Protokoll der Sitzung vom 08.09.2010

(Beifall bei der LINKEN)

Dies ist aber in Niedersachsen der Fall. In Deutschland wird jede dritte Kilowattstunde Strom aus Biogas in niedersächsischen Anlagen erzeugt. Die beste Leistung in der Biogasanlage wird natürlich durch die Verwendung von Mais erzielt, und so wird Mais angebaut.

Beispiel: In der Gemeinde Beverstedt bei Cuxhaven wird auf 35 % der Ackerfläche Mais angebaut. Wenn man dort durch die Landschaft fährt oder geht, hat man das Gefühl, man befindet sich in einer riesigen Maisplantage.

(Beifall bei der LINKEN - Clemens Große Macke [CDU]: Sie müssen au- ßerhalb der Maisflächen gehen, nicht innerhalb!)

- Das lasse ich mir doch von Ihnen nicht vorschreiben, Herr Große Macke!

(Oh! bei der CDU)

In Walle, nahe dem geplanten Schlachthof in Wietze, ist eine große, industrielle Biogasanlage geplant. Hauptspeisung soll natürlich wieder Mais sein.

Die vielfältige Kulturlandschaft ist in den letzten 40 Jahren durch wirtschaftliche Zwänge, aber auch

durch Fehlentscheidungen der Landwirtschaft sehr zurückgegangen. Chemie und mechanische Maßnahmen verändern Boden und Landschaft. Das reduziert die Artenvielfalt. Die Vielfalt der Kulturpflanzen nimmt immer weiter ab. Im Anbau dominieren Weizen, Gerste, Raps und Mais. Etwas Zuckerrüben und Kartoffeln werden noch angebaut. Neben den Mais werden aber kaum noch Feldfutterpflanzen wie Kleearten und Luzerne angebaut.

(Ingrid Klopp [CDU]: Keine Ahnung! Kommen Sie einmal in den Landkreis Gifhorn!)

Eiweißpflanzen gibt es im heimischen Anbau kaum noch. Faserpflanzen sind mit der Lupe zu suchen. Durch den exzessiven Einsatz von Herbiziden gibt es natürlich auch einen extremen Rückgang von Grünpflanzen.

In Niedersachsen wird also zu viel Grünland in Energiemaisfläche umgewandelt.

(Beifall bei der LINKEN - Clemens Große Macke [CDU]: Das kann ja gar nicht! Das ist doch gedeckelt!)

- Vielleicht kommen Sie später noch dran. - Es wird zu viel Biogas aus Mais gewonnen, zu wenig aus Gülle und Abfallstoffen. Wir müssen die vorhandenen Potenziale besser nutzen.

Die CDU hat auf ihren Parteitag jetzt beschlossen, dass tierische und pflanzliche Reststoffe sowie nachwachsende Rohstoffe als gleichwertig behandelt werden sollen, wenn es um die Einspeisung von Strom nach dem EEG geht. Die CDU bereitet mit diesem Beschluss den Weg für eine gute Geschäftsbeziehung zwischen dem Großschlachthof in Wietze und der geplanten großen Biogasanlage in Walle - zulasten der Umwelt und des Tourismus im Celler Raum.

(Beifall bei der LINKEN)

Die FDP hat da vor Ort sehr gute Positionen und bemängelt natürlich auch den Flächennutzungsplan. Da müssten Sie vielleicht einmal Rücksprache mit der FDP vor Ort halten.

(Christian Dürr [FDP]: Was wollen Sie denn eigentlich?)

Wichtig ist auch, die Größe der Biogasanlagen einer kritischen Analyse zu unterziehen. Denn bei Biogas gilt: Was einmal zur Stärkung der bäuerlichen Betriebe gedacht war, wird zunehmend zur

Konkurrenz und verdrängt Anbaufläche für Nahrungsmittel.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die Preise für Ackerboden und der Pachtzins gehen in die Höhe, und viele Bauern müssen aufgeben.

(Zustimmung von Pia-Beate Zimmer- mann [LINKE])

Ein Horrorszenario: Vernichtung der Artenvielfalt, Auslaugung des Bodens durch Monokulturanbau, fehlende Fruchtfolgen, begrenzte Ackerflächen zum Anbau von Lebensmitteln. Dann braucht man - damit die Weltbevölkerung ernährt werden kann - natürlich gentechnisch verändertes Saatgut.

(Clemens Große Macke [CDU]: War das jetzt Ihre Meinung?)

