Aber der Reihe nach: Zunächst möchte ich für die CDU-Landtagsfraktion feststellen, dass wir es begrüßen, dass die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder einen gemeinsamen Bericht zu den Finanzen der Europäischen Union im Mitgliedstaat Deutschland erstellt haben. Ich meine, das ist wichtig und richtig. In der Einleitung dieses Berichtes, der den schönen Titel „EU-Report deutscher Rechnungshöfe 2008“ hat, wird als Ziel beschrieben, den Deutschen Bundestag und die Parlamente der Länder sowie die Öffentlichkeit einerseits über die Finanzbeziehungen der Bundesrepublik Deutschland zur Europäischen Union und andererseits über die von der externen Finanzkontrolle durchgeführten Prüfungen zu unterrichten. Wir meinen, dieses Ziel ist voll und ganz erreicht worden, und sagen: Glückwunsch an die Rechnungshöfe!
Schwieriger wird es aber, meine Damen und Herren, wenn wir uns die Frage stellen, was die SPD mit dem vorliegenden Antrag eigentlich erreichen will. Sie schreiben in Ihrem Antrag - das haben Sie eben auch dargelegt -, dass die Landesregierung aufgefordert werden soll,
„die Initiative zu ergreifen, um in enger Abstimmung mit den Bundesländern und dem Bund Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Einnahme- und Ausgabenstruktur der EU zu entwickeln. Dazu bedarf es einer Positionierung u. a. zur derzeit geltenden Praxis und einer vom Europäischen Parlament geforderten EU-Steuer als aufkommensneutrale Alternative zum derzeitigen Finanzierungssystem.“
Meine Damen und Herren, das war ein Zitat - so lang und so komplex. Man kann es auch einfacher machen. Die Landesregierung hat nämlich im Juli dieses Jahres ihr Europapolitisches Konzept veröffentlicht. Darin hat sie sich bereits sehr eindeutig zur Frage der Reform der Finanzierung der Europäischen Union positioniert. Man kann festhalten: Unbestritten ist die Reform der Finanzierung der EU eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre. Niedersachsen sagt dazu eindeutig:
„Neben den sogenannten traditionellen Eigenmitteln wie Zöllen sollten Eigenmittel aus dem Bruttonationaleinkommen die Haupteinnahmequelle der Europäischen Union sein, weil diese die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Mitgliedstaaten am besten abbilden.“
Meine Damen und Herren, das alles ist im Europapolitischen Konzept der Niedersächsischen Landesregierung nachzulesen. Weiter wird ausgeführt:
„Weitere neue Finanzierungsquellen der Europäischen Union, wie eine EU-Steuer oder eine Kreditaufnahme für Eigenmittel, lehnt die Landesregierung ab.“
Meine Damen und Herren, ich glaube, eindeutiger kann sich eine Landesregierung nicht positionieren. Die CDU-Landtagsfraktion steht voll und ganz hinter diesem Kurs. Damit hat sich der Antrag unseres Erachtens in einem Kernpunkt schon erledigt.
Auch eine weitere Forderung, die Sie hier einbringen, nämlich dass bei Prüfung der Mittelverwendung neben der Ordnungs- und Rechtmäßigkeit auch die wirtschaftliche Verwendung geprüft werden sollte, ist meines Erachtens völlig gegenstandslos. Über die rechtlichen Grundlagen und
die Prüfungspraxis haben wir uns im Rahmen der Erörterung, Beratung und Diskussion dieses Antrages im Haushaltsausschuss umfassend informieren können. Dabei haben die fondsverwaltenden Ressorts, meine Damen und Herren, aufgezeigt, wie sich die Wirtschaftlichkeit der Verwendung der EU-Mittel überprüfen lässt. Die Kontrolle ist gewährleistet und ausreichend. Ein Mehr an Kontrollen würde nur zu mehr Bürokratie führen. Das ist noch ein weiterer Grund, aus dem Sie, meine Damen und Herren von der SPD, Ihren Antrag eigentlich hätten zurückziehen sollen.
Ich will Ihnen noch einen dritten Aspekt nennen, auf den Sie in Ihrem Antrag eingehen: Sie fordern die Landesregierung auf, in enger Abstimmung mit dem Rechnungshof Verfahren zu entwickeln, die Verstöße gegen die Vergabe- und Verwendungsregeln der EU-Mittel des Landes minimieren und die Prüfung und Kontrolle durch den Niedersächsischen Rechnungshof erleichtern sollen. Bringen wir es auf den Punkt: Sie fordern, ein Verfassungsorgan - sprich: der Landtag - soll zwei anderen Verfassungsorganen - der Landesregierung und dem Rechnungshof - aufgeben, miteinander Absprachen zu treffen. Meine Damen und Herren, ich frage mich, ob das mit der Niedersächsischen Verfassung in Einklang zu bringen ist.
Ich habe daran erhebliche Zweifel und kann hier und heute für die CDU-Fraktion feststellen: Der Landesrechnungshof ist und bleibt unabhängig! Das galt gestern für uns, das gilt für uns heute, und das gilt für uns auch morgen.
Alles in allem halte ich fest: Der Antrag der SPDFraktion ist in wesentlichen Teilen von der Realität überholt worden, Herr Aller, und in anderen Teilen verfassungsrechtlich bedenklich. Noch kürzer ausgedrückt: Er ist überflüssig, und daher lehnt ihn die CDU-Fraktion ab.
Zum einen - das dürfte unstrittig sein - geht es um die Qualität und die möglichen Optimierungen der europäischen Prüfung. Auf den Punkt gebracht könnte man sagen: Einfach und effektiv sollen sie sein. Ich denke, das wollen wir alle. Mit dem Streitpunkt, wie weit all dies inzwischen umgesetzt worden ist, will ich mich gar nicht weiter auseinandersetzen; das ist müßig.
Ein zentraler Punkt, über den sich das Streiten lohnt, ist aber in der Tat die Weiterentwicklung des derzeitigen EU-Finanzierungssystems. Die heutige Einnahmestruktur - wir haben es schon gehört - mit den Zöllen und den nationalen Mitteln, die sich eigentlich am jeweiligen Bruttonationaleinkommen orientieren sollen, aber in der Regel Verhandlungssache sind, und mit den sehr komplizierten Mehrwertsteuereigenmitteln stößt an Grenzen. Das meint nicht nur Herr Barroso. Es ist meines Erachtens relativ einsehbar, dass es für die gemeinsame Währung, für eine europäisch abgestimmte Wirtschaftspolitik wesentlich günstiger wäre, wenn die EU über eigene Einnahmen verfügte. Deswegen diskutieren wir über ein neues System, z. B. über EU-Anleihen für spezielle Infrastrukturprojekte. Wir diskutieren natürlich auch über die EU-Steuer.
Einige Initiativen, die auch die Bundesregierung erwägt, drängen sich für eine europäische Lösung geradezu auf. Die Finanztransaktionssteuer ist genannt, mit der wir gleichzeitig wichtigen Handlungsbedarf bei der Bearbeitung der Finanzkrise befriedigen könnten, und es geht auch um die klimapolitisch notwendige Besteuerung z. B. von Kerosin und Flugtickets.
Alles das aber, meine Damen und Herren, lehnen CDU und FDP kategorisch ab, so hieß es jedenfalls im Ausschuss. Die höchst schlichte und - entschuldigen Sie - aus meiner Sicht unintelligente Begründung lautet: Das hätte die Landesregierung in ihrem Europapolitischen Konzept doch auch abgelehnt.
Meine Damen und Herren, mit dem parlamentarischen Selbstbewusstsein und Demokratieverständnis wird es in dieser Legislaturperiode bei den Koalitionsfraktionen wahrscheinlich nichts mehr. Wir werden wohl warten müssen, bis sie in die Opposition gehen.
