Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben das Vergnügen, jetzt seit dem März-Plenum das zweite Mal von der FDP erklärt zu bekommen, dass das gute Wetter im letzten Jahr, vor allen Dingen in den Monaten April, Juni und September, von der FDP gemacht worden ist
(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Sehr richtig! Danke, Herr Ha- genah!)
Sie machen hier Aktuelle Stunden genau nach dem Motto „Wenn die Sonne lacht, hat es die FDP gemacht“.
Fakt dagegen ist, Herr Dürr: Unsere Tourismuswirtschaft ist in den letzten Jahren mal so eben mit einem blauen Auge davongekommen. Im Gegensatz zu Destinationen im Süden haben wir insgesamt keinen Einbruch erlitten, Frau König.
Nicht nur das Wetter - auch ein verändertes Urlaubsverhalten der Bevölkerung, der demografische Wandel und viele Angebote bei uns im unteren, also kostengünstigen Segment, sind dafür verantwortlich. Nicht zu vergessen ist der statistische Effekt - das habe ich Ihnen schon im März zu erklären versucht -, dass in 2009 erstmals alle Übernachtungen auf Campingplätzen, von denen wir in Niedersachsen sehr viele haben, in diese Statistik eingeflossen sind.
Die wahre Situation unserer Tourismuswirtschaft, Frau König, spiegelt sich in den Umsatz- und Beschäftigtenzahlen wider. Da sieht es gar nicht so rosig aus.
Denn beim Beherbergungsgewerbe haben wir in Niedersachsen einen Rückgang des Umsatzes um real 7,8 % und bei den Beschäftigtenzahlen von 6,6 % zu beklagen. Darauf sollten Sie mal Ihr Augenmerk richten! Damit liegen wir nämlich schlechter in der Entwicklung als der Bundesschnitt. Das sollte man hier nicht vergessen.
Der insgesamt positive Jahresabschluss 2009 basiert auf Zugewinnen einzelner Einrichtungen. So schreibt es das „Tourismus-Barometer“, auf dessen Zahlen Sie sich heute beziehen. Für dieses Ergebnis war das außerordentlich gute Wetter in den Osterferien - nämlich ein Zuwachs von 49 % allein in den Osterferien - und im Juni - ein Zuwachs allein in diesem Monat von 19 % - ausschlaggebend.
Auch die Saisonumfrage zur abgelaufenen Wintersaison, z. B. von der IHK Hannover, belegt genau diese Situation, die sehr viel kritischer ist, als sie von Ihnen beschrieben worden ist: Umsatzrückgänge oder Stagnation, Rückgang bei den Beschäftigten, und nur ein Viertel der Betriebe haben Investitionen getätigt.
Eine Wirkung der Senkung der Mehrwertsteuer im Hotelgewerbe ist überhaupt nicht zu erkennen. Dafür habe ich für Sie auch eine Statistik mitgebracht.
Die ist einfacher zu lesen. Weil sie von der IHK ist, ist alles das, was Rot ist, negativ. Umsatz Geschäftsreisende: minus 37 %, Umsatz Urlaubsreisende: minus 55 %, Umsatz heimische Gäste: minus 40 % im Beherbungsgewerbe - einschließlich 1. Quartal 2010. Das ist also sehr aktuell inklusive der Auswirkungen Ihrer Steuergeschenke!
Auch das ist für Sie sehr interessant. Umsatz Geschäftsreisende: minus 40 %, Umsatz Urlaubsreisende: minus 49 %, Umsatz heimische Gäste: minus 37 %.
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Der Präsi- dent kann das gar nicht sehen! Du musst das auch mal nach hinten zei- gen!)
Also, Frau König: Unsere Übersichten, die sehr aktuell bis zum 1. Quartal 2010 die wahre Lage beschreiben, sind überhaupt nicht mit dem gleich
Die Gestaltung des Wetters liegt nun mal nicht in unseren politischen Händen. Das müssen wir anerkennen.
Das mag die FDP anders sehen. Wir akzeptieren das jedenfalls. Es kommt mal gut, es kommt mal schlechter.
