Die Gruppe der zu Verwaltungsvollzugsbeamtinnen und Verwaltungsvollzugsbeamten zu bestellenden Personen wird auf alle an der Therapie beteiligten Personengruppen erweitert. Die erforderliche Sachkenntnis dieser Personen wird genauer definiert, weil hier ausreichende Qualifikation und Berufserfahrung zwingend erforderlich sind. Das gilt für das PsychKG wie für das Maßregelvollzugsgesetz.
Im SPD-Antrag wird zudem die Rolle des Landesfachbeirates Psychiatrie Niedersachsen gesetzlich definiert.
Ein letztes Beispiel aus dem Änderungsantrag der Grünen: Für die im Auftrag des Ausschusses für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung tätigen Besuchskommissionen wird das Recht auf Besuche ohne vorherige Anmeldung in den Institutionen im Gesetz festgeschrieben. Wie anders als so können die Qualität der psychiatrischen Versorgung festgestellt und gegebenenfalls Missstände aufgedeckt werden?
Meine Damen und Herren, wir bezweifeln die in der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung getroffene Aussage, die niedersächsischen Landeskrankenhäuser wären so nicht fortzuführen gewesen. Einige der privatisierten Kliniken erwirtschafteten gute Erträge.
(Norbert Böhlke [CDU]: Diese Diskus- sion haben wir schon vor drei Jahren geführt! - Gegenruf von Uwe Schwarz [SPD]: Die war ja nicht falsch! Die war ja richtig!)
Die Kliniken wurden verschachert - auf dem Rücken einer Patientengruppe, die leider keine Lobby hat, aber auf ausreichendes hoch qualifiziertes Pflegepersonal und erfahrene Ärzte angewiesen ist. Nur dann ist gute und erfolgreiche Psychiatrie möglich. Nur dann - glauben Sie mir - haben Menschen in tiefen Krisen die Chance, zu gesunden und auch erfolgreich den vollständigen Wiedereinstieg ins Erwerbsleben zu finden. Wir brauchen diese gute Psychiatrie; denn Leistungsdruck und Existenzangst treiben immer mehr Menschen in ebendiese Krisen hinein.
Umso wichtiger ist Prävention. Die Zeichen in den privatisierten Kliniken deuten in eine bedenkliche Richtung und bestätigen unsere Befürchtungen. An dieser Stelle sei als Beispiel nur der zunehmende Einsatz von Leiharbeitskräften und gering qualifiziertem Personal genannt.
Ich komme zum Schluss. Eine vernünftige Gesetzesnovelle hätte zumindest die Chance gegeben, im Hinblick auf einige Gesichtspunkte die Gesetzesgrundlage und damit auch die Rahmenbedingungen in den privatisierten Kliniken zu verbes
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Herr Böhlke, Sie haben den Gesetzentwurf der Landesregierung gerade als Nachklapp infolge der Privatisierung der Landeskrankenhäuser bezeichnet. Ich würde sagen, dass es Nachwehen sind, mit denen wir uns hier zu beschäftigen haben, und zwar ganz schön heftige. Im Urteil des Staatsgerichtshofs wird nämlich tatsächlich festgestellt, dass der Verkauf bzw. die Privatisierung der Landeskrankenhäuser in weiten Teilen verfassungswidrig war. Deswegen findet heute diese Nachverhandlung hier statt.
Daher wurde das Konstrukt der Landesverwaltungsvollzugsbeamten kreiert - ein wirklicher Zungenbrecher, der die Welt nicht einfacher macht und der, liebe FDP, sicherlich auch nicht zum Bürokratieabbau beiträgt.
Künftig werden also Ärzte und Pflegepersonal, die grundrechtseinschränkende Maßnahmen wie Fixierungen und Zwangsmedikation vornehmen, zu Landesverwaltungsvollzugsbeamten bestellt. Sie bleiben aber gleichzeitig Mitarbeiter der privaten Betreiber. Die Privaten entscheiden auch weiterhin über Einstellung, Vergütung und Entlassung.
Die Ärzte und Pflegekräfte sollen nun aber auch einem zweiten Herren dienen, nämlich dem Land Niedersachsen. Dass dies natürlich zu einem Loyalitätskonflikt führen wird, wurde in der Anhörung ganz deutlich.
Dieser Konflikt wird übrigens durch die unklaren Formulierungen im Gesetzentwurf noch verschärft. So heißt es z. B. in § 15 a:
„Die Verwaltungsvollzugsbeamtinnen und Verwaltungsvollzugsbeamten können das Fachministerium über Sachverhalte unterrichten, die möglicherweise eine Verletzung von Rechten untergebrachter Personen zum Gegenstand haben.“
Eigentlich müsste dieser Satz lauten: Die Landesverwaltungsvollzugsbeamten müssen - nicht: können - das Ministerium über entsprechende Sachverhalte informieren.
Diese Korrektur finden Sie natürlich in unserem Änderungsantrag - ebenso wie die bei der Anhörung geforderte Ausweitung auf alle Berufsgruppen, die in den Kliniken tätig sind, also auch auf die Sozialarbeiter, die Ergotherapeuten und die Psychotherapeuten, wie Frau Reichwaldt das gerade schon angedeutet hat.
