Protokoll der Sitzung vom 30.04.2010

(Beifall bei der LINKEN)

Wir freuen uns, dass wir mit dieser Erkenntnis nicht mehr alleine stehen. Die SPD hat in ihrem Antrag wesentliche Punkte aufgegriffen, die in ähnlicher Formulierung bereits in einem Antrag der LINKEN-Bundestagsfraktion vom 25. März dieses Jahres zu finden sind, Drs. 17/1238. Die zentralen Schnittpunkte zwischen unseren Anträgen lauten: Die Zusammenlegung von Kranken- und Pflegeversicherung in eine solidarische Bürgerversicherung, die Abschaffung der Versicherungspflichtgrenze, die Einbeziehung aller Einkommensarten,

die Wiederherstellung einer paritätischen Finanzierung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern oder auch die einheitliche Leistung und einheitliche Beitragssätze sowie die Sicherstellung des Finanzausgleichs zwischen den Kassen.

Wir brauchen den Rahmen einer solchen Bürgerversicherung möglichst schnell. Uns fehlt in etlichen Bereichen schon heute das Geld für eine qualitativ gute Gesundheitsversorgung. Wir enthalten den Menschen einen adäquaten Zahnersatz vor, wir haben gesundheitsgefährdende Wartezeiten für Kassenpatienten bei wichtigen fachärztlichen Untersuchungen. Das dürfen wir nicht vergessen. Die zahlreichen Zuzahlungen der Versicherten führen im unteren Einkommensbereich dazu, dass die Menschen auf medizinische Leistungen verzichten müssen, was teilweise auch dramatische Konsequenzen hat. Die Situation in der Pflege ist in allen Bereichen schlicht prekär. Wir geben hier gemeinsam die richtigen Antworten und stellen das richtige Konzept vor.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Gesundheitssystem ist bereits heute ungerecht. Die faktischen Einnahmeprobleme werden künftig größer; ich nenne nur den demografischen Faktor. Zu allem Übel haben wir nun eben auch - das muss ich so deutlich sagen - einen FDP-Gesundheitsminister. Das Gesundheitssystem wird damit nämlich noch ungerechter. Wir haben durch die Zusatzbeiträge, die von den Kassen erhoben werden, auch heute schon eine quasi kleine Kopfpauschale. Diese kleine Kopfpauschale ist natürlich eine hervorragende Vorlage für Minister Rösler. Die Menschen sollen sich schon einmal daran gewöhnen, dass Geringverdienende prozentual deutlich mehr zahlen. Mit der Kopfpauschale à la Rösler wird der kleine Angestellte dann einen erheblich größeren Anteil seines Einkommens für die Gesundheitsversorgung zahlen müssen als sein Chef. Das ist unredlich und falsch.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer wenig Geld hat, wird sich eine Krankenversicherung kaum noch leisten können. Die vage Ankündigung eines Sozialausgleichs dürfte in der Ausformulierung von Schwarz-Gelb eine ähnliche Bittstellerhaltung der betroffenen Menschen einfordern, wie es beim Arbeitslosengeld II der Fall ist. Dieser Sozialausgleich dürfte uns 40 Milliarden Euro an Steuermitteln kosten. Wer dies bezahlt - der Begriff „Sozialausgleich“ ist insofern sinnentstellend -, dürfte auf der Hand liegen. Diese Dauerflickstelle Gesundheitsversorgung, natürlich inklu

sive des wachsenden Bedarfs in der Pflege, wurde mit jeder Reform ungerechter. Ein Ende dieses Prozesses ist nicht in Sicht. Mit der Politik von Schwarz-Gelb ist das Gegenteil zu erwarten. Wir sind auf dem Weg zu einer endgültigen Demontage der öffentlichen Gesundheitsversorgung. Das ist nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der LINKEN - David McAl- lister [CDU]: Trotz Geburtstag darf man so etwas nicht sagen!)

Nur mit einer solidarischen Bürgerversicherung - ich habe es bereits dargestellt -, wie die LINKEN und auch die SPD und die Grünen sie fordern, wird das gewaltige Problem der Gesundheitsversorgung zu lösen sein.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei der SPD - David McAllister [CDU]: Trotz Geburtstag falsch!)

Danke schön. - Zu einer Kurzintervention auf die Ausführungen von Herrn Humke-Focks hat jetzt Herr Kollege Riese von der FDP-Fraktion für anderthalb Minuten das Wort. Bitte!

