere Zurufe von der CDU)

Ich habe wie Frau Menger-Hamilton bei meinem Antrag auf Einbürgerung unterschreiben müssen,

dass ich mich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekenne

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Papier ist geduldig!)

und dass dies in der Vergangenheit auch immer so gewesen ist. Ich möchte darauf hinweisen, dass ich es nicht akzeptiere, dass meine Einbürgerung hier vom Innenminister als rechtswidriger Vorgang dargestellt wird, und dazu ein paar Anmerkungen machen, die Sie in meiner Mündlichen Anfrage Nr. 10, die ich für die morgige Sitzung gestellt habe, nachlesen können.

Erstens. Der Verfassungsschutz war seit dem 27. November 2006 darüber informiert, dass ich mich einbürgern lassen wollte. Man hat mir auch geantwortet. Das alles war also bekannt und wurde bis ins Innenministerium diskutiert.

Zweitens. In der Drs. 16/2155 teilt die Landesregierung mit, dass ihr ein „Fall aus dem Bereich des sogenannten Ausländerextremismus“ - - -

Kommen Sie bitte zum Ende!

- - - bekannt ist, „in dem von einer Einbürgerungsbehörde aufgrund der Mitteilung von Erkenntnissen des Verfassungsschutzes eine Einbürgerung zurückgenommen wurde.“ Meine Einbürgerung wurde nicht zurückgenommen.

Ein Letztes - ich bitte, das ganz kurz vortragen zu dürfen -: Die SPD war bis Januar 2003 noch an der Landesregierung. Ich habe ein Schreiben des Verfassungsschutzes von 2002, aus dem hervorgeht, dass ich nicht überwacht wurde. Im November 2003 habe ich dann ein Schreiben vom inzwischen CDU-geführten Verfassungsschutz erhalten, - - -

Sie müssen jetzt zum Ende kommen, Herr Perli. Bitte!

- - - in dem steht:

„Außerdem ist einem Aufsatz in Disput 8/2003 zu entnehmen, dass Sie an einem Sommercamp teilgenommen haben.“

Das ist die Qualität Ihrer Verfassungsschutzüberwachung. Das zeigt, dass Sie aus rein politischen

Gründen und nicht aus sachlich-rechtlichen Gründen überwachen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zusätzliche Redezeit hat auch Herr Briese gewünscht. Bitte schön, Sie haben ebenfalls eine Minute.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Die Ursache dafür, dass sich dieser Fall so lange hingezogen hat, liegt meiner Meinung nach eindeutig bei dem niedersächsischen Verfassungsschutzamt.

(Ulf Thiele [CDU]: Das ist erkennbar widerlegt!)

- Das will ich Ihnen jetzt noch einmal erläutern. - Die Verzögerung liegt daran - das hat das Amt in der Unterrichtung eingeräumt -, dass Sie - undifferenziert und nicht auf den Einzelfall abstellend - automatisch eine negative Stellungnahme abgeben, wenn es sich z. B. um einen linken Sozialdemokraten handelt, der zur Links-Partei gewandert ist.

(Editha Lorberg [CDU]: Warum hat Herr Jagau denn so viele Monate nichts gemacht, Herr Briese?)

Automatisch sagen sie dann: aus unserer Sicht nicht einbürgerungsfähig.