Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

Außerdem haben wir nicht nur die einzelbetriebliche Förderung, sondern viele gute Möglichkeiten, Unternehmen zu stützen, diese gebündelt und abrufbar bei der NBank: Niedersachsen-Kredit, NBeteiligung, NCapital, Innovationsförderprogramm Forschung und Entwicklung, Innovationsförderprogramm Handwerk, diverse Beratungsprogramme, Qualifizierungsförderung. Darüber hinaus gibt es auch noch die Programme der KfW usw. Das Umfeld ist also sehr groß.

Das allerdings ist ein Zustand, den wir letztendlich vernünftig gestalten müssen. Eine Verzerrung der Wirtschaftlichkeit durch verlorene Zuschüsse kann auch kontraproduktiv sein. Das ist nicht das, war wir wollen. Wenn ein Minister dies erkennt und berücksichtigt, ist das nicht sprunghaft, planlos und unzuverlässig, sondern in höchstem Maße verantwortungsvoll. Dafür zollen wir Dank und Anerkennung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist Herr Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau König, Sie lassen sich von den aktuell günstigen Strukturdaten über die wahren Hintergründe der niedersächsischen Situation täuschen. Der im Ländervergleich relativ günstige Stand Niedersachsens bei Arbeitslosigkeit und Wirtschaftsleistung hängt im Wesentlichen mit den hektischen, kurzfristigen Strohfeuern zusammen, die Ihr Minister mit den schnell ausgegebenen Fördermitteln im vergangenen Jahr und in diesem Jahr ausgelöst hat, sowie mit den Konjunkturmitteln. Damit ist es jetzt aber erst einmal vorbei. Deswegen kommt das dicke Ende erst noch.

Herr Minister Bode, sicherlich war es nicht leicht, nach dem erneuten vollständigen Austausch von Minister und Staatssekretär in so kurzer Zeit einen geordneten Start hinzulegen. Was aber in den vergangenen Monaten bei wichtigen Punkten in Ihrem Ministerium gelaufen ist, darf so nicht weitergehen.

Das bewusste Überbuchen der einzelbetrieblichen Förderung aus dem vergangenen Jahr ist zwar noch Ihrem Vorgänger, Herrn Rösler, anzulasten. In Ihrer Verantwortung liegt aber der wirtschaftliche Zickzackkurs seit Beginn dieses Jahres. Einmal mehr haben Sie die heimischen Unternehmen ins Taumeln gebracht. Wieder wurde den Betrieben ein attraktiver Förderkuchen hingehalten und erneut abrupt weggezogen, und zwar ohne Übergang. Eigentlich sollte man doch aus den Fehlern des vergangenen Jahres lernen, Herr Minister.

Die NBank erklärte uns zusammen mit Ihren Leuten aus dem Ministerium noch im März, die einzelbetriebliche Förderung sei auf einem guten Weg, und die Gerechtigkeit bei der Förderung werde

optimiert. Aber kaum zwei Wochen später ziehen Sie die Notbremse, weil plötzlich alle Mittel aus dem Jahr 2010 schon ausgegeben sein sollen. Vorige Woche haben Sie im Ausschuss diesen Offenbarungseid sogar noch erweitert und erklärt, auch die EU-Mittel - die EFRE-Mittel - zur einzelbetrieblichen Förderung seien schon alle vergeben, sogar bis zum Jahr 2013. Was soll denn jetzt in den nächsten Monaten und Jahren noch zur Wirtschaftsförderung getan werden? Wer so kurzfristig mit dem von ihm zu verantwortenden Fördergeld umgeht, der schadet der Wirtschaft in unserem Land, der nutzt ihr nicht.

Wirtschaftsförderung braucht einen langen Atem, Verlässlichkeit und vor allem dauerhafte, gerechte Kriterien. Deshalb haben wir Grüne schon vor Jahren gefordert, die Wirtschaftsförderung auf Beteiligungskapital und verbilligte Kredite umzustellen, anstatt auf weggeschenkte Förderung zu setzen, wie Sie das im großen Stil gemacht haben. Dies erst jetzt nachzuvollziehen, wo Sie die Kassen schon leer geräumt haben, Herr Minister, ist zynisch und dilettantisch zugleich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Andere Bundesländer setzen längst auf diese nachhaltigen Förderinstrumente. Niedersachsen hingegen liegt abgeschlagen mehr als 50 % unter dem durchschnittlichen Beteiligungskapitalanteil in anderen Bundesländern.

