Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf: Es geht darum, die maritime Wirtschaft in der Krise zukunftsfähig zu gestalten.
(Heiterkeit - Ursula Helmhold [GRÜ- NE]: Ja, das ist Gerechtigkeit! Er ist ein Schulmeister, und er muss ge- recht sein!)
Zweite Beratung: Maritime Wirtschaft in der Krise zukunftsfähig gestalten - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/1635 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 16/2581
Zu Wort gemeldet hat sich zu dem Antrag Herr Lies für die SPD-Fraktion. Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Lies.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Thema „Maritime Wirtschaft in der Krise stärken“. Die Landesregierung hat im Herbst letzten Jahres ein Gutachten mit dem Thema „Stärkung und Weiterentwicklung der maritimen Wirtschaft in Niedersachsen und zum Aufbau maritimer Cluster“ in Auftrag gegeben.
Darin wird noch einmal bestätigt, dass wir uns in sehr schwierigen Zeiten befinden und es in der gegenwärtigen Krise erhebliche Verwerfungen für die maritime Wirtschaft, für Reedereien, für die Werften auch in Niedersachsen geben kann. Auch darum der Antrag, gemeinsam mit den Fraktionen hier im Parlament Handlungsempfehlungen zu entwerfen und zu diskutieren, wie wir genau das verändern können; Handlungsempfehlungen, die sich in wesentlichen Teilen in dem Gutachten wiederfinden.
Ich frage mich natürlich ein Jahr später schon, was denn aus dem Gutachten geworden ist und welche Handlungsempfehlungen davon umgesetzt worden sind. Ich habe so ein bisschen den Eindruck, Herr Minister: Da ist einmal wieder ein Gutachten in Auftrag gegeben worden, das groß veröffentlicht wird. Da wird dann viel Presse gemacht, und dann verschwindet es in der Versenkung.
Oder wie wir vom Ministerpräsidenten gelernt haben: Man muss nur Mut haben zu Gutachten und Arbeitsgruppen. - Ich glaube, das liegt auch in diesem Fall vor.
Wir haben in unserem Antrag unterschiedliche Schwerpunkte benannt. Eine Frage war, welche Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote es gibt, um für die Beschäftigten in der maritimen Wirtschaft Beschäftigungsmöglichkeiten für die Zeit nach der Krise zu schaffen. - „Keine“ ist die Antwort, die wir geben können.
Wir haben die Frage diskutiert, wie es gelingen kann, den Schiffbau in Niedersachsen innovativ aufzustellen. Ich will hierzu ein Beispiel nennen: die Thyssen-Nordseewerke in Emden. Diese Landesregierung hat es versäumt, die Chancen, die die Offshore-Windenergie mit sich bringt, mit den Möglichkeiten, die eine hoch qualifizierte Werft bietet, zusammenzuführen. Für die Thyssen-Nordseewerke wäre es die Chance gewesen, sich auf den Spezialschiffbau im Bereich Offshore-Wind
energie auszurichten. Diese Chance hat diese Landesregierung verpasst. - Der Antrag verfolgt den Zweck, diese Initiative zu fördern.
Gehe ich also recht in der Annahme, verehrter Herr Kollege Lies, dass an Ihnen die intensiven Bemühungen des damaligen Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen, Christian Wulff, und des damaligen Wirtschaftsministers des Landes Niedersachsen, Dr. Philipp Rösler, um den Erhalt der Nordseewerke spurlos vorübergegangen sind?
Herr Riese, es ging um einen innovativen Ansatz, nämlich um den Bau von Errichterschiffen für die Offshore-Windenergieanlagen. Hier wäre der Impuls dieser Landesregierung gefordert gewesen, dafür zu sorgen, dass die Errichterschiffe nicht in Klaipeda, sondern in Emden gebaut werden. Sie als Emder Abgeordneter hätten daran sicherlich auch ein eigenes Interesse gehabt.
Ein weiterer Punkt des Antrags sind die Wettbewerbschancen der Werften. Es geht darum, dass sich die Landesregierung aktiv mit staatlichen Unterstützungsprogrammen für ausländische Werften auseinandersetzt. Es geht um die Finanzierung von Werften, um Darlehen und Kreditfinanzierungen für Schiffe, die gebaut werden sollen. - Die Antworten im Ausschuss kennen wir: Es gab keine Antworten und keine Initiativen dieser Landesregierung.