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege Humke-Focks, das Geburtstagskind, hat hier ebenso wie zuvor Herr Kollege Schwarz die Figur des Bittstellers in die Debatte eingeführt. Das ist doch hanebüchen. Von der Rolle eines Bittstellers kann doch wirklich keine Rede sein, wenn nach der Lohnsteuerberechnung am Ende des Jahres die Einkommensverhältnisse eines Steuerpflichtigen gegebenenfalls zusammen mit denen der Ehegattin oder des Lebenspartners erfasst werden und beim Finanzamt dann ein Einkommensteuerausgleich erfolgt. Beim Finanzamt wird die Prüfung der Einnahmen durchgeführt. Dort wird geprüft, ob jemand noch etwas nachzahlen muss, weil er vorher nicht genügend Steuern gezahlt hat, oder ob er eine Erstattung bekommt. An genau dieser Stelle findet im System eine Einkommensprüfung für jedermann statt. Das geschieht auch längst für Rentnerinnen und Rentner, Herr Schwarz. Genau an dieser Stelle kann auch im Hinblick auf die Kosten im Gesundheitssystem ohne große zusätzliche Bürokratie ein sozialer Ausgleich erfolgen.

(Uwe Schwarz [SPD]: Das sehen aber alle Fachleute anders!)

Herr Schwarz, Sie haben jetzt keine Möglichkeit zu antworten. Diese Möglichkeit hat aber Herr Humke-Focks, und er möchte diese Möglichkeit jetzt nutzen. Er hat anderthalb Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin! Lieber Herr Riese, es ist doch leicht nachvollziehbar: Wir beide werden wahrscheinlich von der vorgesehenen Regelung profitieren können, weil wir über das entsprechende Einkommen im Jahr verfügen. Wir können uns auch einen Steuerberater und alles Mögliche leisten. Wir gehören der Einkommensgruppe an, die davon profitieren wird. Sie können hier doch wirklich nicht das Märchen verbreiten - für mich ist es in der Tat ein Märchen -, es sei sozial gerecht, wenn die Reinigungskraft in einem Betrieb das Gleiche bezahlen muss wie der Chef. Sie meinen doch nicht wirklich, dass es dafür einen steuerlichen Ausgleich gibt. Das nimmt Ihnen wirklich keiner ab. Alle Fachleute behaupten das Gegenteil, und sie haben damit auch recht.

(Beifall bei der LINKEN)

Herzlichen Dank. - Herr Riese hat noch eine Restredezeit von 18 Sekunden. Diese möchte er ausnutzen. Bitte schön, Herr Riese!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Chef zahlt eine wesentlich höhere Einkommensteuer als die Pförtnerin.

(Unruhe)

Herzlichen Dank. - Ich bitte um Ruhe. - Für die Landesregierung hat jetzt Frau Minister Özkan das Wort. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit dem 24. Februar 2010 gibt es die Regierungskommission zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung des Gesundheitswesens. Ihr gehören acht Bundesministerinnen und -minister an. Die Kommission wird das umsetzen, was im Koalitionsvertrag auf Bundesebene vereinbart wurde, nämlich: Sie erstellt einen Vorschlag zur künftigen Finanzierung des

Gesundheitswesens. Eckpunkte werden dort vorbereitet und erarbeitet. Erste Ergebnisse sollen im Juli vorliegen.

Die Länder sind an den Beratungen bisher nicht beteiligt. Dessen sind wir uns bewusst. Wir streben gemeinsam mit den anderen Ländern eine umgehende Beteiligung an. Darüber beraten wir zurzeit im Rahmen der Gesundheitsministerkonferenz. Wir werden in den nächsten Wochen sehen, was unsere Aufforderungen bewirken werden.

Meine Damen und Herren, die Gesundheitsversorgung in Deutschland ist weltweit vorbildlich. An der Qualität wird nicht gerüttelt. Darüber sind wir uns alle einig. Die Finanzierbarkeit muss aber mittel- und langfristig gewährleistet sein. Wir wollen einen Einstieg in ein gerechtes, transparentes Finanzierungssystem. Dabei wird die soziale Ausgeglichenheit im Vordergrund stehen. Solidarität steht im Mittelpunkt.

