Protokoll der Sitzung vom 11.06.2010

Das Bauvorhaben schreitet zügig und planmäßig voran, die Realisierungsgesellschaft, die beteiligten Bauunternehmungen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Unternehmungen machen einen tollen Job, und dafür dankt ihnen die CDU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU)

Der Hafen wird seitens der Realisierungsgesellschaft für eine Inbetriebnahme am 5. November 2011 fertiggestellt sein. Der Betreiber allerdings, die Firma Eurogate,

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Wieso sollte der Termin eigentlich eingehalten wer- den? Bisher haben Sie noch nichts hingekriegt!)

wünscht eine spätere Inbetriebnahme. Es gibt offensichtlich in dem maßgeblichen Betreibervertrag, den wir alle nicht kennen und den wir alle auch nicht kennen können, weil er natürlich hoch sensible wirtschaftliche Daten enthält, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, Spannungsklauseln, die möglicherweise dazu führen, dass eine Vertragspartei berechtigt ist, jedenfalls Verhandlungen über eine spätere Inbetriebnahme von dem anderen Vertragspartner zu verlangen. Jedenfalls die Firma Eurogate äußert sich so und leitet hieraus ihre Rechtsposition her.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Ich denke, Sie kennen die Verträge nicht!)

Da gibt es jetzt eigentlich zwei Möglichkeiten: Es gibt einmal die Möglichkeit der gerichtlichen Klärung, und es gibt als Alternative die Möglichkeit, Verhandlungen zu führen. Solche Verhandlungen, Herr Kollege Lies, können auch mal etwas länger dauern. Verhandlungen werden dann abgebrochen, wenn man feststellt, dass die Verhandlungen

nicht zu einem Ergebnis führen werden. Solange die Chance auf einen Verhandlungsabschluss da ist, wird sinnvollerweise weiterverhandelt. Das ist die Phase, in der wir uns derzeit befinden.

Eine gerichtliche Klärung ist immer die schlechtere Lösung. Eine schnelle vergleichsweise Regelung dieser Streitfrage, die offensichtlich besteht, ist tausendmal besser als ein wesentlich zu spät kommendes Gerichtsurteil.

Wenn Sie in diesem Zusammenhang Informationen vermissen, dann ist das doch etwas völlig Natürliches. Das müssen Sie doch auch wissen. Wenn zwei Vertragspartner miteinander verhandeln, dann kann nicht nach jeder Verhandlungsrunde eine Wasserstandsmeldung an die Presse gegeben werden - leider dann auch nicht an die Politik -, sondern diese Verhandlungen können nur erfolgreich gestaltet werden, wenn die Verhandlungen so geführt werden, dass man zunächst einmal das, was man als Zwischenergebnis hat, miteinander vertraulich behandelt, bis man zu einer endgültigen Klärung kommt.

Was mich erschreckt hat und was eine neue Qualität Ihrer Position zum JadeWeserPort darstellt, ist die Tatsache, dass Sie zwischenzeitlich in Ihrem Antrag schreiben, dass Sie jegliche Verhandlungen ablehnen. Sie erklären hier und sagen: Wir wollen Informationen, das geht nicht so richtig weiter, die Landesregierung steht dort neben dem Projekt und kümmert sich nicht richtig. - Aber gucken Sie mal in Ihren Antrag hinein! In Ihrem Antrag schreiben Sie: Wir lehnen jegliche Verhandlungen ab. In Ihrem Antrag schreiben Sie weiter, Sie lehnen jegliche verspätete Inbetriebnahme, also eine Inbetriebnahme nach dem 5. November 2011, ab. Was wollen Sie denn dann? Wollen Sie dann tatsächlich die gerichtliche Klärung als Alternative? Oder wollen Sie nicht doch besser die Verhandlungen weiterführen? - Das, was Sie in Ihrem Antrag geschrieben haben, und das, was Sie heute in Ihrer Rede erklärt haben, Herr Kollege Lies, weicht deutlich voneinander ab.

Wir gehen davon aus, dass die Verhandlungen noch in diesem Monat abgeschlossen werden. Für uns ist eine Inbetriebnahme des JadeWeserPorts im August 2012 akzeptabel unter der Voraussetzung - da gebe ich Ihnen recht -, dass der Termin, der jetzt gefunden wird, nicht erneut zur Disposition gestellt werden kann.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist die einzige Voraussetzung? Das ist aber peinlich, sage ich Ihnen!)

Das ist die Voraussetzung, die ich persönlich mit diesem Projekt verbinde.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Sie sind aber sehr bescheiden geworden!)