Ich sage Ihnen dann auch noch: Schon bevor Sie Ihren Beitrag gebracht haben, war mir klar, dass im Harz in diesem Jahr höhere Umsätze erreicht werden. Ich meine, den Schnee hatten wir bis Hannover. Und dass dann mehr Menschen im Harz sind, sage ich Ihnen ganz ohne neue Erhebungen durch Herrn Bode schlichtweg durch einen Blick auf www.wetter.de.
Was wir stattdessen dringend für erforderlich halten, ist die Steigerung der Qualität der Angebote. Da tun Sie viel zu wenig. Da liegt dringender politischer Handlungsbedarf. Das Wirtschaftsministerium hat uns für Ende des letzten Jahres ein Gesamtkonzept für eine zukunftsweisende Tourismuspolitik angekündigt. Wo ist es? - Die im vorigen Dezember versprochene Vorlage war jedenfalls ein Schlag ins Wasser. Wir warten immer noch auf eine Revision derselben, damit wir endlich - - -
- Nein, da waren die gesamten Touristiker aus Niedersachsen zusammengekommen und waren schwer enttäuscht von dem, was ihnen vorgelegt wurde, Herr Thümler.
Wir brauchen dafür keine neuen Gutachten, sondern eine Abkehr von der Klientelpolitik der FDP und klare Ansagen, welche Struktur die Landesregierung bei der touristischen Entwicklung des Landes in Zukunft befördern will.
Dazu könnte man aus einer einfachen Bestands- und Potenzialanalyse, Herr Dürr, alle nötigen Schlüsse ziehen. Man muss dann aber bereit sein,
daran auch die zukünftige Förderung auszurichten. Das braucht nur etwas Mut, Herr Bode. Sonst vergeuden Sie weiter unnötig Fördergeld und Potenziale.
Meine Damen und Herren, jetzt hören wir die Meinung der Fraktion DIE LINKE von Herrn Dr. Sohn. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Paarung König und Hagenah war eben die Paarung Wunsch und Wirklichkeit. Das hat insofern gepasst. Die Wunschäußerungen waren von Frau König. Herr Hagenah hat das völlig korrekt auf die nüchternen Zahlenwerte zurückgeführt. Man sollte sich von allzu viel Sonne nicht zu sehr blenden lassen, Frau König!
Ich muss jetzt gar nicht mehr sehr viel zu der tatsächlichen Situation hinzufügen, weil Herr Hagenah das schon dargelegt hat. Was Ihnen tatsächlich fehlt, ist ein Konzept, das Sie nicht in die Verlegenheit bringt, immer nur auf Sonne an der Küste und auf Schnee im Harz zu hoffen, weil das keine ordentliche Basis ist - noch nicht einmal für FDP-Politik!
Dieses Konzept - darauf ist hingewiesen worden; vielleicht sagt Herr Bode ja gleich etwas dazu - ist mehrfach angekündigt worden, aber es fehlt. Nun haben wir uns selber - übrigens mithilfe eines Gutachters, der eher von den Grünen kommt - vor einem Jahr im Harz hingesetzt und versucht, Eckpunkte eines tourismuspolitischen Konzepts zu schreiben. Ich will Ihnen die vier Eckpunkte eines solchen Konzepts - vielleicht greift Herr Bode die ja auf - nur einmal nennen:
Der erste Punkt ist die Frage, dass der Tourismus eine soziale Frage ist. Denn Sie profitieren in gewisser Weise davon - Herr Hagenah hat das eben nur angedeutet; ich glaube aber, die Gedanken gehen in die gleiche Richtung -, dass die Krise natürlich auch dazu führt, dass manche, die vielleicht noch vor zwei, drei Jahren geflogen wären, jetzt lieber heimatnah verreisen.
Das ist einer der Vorteile, die sich in den Zahlen niederschlagen. Davon profitieren wir im Moment an der Küste und im Harz sowie in der Heide und im Emsland. Ihre Politik der sozialen Ausplünderung aber führt in der Tendenz dazu, dass dieser Sturzflug weitergeht und der Tourismus dann ganz unterbleibt, weil viele Leute - wie z. B. die, über die wir heute Morgen geredet haben - überhaupt kein Geld mehr haben werden, um auch nur in den Harz oder an die Küste zu fahren. Das ist doch die Gefahr, die Sie mit einem tourismuspolitischen Konzept bekämpfen müssten.