Protokoll der Sitzung vom 07.09.2010

Zur Verbesserung der Einnahmen schlägt die Landesregierung eine geringe Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes um einen Prozentpunkt auf 4,5 % ab dem 1. Januar 2011 vor. Solange wir noch neue Schulden machen, können wir es uns nicht leisten, auf diese rund 65 Millionen Euro Mehreinnahmen zu verzichten. Wir stärken damit auch unsere Kommunen; denn über den kommunalen Finanzausgleich gehen 35 Millionen Euro zusätzlich an die Kommunen - ein Beitrag zur Verbesserung der angespannten Finanzsituation vieler kommunaler Körperschaften.

Die Landesregierung geht verantwortungsbewusst mit dem Vermögen des Landes um. Das bedeutet auch, dass wir ständig überprüfen, ob und welches Landesvermögen veräußert werden kann, um weitere Einnahmen für den Landeshaushalt zu erzielen.

Wegen der guten Zinssituation, aber auch wegen unseres professionellen, marktorientierten Handelns bei Kreditgeschäften ist es uns im laufenden Jahr 2010 gelungen, 386 Millionen Euro weniger

an Zinsen auszugeben, als wir ursprünglich geplant hatten. Das hat uns in die Lage versetzt, Vorsorge für 2011 treffen zu können. Es war möglich, mit dem Nachtragshaushaltsplanentwurf 2010 bzw. mit dem Haushaltsplanentwurf 2011 eine Verschiebung der Veräußerung des Stammkapitals der NORD/LB an die HanBG von 2010 nach 2011 zu vollziehen. Das gibt uns Gestaltungsspielraum für 2011, also den Haushaltsplanentwurf, den wir derzeit beraten.

Weitere 300 Millionen Euro sind aus Vermögensveräußerungen zur Deckung vorgesehen.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Aus wel- chen denn?)

Bereits in der Vergangenheit haben wir unter Beweis gestellt, dass wir schwierige Haushaltssituationen erfolgreich gemeistert haben und daher auch meistern können. Der vor Ihnen liegende Haushaltsplanentwurf 2011 unterstreicht diese Fähigkeit erneut. Vor allem aber ist er Beleg für unseren ungebrochenen Willen zur nachhaltigen Haushaltskonsolidierung.

Wir stehen für eine generationengerechte Haushaltspolitik unter Berücksichtigung unserer sozialpolitischen Verantwortung. Das Schlimmste, was man seinen Nachfolgern hinterlassen kann, sind Schulden, Schulden, Schulden. Denn die Schulden von heute sind die Zinsen von morgen und damit auch die Steuern von morgen. Deshalb wollen wir Zinsen vermeiden. Das können wir nur, indem wir möglichst wenig oder gar keine Schulden machen. Dieses Ziel haben wir fest im Auge. Daran werden wir festhalten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion, dem Kollegen Schostok, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Niedersachsen ist schön. Aber Ihre politische Bilanz ist größtenteils Mittelmaß.

(Beifall bei der SPD)

Ich will Sie an Ihre Versprechen erinnern. Ich will Sie an Ihren eigenen Anspruch erinnern und nicht an das, was Sie gerade erzählt haben. Anstatt zu

den starken Ländern Bayern und Baden-Württemberg aufzuschließen, haben Sie in vielen Bereichen den Anschluss verloren. Ich will das mit einigen konkreten Daten aus dem wirklichen Leben belegen, Herr Minister:

Bei der Investitionsquote belegen Sie mittlerweile bundesweit den letzten Platz.

Beim Bruttoinlandsprodukt konnten Sie nicht zu den wirtschaftlich starken Bundesländern aufschließen. Auch wenn Sie keinen Boden verloren haben - worüber wir froh sein können -, haben Sie Ihr selbst gestecktes Ziel doch weit verfehlt.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Sie haben die Zahlen zur Arbeitslosigkeit erwähnt. Wenn wir uns das im westdeutschen Schnitt angucken, stellen wir fest: Sie liegen wesentlich schlechter. Auch das gehört zur Wahrheit.

Auf dem Ausbildungsmarkt besteht weiterhin unverändert großer Handlungsbedarf. Besonders für das Jahr 2011 gilt das. Was unsere große Sorge ist: Wie gehen Sie mit den Altbewerbern um? - Da müssen wir uns wirklich ernsthafte Sorgen machen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der LINKEN)

Bei den Patenten stagniert Niedersachsen. Ich finde, das ist ein wirklich deutlicher Beleg für die Innovationsschwäche. Auch neueste Untersuchungen belegen, dass Sie gerade bei den Höchstqualifizierten sehr schlechte Zahlen haben. Da sind Sie mittlerweile im bundesweiten Vergleich auf dem drittletzten Platz gelandet.

Zu den Insolvenzen: Nachdem die Zahl der Insolvenzen in den letzten Jahren stark überdurchschnittlich angestiegen ist, normalisiert sie sich jetzt zum Glück wieder. Aber Niedersachsen ist auch dort nur Durchschnitt. Ich habe den Eindruck, das reicht Ihnen so.

