Wenn man sich das genau ansieht, ist es die Bezirksregierung durch die Hintertür. Das ist mit dieser Seite des Hauses nicht zu machen.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir schließen damit die Beratung ab und kommen zur Ausschussüberweisung.
Federführend soll der Ausschuss für Inneres, Sport und Integration, mitberatend der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen sein. Wer diesem Vorschlag folgen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist so beschlossen.
Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Niedersächsischen Verfassung und des Niedersächsischen Landeswahlgesetzes - Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2694
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landtag ist die gewählte Vertretung des Volkes. Seine Aufgaben sind es insbesondere, die vollziehende Gewalt nach Maßgabe der Verfassung zu überwachen. So steht es in Artikel 7 unserer niedersächsischen Landesverfassung. Das ist nichts anderes als der zu Recht so viel
Der Landtag soll also die Landesregierung kontrollieren - der Landtag in Gänze, meine Damen und Herren, nicht nur die Abgeordneten der parlamentarischen Opposition.
Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, haben also genauso wie ich und meine Kolleginnen und Kollegen der Grünen, der SPD und der Linken die Aufgabe, die Landesregierung - und damit die Arbeit der Landesministerinnen und Landesminister - zu kontrollieren. Ich frage mich manchmal: Wie machen Sie das eigentlich? Ich meine damit nicht Sie, Herr Kollege Rolfes, oder den Kollegen Dr. Biester. Nein, ich frage mich, wie der Abgeordnete Busemann, der Abgeordnete Sander oder der Abgeodnetenkollege Möllring die Landesregierung kontrollieren. Wie viele Kleine Anfragen und wie viele Nachfragen bei mündlichen Anfragen haben Sie in der 16. Wahlperiode gestellt? An wie vielen Ausschusssitzungen haben Sie in Ihrer Eigenschaft als Landtagsabgeordnete teilgenommen?
Meine Damen und Herren, Sie wissen, das sind rhetorische Fragen. Faktisch üben sie alle zwar ein Ministeramt, aber im Wesentlichen kein Abgeordnetenmandat aus. Das aber, meine Damen und Herren, wird dem Niedersächsischen Landtag als einzig direkt vom Volk gewähltem Verfassungsorgan nicht gerecht.
Die Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch darauf, dass der gesamte Landtag seine Aufgaben als Parlament wahrnimmt und nicht bloß ein Teil davon. Sie können nicht beides gleichzeitig tun, meine Damen und Herren. Solange Sie in personam Abgeordneter und Regierungsmitglied sind, können Sie sich nicht selbst kontrollieren. Dennoch, trotz dieses offensichtlichen Interessenkonfliktes, ist das gegenwärtig zulässig.
Deshalb schlagen wir Grüne eine Änderung der Niedersächsischen Verfassung und des Niedersächsischen Landeswahlgesetzes vor. Analog zu den Regelungen in Bremen und Hamburg wollen wir es Regierungsmitgliedern verbieten, gleichzeitig Abgeordnete und Minister zu sein. In dem Zeitraum, in dem ein Abgeordneter zum Minister wird, ruht sein Mandat, und die nächste Person von der Landeswahlliste rückt nach. Scheidet das Kabi
nettsmitglied wieder aus, lebt sein Mandat wieder auf, und die nachgerückte Person verliert ihr Mandat.
Meine Damen und Herren, ich will nicht verhehlen, dass wir uns fraktionsintern gerade über das ruhende Mandat intensiv und kontrovers Gedanken gemacht haben. Ist es vertretbar und vor allem verfassungsrechtlich zulässig, einem Abgeordneten ein Mandat wieder zu entziehen, nur weil ein Minister oder eine Ministerin aus der Regierung ausscheidet? Nach gründlicher Abwägung der Pro- und Kontraargumente sind wir der Auffassung: Es ist vertretbar, eine solche Regelung, die sich in Hamburg und Bremen bewährt hat, auch in die Niedersächsische Verfassung aufzunehmen.
Die nachgerückten Abgeordneten wissen um das Risiko und können gut abwägen, bevor sie das Mandat annehmen. Dem Grundsatz der Gewaltenteilung würde endlich auch in den einzelnen handelnden Personen Rechnung getragen, und Landesministerinnen und -minister könnten sich frei von Interessenkonflikten auf ihre Aufgabe als Regierungsmitglieder konzentrieren; denn neben den rechtlichen Argumenten, die für eine Trennung von Abgeordnetenmandat und Ministeramt sprechen - der Staatsrechtler Professor Dr. Ingo von Münch nannte den gegenwärtigen Zustand einmal die andauernde Verhöhnung der Gewaltenteilung -, gibt es auch wichtige politische.
