Protocol of the Session on March 18, 2010

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Zu 1: Bundesumweltminister Dr. Röttgen hat das Landeskabinett am 2. März 2010 über die beabsichtigte Wiederaufnahme der ergebnisoffenen Erkundungsarbeiten im Salzstock Gorleben informiert. Dabei wurden die Beteiligung der Öffentlichkeit und eine transparente Information über das weitere Vorgehen zugesichert.

Zu 2: Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 9. März 1990 entschieden, dass die Erkundung des Salzstockes Gorleben mit dem Ziel, eine Aussage zur Eignung als Bundesendlager für radioaktive Abfälle zu erhalten, zu Recht ausschließlich auf der Grundlage des Bergrechts erfolgt. Das Gericht stellt fest, dass die untertägige Erkundung für die Sicherstellung und Endlagerung radioaktiver Abfälle noch nicht der Beginn der Errichtung einer entsprechenden Anlage sei und daher nicht der atomrechtlichen Planfeststellung bedürfe. Dies gelte auch dann, wenn Teile des Erkundungsbergwerkes wie z. B. die Schächte nach Dimensionierung und Bauausführung im Fall einer positiven Standortentscheidung im dann aufgrund einer Planfeststellung zu errichtenden Endlager Verwendung finden sollten.

Mit diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht über die Klage verschiedener Personen aus dem Raum Gorleben entschieden, die dem Bundesamt für Strahlenschutz untersagen lassen wollten, im Salzstock Gorleben Erkundungsarbeiten ausschließlich auf der Grundlage von Bergrecht

durchzuführen. Diese Entscheidung ist für die Landesregierung auch weiterhin rechtlicher Handlungsmaßstab. Rechtsgutachten zu dieser Fragestellung liegen ihr nicht vor.

Zu 3: Nach aktuellen atomgesetzlichen Bestimmungen müssen die Betreiber von Kernkraftwerken in jährlicher Fortschreibung bis zum 31. März nachweisen, dass sie ausreichende Vorsorge zur Entsorgung der abgebrannten Brennelemente und der Abfälle aus der Wiederaufarbeitung getroffen haben. Gegenüber den zuständigen Aufsichtsbehörden muss dargelegt werden, dass der sichere Verbleib der radioaktiven Abfälle in geeigneten Zwischenlagern bis zur Abgabe an ein Endlager gewährleistet ist.

Die Zwischenlagerung der abgebrannten Brennelemente erfolgt dezentral und bedarfsgerecht am Standort der Kernkraftwerke bis zur Abgabe an ein Bundesendlager. Bezüglich der aus der Wiederaufarbeitung zurückzunehmenden Abfälle stellt die im Auftrag der Betreiber von Kernkraftwerken tätige Gesellschaft für Nuklear-Service mbH die getroffenen Entsorgungsmaßnahmen in jährlich fortzuschreibenden Berichten dar. Im aktuellen Bericht mit Stand vom 31. Dezember 2008 ist dargelegt, dass die in den zentralen Zwischenlagern Ahaus und Gorleben vorhandenen Stellflächen ausreichen, um alle Wiederaufarbeitungsabfälle bis zur Abgabe an ein Bundesendlager zwischenzulagern. In den aktuellen Entsorgungsvorsorgenachweisen ist keine Bezugnahme auf das Erkundungsprojekt Gorleben enthalten, da für die Endlagerung der Bund zuständig ist.

Zu der Anfrage der SPD-Fraktion mit dem Titel „Röttgen lässt die Maske fallen“ lassen Sie mich folgende Vorbemerkung machen: In einer Pressemitteilung vom 15. März 2010 teilt Bundesumweltminister Dr. Röttgen mit, dass das Moratorium zur Erkundung des Salzstockes Gorleben als Endlager für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle aufgehoben werde. In einem mehrstufigen Verfahren soll auf der Basis einer Sicherheitsanalyse, eines aktualisierten Endlagerungskonzeptes und eines internationalen Gutachtens unabhängiger Wissenschaftler zunächst geprüft werden, ob Gorleben als Endlager infrage kommt. Sollte diese Prüfung positiv ausfallen, werde ein atomrechtliches Planfeststellungsverfahren durchgeführt. Die Transparenz und Nachvollziehbarkeit des Verfahrens soll durch das Angebot einer intensiven Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an diesem Prozess von Anfang an und in allen Phasen gewährleistet sein. Die Landesregierung bekennt sich zur Verantwor

