In Hamburg hat die grüne Bürgerschaftsfraktion Ende letzten Jahres einen fast gleichlautenden Anlauf zum Schutz vor genetischer Diskriminierung genommen. Letztlich hat die Mehrheit der Hamburger Bürgerschaft in diesem Zusammenhang eine Änderung von § 10 des Hamburgischen Beamtengesetzes vorgenommen, indem sie Abs. 3 fast wortgleich zu dem hier vorliegenden Antrag der Grünen angepasst hat.
Für uns Linke wäre in der Beratung im Ausschuss in der Tat zu prüfen, ob im Sinne der Antragsteller eine Änderung oder eine Anpassung z. B. von § 9 des Niedersächsischen Beamtengesetzes vorgenommen werden sollte. In dem Punkt stehen wir uneingeschränkt hinter Ihrem Wortbeitrag, den Sie hier gerade gehalten haben, Herr Wiese: Auch für uns ist das Verfahren offen.
Entscheidend bleibt für uns Linke letztlich aber, dass wir im Ergebnis zu einer Verbesserung der Situation und zu einer Gleichbehandlung der öffentlich Beschäftigten kommen. In diesem Sinne freuen wir uns in der Tat auf die Ausschussberatung, um diese Gesetzeslücke gemeinsam schließen zu können.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und viel Spaß bei der Beratung auch, sofern sie nicht im Sozialausschuss stattfinden sollte.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gattaca - eine Zukunft, in der Beruf und Werdegang eines Menschen von seinen Genen bestimmt werden. In dieser Zukunft stehen genetisch aufgebesserten Menschen sämtliche Positionen offen, während Menschen, die ganz natürlich gezeugt und geboren wurden, dazu verdammt sind, niedere Arbeiten auszuführen, da sie als genetisch fehlerhaft bewertet werden. Gattaca - ein
Science-Fiction-Film des Neuseeländers Andrew Niccol aus den 90er-Jahren behandelt die futuristische Version einer von Eugenik getriebenen Gesellschaft, in der Gentechnologie und Präimplantationsdiagnostik zum Ziele der Optimierung menschlichen Lebens Moral und Ethik infrage stellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen kein Gattaca, wir wollen keine gläsernen Menschen und auch keine Landes- und Kommunalbediensteten, die als Einstellungsvoraussetzung über eine Gendiagnostik ihre vermeintliche Gesundheit belegen müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will Ihnen unsere Argumente zur Zustimmung zu dem Antrag von Bündnis/Die Grünen darlegen.
Der erste Punkt betrifft die informationelle Selbstbestimmung. Unter der großen Koalition in Berlin wurde unter Führung der SPD das Gendiagnostikgesetz im Jahr 2009 beschlossen. Auch die Grünen haben in der vorherigen Legislaturperiode an dem Gesetz mitgearbeitet. Es ist ein Meilenstein beim Schutz sensibler Gesundheitsdaten von Bürgerinnen und Bürgern, aber auch von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Um Gefahren und genetische Diskriminierung zu vermeiden, gilt das Grundprinzip der informationellen Selbstbestimmung. Daraus ergibt sich das Recht auf Kenntnis der eigenen Befunde, aber auch das Recht auf Nichtwissen.
Der zweite Punkt betrifft den Schutz von Arbeitnehmerdaten. Mit dem Gendiagnostikgesetz wurden erstmals eindeutige Regeln zur genetischen Untersuchung vorgegeben - auch als Reaktion auf diverse Missbrauchsskandale bei Gesundheitsdaten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Diese zeigen, wie wichtig die Regelungen zur genetischen Untersuchung im Arbeitsleben sind. Gentests, die immer wieder gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angedroht werden, werden damit endgültig verboten. So war es nur konsequent, dass auch die Gewerkschaften eine gesetzliche Regelung forderten und der DGB das vorgelegte Gendiagnostikgesetz im Anhörungsverfahren im Deutschen Bundestag begrüßte.
Was machen die Bundesländer? Mit dem vorliegenden Antrag wird bei uns eine Gesetzeslücke geschlossen, da der Anwendungsbereich des Gendiagnostikgesetzes als Folge der Föderalismusreform im Arbeitsleben nur für Bundesbeamte
gilt. Somit wird eine eigene landesrechtliche Grundlage erforderlich, um arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen für Landes- und Kommunalbeamte, aber auch für Richterinnen und Richter zu schaffen. Hier hätten wir eigentlich erwartet, dass die Niedersächsische Landesregierung die erforderlichen Schritte von sich aus einleitet. Aber dies ist nicht geschehen. Wir hätten uns jetzt auch sehr gefreut, wenn Frau Ministerin Özkan anwesend wäre, weil dieses Thema auch den Bereich Soziales betrifft.
Wir freuen uns besonders auf die Zusammenarbeit mit Frau Özkan, weil die Hamburger Bürgerschaft bereits eine entsprechende gesetzliche Grundlage auf den Weg gebracht hat, integriert in das Beamtenrecht. Die Beratungen mit Unterstützung durch den GBD werden dann sicherlich auch die Möglichkeiten einer niedersächsischen Lösung aufzeigen. Ob dies im Rahmen eines eigenen Landesgesetzes oder im Rahmen der Integration in ein bestehendes Gesetz erfolgen kann, wird sich noch ergeben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Ziel ist klar: Wir wollen eine gesetzliche Basis, um Persönlichkeitsrechte effektiv zu schützen. Die genetische Diagnostik ist eine der größten Herausforderungen der heutigen Medizin und eine Herausforderung für den verantwortungsbewussten Umgang mit Informationen über den menschlichen Organismus.