Eine aktuelle Befragung der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft - sie steht Ihnen eher nahe als uns - sieht deutliche Schwächen bei der Entwicklung und Aktivierung des Erwerbstätigenpotenzials in Niedersachsen. Man könnte das mit weiteren Zahlen fortsetzen. Der Fachkräftebedarf und der Mangel in diesem Bereich sind wirklich eine große Herausforderung für Sie.

(Beifall bei der SPD)

Ich will es einmal so zusammenfassen: Ihre Leistungsbilanz nach sieben Jahren Regierungstätigkeit in Niedersachsen ist schlichtweg negativ.

(Beifall bei der SPD sowie Zustim- mung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Ihre Präsentation des Haushaltsentwurfs 2011 und des Nachtragshaushalts 2010 ist aus meiner Sicht ein Armutszeugnis.

(Ronald Schminke [SPD]: Grotten- schlecht!)

Wir haben Luftbuchungen mit von Ihnen nicht näher benannten Vermögensveräußerungen gehört. Sie haben die 300 Millionen Euro angesprochen.

Dass Ihre Streichungen und Kürzungen in Höhe von 345 Millionen Euro, die Sie gar nicht mehr erwähnt haben, oder auch Ihre vielen Tricks - es wird schon wieder der Verkauf des NORD/LBStammkapitals in Höhe von 280 Millionen Euro verschoben - mit einem seriösen Haushalt zu tun haben, davon kann wirklich nicht die Rede sein. Wir stellen bei Ihnen einfach nur Ratlosigkeit fest.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN sowie Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir stellen hier wirklich Ratlosigkeit, Hilflosigkeit und auch das Scheitern Ihres Dogmas fest. Herr McAllister hat einmal gesagt, Sie seien die erste Landesregierung, die in die Tilgung einsteigen werde. Von diesen großen Ankündigungen ist wirklich nichts mehr übrig.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN sowie Zustimmung bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Waren Sie die letzten zwei Jahre im Winter- schlaf?)

- Von Bundesmaßnahmen zu leben ist einfach.

Was mir aufgefallen ist: Die Schuldenuhr in Ihrem Fraktionssaal tickt nicht mehr richtig. Das muss doch auch etwas zu bedeuten haben.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der LINKEN sowie Zustimmung bei den GRÜNEN)

Sechs Monate lang haben Sie nach Ihrer ersten Klausur im Januar angekündigt, dass große Einsparungen zur Konsolidierung des Haushaltes nötig seien. Meines Erachtens war das wieder nur Ihr üblicher PR-Trick: Sie rechnen sich vorher ver

bal bewusst arm, um sich dann als erfolgreiche Haushaltspolitiker darstellen zu können. Das ist ein ganz billiger Trick.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der LINKEN sowie Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir kennen auch Ihr Zitat, Sie handelten als ordentliche Kaufleute. Was wir heute erlebt haben, ist aber, dass Sie die wahre Haushaltslage verschleiert haben.

(Zuruf von der CDU: Wo denn?)

Meine Damen und Herren, Sie haben mit diesem Entwurf keine Konsolidierung vorgenommen, dafür aber den Vermögensverzehr erheblich ausgebaut. Das hat eine doppelte Wirkung: Verkauf und gleichzeitig die Vernachlässigung von Landesvermögen. Wir werden Sie diese Woche noch bei der Debatte über die Landesstraßen daran erinnern. Sie streichen dort die Unterhaltungsleistungen einfach immer weiter zusammen. Das ist eine Legendenkonstruktion und keine ordentliche Haushaltsführung.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Sie versuchen jetzt wieder, eine neue Legende der Konsolidierung und der Sanierung zu stricken; wir haben es heute gehört. Die Struktur des Haushaltes spiegelt gar nicht mehr die Realität wider. Die Substanz des Landesvermögens wird aufgezehrt, und Sie stellen sich hier als Sanierer und Sparer dar. Würden Sie, wie es an anderer Stelle erwähnt worden ist, wie die Kommunen die Doppik anwenden müssen, würden Sie den eklatanten Vermögensverzehr, den wir hier Niedersachsen erleben, wirklich realistisch darstellen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Ich komme nur zu einem Schluss: Es ist wirklich kein Gestaltungswille der Landesregierung McAllister erkennbar. Wir warten die 100 Tage noch ab, aber wir erwarten nichts mehr.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie machen es uns als Opposition wirklich schwer. Wir erkennen keine Position bei Ihnen. Es gibt keinen roten Faden beim Regierungshandeln.

(Zurufe von der CDU - Unruhe - Glo- cke des Präsidenten)

- Zeigen Sie uns ruhig Ihren schwarzen oder gelben Faden, meine Damen und Herren! Es gibt keine neuen Ideen, nichts wird herausgearbeitet.