tung für eine sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle. Sie setzt sich daher für die Aufhebung des Moratoriums des Salzstockes in Gorleben und für eine ergebnisoffene Erkundung ein. Mit Blick auf Niedersachsen als Endlagerstandort wird sich die Landesregierung auf Bundesebene weiter für einen gerechten Ausgleich für die betroffenen Regionen einsetzen, die eine im nationalen Interesse bedeutsame Entsorgungseinrichtung übernehmen. Die Landesregierung begrüßt daher, dass sich die neue Bundesregierung nach einem über zehnjährigen Stillstand und den untauglichen Versuchen von Rot-Grün, die Entsorgungsfrage auf die lange Bank zu schieben, jetzt der Verantwortung für die Entsorgung radioaktiver Abfälle stellt, die unabhängig von der Frage der weiteren Nutzung der Kernkraftwerke, die noch laufen sollen, besteht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Im Übrigen steht die Landesregierung, wie Sie wissen, für einen technologieoffenen Energiemix aus erneuerbaren Energien, fossilen Energieträgern wie Kohle und Gas sowie aus Kernenergie. Die niedersächsische Energiepolitik orientiert sich auch im Interesse des Klimaschutzes an den drei Aspekten Umweltverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Dringliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Ich verweise auf die Vorbemerkung.

Zu 2: Internationale Anforderungen an die Sicherheit zur Endlagerung radioaktiver Abfälle wurden u. a. von der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA festgelegt. Diese beziehen sich aber ausdrücklich auf die Betriebs- und Nachbetriebsphase. Aussagen zu Anforderungen an eine Standortauswahl oder ein Wirtsgestein finden Sie dort dagegen nicht. Sollte der Bund zukünftig einen Antrag zur Errichtung eines Endlagers in Niedersachsen stellen, hat die zuständige Genehmigungsbehörde unabhängig vom Wirtsgestein darüber zu entscheiden, ob der beantragte Standort den vorgeschriebenen Sicherheitsanforderungen genügt. Die Grundlagen hierfür werden die Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung Wärme entwickelnder radioaktiver Abfälle sein, die vom Bundesumweltministerium zurzeit mit den Ländern abgestimmt werden.

Nach Aussage bisheriger Bundesregierungen gibt es bis heute keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, die grundsätzlich gegen den Standort Gorleben

und eine Fortsetzung der ergebnisoffenen Erkundung sprechen. Ergebnisoffen erkunden heißt aber auch, dass ein negatives Ergebnis nicht ausgeschlossen werden kann. Die Landesregierung begrüßt insofern die Absicht von Bundesminister Dr. Röttgen, parallel die wissenschaftliche Diskussion zu alternativen geologischen Formationen voranzutreiben, um auf diesen Fall vorbereitet zu sein.

Zu 3: Die Landesregierung befürwortet und unterstützt im Übrigen die von Bundesumweltminister Dr. Röttgen angekündigte transparente und nachvollziehbare Vorgehensweise bei der Erkundung von Gorleben. Sie ist unverzichtbarer Bestandteil eines Prozesses zur Erhöhung der Akzeptanz in der Bevölkerung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Wenzel stellt die erste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in dem von Herrn Sander angesprochenen Urteil die Verlängerung eines bergrechtlichen Rahmenbetriebsplans grundsätzlich infrage steht, wenn es tatsächliche Änderungen des Vorhabens gegeben hat, frage ich Sie: Welche Änderungen sind in Gorleben seit Vorlage des Antrags vom 14. April 1982 vorgenommen worden?