Wir unterstützen den Antrag der Grünen, weil er eine wichtige Problematik zielorientiert thematisiert, und freuen uns auf gute und zügige Beratungen.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Brunotte. - Nun hat für die FDP-Fraktion Herr Kollege Dr. Zielke das Wort. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist gut und richtig, dass die Fraktion der Grünen das Thema Gendiagnostik aufgegriffen hat. Es besteht
in der Tat eine Regelungslücke, die zu schließen ist, mindestens eine Unklarheit. Das Land kann diese Lücke schließen.
Ob diese Lücke nun Gesetzesdignität hat, d. h. ob hier tatsächlich ein eigenes Gesetz angebracht wäre, um den Schutz der Landesbeamten analog dem Gendiagnostikgesetz des Bundes zu beschließen, wie § 22 es dort regelt, sollte den Ausschussberatungen vorbehalten bleiben. Zum Beispiel könnte man, wie es eben auch gesagt wurde, analog zu der Regelung in Hamburg einen entsprechenden Paragrafen dem Niedersächsischen Beamtengesetz anhängen. Man könnte sogar auf die Idee kommen, wenn ich dies hier auch nicht explizit vertreten will, dass schon alles hinreichend geregelt sei. Dies glaube ich zwar nicht, aber unser Beamtenrecht regelt dazu schon sehr viel. In § 88 ist z. B. sehr deutlich geregelt, was in Personalakten stehen darf und was nicht. Dort heißt es in Absatz 2:
„Von Unterlagen über psychologische Untersuchungen und Tests, die im Bewerberverfahren durchgeführt wurden, dürfen nur die Ergebnisse aufgenommen werden.“
Dass dies auch genetische Tests umfasst, könnte man durchaus vertreten wollen. Ich neige nicht dazu; aber man könnte auf diese Idee kommen.
Ich sage ganz generell - darauf will ich mich dann auch beschränken -: Inhalt der Personalakte und einer Bewerbung darf nur sein, was erforderlich und erlaubt ist. Genetische Analysen und Untersuchungen gehören nach Auffassung der FDP nicht dazu. In der Sache sind wir uns einig.
Ich glaube auch, dass der richtige Ausschuss, um diesen Gesetzentwurf federführend zu beraten, der Innenausschuss ist.
Herzlichen Dank, Herr Dr. Zielke. - Nun hat für die Landesregierung Herr Minister Schünemann das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ganze Haus ist sich über den Inhalt einig. Die Landesregierung hat natürlich schon längst reagiert. Wir haben einen Gesetzentwurf zur Überleitung des Beamtenversorgungsrechts in der Ressortabstimmung. In diesem Ge
setz haben wir entsprechende Paragrafen vorgesehen. Wir werden die Anhörung dann auch so schnell wie möglich vornehmen, sodass wir spätestens nach der Sommerpause hier im Parlament dieses Gesetz werden vorlegen können.
In der Zwischenzeit sind die Ressorts gebeten worden, entsprechende Regelung schon jetzt anzuwenden. Wir haben auch mit den kommunalen Spitzenverbänden Gespräche geführt, sodass entsprechendes Recht schon jetzt Anwendung findet. Insofern ist dem Begehren der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bereits umfänglich Rechnung getragen worden.
Herzlichen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.
Sie haben eben den Antrag gehört, dass sich jetzt der Ausschuss für Inneres, Sport und Integration mit diesem Gesetzentwurf federführend auseinandersetzen soll. Mitberatend sollen dann der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit und der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen tätig werden. Sehe oder höre ich Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen gibt es auch nicht. Dann ist einstimmig so beschlossen worden. Herzlichen Dank.
Besprechung: Aufstieg durch Bildung? Umsetzung der Vereinbarungen des Dresdner Bildungsgipfels in Niedersachsen - Große Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 16/1636 - Antwort der Landesregierung - Drs. 16/2280
Nach § 45 Abs. 5 unserer Geschäftsordnung wird - Sie wissen es - zu Beginn der Besprechung einer der Fragestellerinnen oder einem der Fragesteller das Wort erteilt; alsdann erhält es die Landesregierung. Für die Fraktion, die die Anfrage gestellt hat, liegt mir inzwischen eine Wortmeldung vor. Frau Dr. Lesemann hat das Wort. Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet - am Ende blieb auch der Bildungsgipfel 2009 eine herbe Enttäuschung. Statt Wegweisendes zu beschließen, wurde der staunenden Öffentlichkeit vorgeführt, zu welchen Tricks Statistik und Ministerpräsidenten beim Kleinrechnen von Bildungsinvestitionen fähig sind.
Bezifferte sich der jährliche Bedarf an zusätzlichen Bildungsausgaben 2008 noch auf bis zu 60 Milliarden Euro, so halbierte er sich 2009 auf wundersame Weise auf 28 Milliarden Euro. Mittlerweile haben Rechenzauberer die Bildungsinvestitionen auf ca. 13 Milliarden Euro reduziert. Diese Rechnerei entlarvt sich als ein scheinheiliges Unterfangen. Wenn dies so weitergeht, wird beim nächsten Bildungsgipfel im Juni noch herauskommen, dass Deutschland viel zu viel für Bildung ausgibt!
Wenden wir den Blick nach Niedersachsen: Mutlos und unkonkret lesen sich viele der Antworten auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion zur Umsetzung des Bildungsgipfels in Niedersachsen. Bevor ich auf Details eingehe, gilt mein Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der beteiligten Ministerien für die Mühe bei der Beantwortung der Großen Anfrage.
Es ist eigentlich guter Brauch im Zusammenspiel zwischen Regierung und Volksvertretung, die fragende Fraktion bzw. alle im Parlament vertretenen Fraktionen zuerst zu informieren. Nachdem sich die Beantwortung der Großen Anfrage ein halbes Jahr lang dahingeschleppt hatte, gingen die Antworten zuerst an die Presse und mit Verzögerung an meine Fraktion.