Meine Damen und Herren, für diese Landesregierung ist der Psychiatriebereich nach meiner festen Überzeugung lediglich ein notwendiges Übel. Immer wieder wird ein Psychiatrie- und Jugendpsychiatriekonzept angekündigt. Dieses liegt nach fast acht Jahren noch nicht vor. Die vorgelegten Gesetzentwürfe sind abermals lustlos und mit heißer Nadel gestrickt worden. Rechts- und Fachaufsicht findet in den ehemaligen Landeskrankenhäusern so gut wie überhaupt nicht mehr statt, was übri
gens in schlimmer Form mit den schwerwiegenden Vorkommnissen in den AMEOS-Kliniken zu belegen ist. Ihre Zusage, den verbleibenden Maßregelvollzug in zwei Zentren in Moringen und Brauel zu organisieren, hat keine drei Jahre gehalten. Dann war die Verwaltung in Moringen konzentriert. Nach dem Beschluss der Landesregierung vom 28. Januar dieses Jahres soll nun die gesamte Zusammenlegung realisiert werden. Dabei bleiben 25 Arbeitsplätze auf der Strecke. Ich sage das, weil immer deutlicher wird: Weder die Patientinnen und Patienten noch die Beschäftigten haben bei Ihrem Vorgehen in Wirklichkeit jemals eine ernsthafte Rolle gespielt.
Frau Ministerin Özkan, Sie haben auch in diesem Bereich eine schwere Erblast übernommen. Ich hoffe, Herr McAllister - falls Herr Wulff am 30. Juni tatsächlich seinen Platz räumt -, Sie haben die Kraft zur Generalrenovierung dieses wirklich absolut maroden Kabinetts.
Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich Herr Kollege Böhlke von der CDUFraktion gemeldet. Bitte!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedauere außerordentlich, dass wir fast am Ende der Debatte jetzt wieder dort sind, wo wir in den Jahren 2006 und 2007 einmal waren, als es um die Frage ging, wie wir es mit den Landeskrankenhäusern halten. Das scheint für Sie ein Problem zu sein, das Sie bis heute nicht verarbeitet haben, meine Damen und Herren von der SPD.
Anders kann ich es nicht verstehen. Es ist ganz eindeutig: Sie haben unter dem Aspekt der Verfassungsmäßigkeit damals eine Normenkontrollklage beim Staatsgerichtshof erhoben. Der Staatsgerichtshof hat entsprechend entschieden. Wenn das Urteil anders ausgefallen wäre und etwas verfassungswidrig gewesen wäre, hätte es ganz andere Konsequenzen als die Erhaltung des Bestandes gegeben.
Im Rahmen der Abwägung ist lediglich deutlich gemacht worden, wo die Grenzen sind. Die Vorgaben des Staatsgerichtshofes und die daraus resultierenden Notwendigkeiten sind in dem uns vorliegenden Gesetzentwurf eins zu eins abgebildet.
Ich zitiere jetzt einmal aus der öffentlichen Anhörung des Ausschusses. Der Vorsitzende des Ausschusses für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung, Herr Professor Spengler, wurde von meiner Kollegin Mundlos - das ist im Protokoll nachzulesen - gefragt:
„Sie haben eine Reihe von weitergehenden Punkten aufgezeigt. Der Gesetzentwurf, den wir heute beraten, ist ja besonders auch durch die Konsequenz aus dem Urteil des Staatsgerichtshofes entstanden. Können Sie sich damit anfreunden, dass man zunächst einmal den Vorgaben entspricht, die sich zwingend aus dem Urteil ergeben, damit die Umsetzung zeitnah erfolgt?“
Herr Kollege, danke schön. - Ich nehme an, dass Herr Schwarz erwidern möchte. Herr Schwarz, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Böhlke, was soll Herr Spengler eigentlich in einer Anhörung machen, wenn er so gefragt wird und er Ihnen gleichzeitig drei Seiten mit Änderungsvorschlägen vorlegt? Diese Vorschläge hat er doch nicht aus Jux und Tollerei formuliert, sondern deshalb, weil er die Chance gesehen hat, dass Ihre Koalitionsvereinbarung umgesetzt und das PsychKG in zentralen Fragen endlich novelliert wird.
Drücken Sie sich hier doch nicht. Sie sind nicht in der Lage, einen einzigen dieser Paragrafen durchzusetzen. Es ist doch so verrückt gewesen, dass
die Koalition nur einen einzigen Änderungsantrag eingebracht hat. Nach der Mitberatung im Rechtsausschuss wurde gesagt, dort habe das Justizministerium gerade erklärt, dass so nicht verfahren werden könne. Sie stellten daraufhin die Frage, was das Sozialministerium dazu sagt. Vonseiten des Sozialministeriums hieß es, das sei wohl falsch gelaufen, man solle den Vorschlag erst einmal zurückziehen.