Schnelligkeit ist eben kein Wert an sich. Das erweist sich jetzt auch beim JadeWeserPort. 8,5 Millionen Euro extra hat die sogenannte Turboprämie die Steuerzahler bereits gekostet, damit die Baufirmen schneller bauen. Jetzt drohen Niedersachsen ausgerechnet deshalb millionenschwere Ausfallkosten. Weil Eurogate und Maersk an anderen Kaianlagen Überkapazitäten haben, möchten sie die Anlagen in Wilhelmshaven am liebsten erst Jahre später in Betrieb nehmen.

Herr Bode, Sie haben ihre Projektpartner offensichtlich überhaupt nicht im Griff. Oder sind die Verträge, die Ihr Haus und Ihre JadeWeserPortRealisierungsgesellschaft ausgehandelt haben, so schlecht, dass derartige für unser Land extrem schädliche Forderungen sogar zu Recht gestellt werden?

Selbst im Bundesverkehrsministerium scheint man nicht mehr an einen termingerechten Betriebsbeginn in Wilhelmshaven zu glauben. Anders sind die von Herrn Ramsauer nur lau dementierten Presseberichte über eine erneute Verzögerung des mehr

fach fest zugesagten Bahnausbaus zwischen Wilhelmshaven und Oldenburg doch gar nicht zu erklären.

Bei so viel ausgebremster Aktivität kann es dem Minister auf seinem Lieblingsverkehrsweg, den Autobahnen, natürlich nicht schnell genug gehen. Irgendwo muss ein Ausgleich her. Während seine Vorgänger Hirche und Rösler mehrere neue Tempolimits zur Unfallvermeidung und Kapazitätsverstärkung auf niedersächsischen Autobahnen erlassen haben, überraschten Herr Bode und sein Koalitionspartner CDU - Björn Thümler hat sich da hervorgetan - die Fachwelt zu Ostern mit einer völlig neuen These. Nun will man Tempolimits auf Autobahnen aufheben, weil durch das langweilige langsame Fahren erst Unfalle provoziert würden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Das ist wirklich haarsträubend und gestrig. Herr Thümler, Tempolimits sorgen nicht nur für mehr Sicherheit, sondern sind auch kostenlose Wirtschaftsförderung: durch eine erhöhte Straßenkapazität und weniger Staus. Sie handeln also gegen die eigenen Interessen.

Herr Bode, die ersten Monate zeigen: Sie handeln zu oft übereilt, und das auf Kosten von Gründlichkeit und Verlässlichkeit. Da wäre es für Niedersachsen nicht nur auf der Straße, sondern auch in der Landespolitik besser, wenn Sie sich zukünftig ein striktes persönliches Tempolimit auferlegen würden. Sonst geht da noch mehr schief.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wolfgang Jüttner [SPD]: Er kann auch mehr auf Reisen gehen!)

Meine Damen und Herren, für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt Frau Weisser-Roelle.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Als ich die Überschrift des Antrages der SPD zu dieser Aktuellen Stunde gelesen habe, habe ich mich gefragt, warum sie sie in Frageform formuliert hat.

(Beifall bei der LINKEN - Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist eine berechtigte Frage!)

Aber Herr Will hat darauf schon geantwortet.

„Der Topf ist leer, das Geld alle, und mit nennenswerten Zuschüssen des Landes zu Investitionen können … Unternehmen in Zukunft … nicht mehr rechnen“.

So oder ähnlich lauteten in der letzten Woche viele Überschriften in der Zeitung. Weitere Schlagzeilen: „Wirtschaftsminister spricht von Goldgräberstimmung und wirft Kommunen Versagen vor“, „Bode streicht Förderung für Investitionen zusammen“, „Oberbürgermeisterin und Unternehmer kritisieren Minister Bode“, „Unternehmen, die ihr Vorhaben noch nicht begonnen haben, werden ihre Investitionsabsichten verschieben oder gänzlich aufgeben“.

(Björn Thümler [CDU]: Falsch!)