Wie machen Sie das eigentlich zeitlich, meine Damen und Herren? Landtagsabgeordneter ist ein Fulltime-Job, Landesminister auch. Wie machen Sie das beides gleichzeitig, und wie vermitteln Sie das der Öffentlichkeit? Es gibt durchaus unterschiedliche Strategien im Umgang damit. Herr Möllring z. B. begibt sich gelegentlich in die Reihen der Abgeordneten, um Zwischenfragen stellen zu können. Danach geht es direkt wieder zurück auf die Regierungsbank, und die Rolle als Minister lebt wieder auf. - Herr Möllring, mit diesem Wechselspiel, diesen Rollenwechseln binnen weniger Minuten vor großer Kulisse spotten Sie im Grunde genommen jedes Mal wieder öffentlich der Gewaltenteilung.
Besonders exemplarisch ist Herr Innenminister Schünemann. Man fragt sich, ob er gerade einen Abgeordneten- oder einen Ministertermin wahrnimmt; das kann man von außen nicht sehen. Jedenfalls ist er zu diesem Punkt der Plenardebatte abwesend. Herr Schünemann ist nicht nur Innenminister, sondern auch Landtagsabgeordneter. Er sitzt auch noch im Kreistag und im Stadtrat von Holzminden. So weit, so gut - ein Mann, vier Aufgaben.
Also: Ein Mann, vier Aufgaben. Als Stadtrat sollen Sie die Interessen Holzmindens vertreten, als Landtagsabgeordneter aus dem Wahlkreis auch. Das passt ohne Frage zusammen. Als Landesminister müssen Sie die Politik der Landesregierung mittragen. Wie passt das in den Einzelfällen zusammen?
Wie war das z. B., als über die Schließung der JVA Holzminden entschieden wurde, Herr Schünemann? Da haben Sie sich als Kommunalpolitiker der Stimme enthalten, obwohl außer Ihnen die gesamte örtliche CDU dem entsprechenden Antrag zugestimmt hat. Hätten Sie nicht als Landtagsabgeordneter aus dem Wahlkreis für die Interessen des Wahlkreises streiten sollen, oder fühlten Sie sich durch die Kabinettsdisziplin gebunden? Sahen Sie darin keinen Widerspruch? Meine Damen und Herren, auch dieses Beispiel zeigt wie viele andere: Eine saubere Trennung ist hier geboten.
Schließlich kommen wir zum Landtagsabgeordneten Herrn David McAllister: Sie waren bis Ende Juni 2010 Mitglied es Landtags wie wir alle. Natürlich hatten Sie als Fraktionsvorsitzender eine besondere Rolle. Sie waren als Vorsitzender der stärksten Fraktion nicht nur Erfüllungsgehilfe der Regierung, sondern ein hervorgehobener Parlamentsakteur. Was macht der Landtagsabgeordnete McAllister jetzt?
regierung gibt, der Sie ebenfalls angehören? Gilt dann Kabinetts- oder Fraktionsdisziplin? Kontrolliert dann der Abgeordnete McAllister den Ministerpräsidenten McAllister? Kontrolliert der Landtagsabgeordnete McAllister seine Kabinettskolleginnen und Kabinettskollegen? Nein, Herr McAllister, Sie haben einen Rollenwechsel vollzogen, aber - - -
- Ich habe gar nicht gesagt, dass er nicht da ist. Ich glaube doch, dass er da ist. Ich habe doch gar nichts gesagt. Bleiben Sie ganz ruhig, Herr Koch, und hören mir bitte zu, wenn Sie schon so laut dazwischenrufen.
Herr McAllister, Sie haben einen Rollenwechsel vollzogen, aber es war höchstens ein halber. Sie haben Ihr Mandat als Mitglied des Landtags behalten, können aber nicht beide Aufgaben gleichzeitig wahrnehmen. Im Sinne einer echten Gewaltenteilung, im Sinne einer Aufwertung jedes einzelnen Abgeordnetenmandats und des Landtags als einzig direkt gewählter Volksvertretung würde es uns gut zu Gesicht stehen, diese Aufgaben klarer zu trennen. Wir leben zum Glück in einer parlamentarischen Demokratie, meine Damen und Herren.
Das Parlament wird vom Volk gewählt. Die Regierung ist dem Parlament gegenüber verantwortlich. Das können wir glaubwürdiger und im Sinne eines lebendigen Parlamentarismus deutlich machen, wenn Regierungsmitglieder eben nicht gleichzeitig auch Mitglied des Parlaments sind.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Beitrag des Kollegen Limburg enthielt den richtigen Gedanken, dass man Exekutive und Legislative trennen muss. Auch wir sind für die Gewaltenteilung.
Aber beim Thema Arbeitsüberlastung, das Sie angesprochen haben, gäbe es ja auch noch einen einfacheren Weg: Sollte ein grüner Abgeordneter Minister werden, kann er ja von sich aus entscheiden, sein Abgeordnetenmandat niederzulegen, wenn er es aus Überlastungsgründen nicht wahrnehmen kann.
Ich weiß nicht, wie Sie das in den anderen Bundesländern handhaben. Ich glaube, Sie machen es nicht.
Was ich aber wirklich sonderbar an Ihrem Gesetzentwurf finde, ist, dass Sie darin dafür Sorge tragen, dass ein entlassener Minister weich fällt. Denn ein entlassener Minister soll sein Landtagsmandat wiederbekommen.