Auch in der Pflegeversicherung weist Deutschland ein hohes Leistungs- und Qualitätsniveau auf. Dies gilt es zu bewahren und langfristig zu sichern. Eine Finanzreform der Pflegeversicherung ist auch in Anbetracht der Auswirkungen des demografischen Wandels unverzichtbar. Dieses Problem gilt es zu lösen. Die Weichenstellung im Koalitionsvertrag der Bundesregierung hierfür ist richtig. Wir müssen darüber hinaus aber darauf achten, dass die pflegebedingten Sozialhilfeausgaben der Länder und Kommunen beherrschbar bleiben.

Danke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ganz herzlichen Dank, Frau Ministerin Özkan. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Der Antrag soll federführend dem Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit und mitberatend dem Ausschuss für Haushalt und Finanzen überwiesen werden Gibt es Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann haben Sie so beschlossen. Herzlichen Dank.

Ich kann dann Punkt 33 der Tagesordnung aufrufen:

Erste Beratung: Sport in Niedersachsen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/2407

(Unruhe)

- Bis es etwas ruhiger geworden ist, unterbreche ich die Sitzung.

(Unterbrechung der Sitzung von 11.06 Uhr bis 11.08 Uhr)

Meine Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion hat Frau Kollegin Jahns das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sport ist ein ganz spannendes Thema, gerade vor dem Hintergrund, dass sich in den letzten Jahrzehnten wahnsinnig viel im Bereich der Sportarten getan hat. Es sind viele neue Trendsportarten entstanden. Der Sport bietet generationsübergreifend die Möglichkeit, soziale Kontakte zu knüpfen, miteinander in Berührung zu kommen und viele Dinge gemeinsam zu erleben. Ich denke, das ist nicht nur bundesweit, sondern insbesondere auch in Niedersachsen eine tolle Entwicklung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich glaube auch sagen zu können, dass Sport in Niedersachsen seit 2003 eine Erfolgsstory ist.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben zusammen mit der Landesregierung die Sportförderung seit 2003 wirklich auf feste Füße gestellt und haben dem Landessportbund Planungssicherheit gegeben. Der Landessportbund bekommt jährlich fast 30 Millionen Euro als Unterstützung, die er eigenständig verteilen kann. Ich denke, dies wirkt sich im Sinne eines Erfolges für den Landessportbund und insbesondere natürlich für den Vereinssport aus.

(Beifall bei der CDU)

Damit komme ich auf einen wesentlichen Punkt zu sprechen, der in unserem Antrag Priorität hat. Wir möchten, dass die Vereine auch weiterhin unterstützt werden. Wir bitten die Landesregierung deshalb, den Breitensport und auch den Spitzensport

weiterhin zu fördern. Ein ganz wichtiger Punkt für die Vereine - dies hat in unserem Antrag Priorität - sind die steuerlichen, die finanziellen Gegebenheiten. Wir möchten die Landesregierung bitten zu prüfen, ob es möglich ist, eine generelle Steuerbefreiung für kommunale Zuschüsse an gemeinnützige Sportvereine zu gewähren. Wir möchten den Sportvereinen damit finanzielle Sicherheit geben, wobei ich in diesem Zusammenhang insbesondere auch an den ehrenamtlichen Bereich und an eine gute Verteilung der finanziellen Mittel denke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir möchten die Landesregierung bitten, auch dafür Sorge zu tragen, dass es keine weiteren Einschränkungen bei der steuerlichen Förderung im ideellen Sportbereich gibt. Das alles sind Aufgaben, die hoffentlich auch im Sinne der Sportvereine geregelt werden können; denn wir wollen, dass die Sportkultur und die Sportpolitik in diesem Lande weiterhin eine Spitzenstellung einnehmen. Dazu gehört natürlich auch die neugegründete Sportakademie. Auch sie ist ein Musterbeispiel für gute Sportpolitik hier in Niedersachsen.

Meine Damen und Herren, ein weiterer wichtiger Punkt unseres Antrages ist der Aspekt Migration bzw. Integration durch Sport. Das ist eine Maßnahme, die wir gemeinsam mit dem Landessportbund entwickelt haben. Es gibt Projekte und Maßnahmen für Menschen mit Migrationshintergrund, deren Integration hier in Niedersachsen dadurch erleichtert werden soll; denn soziales Miteinander im Sportbereich ist ein wichtiger Baustein dafür.

(Beifall bei der CDU)