Meine Damen und Herren, wenn Unternehmen in Niedersachsen künftig keine einzelbetriebliche Förderung für ihre Investitionen in Anspruch nehmen können, hat das vor allem zur Folge, dass der Mittelstand, also kleine und mittlere Betriebe und vor allem das Handwerk, von einem FDP-Minister sprichwörtlich im Regen stehen gelassen wird. Viele Unternehmen können angesichts der unverantwortlichen Politik aus dem Hause Bode selbst begonnene Investitionen wegen fehlender Finanzen nicht mehr fortsetzen. Notwendige Beschäftigungseffekte bleiben damit auf der Strecke.

Herr Große Macke hat gestern in seiner Rede zum ländlichen Raum zu Recht sinngemäß gesagt: Planungssicherheit ist für Unternehmen gerade im ländlichen Raum - aber auch anderswo - wichtig. - Dem kann ich nur zustimmen. Aber Herr Minister Bode sorgt dafür, dass Unternehmen keine Planungssicherheit mehr haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Bode, es ist unverantwortlich, Wirtschaftsförderung in Niedersachsen nur nach Kassenlage zu betreiben.

(Björn Thümler [CDU]: Wonach denn sonst?)

Sie schaden damit dem Wirtschaftsstandort Niedersachsen, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und auch den Unternehmen. Was wir in Niedersachsen unbedingt benötigen, ist eine Wirtschaftsförderung, die vollständig und nachhaltig finanziert ist.

Auch bei dem Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen, Volker Müller, stieß die Einstellung der einzelbetrieblichen Förde

rung auf Ablehnung. Es besteht - so eine seiner Aussagen - „das Risiko der Abwanderung von Unternehmen“ aus Niedersachsen. - Diesen Aussagen kann man nur zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Geld für 2010 ist so gut wie ausgegeben. Erhalten haben es Unternehmen, von denen bereits 2009 entscheidungsreife Anträge vorlagen, die aber leer ausgingen. Denn auch 2009 war das Geld zu knapp. Die geschrumpften GRW-Mittel will Wirtschaftsminister Bode künftig nur noch einsetzen, um Infrastrukturmaßnahmen, Forschung und Tourismus zu fördern. Die Begründung des Ministers: Die Wirtschaft fasse Tritt und investiere auch ohne staatliche Hilfe kräftig.

Ein Unternehmen aus Hameln hat das in der Deister- und Weserzeitung wie folgt kommentiert:

„Es ist dreist, zu sagen, der Aufschwung ist da und das Geld wird nicht mehr gebraucht’. Wer so argumentiere, verkennt die gesamtwirtschaftliche Lage.“

Recht hat dieser Unternehmer.

(Beifall bei der LINKEN)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Herr Minister Bode, die Aussage ist keine Einzelmeinung. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen. Die Einstellung der GRW-Fördermittel trifft besonders kleine und mittlere Betriebe. Die Unterstellung des Ministers, dass bei diesen Betrieben Mitnahmeeffekte vorlägen, wird stark und zu Recht kritisiert. Für viele Unternehmen war das letzte Jahr eine Katastrophe; sie konnten zum Teil nur durch die Förderung überleben. In diesem Zusammenhang bei den Unternehmen, die investieren und Arbeitsplätze sichern wollen, von „Goldgräberstimmung“ zu sprechen, ist unfair und hat zu Recht große Kritik hervorgerufen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Bode, Sie sind verantwortlich, wenn Unternehmen in Niedersachsen künftig kein Vertrauen in Zusagen Ihres Hauses haben.

Verkehrspolitisch kommt außerdem eine Hiobsbotschaft nach der anderen. Es wurde hier schon thematisiert: Die von Ihnen favorisierte Y-Trasse ist nicht finanzierbar; so ist es überall zu lesen.

(Glocke des Präsidenten)

Die für den Hinterlandverkehr wichtige Verbindung Wilhelmshaven–Oldenburg steht in den Sternen. Der Betreiber Eurogate führt Niedersachsen an der Nase herum, muss man in den Zeitungen lesen.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Das hat alles der Minister verschuldet!)

Natürlich ist der Minister dafür verantwortlich. Sein Haus ist dafür verantwortlich. Ganz recht, Herr Hoppenbrock.