Protokoll der Sitzung vom 08.06.2010

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Althusmann, Sie haben das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Gesetz zu den Verträgen zur Änderung von Verträgen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Niedersachsen und zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes - zu

gegebenermaßen ein etwas sperriger Begriff - wollen wir in Niedersachsen die von der katholischen Kirche angestrebte behutsame Weiterentwicklung der in ihrer Trägerschaft stehenden Schulen nach Möglichkeit und nach besten Kräften unterstützen. Ich kann die Damen und Herren des Landtages beruhigen: Hierbei handelt es sich um einen Gesetzentwurf mit vier Artikeln und keinen Änderungsanträgen. Von daher könnten wir eigentlich schon relativ schnell zur Abstimmung kommen. Gestatten Sie mir dennoch ein einige Hinweise, weil die Opposition hier ein paar Dinge aufgeworfen hat, die man schon hinterfragen kann.

Meine Damen und Herren, für die Landesregierung ist die politisch und kirchlich gewollte Trennung von Staat und Kirche ein Grundmuster allen politischen Handelns. Allerdings sollten wir dankbar dafür sein - Herr Poppe, Sie haben es erwähnt -, dass die Trennung von Staat und Kirche in unserem Land nicht einem Laizismuskonzept folgt. Ich stelle im Gegenteil fest, dass der Dialog und die Zusammenarbeit mit den Kirchen in einer verantwortlichen Partnerschaft miteinander geschehen. Darauf können wir in Niedersachsen zu Recht stolz sein. Sie sprachen sogar die bekannte Freundschaftsklausel an.

Meine Damen und Herren von den Linken, in diesem Zusammenhang von einem missionarischen Ansinnen der Kirchen zu sprechen, die in ihren Schulen quasi übersteigert missionarisch tätig werden wollten, halte ich allerdings schlichtweg für weit überzogene Polemik. Der schulische Bildungsauftrag beruht Gott sei Dank auf den Werten des Christentums, und das wird in Niedersachsen auch so bleiben.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das partnerschaftliche Miteinander hat in Niedersachsen eine lange Tradition, waren wir doch das erste Bundesland, das nach 1945 ein Konkordat mit der Kurie abschloss.

Ich denke, Konkordat und Loccumer Vertrag wie auch Schulen in kirchlicher Trägerschaft, kirchliche Kindergärten, kirchliche Krankenhäuser, kirchliche Altenheime sind sehr gute Beispiele für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Kirchen in Niedersachsen.

Mit der aktuellen Änderung des Konkordats wollen wir zum einen zwei ausgebauten Gymnasien in Trägerschaft der katholischen Kirche eine Rechtsstellung einräumen, wie sie bereits jetzt für das Gymnasium Josephinum in Hildesheim besteht.

Sowohl das Gymnasium Eichendorffschule in Wolfsburg als auch das Gymnasium in Twistringen werden damit durch die Kostenerstattung für Lehrkräfte - nicht für die Sachkosten - vom Land finanziell unterstützt.

Zum anderen wollen wir der katholischen Kirche das Recht einräumen, zwei der bestehenden Konkordatsschulen - Haupt- und Realschulen - um ein gymnasiales Angebot zu einer Kooperativen Gesamtschule zu erweitern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, Herr Jüttner, Sie sprachen von der Gefahr der Bevorzugung der Privatschulen oder des Privatschulsystems in Niedersachsen. Bei Betrachtung der Sachlage kann ich eine solche Bevorzugung beim besten Willen nicht erkennen. Richtig ist: In Zeiten dieser Landesregierung haben wir die Schulen in freier Trägerschaft, in privater Trägerschaft erheblich unterstützt, weil sie eine gute Bereicherung der Schullandschaft in Niedersachsen sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben die Unterstützung von ca. 180 Millionen Euro auf jetzt rund 280 Millionen Euro erhöht. Aber der Rest des gesamten Ausgabevolumens des Kultushaushaltes von ca. 4,7 Milliarden Euro geht doch wohl in die 3 300 öffentlichen allgemeinbildenden Schulen in Niedersachsen.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir haben 159 private allgemeinbildende Schulen. Wer hier von einer Benachteiligung des öffentlichen Schulsystems gegenüber dem privaten Schulsystems spricht, hat, glaube ich, die Fakten schlichtweg nicht zur Kenntnis genommen - um es ganz vorsichtig zu formulieren.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist die grundsätzliche Skepsis der Sozialis- ten! Das war schon immer so!)

Frau Korter, Sie kritisieren die, wie Sie es nennen, Umwandlung von staatlichen in kirchliche Schulen, man verscherbele die Schulen quasi, und die Landesregierung zwinge die Kommunen zum Ausverkauf der Bildungseinrichtungen. - Meine Damen und Herren, wir haben in Niedersachsen 35 allgemeinbildende Schulen in kirchlicher Trägerschaft und 3 300 allgemeinbildende Schulen in öffentlicher Trägerschaft.