Mit vielen unbekannten Gefahren für Gesundheit und Umwelt wird dann versucht, die größte Leistung zu erzielen, um die Ernährung sicherzustellen. Meine Damen und Herren, ich will hier kein Horrorszenario aufzeigen. Ich will nicht wieder hören „Die Linke betreibt Schwarzmalerei“. Ich zeige nur auf, was geschehen kann, wenn weiterhin so verfahren wird.

Wir müssen die Naturschutzziele und die Ernährungssicherheit der Menschen beachten. Das muss fraktions- und parteiübergreifend das größte Ziel sein. Ich denke, darüber können wir Einigkeit herstellen. Der Nahrungsmittelbedarf muss unter der Prämisse der regionalen Wirtschaftskreisläufe ermittelt werden. Es muss ein Gleichmaß geschaffen werden. Sonst kann sich die gute Idee, Biogase aus erneuerbaren Energien zu gewinnen, zum Nachteil der Umwelt und der Menschen entwickeln.

(Beifall bei der LINKEN)

Hierbei geht es um die Ernährungssicherheit der Menschen aller Einkommensschichten. Wir sind die Partei der sozialen Gerechtigkeit und haben dafür Sorge zu tragen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erteile dem Kollegen Bäumer von der CDUFraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin Herrn Dürr von der FDP sehr dankbar dafür, dass er dafür gesorgt hat, dass wir dieses Thema heute Morgen diskutieren. Denn, ich glaube, es ist sehr deutlich geworden, wie viel krudes Zeug auf der linken Seite dieses Hauses behauptet wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es war erforderlich, dass das einmal in aller Schärfe deutlich gemacht wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich immer, wenn hier vorne die Meyer-Zwillinge auftreten und dann fordern, was man alles machen könnte, aber selber nicht mit gutem Beispiel vorangehen wollen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Lieber Kollege Meyer von den Grünen, ich finde es ja toll, wenn Sie dazu aufrufen, weniger Fleisch zu essen. Wenn Sie aber selber in der Klickmühle eine Currywurst essen, dann passt das überhaupt nicht zusammen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Er hat nicht gesagt „Gar kein Fleisch mehr“, sondern weniger!)

Sehr geehrte Frau Kollegin König, wenn Sie den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen, dann kann ich Ihnen nur empfehlen: Heben Sie einmal den Kopf aus dem Mais; das verbessert den Blick deutlich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn Sie, Frau König, fordern, mehr Gülle in Biogasanlagen zu packen, dann sagen Sie bitte auch, woher man die Gülle nehmen soll. Sie sind doch gerade die Partei bzw. Fraktion, die dagegen ist, dass mehr Ställe gebaut werden. Ich glaube, das passt nicht zusammen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, all das kommt mir so vor, als würde nach dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ verfahren. Das funktioniert nicht!

(Johanne Modder [SPD]: Was wollen Sie denn? Sagen Sie doch einmal, was Sie wollen!)

Wenn Politik gut sein soll, dann muss dafür gesorgt werden, dass man alle Seiten im Blick hat.

Gute Politik heißt, dass man die Vorteile nutzt, aber die Nachteile nicht verschweigt.

(Johanne Modder [SPD]: Werden Sie einmal konkreter!)

Biogas ist solch ein Thema. Niedersachsen ist spitze bei der Produktion von Biogas. Bei uns dürften in diesem Jahr - mein Kollege Dürr hat es gesagt - ca. 900 Biogasanlagen mit einer Leistung von 450 MW stehen. Das ist ein Viertel der gesamten Biogasleistung in Deutschland. Meine sehr geehrten Damen und Herren, darauf können wir stolz sein! Denn es waren viele unserer Unternehmen und unserer Landwirte, die diese Biogasanlagen auf den Weg gebracht haben, die damit dafür gesorgt haben, dass die Energieversorgung in Niedersachsen auf eine breitere Basis gestellt worden ist. Das ist gelungen. Die Biogasanlagen in Niedersachsen produzieren heute mehr als 3,5 Millionen Megawattstunden Strom. Damit können bei einem Durchschnittsverbrauch von 4 000 Kilowattstunden pro Haushalt und Jahr ca. 875 000 Haushalte in Niedersachsen mit Strom versorgt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Fahrplan ist klar. Wir wollen im Jahre 2025 25 % des gesamten Energieverbrauchs in Niedersachsen durch erneuerbare Energien decken. Wenn es so weitergeht, glaube ich, können wir im Jahre 2050 bei Strom vielleicht sogar 100 % erreichen.

(Rolf Meyer [SPD]: Warum hat die FDP eigentlich diesen Antrag ge- stellt?)