Manchmal helfen jedoch gute Beispiele. Ich will zwei Zitate als Reaktion auf die Vorschläge von Herrn Barroso bringen. Dort heißt es:
„Die Bürger - das zeigen alle Umfragen - wollen mehr Europa, auf allen Gebieten. Es ist an der Zeit, dass Europa eigene Mittel bekommt. Wir werden an Ihrer Seite stehen.“
„Das Vertrauen der Bürger in die europäischen Institutionen ist dramatisch zurückgegangen. Wir brauchen eine echte gemeinsame Wirtschaftspolitik, ohne die macht eine gemeinsame Währung keinen Sinn. Und wir denken, dass die nationalen Beiträge für den EU-Haushalt durch Eigenmittel der Union ersetzt werden sollen“,
Meine Damen und Herren von FDP und CDU, nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihren Europäern, und räumen Sie endlich Ihre nationalstaatlich bornierten Positionen!
Danke schön, Herr Klein. - Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Kollegin Flauger zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Deutschland und damit auch Niedersachsen zahlt jedes Jahr - richtigerweise - erhebliche Summen an die Europäische Union. Deutschland und Niedersachsen erhalten umgekehrt jedes Jahr erhebliche Summen an Fördermitteln von der Europäischen Union.
Als Linke teilen wir die Auffassung des Niedersächsischen Landesrechnungshofs und der Antrag stellenden Fraktion, dass nicht allein die EU-Organe für den Einsatz von EU-Mitteln verantwortlich sind, sondern ebenso die Mitgliedstaaten selbst und damit in Deutschland auch die Bundesländer.
Aus dieser Mitverantwortung Niedersachsens und aus der Höhe der EU-Mittel ergibt sich logisch, dass die Kontrolle des Einsatzes dieser Mittel eine wesentliche Aufgabe des Niedersächsischen Landesrechnungshofs ist, wie es auch im Antrag formuliert ist. Im Antrag wird gefordert, dass die Landesregierung konkrete Vorschläge macht, wie die Haushaltsvollzugsaufgaben, die die Kommission den Mitgliedstaaten übertragen hat, subsidiär, transparent, einfach und effizient gestaltet werden können. Dagegen kann niemand ernsthaft etwas einwenden; das ist nur vernünftig und notwendig.
Der Antrag fordert Positionierungen zur derzeit geltenden Praxis und zu der vom EU-Parlament geforderten EU-Steuer. Er sagt aber noch gar nicht, wie diese Position aussehen soll. Natürlich muss man sich dazu positionieren.
Ich will Ihnen dazu aber auch sagen, dass die Linke die EU-Steuer ablehnt. Wir halten die Umstellung für nicht erforderlich und auch nicht für sachgerecht.
Wir unterstützen die in dem Antrag erhobene Forderung, dass bei Prüfungen des EU-Rechnungshofs auch die Wirtschaftlichkeit der Mittelvergabe geprüft wird. Auch das ist vernünftig. Wir sollten diese Gelder nicht verschwenden.
Der Antrag fordert richtigerweise, dass die europäische Einnahmen- und Ausgabenstruktur weiterentwickelt wird. Auch das ist völlig richtig. Inhaltliche Festlegungen zur Ausrichtung dieser Weiterentwicklung werden in dem Antrag allerdings noch gar nicht formuliert. Deswegen verstehe ich nicht, wie man gegen diese Forderung sein kann.
Der Landesrechnungshof muss darin unterstützt werden, in enger Zusammenarbeit mit den Rechnungshöfen anderer Bundesländer und dem Bundesrechnungshof die Vergabe und Verwendung von EU-Mitteln zeitnah und effizient zu kontrollieren. Diese Kontrolle muss konsequent und ohne jedes Ansehen der Person erfolgen. Verstöße gegen bestehende Regelungen müssen schonungslos offengelegt werden.
Alle genannten Ziele finden sich auch im vorliegenden Antrag der SPD, gegen den kein vernünftiges Argument spricht.