Protokoll der Sitzung vom 10.06.2010

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Ich bin ge- spannt, was Sie aufgestellt haben!)

Sie können den Bund doch gar nicht zur Finanzierung von Landesstraßen heranziehen. Das passt doch gar nicht!

(Beifall bei der FDP)

Zumindest mit der Überschrift Ihres Antrags, liebe SPD, sprechen Sie uns eigentlich aus der Seele. Wir wollen genau dieses Ziel erreichen, von dem Sie aber nur in der Überschrift Ihres Antrages sprechen.

(Zustimmung von Ernst-August Hop- penbrock [CDU])

Wir wollen Landesvermögen erhalten, ja sogar ausbauen, wir wollen Verkehrssicherheit gewährleisten, und wir wollen zügig sanieren. Dazu benötigen wir finanzielle Mittel in großem Umfang. Diese Mittel müssen irgendwoher kommen. Wir wollen weiterhin gute Bildung, wir wollen Qualifikation, wir wollen gute, leistungsfähige Wirtschaftsbetriebe, wir wollen starke Kommunen. Ich könnte diese Latte rauf und runter erzählen. Leider, meine Damen und Herren, haben wir keinen Goldesel, der uns alle finanziellen Mittel ausspuckt, die uns diese Wünsche erfüllbar machen. Im Gegensatz zu Ihnen mussten wir erst einmal eine strikte Konsolidierung des Haushaltes vornehmen; das hat Herr Hoppenbrock eben schon sehr gut ausgeführt. Nach guten Fortschritten haben wir den Etat für den Straßenbau tatsächlich Jahr für Jahr aufgestockt, zuletzt um 73,5 Millionen Euro. Im Vorfeld allerdings haben wir die Mittel für den Straßenbau wieder auf den ihm gebührenden Wert angehoben. Ich erinnere nur daran, dass Sie die Straßen zugunsten der Schiene sträflich vernachlässigt hatten, nämlich anfangs im Verhältnis 30 : 70. Der Zustand der Landesstraßen ist doch nicht erst seit unserer Regierungsbeteiligung schlecht; denn Straßen verfallen nicht innerhalb kurzer Zeit.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Acht Jahre sind Sie in der Regierung!)

Allerdings - und darin gebe ich Ihnen recht - konnten wir den schlechten Zustand aus Ihrer Regierungszeit von 17 % und den mittleren Zustand von 28 % infolge der Konsolidierung zunächst nur halten. Hinzu kamen natürlich die zusätzlichen Belastungen durch die harten Winter. Das Wirtschaftsministerium ist Letzteres längst intelligent angegangen und hat folgerichtig Mittel umgeschichtet, indem die Maßnahme „Beseitigung von Winterschäden an Landesstraßen“ mit einem Förderbetrag von 4 Millionen Euro in das Aufstockungsprogramm der Initiative Niedersachsen eingestellt wurde. Diese Mittel konnten also ohne zusätzliche Belastung zu den Mitteln von insgesamt 13,5 Millionen Euro in den laufenden Haushalt eingestellt werden und belasten deshalb nicht, wie Sie es fordern, den Straßenbauetat.

Meine Damen und Herren, Landesstraßen werden nach dem Dringlichkeitsprinzip abgearbeitet. Das bedeutet, dass Straßen nach einer klaren Klassifizierung und nach ihrem Zustand eingestuft werden müssen. Das ist im Ministerium längst umgesetzt worden und nicht erst durch Ihre Kampagne erfolgt. Ich bin mir sicher, dass die Verkehrssicherheit nicht leidet; denn es gibt auf allen Straßen ständige Kontrollen, die zu sofortigen Maßnahmen führen, um diese Sicherheit weiterhin zu gewährleisten. Das bedeutet dann halt, dass es in einigen Bereichen Geschwindigkeitsherabsetzungen oder Gewichtsbeschränkungen - von denen noch gar nicht die Rede gewesen ist - und spezielle Beschilderungen vor deutlichen Gefahren gibt, die man dann entsprechend einschätzen kann.

Wir wünschen uns natürlich auch im nächsten Haushalt weiterhin genügend Mittel, um die Straßen wieder in einen optimalen Zustand zu versetzen.

Eines weiß ich ganz genau: Wäre uns die Wirtschaftskrise nicht dazwischengeraten, hätten wir heute wesentlich mehr Spielraum für Investitionen, trotz Rückführung der Verschuldung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Detlef Tanke [SPD]: Und natürlich der Winter!)

