Protokoll der Sitzung vom 18.03.2010

Zum Misstrauensbekunden habe ich schon einiges gesagt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe etwas recherchiert und bin der Frage nachgegangen, wo es in Europa und auch sonst irgendwo auf der Welt eine Kennzeichnungspflicht gibt. Auch dazu hat Frau Zimmermann schon einige Zahlen genannt. Bereits 1949 - man höre und staune - gab es nach preußischem Landrecht diese Verpflichtung. Wir hatten sie Mitte der 90er-Jahre auch in den neuen Bundesländern. Man höre und staune: Auch die Polizei in New York - New York soll ja auch nicht der Hort der allgemeinen Friedlichkeit sein, will ich einmal sagen, sondern eine ziemlich turbulente und dynamische Stadt - trägt Namensschildchen. Auch in der Stadt London ist dies der Fall. Ich finde, dass Hannover nicht hinter New York und London zurückstehen sollte.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Zu einer Kurzintervention hat sich der Kollege Biallas von der CDU-Fraktion gemeldet. Anderthalb Minuten, Herr Biallas.

Herr Präsident! Weil ich keine Zwischenfrage stellen durfte, will ich es im Wege einer Kurzintervention sagen. - Ich fand das, was Sie hier vorgetragen haben, ziemlich abenteuerlich, weil im Moment eine zunehmende Gewalt gegen Polizisten zu beklagen ist und Sie sich hier ausschließlich zu Gewalt ausgelassen haben, die angeblich Polizisten gegenüber Demonstranten ausüben.

(Victor Perli [LINKE]: Das stimmt gar nicht! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Wenn Sie wenigstens zugehört hät- ten!)

Hier kann jeder jede Meinung haben. Da heute bei Demonstrationen trotz Vermummungsverbot zum Teil auch vermummte Demonstranten erscheinen - nicht aus Spaß und Jux, sondern um ihre Identität zu verschleiern -, wundert es mich, dass Sie nicht den Schneid hatten, auch einmal über die Frage nachzudenken, wie es wäre, wenn wir jeden Demonstranten verpflichten würden, ebenfalls ein Namensschild zu tragen. Auf diese Idee sind Sie aber noch nicht gekommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Briese möchte antworten. Ich erteile ihm für anderthalb Minuten das Wort.

(David McAllister [CDU]: Mal sehen, ob er dafür ist! - Weitere Zurufe)

- Moment, noch nicht. - Herr Briese hat jetzt für anderthalb Minuten das Wort. Bitte sehr!

Ich bin immer wieder überrascht, muss ich wirklich einmal sagen, wie wenig Ahnung der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion vom niedersächsischen Polizeirecht hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Das überrascht mich, Herr Biallas. Es gibt einen alten juristischen Grundsatz: Ein Blick in das Gesetz hilft bei der Rechtsfindung. - Wenn Sie in das entsprechende Gesetz einmal hineingucken würden, würden Sie wissen, dass es eine allgemeine Pflicht zur Identifikation gibt. Wenn die Polizei dies verlangt, ist der betreffende Bürger natürlich ausweispflichtig und muss sich identifizieren lassen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Umgekehrt aber hat der Bürger nicht das Recht, von einem Polizisten zu verlangen, dass er ihm seinen Ausweis oder seine Dienstnummer zeigt; jedenfalls nicht bei Großeinsätzen. Der betreffende Polizist kann dies verweigern. Um nichts anderes geht es doch in dieser Debatte. Es geht um Gleichberechtigung zwischen Bürgerinnen und Bürgern auf der einen Seite und dem Staat auf der anderen Seite.

(Ulf Thiele [CDU]: Darum geht es Ih- nen ausdrücklich nicht!)

Im Übrigen hat hier niemand das große Problem der Gewalt gegen Polizisten verharmlost. Darüber haben wir in diesem Landtag schon intensiv beraten. Niemand hat dieses Problem irgendwie schön- oder weggeredet. Anscheinend haben Sie aber auch da nicht zugehört. Wir haben konsensual eine umfangreiche Untersuchung in Auftrag gegeben, damit dieses Thema aufgearbeitet werden kann. Also auch da haben Sie an der Sache völlig vorbeigeredet.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Als Nächster hat sich Herr Ahlers von der CDUFraktion zu Wort gemeldet. Herr Ahlers, ich erteile Ihnen jetzt das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich nehme es vorweg und werde es im Weiteren natürlich begründen: Die CDU-Fraktion lehnt ebenso wie die SPD-Fraktion den Antrag der Fraktion DIE LINKE ab.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen nicht, dass alle Polizistinnen und Polizisten während ihrer dienstlichen Tätigkeit durch das Tragen eines Namensschildes oder einer Dienstnummer zusätzlich kenntlich gemacht werden.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Zusätz- lich?)

Wir meinen vielmehr, dass unsere Polizisten in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und unseres Landes Niedersachsen eine hervorragende Arbeit geleistet und sich insgesamt an Recht und Gesetz gehalten haben.

(Beifall bei der CDU)

Wir sagen auch, dass die bestehende Rechtsordnung und die Arbeit unserer Polizisten jetzt und auch zukünftig auch ohne Kennzeichnung unser vollstes Vertrauen genießen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren von den Linken, die Uniform mit der Aufschrift „Polizei“ ist eindeutig und lässt den Amtsträger als solchen erkennen.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wie bit- te?)

Darüber hinaus sind Polizeibeamte verpflichtet, sich mit ihrem Dienstausweis auszuweisen, sofern es die Lage zulässt.

(Vizepräsident Dieter Möhrmann über- nimmt den Vorsitz)

Meine Damen und Herren, weil dies in der Vergangenheit immer funktioniert hat,

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Hat es nicht! Stimmt doch nicht!)

stellt sich uns die Frage, was die Fraktion DIE LINKE mit ihrem Antrag bewirken will. In diesem Zusammenhang spielen die im Antrag und auch

bei anderer Gelegenheit gemachten Aussagen eine besondere Rolle.

(Zustimmung bei der CDU)

In ihrem Entschließungsantrag spricht die Fraktion DIE LINKE davon, dass unsere Polizei nicht länger als anonyme Staatsmacht in Erscheinung treten soll.

(Pfui! bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die letzte anonyme Staatsmacht in Deutschland wurde mit dem Fall der Mauer abgeschafft.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die Stasi z. B. war Teil einer anonymen Staatsmacht in der immer noch von Teilen der Linken so bewunderten DDR.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es kann doch wohl nicht sein, dass die Linke unsere Polizei mit einer anonymen Staatsmacht, wie es sie z. B. im Unrechtsstaat der DDR gab, vergleicht.

(Johanne Modder [SPD]: Hör auf mit so einem Scheiß! - Klaus-Peter Bach- mann [SPD]: Du leistest der Sache einen Bärendienst!)

Herr Kollege gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, die gestatte ich nicht.

Meine Damen und Herren, in einem weiteren Teil des Antrages begründet die Linke die Kennzeichnungspflicht damit, dass Beamte im Einzelfall nach einer Verfehlung nicht individuell zu ermitteln waren. In der Antragsbegründung sprechen die Linken sogar davon, dass es sehr schwierig sei, einzelne Polizistinnen und Polizisten anzuzeigen, weil sie bei Demonstrationen Schutzkleidung tragen. In diesem Zusammenhang möchte ich eine Aussage des Abgeordneten der Linken, Hans-Henning Adler, verlesen.

Herr Kollege, bevor Sie verlesen, darf ich Sie noch einmal fragen: Lassen Sie grundsätzlich keine Zwischenfragen zu?