(Zuruf von der CDU: Das sagt alles!)

Wer hier von einem Verscherbeln oder von einer Benachteiligung spricht, der hat schlichtweg unrecht. Lassen Sie bitte die Kirche und, wenn Sie so wollen, auch die Schule in dieser Frage doch einfach einmal im Dorf!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Zusammenarbeit zwischen Kirche und Landesregierung zeichnet sich stets durch Vertrauen und durch Verlässlichkeit aus. Mit dem Vertrag regeln wir in gegenseitigem Miteinander das Engagement der katholischen Kirche im Schulwesen. Die Schulen in freier Trägerschaft und unter diesen auch diejenigen in kirchlicher Trägerschaft sind ausdrücklich gewollt und eine unverzichtbare Bereicherung des Schulangebotes in unserem Land. Das soll so bleiben, und dafür werde ich mich einsetzen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Durch diese Änderung zwingen wir niemanden, wir verkaufen niemanden, sondern führen eine notwendige Entwicklung herbei, die sowohl den mehrjährigen Umstellungsprozess nach der Abschaffung der Orientierungsstufe abschließt als auch Planungssicherheit für die betroffenen Schulen, u. a. in Twistringen, schafft.

Meine Damen und Herren, von einer Benachteiligung im Beratungsverfahren kann nun wahrlich keine Rede sein. Die Vertragsentwürfe wurden dem Niedersächsischen Landtag im Februar dieses Jahres ordnungsgemäß übersandt, bevor die Verträge am 6. April 2010 tatsächlich unterzeichnet wurden.

Wer in diesem Zusammenhang auch noch ins Feld führt, die Konkordatsschulen würden bei der Finanzhilfe bevorteilt, dem sei folgende Zahl anheimgestellt: In den letzten drei Jahren lag die Finanzhilfe für die Konkordatsgymnasien pro Schüler in der Regel etwa 5 bis 7 % unter der normalen Finanzhilfe für die Gymnasien in freier Trägerschaft.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Weil die Konkordatsschulen wesentlich jünge- re Lehrkräfte haben!)

Meine Damen und Herren, zum Schluss möchte ich einen Punkt aufgreifen, den u. a. Herr Jüttner und Herr Poppe erwähnt haben: die Frage der Organisationsfreiheit. Natürlich sind die Schulen in privater Trägerschaft in ihrer Organisation frei. Es ist aber guter Brauch, dass sich die Kirche mit der

Landesregierung eng über die Fragen der Zügigkeiten abstimmt und in der Regel das Schulgesetz die maßgebliche Grundlage für die Fortentwicklung auch des privaten Schulsystems ist.

Insofern hätte ich mir natürlich gewünscht, dass dieses Gesetz und diese Änderung des Konkordatsvertrages eine breite Mehrheit in diesem Parlament finden würden. Ich bedaure ein wenig, dass sich die SPD nur zu einer Enthaltung durchringen kann. Dennoch wird dieses Gesetz eine Mehrheit finden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Um zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung hat Frau Korter gebeten. Frau Korter, Sie bekommen anderthalb Minuten. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Althusmann, Sie haben gerade bestritten, dass es Unterschiede zwischen freien Schulen, Schulen in kirchlicher Trägerschaft und öffentlichen Schulen gibt. Ich denke, das kann man so nicht stehen lassen.

Wenn ich davon gesprochen habe, dass sich Kommunen in der Zwangslage sehen, ihre eigenen Schulen „verscherbeln“ zu müssen, dann gibt es sehr wohl Beispiele dafür in Niedersachsen. Wir sehen da eine Tendenz, die wirklich bedrohlich wird. Ich nenne nur Twistringen, Pewsum/Krummhörn - wo die evangelische Landeskirche kommunale Schulen übernehmen will, um eine Integrierte Gesamtschule gründen zu können, weil Sie das mit Ihren Vorgaben für öffentliche Schulen unmöglich machen -, Wunstorf und Duderstadt.

Eine ganze Reihe von Kommunen möchte gerne Schulen nach ihren pädagogischen Vorstellungen gründen, dürfen das aufgrund der Vorgaben des Landes aber nicht. Dann springt ein kirchlicher oder freier Träger ein, und der darf das dann. Kann das der Sinn der Schulpolitik in unserem Lande sein? - Unserer Grünen-Vorstellung entspricht das nicht. Wir lehnen das deshalb ab. Ich finde, das müssen Sie hier noch korrigieren.

(Beifall bei den GRÜNEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das wird er aber nicht tun!)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit sind wir am Ende der Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung, zunächst zur Einzelberatung.

Ich rufe auf:

Artikel 1. - Unverändert.

Artikel 2. - Unverändert.

Artikel 3. - Unverändert.

Artikel 4. - Unverändert.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist positiv beschieden worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Einzige (abschließende) Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Störfallgesetzes - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 16/2255 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Klimaschutz - Drs. 16/2483 - Schriftlicher Bericht - Drs. 16/2509

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen.