Protokoll der Sitzung vom 08.09.2010

(Rolf Meyer [SPD]: Warum hat die FDP eigentlich diesen Antrag ge- stellt?)

Aber es gibt beim Biogas auch die andere Seite. Davon ist vorhin schon gesprochen worden. Die Maisanbaufläche hat sich deutlich vergrößert.

(Rolf Meyer [SPD]: Donnerwetter!)

Sie hat sich allein von 2009 auf 2010 um 14,2 % auf inzwischen 542 000 ha vergrößert.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Und wie finden Sie das?)

Diese 542 000 ha machen 28 % der gesamten Ackerfläche in Niedersachsen aus. Im Ammerland, in Cloppenburg, in Cuxhaven, in Leer, in Osterholz und der Wesermarsch sind es mittlerweile sogar mehr als 50 %.

Natürlich geht der Mais nicht komplett in Biogasanlagen, sondern damit werden auch Tiere gefüttert. Aber zunehmende Mengen gehen in Biogasanlagen und sorgen in Regionen mit knappen Flächen

und in Grünlandregionen für einen Konkurrenzdruck bei landwirtschaftlichen Flächen.

Ich will nicht missverstanden werden: Ich habe nichts dagegen, wenn Landwirte hohe Erlöse für ihr Futter bekommen und wenn Verpächter ihr Land zu hohen Preisen verpachten können, sofern der Markt das hergibt. Aber es ist mehr als problematisch, wenn dies deshalb geschehen kann, weil der Staat - in Klammern: Rot-Grün - mit der Festsetzung eines NaWaRo-Bonus einseitig in den Markt eingegriffen hat, und wenn die Landwirte in direktem Wettbewerb mit Fleisch- oder Milchproduzenten stehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Weg in die Zukunft ist klar: Der NaWaRo-Bonus muss deutlich modifiziert werden. Es müssen deutlich mehr Wertstoffe, die es sowieso gibt, in Biogasanlagen verwendet werden, sprich: Grasschnitt, Häckselgut. Wir müssen auch die Effizienz der Energieproduktion im Biogasbereich weiter erhöhen. Eine gute Politik weiß das, und eine gute Politik sorgt dafür, dass man das im Blick behält.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Handeln! Tun Sie etwas! - Johanne Modder [SPD]: Handeln!)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wer Kernenergie und Kohle ablehnt, der wird Alternativen bauen müssen. Wer die Energieversorgung umbaut, der braucht eine völlig neue Struktur der Stromnetze. Wer neue Stromnetze braucht, der kommt an neuen Erdkabeln oder Freileitungen nicht vorbei. So einfach ist das. Schlagworte wie Schattenwurf, Verspargelung, Vermaisung oder Hochspannungstrassen haben ihren Ursprung darin, dass wir unsere Energieversorgung umbauen. Dieser Umbau ist politisch gewollt, und zwar über alle Fraktionsgrenzen hinweg. Aber - das geht an Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren auf der linken Seite - wer den Zusammenhang von Ursache und Wirkung nicht erkennt oder nicht erkennen will, der handelt populistisch und ohne Verantwortung.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Das war ein ganz schlauer Beitrag!)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Sander das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke dem Kollegen Dürr für dieses Thema der Aktuellen Stunde. Biomasse ist eine Form der erneuerbaren Energien, die in Niedersachsen eine Wertschöpfung für die Landwirtschaft, für den Mittelstand im ländlichen Bereich erbracht hat. Wenn wir über Biomassenutzung reden, dann müssen wir einfach feststellen, dass Niedersachsen spitze ist. Sie sagten das, Herr Bäumer. Da Niedersachsen es sich zum Ziel gesetzt hat, im Jahre 2020 25 % der Energie aus erneuerbaren Energien bereitzustellen, brauchen wir auch die Biomasse. Wichtig ist dabei die Erkenntnis - da sind wir uns Gott sei Dank einig, Herr Kollege Meyer -, dass wir in einigen regionalen Gebieten nicht so weitermachen können wie bisher.

(Rolf Meyer [SPD]: Das wissen wir schon seit 30 Jahren!)

Meine Damen und Herren, darum geht es doch. Da müssen wir alle an einem Strang ziehen. Wir wissen um die Vorteile von Biomasse. Aber wir wissen auch um die Nachteile. Einige der Redner haben schon deutlich gemacht, dass es im Bereich Cloppenburg, im Emsland, in Rothenburg, in Diepholz erhebliche Probleme gibt und dass das in Zukunft auch in Celle der Fall sein wird.

Wir müssen allerdings auch die Instrumente kennen, die es geben könnte, um dem entgegenzuwirken. Eines geht jedoch nicht: Sie können nicht versuchen, dort mit der Raumordnung etwas zu machen.

An dieser Stelle muss ich einen Landrat aus dem Oldenburger Bereich einmal loben; es ist ja nicht alles zu kritisieren. Es ist schon erstaunlich, wenn man die Landkreise Cloppenburg und Vechta betrachtet: Beide Landkreise haben eine erhebliche Viehdichte, aber die Dichte an Biomasseanlagen ist sehr unterschiedlich. Im Landkreis Cloppenburg sind es 92 - mit steigender Tendenz; bald sind es mehr als 100 -, im Landkreis Vechta gibt es nur 14. Es hat also wohl auch schon vorher ohne gesetzliche Maßnahmen Möglichkeiten gegeben, da entgegenzuwirken.

(Rolf Meyer [SPD]: Das heißt, Clop- penburg hat geschlafen, oder?)