Meine Damen und Herren, nächster Redner für die SPD-Fraktion ist der Kollege Watermann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ganz hilfreich, dass einige Kollegen der Regierungskoalition schon gesprochen haben; denn daran merkt man, dass wir in einen wirklichen wunden Punkt gestoßen haben und dass Sie sich da elegant herausreden wollen bzw. herausreden. Sie haben gerade nicht in die Straßen investiert. Sie haben auch ganz deutlich den Weg aufgezeigt, und es ist zu befürchten, dass Sie ihn weitergehen. Sie begreifen überhaupt nicht, dass man dann, wenn man in das, was einem gehört, nicht investiert, sondern es verlottern lässt, eine genauso große Schuld trägt, die man weitergibt, als wenn man Schulden auf der Bank weitergibt.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Sie haben überhaupt noch nicht den Stellenwert begriffen, um den es hier geht.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Daran, dass Sie versuchen, dies herunterzuspielen, wird deutlich, dass Sie genau wissen, dass Sie eine völlig falsche Politik machen. Wir haben uns nur eine kleine Auswahl an Landesstraßen angeguckt. In meinem Landkreis könnte ich Ihnen noch ganz andere zeigen. Dagegen ist jeder Wirtschaftsweg in der Landwirtschaft besser ausgestattet als diese Landesstraßen, die sich in einem erbärmlichen Zustand befinden. Wir haben Situationen, in den die Verkehrssicherheit erheblich gefährdet ist. Wenn Sie darstellen, dass das öffentlich überhaupt nicht wahrgenommen wird, kann ich Ihnen nur sagen: In der Ortsdurchfahrt, die gewonnen hat, nämlich in Lauenstein, waren so tiefe Löcher, dass sie Radfahrer in einem hohen Maße gefährdet haben. Der dortige Ortsbürgermeister - kein SPD-Mitglied, sondern CDU-Mitglied - war dankbar, dass das aufgegriffen wurde und Druck gemacht wird. Dieser Druck ist nötig, weil Sie sich aus der Verantwortung stehlen.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben darauf hingewiesen, dass der Zustand der seinerzeitigen Regierung so verhängnisvoll war. Ich bin dankbar, dass auch Sie diesen Weg gehen wollen. Dann sind Sie nämlich 2013 weg!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich die Kollegin Körtner gemeldet. Bitte!

(Ulrich Watermann [SPD]: Damit habe ich gerechnet! - Heiterkeit bei der SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich hat Herr Kollege Watermann recht:

(Starker Beifall bei der SPD)

Die L 425 ist in hohem Maße sanierungsbedürftig. Ich stehe als direkt gewählte Abgeordnete mit der Landesbehörde für Straßenbau bezüglich dieser Straße in enger Verbindung. Die L 425 wäre bereits instand gesetzt worden, wenn nicht der L 421 zwischen Bad Münder und Springe die Priorität eingeräumt worden wäre.

Es wird nun so getan, als sei das alles ein völlig neuer Zustand. Je weiter man vom Ort des Geschehens entfernt ist und je größer die zeitliche

Distanz ist, desto mehr Mut zur Lücke hat man. Ich habe 1996 als Oppositionsabgeordnete eine Kleine Anfrage zur Instandhaltung und zu Unterhaltungsmitteln im Bereich der Straßeninfrastruktur eingebracht. Damals waren diese Mittel auf null gefahren worden. Daraufhin habe ich mit radio ffn gemeinsam einen Wettbewerb unter dem Motto „Loch an Loch und hält doch“ gestartet. Dieser stieß landesweit auf Resonanz. Es wurde festgestellt, dass über die Hälfte aller Landesstraßen marode waren. Die Gerhard-Schröder-Gedächtnisallee, die schlechteste Landesstraße, lag zufälligerweise in meinem Wahlkreis. Wir haben in den Fraktionen von CDU und FDP über dieses Thema diskutiert und für Nachbesserungen gesorgt. Frau Kollegin König und Herr Kollege Hoppenbrock sind darauf bereits eingegangen. Sie haben damals, weil Ihr Oberzuchtmeister Schröder drohend die Finger gehoben hat, nicht einmal gewagt, darüber zu diskutieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Watermann möchte erwidern. Bitte schön!

Herr Präsident! Frau Kollegin Körtner, so ist das: Sie haben es damals populär gemacht, und heute kritisieren Sie es, dass das bei uns so ist.

(Zuruf von der CDU: Das tun wir doch gar nicht!)

Liebe Frau Kollegin, Sie haben sich gerade gerühmt, dass Sie die direkt gewählte Abgeordnete sind. Ich habe Sie darauf hingewiesen: Wer politische Fehler macht, wird dafür bestraft. Hier steht einer, der weiß, wie man das schreibt.

Die Situation ist die, dass Sie genau diese Fehler begehen. Bis heute ist an dieser Straße nichts passiert. An vielen anderen Landesstraßen in unserem Landkreis ist auch nichts passiert. Deshalb kann man nur deutlich sagen: Sie haben regiert, Sie haben nichts besser gemacht, und deshalb gehören Sie abgewählt.

(Starker Beifall bei der SPD - Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Jetzt hören wir - fast hätte ich gesagt: den nächsten Straßenzustandsbericht - den Kollegen Schwarz von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte das, was Herr Kollege Watermann eben vom Grundsatz her ausgeführt hat, auf die Ortsdurchfahrt der L 546 in Vardeilsen - das ist ein 400-Seelen-Dorf, das zu Einbeck gehört - herunterbrechen. Wegen fehlender oder nicht ausreichend dimensionierter Regenablaufrohre sind die Anlieger in den letzten Jahren wiederholt komplett im Hochwasser abgesoffen, und zwar nicht nur bei Jahrhunderthochwasser. Bedingt durch eine falsche Neigung dieser Straße und durch erheblichen Schwerlastverkehr, der dort zu verzeichnen ist, ist eine zusätzliche Senkung erfolgt.