Das ist die Voraussetzung, die ich mit diesem Projekt verbinde, kombiniert allerdings mit der weiteren Voraussetzung, dass die Hafenumschläge, die für das Projekt geplant worden sind, in der Zeit, um die es geht, dann auch tatsächlich realisiert werden, wenn dann auch mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung der Inbetriebnahme.

Herr Kollege Lies, in dieser Phase, in der wir uns zurzeit befinden, von einer fristlosen Kündigung des Betreibervertrags zu fabulieren, ist aus meiner Sicht der Dinge rechtliches und wirtschaftliches Harakiri. In diesem Punkt finden Sie uns bestimmt nicht auf Ihrer Seite.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Machen Sie mal weiter so! - Enno Hagenah [GRÜNE]: Das ist ja unglaublich!)

Meine Damen und Herren, wir kritisieren also sehr deutlich das, was Sie zu dem Thema Eurogate gesagt haben. Dafür sind wir bei dem Thema der Bahn wesentlich näher an Ihrem Antrag dran.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hagenah?

Herr Hagenah!

Herr Kollege, ist es denn nicht anders herum? Hier zu erklären, ein um neun Monate verspäteter Startzeitpunkt wäre für Sie schon ein Erfolg - ist das dann nicht genau umgekehrt eine Schwächung der Verhandlungsposition des Landes, weil es noch gar keine Einigung über eine Verlängerung oder irgendetwas anderes gibt? Geben Sie nicht gerade sämtliche Positionen des Landes Niedersachsen auf?

(Beifall bei der SPD)

Herr Biester!

Ich führe die Verhandlungen nicht. Ich gebe auch keine Position des Landes Niedersachsen auf,

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Aber die Mehrheitsfraktion! - Gerd Ludwig Will [SPD]: Ein verheerendes Signal ist das!)

weil wir alle wissen - da können wir uns ja nicht dumm stellen -, dass der Termin 5. August im Augenblick der Verhandlungsstand ist und dass es im Augenblick darum geht, diesen Verhandlungsstand 5. August vertraglich so abzusichern, dass das Risiko, das ich eben beschrieben habe, dass möglicherweise erneut in einem Jahr auch dieser Termin von einem Partner infrage gestellt wird, rechtssicher ausgeschlossen werden wird.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Wer ver- handelt das bloß?)

Deshalb wäre ich in der Tat mit solch einem Termin August 2012 unter den genannten Voraussetzungen auch einverstanden.

Ich hatte ausgeführt, dass wir bei dem Thema Bahn wesentlich dichter an Ihnen dran sind. Zur Tätigkeit der Bahn will ich einmal Folgendes bewerten: Zunächst waren wir darüber entsetzt, was seitens der Bahn hinsichtlich der Streckenplanung tatsächlich geschehen war. Es bedurfte tatsächlich eines großen Drucks der Parlamentarier, um die Bahn erst einmal so weit zu bringen, dass sie ihre Planungen durchführt. Wir müssen dann aber auch fairerweise feststellen, dass das zurzeit geschieht.

Trotz der ganzen Frage, ob die Finanzierung sichergestellt ist oder nicht, arbeitet die Bahn jedenfalls an der Realisierung des Projekts und treibt die Planungen im Detail voran.

Das Problem liegt jetzt also nicht bei der Bahn. Das Problem liegt jetzt in der Tat beim Bund. Da haben wir die Situation, dass wir verbindliche Zusagen in der Vergangenheit von Bundesminister Tiefensee bekommen haben, allerdings zu einem Zeitpunkt, als man noch davon ausging, dass die Kosten des Projekts wohl 160 Millionen Euro, 200 Millionen Euro, 230 Millionen Euro betragen würden. Wir reden jetzt aber von ganz anderen Positionen.

Absolut zwingend ist aber für mich - alles andere wäre aus meiner Sicht in der Tat auch ein Schildbürgerstreich -: Wenn wir wissen, dass die Ertüchtigung der Strecke zu 18 Streckenstilllegungen von jeweils zehn Tagen Dauer führt, dann darf es nicht