Sie haben keinen einzigen Satz zu Papier gebracht. Sie lassen die ganze Arbeit von der Landesregierung machen und müssen dann feststellen, dass die Abstimmung in der Landesregierung nicht funktioniert. So dramatisch ist es bei Ihnen. Dies als Erstes.
Zweitens will ich darauf hinweisen, dass der Staatsgerichtshof festgestellt hat, dass diese Landesregierung gegen das Demokratieprinzip verstoßen hat. Deshalb hat er ihr eine Frist gesetzt, die Gesetze zu korrigieren. Insofern liegt hier nichts anderes als Verfassungsbruch vor. Sonst würden wir hier heute nicht diskutieren müssen.
(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Wenn Herr Schwarz einen Dinosau- rier beschreiben müsste, hätte der die Größe des Mondes!)
Meine Damen und Herren, mir liegt noch die Wortmeldung unserer Sozialministerin vor. Frau Özkan, bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, im Jahre 2007 hat die Niedersächsische Landesregierung acht der zehn Landeskrankenhäuser verkauft, und das war auch richtig so!
Die Privatisierung gewährleistet auch künftig ein modernes und vor allen Dingen auch wohnortnahes klinisches Angebot in diesem wichtigen medizinischen Bereich. Darüber sind wir uns, glaube ich, einig.
(Victor Perli [LINKE]: Wieso ist das modern? - Petra Tiemann [SPD]: War das vorher nicht da? - Weitere Zurufe - Glocke des Präsidenten)
Wir verfügen nun über einen ausgewogenen Mix aus öffentlich-rechtlichen, freigemeinnützigen und privaten Trägern für die Krankenhäuser.
Wir haben das Gesetz aufgrund des Verkaufes verändert. Dagegen sind Sie, die Oppositionsfraktionen, damals angegangen und haben einen Normenkontrollantrag beim Staatsgerichtshof eingereicht. Aber Fakt ist: Das Gericht hat uns in seiner Entscheidung vom 5. Dezember 2008 Recht gegeben und bestätigt. Herr Schwarz, ich darf Sie daran erinnern, dass das nicht vor drei Jahren, sondern vor eineinhalb Jahren war. Sie haben vorhin gesagt, wir hätten drei Jahre gebraucht. Das nur als Korrektur zu Ihren Zahlen.
Private Träger dürfen mit den Aufgaben der Unterbringung psychisch Kranker nach dem PsychKG und mit den Aufgaben des Maßregelvollzugs, also auch der Behandlung psychisch kranker Straftäterinnen und Straftäter, beliehen werden. Das hat auch der Staatsgerichtshof gesagt.
„Der Staatsgerichtshof sieht von einer Nichtigkeitserklärung der angegriffenen Vorschriften … ab, weil … sich dadurch der Rechtszustand in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht ver
Das heißt, die Gesetzeslage, die vorher bestand, war nicht viel besser. Sie ist nie angegriffen worden, aber sie war nicht richtig. Insofern gab es auch keine Nichtigkeitserklärung.
Diese uns vom Staatsgerichtshof aufgegebene Neuregelung führen wir jetzt im Gesetz durch. Insbesondere hat das Gericht gefordert, dass die Beschäftigten, die im Rahmen der Krankenbehandlung die Grundrechte der Patientinnen und Patienten einschränken müssen, staatlich zu bestellen und eng zu beaufsichtigen sind. Das werden wir künftig entsprechend tun, indem wir die sogenannten Verwaltungsvollzugsbeamtinnen und -beamten ernennen und auch weitere im Klinikbereich beschäftigte Berufsgruppen in den Kreis dieser Vollzugsbeamtinnen und -beamten einbeziehen werden. Das sind auch Altenpflegerinnen und Altenpfleger.
Zu der Frage, warum nicht auch andere Berufsgruppen einbezogen werden: Das ist ganz einfach: Wenn ich z. B. an die Fixierung eines Patienten denke - immerhin ein massiver Eingriff in die Grundrechte -, dann halte ich es für gerechtfertigt, dafür ausgebildete Pflegekräfte einzusetzen und nicht beispielsweise Therapeuten oder andere, die in diesem Bereich des körperlichen Eingriffs nicht ausgebildet sind. Die Landesregierung hat zu den weitergehenden Forderungen, noch andere Berufsgruppen einzubeziehen, eine klare, ausschließlich fachlich motivierte Position.