(Zuruf von der CDU)

- Sagen Sie das einmal Herrn Kahle; dann trägt er Sie hier hinaus. Herr Hoppenbrock, nicht seit Peter Fischer, sondern seit 2003 ist diese Baumaßnahme baureif. Es handelt sich um eine 500 m lange Ortsdurchfahrt. Das Straßenbauamt hat die Kosten 2004 auf ca. 650 000 Euro beziffert. Frau König, Sie haben gerade von einem Dringlichkeitsverfahren gesprochen. Die Landesbehörde für Straßenbau taxiert dieses Projekt seit Jahren völlig ohne Verschiebung an der fünften Stelle der Ausbaumaßnahmen. Das kann mit dem Abarbeiten von Dringlichkeiten überhaupt nichts mehr zu tun haben. Diese Situation hat wiederholt zu erheblichem Unmut der Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner und zu diversen Unterschriftenaktionen geführt. Als es dann so richtig kochte, hat Wirtschaftsminister Hirche den Bewohnern und den nachfragenden Abgeordneten jährlich bescheinigt, dass der Ausbau der Ortsdurchfahrt Vardeilsen zwar dringend und wichtig sei, aber erneut nicht zu den Bauvorhaben gehöre, mit denen begonnen werde.

In einem Brief von Minister Bode von Anfang dieses Jahres wurde die Maßnahme dann lediglich noch als zu beurteilendes Projekt bezeichnet. Das hat den Dorfbewohnern wirklich die Zornesröte ins Gesicht getrieben. Wenn Herr Bode es mir nicht glaubt, mag er meinen Wahlkreiskollegen Grascha fragen. Wir sind wiederholt vor Ort gewesen und durften den Unmut über uns ergehen lassen. Ich finde, angesichts der hier in Rede stehenden Baumaßnahme von lächerlichen 500 m und einer Investitionssumme von 650 000 Euro ist das ein

unglaublicher Vorgang der inzwischen eingetretenen Bürgerferne dieser Landesregierung.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde, das gilt seit Regierungsantritt insbesondere für den Straßenbau. Seitdem Sie, Herr Bode, Minister sind, gilt es allerdings für die gesamte Wirtschaftsförderung.

Diese Landesregierung redet über den strukturschwachen ländlichen Raum. Beim Handeln lässt sie die Menschen aber erbarmungslos im Regen stehen. Herr Bode, ich will abschließend eines sagen. Ihr Vorgänger im Amt hat die SPD hier gerne mit Häme überzogen, als unsere Umfragewerte in den Keller gingen. Die FDP hat nach einer aktuellen Umfrage nur noch 5 % Luft nach unten. Dann sind Sie bei null angekommen.

(Beifall bei der SPD)

Solche Vorgänge wie der hier geschilderte beschleunigen diesen Prozess. Ich rate Ihnen: Sie sollten den Umgang mit dem ländlichen Raum und den dort lebenden Menschen in Ihrer Amtszeit dringend noch einmal überdenken, solange Sie das noch können.

(Starker Beifall bei der SPD)

Jetzt erteile ich Herrn Poppe von der SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird erkennbar: Das Problem ist keines einzelner Straßen, sondern es ist ein landesweites und flächendeckendes Problem. Ich möchte dazu ein weiteres schlagendes Beispiel anführen. Auch bei der L 873 im Bereich Visbek/Hagstedt im Landkreis Vechta ist der Sanierungsbedarf allgemein anerkannt. Die Lokalpresse schrieb bereits über eine Vernichtung von Landesvermögen. Angesichts der dort bestehen Kraterlandschaft von Schlaglöchern ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit durchgehend auf 50 km/h und an einigen Stellen auf 30 km/h reduziert worden, und zwar nicht innerorts, sondern auf einem Autobahnzubringer. Die Verkehrsbelastung, besonders die Lkw-Belastung, ist weit überdurchschnittlich. Die halbe CDU-Landtagsfraktion hat sich dort bereits ablichten lassen und die Zusage gegeben, dass etwas geschehen solle.

Was soll aber geschehen? Obwohl es lediglich um eine Streckenlänge von etwa 3 km geht, soll nur ein Teilstück saniert werden und das auch nur mit Hilfe erheblicher Eigenmittel der Kommune, obwohl es sich eindeutig um eine Landesaufgabe handelt. Das letzte, dann noch verbleibende Teilstück soll erst zu einem späteren Zeitpunkt, der noch nicht klar ist, in Angriff genommen werden. Wenn schon nur die wichtigsten Straßen saniert werden sollen, dann sollte dies aber bitte ökonomisch sinnvoll geschehen. Ist es finanziell vertretbar, dass Baustelleneinrichtungen doppelt vorgenommen werden und dass ein endgültiger Lückenschluss geradezu mit Gewalt vermieden wird? Diese Landesregierung nimmt für sich gerne wirtschaftlichen Sachverstand in Anspruch.

(Zuruf von der CDU: Den hat sie auch!)