sein, dass diese Arbeiten zu einem Zeitpunkt stattfinden, in dem zusätzliche Verkehre durch den JadeWeserPort und zusätzliche Verkehre durch den Kohletransport kommen. Das wäre in der Tat ein Schildbürgerstreich. Da müssen wir als politisch Verantwortliche in der Tat gemeinsam dafür Sorge tragen - insofern gibt der Antrag jedenfalls auch in diesem Punkt Gemeinsames her -, dass ein solcher Zustand nicht eintritt, sondern dass das realisiert wird. Dann geht es natürlich auch darum - darin stimme ich Ihnen auch zu -: Die gemachten Zusagen, was Lärmschutz angeht, müssen eingehalten werden, und Ortsumgehungen müssen in den Fällen, wo es Zusagen gegeben hat, genauso mit realisiert werden. Über den Punkt 1 - Eurogate - werden wir mit Ihnen im Ausschuss also streitig verhandeln. Zu Punkt 2 werden wir uns bemühen, mit Ihnen eine gemeinsame Position zu finden.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Biester. - Zu einer Kurzintervention auf Sie hat sich Herr Lies von der SPDFraktion gemeldet. Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eines ist meiner Meinung nach deutlich geworden: Der Vertrag, den wir haben, ist nicht besonders gut. Ansonsten kann ich mir nicht vorstellen, dass Verhandlungen in der Form, wie wir sie jetzt zwischen der Realisierungsgesellschaft und Eurogate erleben, zum Normalfall gehören. Denn ein Vertrag, der einen festen Termin und feste Umschlagsmengen vorsieht und an dem wir uns als Land mit Mehrkosten beteiligen, um sicherzustellen, dass die vorgesehenen Zeiten eingehalten werden, kann von dem anderen Vertragspartner nur dann so leichtfertig verändert werden, wenn der Vertrag schlecht ist. Ich glaube, mindestens diesen Vorwurf muss man machen dürfen.

Man muss sich den Antrag, den wir vorgelegt haben, noch einmal ansehen: Der Landtag lehnt ein Nachverhandeln der Verträge mit Eurogate ab. - Man muss aber auch den zweiten Teil des Satzes lesen: „mit dem Ziel einer Aufweichung der Vertragsinhalte zulasten des Landes Niedersachsen“. Meine Damen und Herren, was sollen wir denn hier beschließen? Dass wir bereit sind, neue Verträge zu schließen oder Veränderungen zulasten des Landes Niedersachsen vorzunehmen? - Ich

habe nicht den Eindruck, dass wir als Parlamentarier dafür gewählt werden, für Unternehmen etwas Positives herauszuholen, sondern für die Menschen in unserem Land. Das muss doch das erklärte Ziel sein!

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Insofern sollten wir die Diskussion auf sachliche Art und Weise führen, uns aber auch an dieser Stelle einig sein. Wir müssen endlich deutlich machen, dass das Land Niedersachsen - und damit hoffentlich irgendwann auch diese Landesregierung - in der Auseinandersetzung mit einem Unternehmen eine klare, deutliche und harte Position einnimmt. Ich glaube nämlich, dass die rechtlich ziemlich gut aufgestellt sind. Das steht denen auch gut zu Gesicht. Wir aber wollen es auch sein.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Biester möchte antworten. Auch Sie haben anderthalb Minuten Zeit. Bitte schön!

Herr Kollege Lies, ich werde keine rechtliche Bewertung eines Vertrages vornehmen, den ich nicht kenne. Ich glaube, auch Sie werden das nicht tun können. Ich kann Ihnen aus 35-jähriger Erfahrung als Anwalt heraus sagen, dass es leider völlig normal ist, dass aus geschlossenen Verträgen Meinungsverschiedenheiten entstehen können und dass es dazu unterschiedliche Positionen gibt. Das ist für mich aber auch nicht das Problem.

Ich möchte ein anderes Problem ansprechen, das Sie nicht angesprochen haben: Was ist eigentlich mit unserem Partner Bremen? Wo steht der eigentlich bei diesen Verhandlungen? - Bremen ist Partner der Realisierungsgesellschaft und sitzt auf dieser Seite des Tisches. Bremen ist aber auch an der Lagerhausgesellschaft und an Eurogate beteiligt und sitzt auch an dieser Seite des Tisches.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Das müssen Sie die Landesregierung fragen!)

Ich glaube, dass gerade aufgrund des hier geschilderten Interessenkonflikts ganz furchtbar viel Verantwortung für die Führung dieser Verhandlungen und für das Ergebnis dieser Verhandlungen auch bei der Bremer Politik liegt.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der SPD: Das kann doch nicht wahr sein!)

Herzlichen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Hagenah das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Biester, Ihre Rede, die Sie gerade für die Landesregierung und für die Mehrheitsfraktionen gehalten haben, war schon eine Verteidigungsrede. Sie befinden sich völlig in der Defensive.