In diesem Punkt ist es mir ein großes Rätsel, warum wir immer wieder Anhörungen in den Ausschüssen durchführen, wenn diese Anregungen, die fachlich korrekt sind und von allen getragen werden, nicht übernommen werden. Das kann ich nicht nachvollziehen.
Ganz grundsätzlich - die Linken haben es eben auch schon gesagt - muss man feststellen, dass hier von der Landesregierung wirklich sehr kleine Brötchen gebacken werden. Nur das Allernotwendigste wird korrigiert. Von dem kleinen „Visiönchen“, das im Koalitionsvertrag von CDU und FDP zum Bereich Psychiatrie zu finden war, ist nichts mehr zu merken. 2008 heißt es dazu nämlich noch im Koalitionsvertrag:
„Das Niedersächsische Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke soll insbesondere mit dem Ziel überarbeitet werden, Prävention und Früherkennung zu fördern und die Möglichkeit der Selbsthilfe zu berücksichtigten.“
Wir Grüne geben mit unserem Änderungsantrag heute tatsächlich neue Impulse. Wir haben der Prävention mehr Raum eingeräumt. Wir wollen den Landesfachbeirat Psychiatrie, der immer sehr wichtige Anregungen für die fachliche Arbeit gibt, sozusagen legalisieren, ihn also in das Gesetz aufnehmen. Wir wollen, dass die persönlichkeitsverändernde Behandlung bzw. Medikation als unzulässig eingestuft wird, wie es in Brandenburg der Fall ist. Wir wollen, dass Kommunen Krisendienste für Abendstunden und für Wochenenden vorhalten müssen. Last but not least fordern wir, dass der Leiharbeit in den Psychiatrien endlich ein Riegel vorgeschoben wird.
Alles in allem: Psychiatriepolitik muss mehr sein als das Herumdoktern an der Privatisierung. Das sage ich auch in Richtung der Ministerin. Ich hoffe wirklich, dass die Psychiatrie in Ihrer Politik endlich einmal eine positive Rolle spielen wird.
Dem Antrag der SPD werden wir folgen. Er enthält zum Teil gleichlautende Forderungen. Insofern bitten wir Sie um Zustimmung zu unseren Änderungen und zu denen der SPD.
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der Geschichte dieses Gesetzentwurfes ist hier schon einiges gesagt worden. Ich bin Ihnen, verehrte Frau Staudte, außerordentlich dankbar dafür, dass Sie gelegentlich in der Koalitionsvereinbarung nachlesen, die CDU und FDP miteinander getroffen haben.
- Da sind Sie sicherlich nicht die Einzige. Sie wissen aber sicherlich ganz genau: CDU und FDP haben einen verlässlichen Stil und eine gute Zusammenarbeit in Niedersachsen.
Meine Damen und Herren, das, was wir uns vornehmen, setzen wir auch um. Deswegen ist das heute durch den Niedersächsischen Landtag zu beschließende Gesetz tatsächlich nur dazu da, die kleineren Anregungen, die der Staatsgerichtshof im Dezember 2008 der Landesregierung aufgegeben hat, umzusetzen.
Was die Frage angeht, ob das noch geltende Gesetz in weiten Teilen verfassungswidrig sei oder nicht: Wäre es verfassungswidrig, Frau Staudte und meine sehr verehrten Damen und Herren, dann hätte der Staatsgerichtshof ja nicht festgestellt, dass nach diesem Gesetz zunächst weiter verfahren werden kann,
Die Anregungen, die die SPD und die Grünen mit Datum vom 7. Juni, also vom gestrigen Tage, dem Landtag vorlegen, stehen teilweise im Widerspruch zueinander und erstrecken das Gesetzesvorhaben auf weitergehende Materien. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie können nun wirklich nicht verlangen, dass wir das gemeinsam an einem Tage schaffen. Auch solche Vorschläge wollen in der Tiefe erörtert werden und müssen mit dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst u. a. auf die rechtlichen Nebenwirkungen hin abgeprüft werden und führen außerdem teilweise zu ganz erheblichen, umfassenden Berichtspflichten, die Bürokratie mit sich bringen - entgegen dem, was Kollegin Staudte hier vorgetragen hat.
Nun noch einmal zu dem Antrag der Grünen: Die Unterrichtungspflicht der Vollzugskräfte gegenüber dem Ministerium ergibt sich keineswegs aus dem Urteil des Staatsgerichtshofs. Dort ist nur verlangt, dass die Vollzugskräfte berichten können. Genau das ist in dem Gesetz, das wir heute dem Landtag vorlegen und hoffentlich miteinander beschließen werden, in dieser Form abgebildet.
Meine Damen und Herren, in der Anhörung sind zahlreiche Anregungen an den Landtag herangetragen worden, mit denen wir uns im Zuge einer weiteren Novellierung des Gesetzes sorgfältig werden beschäftigen können. Wir können sie jetzt nicht im Hü- und Hottverfahren beschließen, sondern müssen in der Tiefe beraten. Es gilt hier, wie immer bei guter Gesetzgebung, der Grundsatz: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit!