Wie die Landesregierung teilweise mit dem Parlament umgegangen ist, haben wir ja auch schon einmal zum Anlass genommen zu sagen: Dieses Haus ist nicht der Thronsaal des Ministerpräsidenten.
Nach meiner Überzeugung hätte es der Respekt vor dem Parlament geboten, dass hier eine Erklärung stattgefunden hätte. Spätestens gestern bei der Aktuellen Stunde hätten wir deutliche Worte zu diesem Thema erwarten können.
Das, was Herr Möllring hier eben gesagt hat, hat vielleicht etwas mehr zur Klärung beigetragen als die Einlassungen von Herrn Bode, der gesagt hat, wenn Herr Wulff gewählt würde, sei er automatisch nicht mehr Ministerpräsident. Das stimmt natürlich nicht. So ist die verfassungsmäßige Lage nun einmal.
Meine Damen und Herren, in Bezug auf die verfassungsmäßigen Unwägbarkeiten, die es im Zusammenhang mit dem jedenfalls von Herrn Wulff vorgesehenen Verfahren gibt,
hat es aber ganz offensichtlich eine ganze Reihe von juristischen Beratungen gegeben. Ich verlange, dass uns vor der heutigen Sitzung des Ältestenrates Unterlagen - Gutachten, die da eventuell vorliegen - zur Verfügung gestellt werden, damit wir uns auf den Ältestenrat auch entsprechend vorbereiten können. Wir sind hier doch nicht die Kasperbude, die alles abnickt!
Herr Jüttner hat vorhin schon die Presse erwähnt. Man muss die Presse natürlich loben, weil zumindest die Braunschweiger Zeitung gestern oder vorgestern etwas verwundert darauf hingewiesen hat, dass die Frage der Nachfolge von Herrn Wulff hier im Landtag gar nicht offiziell thematisiert wird. Da hat die Presse zweifelsohne recht. Herr McAllister, Sie sind ja in irgendeinem Zeitungsartikel als geschichtsbewusster Mensch bezeichnet worden. Man muss sich das einmal vorstellen: Da möchte ein späterer Geschichtsstudent eine der bewegtesten Zeiten des niedersächsischen Parlaments nachvollziehen und nachlesen, was in dieser bewegten Zeit, als ein Ministerpräsident abtritt und der andere eintritt, im Parlament diskutiert wird. Und was wird er finden? - Nichts! In der Tagesordnung wird er nichts finden.
Herr Bode, Sie sollten sich auch einmal fragen, ob es nicht unwürdig ist, dass Sie hier en passant im Rahmen einer Geschäftsordnungsdebatte im Namen der Landesregierung mal eben verkünden: Übrigens, der Ministerpräsident tritt zurück, wir müssen einen neuen wählen. - Was für ein Verständnis von Parlamentarismus ist das denn?
(Beifall bei der LINKEN - Widerspruch bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Sie wollen, dass die Landesregierung sich äußert, und wenn sie sich dann äußert, meckern Sie herum!)
Und auf welchen Hund sind Sie gekommen, Herr McAllister, dass die Linke jetzt mit ihrem Plädoyer zum Anwalt für die Würde eines deutschen Parlaments wird? Das würde mir an Ihrer Stelle zu denken geben.
(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Wolfgang Jüttner [SPD]: Das habe ich auch nicht für möglich gehalten!)
Deshalb haben wir schon gestern beantragt - damit sind wir leider nicht durchgekommen -, dass es um des Parlamentarismus willen einen eigenen Tagesordnungspunkt gibt. Denn was gibt es Wichtigeres als den Rücktritt eines Ministerpräsidenten, weil er Bundespräsident werden will, und die Vorbereitung einer Nachfolge durch den Fraktionsvorsitzenden der größten Fraktion? Und dann kneift diese größte Fraktion vor dem Antrag der kleinsten Fraktion: Macht doch bitte das, was mit das Wichtigste in diesem Parlament ist, mal zum Gegenstand eines Tagesordnungspunktes! - Davor kneifen Sie. Das finde ich diesem Parlament gegenüber unwürdig und unangemessen.
Zur Frage der Zeit: Liebe CDU, dann gönnen Sie doch Ihrem kleineren Koalitionspartner mal das Vergnügen, dass der stellvertretende Ministerpräsident eine Weile amtierender Ministerpräsident wird! Wo steht denn der Zwang geschrieben, dass wir gleich einen Tag nach der Bundesversammlung hier zusammentreten und wählen müssen?
(Ulf Thiele [CDU]: Innerhalb des glei- chen Monats! Sie müssen in die Ver- fassung schauen! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)
- Innerhalb von 21 Tagen! So lange haben Sie Zeit! Das steht in Artikel 33 Abs. 4 der Verfassung. Blättern Sie nach! Wenn Sie sie nicht zur Hand haben, schmeiße ich sie Ihnen hinüber. Das steht alles darin.
Insofern haben wir Zeit, den Landtag dafür einzuberufen, und zwar 21 Tage; Frau König, Sie haben völlig recht. Das muss nicht zwingend der 1. Juli sein.
Nehmen Sie also erstens ein bisschen die Hektik aus dem Spiel, und geben Sie zweitens diesem Parlament die Würde, diese wichtige Frage unter einem eigenen Tagesordnungspunkt zu diskutieren - und nicht versteckt unter der Frage von Logenplätzen und Geschäftsordnungsdebatten!
Danke schön. - Nun hat sich Herr Kollege Thümler von der CDU-Fraktion zur Geschäftsordnung gemeldet. Bitte schön!
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Nicht wieder „Regentschaft“! - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wann ist denn die Krö- nungsmesse?)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es eines Beweises dafür bedurft hätte, wer dieses Haus zur Kasperbude erklären will, dann war das Ihr Auftritt gerade, Frau Helmhold.
Wenn Sie nur im Ansatz dem zugehört hätten, was Herr Jüttner hier ausgeführt hat - wovon man viele Punkte unterstreichen kann und sagen kann: Ja, da ist etwas dran -, wenn Sie aber auch den Ausführungen von Herrn Minister Bode und Herrn Minister Möllring zugehört hätten,
der Ihnen ja hier erklärt hat, wie es verfassungsrechtlich korrekt läuft, und wenn Sie einen Blick in das Grundgesetz werfen würden, in dem steht, dass nach dem Rücktritt des Bundespräsidenten innerhalb von 30 Tagen ein neuer Bundespräsident zu wählen ist, woraufhin dieser Termin auf den 30. Juni terminiert wurde - - -
- Ja. Damit fängt es aber an. Das müssen Sie einfach einmal begreifen. Sie sind ja Jurist und müssen das ja begreifen. Von daher ist es nicht so schwierig, zu erkennen, dass für den Fall, dass der Ministerpräsident des Landes Niedersachsen wie vorgesehen Bundespräsident werden sollte - ich bleibe einmal im Konjunktiv -, er dieses Amt zurückgibt und nach unserer Landesverfassung innerhalb von 21 Tagen ein neuer Ministerpräsident zu wählen ist.
Das würde, wie Herr Jüttner gerade sehr zu Recht ausgeführt hat, mitten in die schon laufende Ferienplanung anderer Menschen eingreifen, weil
man den Zeitraum dieser drei Wochen nutzen müsste, um die Wahl durchzuführen. Man kann jetzt einmal davon absehen, dass wir alle aus dem Urlaub zurückkommen müssten; das wird im Bundestag auch öfter praktiziert. Wir haben aber auch eine Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Hauses, die dann auch alle zurückkehren müssten. Das sollte man bei dieser Frage vielleicht nicht ganz außer Acht lassen.
Das heißt unter dem Strich, dass wir uns vor diesem Hintergrund - Herr Jüttner hat das ja zutreffend dargestellt - über die Termingestaltung für eine Sondersitzung unterhalten werden.
Wenn ich mich recht erinnere, habe ich am letzten Freitag auch mit allen meinen Kollegen Parlamentarischen Geschäftsführern gesprochen. Wir haben darüber gesprochen, dass der 1. Juli ein Termin wäre, der für eine Sondersitzung des Parlaments infrage käme. Widerspruch habe ich von niemandem gehört.