- Herr Kollege Meyer, wir wollen weiter die Biomasse. Aber wir müssen dem aus Gründen des Artenschutzes und insbesondere aus Gründen des

Grundwasserschutzes entgegenwirken. Das Problem ist dabei nicht nur, dass der Biomassemais stärker gedüngt werden muss, weil er eine größere Menge an Trockenmasse hat, sondern die größten Probleme treten seit Kurzem dadurch auf, dass die Gärreste wieder auf den Acker zurückgebracht werden. Die Gärreste haben einen relativ hohen Anteil an Nitrat. Das dementsprechend mineralisierte Nitrat wird im Boden wieder zu Nitrat. Die Auswirkungen im Grundwasser werden wir wahrscheinlich erst in zehn Jahren nachweisen können. Aber wir müssen Vorsorge treffen. Das wissen wir auch aus Untersuchungen des OOWV, der auch unter dem damaligen Präsidenten schon gute Leistungen gerade im Grundwasserschutz vollbracht hat. Das wollen Sie ja heute nicht mehr hören.

(Rolf Meyer [SPD]: Doch!)

Den Namen darf man ja fast nicht mehr sagen. Aber in dem Fall ist viel Gutes geleistet worden. Wir haben also für den Grundwasserschutz Sorge zu tragen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Frau Twesten, in einigen Landkreisen - da hilft auch kein Kataster und helfen keine sonstigen Spielereien - müssen Sie mit den Menschen, auch mit dem Landvolk und mit der Jägerschaft, versuchen, Dinge zu organisieren.

(Unruhe)

Herr Minister, ich darf kurz unterbrechen. - Bitte!

Sie müssen auf freiwilliger Basis Dinge organisieren, damit Sie sowohl Blühstreifen als auch dementsprechend Schneisen einbringen können, auf denen etwas für die Artenvielfalt getan werden kann.

Herr Minister, gestatten Sie eine oder zwei Zwischenfragen?

Herr Kollege Meyer!

Herr Minister Sander, Sie halten heute zum ersten Mal eine, wie ich finde, sehr differenzierte und durchaus angemessene Rede zu diesem Thema. Wenn das, was Sie gerade gesagt haben, stimmt, dann frage ich Sie natürlich: Warum sind die Regierungsfraktionen in den letzten drei, vier Jahren, in denen wir dieses Thema immer wieder zur Sprache gebracht haben, nicht darauf eingegangen?

(Christian Dürr [FDP]: Das Gegenteil ist der Fall! Das stimmt nicht, Herr Meyer!)

Sie haben doch - das müssten Sie an der Stelle vielleicht auch einmal zugeben - hier in den letzten Jahren Zeit verpennt, wodurch es erst zu der Entwicklung gekommen ist, die wir heute beklagen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Kollege Meyer, ich gehöre bestimmt zu denjenigen, die bereit sind, Fehler einzugestehen,

(Lachen bei den GRÜNEN)

die man in der Vergangenheit gemacht hat. Aber in diesem Falle erwischen Sie diese Regierungsfraktionen nicht; denn den Blödsinn mit dem NaWaRoBonus und dem Gülle-Bonus haben Sie in der Großen Koalition gemacht. Insofern - das ist richtig - ist die Reduzierung der Übersteuerung und Überregelung in dem Bereich schon eine Grundvoraussetzung, um wieder zu einem funktionierenden Markt zu kommen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Schröder-Ehlers?

Ja, immer!

(Heiterkeit bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Er traut sich das we- nigstens! Daran können Sie sich ein Beispiel nehmen!)

Herr Minister Sander, das, was Sie hier heute erklären, ist sehr schön zu hören. Gibt es schon konkrete Abstimmungen mit Frau Grotelüschen darüber, welche Initiativen von Niedersachsen ausgehen, damit die Erhöhung der Anzahl der Biogasanlagen in Niedersachsen zukünftig gestoppt werden kann und damit es eine einheitliche Konzeption gibt, die für das Land verträglich ist?

Herr Minister!

Sehr geehrte Frau Schröder-Ehlers, erstens will die Landesregierung keinen Stopp von Biogasanlagen;

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

denn wenn Sie das Land betrachten, dann erkennen Sie, dass es viele Bereiche gibt - angefangen bei Wolfenbüttel mit dem gesamten südniedersächsischen Raum, der damit im Prinzip recht mäßig versorgt worden ist -, in denen es noch ein Potenzial gibt. Ich sagte aber bereits: Mit der Raumordnung, für die Frau Grotelüschen zuständig ist, werden Sie dieses Problem nicht lösen können, weil Sie den § 35 des Baugesetzbuchs - privilegierte Bauweise -, der dem entgegensteht, beachten müssen. Wir müssen so schnell wie möglich handeln. Es gibt, wie ich schon sagte, gute Ansätze. Der Vorsitzende des Landvolks aus Rotenburg, Herr Korte, erhebt auf freiwilliger Basis von den Landwirten, die Biogasrohstoffe anbauen, einen zusätzlichen Betrag, der in einen Fond fließt, aus dem besonders der Blühstreifenanbau gefördert wird. Das ist der richtige Weg. Es ist der richtige Weg, auf freiwilliger Basis - auch mit den Umweltverbänden, z. B. mit dem Nabu, der in dem Bereich sehr konstruktiv mit uns arbeitet - etwas zu tun. Gesetzlich müssen wir in Berlin ansetzen. Da sind die Fehlsteuerungen gemacht worden. Auf Niedersachsen entfallen 25 %, also ein Viertel. Das ist ein erheblicher Teil der Stromerzeugung in Niedersachsen. Ich habe Zweifel, ob man diesen Anteil in den Gebieten noch erhöhen kann.

Wir haben das Problem, dass diese Biogasanlagen vorhanden sind. Sie werden diese Biogasanlagen - über 100 Stück in Cloppenburg - in den