Was ist eigentlich mit der Stärkung umweltgerechter Schiffe? Welche Maßnahmen hat diese Landesregierung in dieser Sache ergriffen? Ist es falsch, die Tonnagesteuer an die Umweltbilanzen zu koppeln? Ist das Thema Landstromversorgung das falsche Thema, oder warum stimmen Sie diesem Antrag nicht zu?
Auch die Frage, was das Land in Sachen zweite Ausbaustufe des JadeWeserPorts unternehmen will, ist Teil des Antrags. - Daraus, dass Sie dem Antrag nicht zustimmen, entnehme ich, dass diese Landesregierung kein Interesse an der Weiterentwicklung und an der zweiten Ausbaustufe des JadeWeserPorts hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht auch um die Frage, wie in einer Region Wertschöpfung entwickelt wird. Dazu hat man Ihnen mit dem Gutachten etwas ins Stammbuch geschrieben, nämlich: Mit der Gründung einer Landesinitiative Maritime Wirtschaft erfolgt zugleich eine Institutionalisierung. - Ferner heißt es: Schließlich ist die Landesinitiative gerade im Hinblick auf die Inbetriebnahme des JadeWeserPorts in Wilhelmshaven angehalten, den damit einhergehenden Impuls stärker für die maritime Wirtschaft in Niedersachsen nutzbar zu machen. Dies beinhaltet u. a. die Förderung und Ansiedlung zusätzlicher Wertschöpfungsinitiativen. - Dann werden relevanten Akteure genannt: die Niedersächsische Landesregierung, nämlich das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. - Wen nehme ich aber nicht wahr, weil er nichts tut? - Diese Landesregierung und genau dieses Ministerium!
Ich glaube, wir kennen die Antwort. Wir werden sie sicherlich auch gleich wieder von Frau König hören. Die Antwort lautet in der Regel: Die Wirtschaft wird in der Wirtschaft gemacht.
- Frau König nickt. - Aber wenn das so ist, warum schaffen Sie dann das Wirtschaftsministerium nicht ab? Wenn aus diesem Ministerium noch nicht einmal mehr die notwendigen Impulse gegeben werden, wird dort anscheinend gar nichts mehr gemacht.
(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Heinz Rolfes [CDU]: Was soll denn diese billige Polemik?)
- Regen Sie sich doch nicht so auf, Herr Rolfes! Es stört, wenn Sie immer dazwischenreden. Ich kann mich überhaupt nicht konzentrieren.
Der nächste Punkt, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die Frage der Sicherstellung der Verkehrsinfrastruktur. Es geht um den Ausbau des Knotens Hamburg–Bremen, es geht um die Y-Trasse,
und es geht um die Anbindung des JadeWeserPorts. Darüber haben wir sehr lange diskutiert. In den Ausschussberatungen wurde gesagt: Ihr Sozialdemokraten habt damals unserem Antrag nicht zugestimmt.
Wir haben seinerzeit spezielle Anforderungen an die neue Bundesregierung gestellt, damit alles Notwendige in die Wege geleitet wird: Y-Trasse, Anbindung JadeWeserPort, Elektrifizierung, Zweigleisigkeit und Lärmschutz. - Hinter alle diese Punkte würde ich in Bezug auf diese Landesregierung ein großes Fragezeichen setzen.
Darauf gab es aber auch eine Antwort. Sie lautete sinngemäß - ich will den Sprecher nicht im Wortlaut zitieren -: Der Sachstand in Bezug auf die Fragen, die wir aufgeworfen haben, verändert sich so schnell, dass man der Auffassung ist, dass die Herausforderungen, vor denen wir in Niedersachsen stehen, so groß sind, dass man die Fragen gegenwärtig nicht beantworten kann.
Das heißt im Klartext: Was wir benannt haben, ist richtig, aber die Veränderungen sind zu stark, und im Wirtschaftsministerium ist man nicht in der Lage, darauf Antworten zu geben. Das war meines Erachtens der Tenor in dieser Diskussion.
Inhaltlich waren wir also gar nicht auseinander. Deswegen bedauere ich das Ergebnis, zu dem wir heute kommen.
Inhaltlich waren wir einer Meinung, und wir hätten diesen Antrag gemeinsam beschließen können. Aber letztlich wurde immer gesagt: „Aber damals habt ihr ja auch nicht mitgestimmt.“ Wir hatten