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Sander. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach meinem Wissen und den Erkenntnissen meiner Fachleute: Keine.

(Lachen bei den GRÜNEN - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Unglaublich! - Ge- genruf von Wolfgang Jüttner [SPD]: Eine klare Antwort! Daran ist nichts zu mäkeln! - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Er weiß nichts! - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Das kann man jetzt so fort- setzen!)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Herzog von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Minister, hält die Landesregierung die vom BMU vorgeschlagenen Sicherheitsanforderungen für Endlager auch für absolut nicht ausreichend, wonach auf ein Mehrbarrierensystem und ein intaktes Deckgebirge verzichtet werden soll und weiterhin jeder zehntausendste, unter ungünstigen Bedingungen sogar jeder tausendste Anwohner durch austretende Radioaktivität von einer schwerwiegenden Krankheit befallen werden kann?

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Eine ganz präzise Frage!)

Herr Minister Sander, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Verfahren, Herr Kollege Herzog, ist noch nicht abgeschlossen. Auch über die von Ihnen erwähnten Barrieren, die eingebaut werden müssten, wird noch diskutiert. Alles dieses ist noch im Fluss. Wir werden darauf achten, dass die Sicherheitsanalyse so erfolgt, dass wir nach jetzigem Kenntnisstand und wissenschaftlichen Erkenntnissen einen sehr hohen Standard anlegen.

(Kurt Herzog [LINKE]: Jeder Tau- sendste! Was sagen Sie dazu?)

Frau Kollegin Staudte von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt die nächste Frage.

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Umweltminister, Sie haben gerade gesagt, es habe keine Änderungen gegeben. Da wollen wir Ihnen ein bisschen auf die Sprünge helfen. Wird denn weiterhin am Ein-Endlager-Konzept festgehalten?

Herr Minister Sander, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin, ich habe, glaube ich, in beiden Antworten klar und deutlich ausgeführt, dass die Landesregierung und auch der Bundesumweltminister gesagt haben, dass Gorleben zu Ende erkundet wird. Gleichzeitig habe ich gesagt, dass erstmalig ein Bundesumweltminister mit internationalen Wissenschaftlern parallel dazu darüber diskutiert und dass - sollte das negativ ausfallen - auch in anderen Gesteinsformationen geforscht werden muss. Jetzt macht dieser Umweltminister all das, was Sie hätten tun können, und dann ist es auch wieder falsch!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Wenzel zur Geschäftsordnung, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich zur Geschäftsordnung gemeldet. Wenn der Umweltminister auf unsere Fragen nicht antwortet, dann beantragen wir eine Unterbrechung der Sitzung und eine Zusammenkunft des Ältestenrats.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Die Frage der Kollegin Staudte ist nicht im Ansatz beantwortet worden. Der Minister hat auch gar nicht den Versuch gemacht, auf die Frage zu antworten, obwohl sie sehr klar gestellt war.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das ist eine Missachtung der Fraktionen!)

Wenn der Minister die Antwort nicht gibt, beantrage ich eine Unterbrechung der Sitzung.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Herr Kollege Thümler, ebenfalls zur Geschäftsordnung.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Sagen Sie, dass der Minister nachbessert oder dass er sagt, dass er das alles nicht weiß!)

Erstens. Wir lehnen den Antrag ab.

Zweitens. Sie haben Fragen gestellt, und der Minister hat auf diese Fragen geantwortet. Wenn Sie mit den Antworten nicht einverstanden sind, dann fragen Sie doch weiter. Sie haben ja noch Fragerechte. Sie haben zehn Fragen.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ja, wir stellen zehn Mal dieselbe Frage, das könnte Ihnen so passen!)

Das können Sie gerne tun, aber der Minister wird Ihnen Ihre Fragen dann wohl beantworten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ansonsten müssen Sie sich damit einverstanden erklären, wie geantwortet wird. Sie haben ja kein Recht darauf, die Antwort zu bekommen, die Sie haben wollen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Karl-Heinz Klare [CDU]: Genau das ist es!)

Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsordnung?