Dass das im Übrigen auch noch in vielen Kommunen eine Förderung der NPD sein kann, muss ich sicherlich nicht erklären. Wir werden bei der nächsten Kommunalwahl sehr kritisch prüfen, wie sich das auswirkt, und dann zusammen mit Ihnen eine sehr kritische Bilanz ziehen. Das kann ich schon ankündigen.
Ein paar Anmerkungen zum Verfahren: Sie übernehmen dankenswerterweise den von mir angeführten Begriff des Schweinsgalopps gerne. Ich wollte schon bei der VG Wort anrufen, damit ich Tantiemen bekomme. Aber ich glaube, dieser Be
griff bezeichnet die Beratung recht gut. Sie haben das Gesetz im Schweinsgalopp durchgepeitscht. Wir haben, glaube ich, überhaupt nur einen Monat lang beraten.
Wie Sie mit den kommunalen Spitzenverbänden umgegangen sind! In den Gemeinden läuft die Aufstellung der Kandidaten schon, und Sie ändern nachträglich - zehn Monate vor der Wahl - die Spielregeln. Wer so etwas macht, hat schon längst kein Ohr mehr für die kommunale Basis und deren Probleme vor Ort. Das ist ein ausgesprochen schlechter Stil.
Das zeigt übrigens auch, wo dieses Gesetz in Wirklichkeit entstanden ist. Es ist nicht sorgfältig im Ministerium vorbereitet worden, sondern es ist ganz offenkundig in Ihren Parteizentralen ausbaldowert worden, und zwar nur zu einem Zweck: Es sollte pünktlich zur Kommunalwahl in Kraft treten. Nur darum ging es.
Dort findet man den Stil, den Sie gewählt haben, sehr irritierend. Ich will nur den Sprecher der kommunalen Spitzenverbände, Heiger Scholz, zitieren, der in der Anhörung den Begriff „völlig inakzeptabel“ verwendet hat. Er ist ein sehr diplomatischer Mensch. Ich glaube, er hat etwas anderes gemeint, etwas sehr viel Deutlicheres. Von dort haben Sie ganz klar zu hören bekommen, was von Ihrem Gesetzentwurf gehalten wird.
Meine Damen und Herren, das Gesetz zur Änderung kommunalwahlrechtlicher Bestimmungen wird weder das kommunale Ehrenamt stärken, noch wird es die Politikverdrossenheit in Niedersachsen bekämpfen.
sondern es werden neue geschaffen. In einem beträchtlichen Teil unserer Kommunen wird es zu weniger Bürgernähe der Kommunalpolitik führen. Sie machen viele künftige Hauptverwaltungsbeamte zu Minderheitsbürgermeistern. Deshalb ist das
Abschließend darf ich Ihnen, meine Damen und Herren von CDU und FDP, noch eines mit auf den Weg geben: Sie werden von diesem Kommunalwahlrecht trotzdem nicht profitieren. Es wird Ihnen nicht den gewünschten Erfolg bringen. Wer anderen eine Grube gräbt, ist meistens noch selbst hineingefallen. Ich glaube, die Menschen in Niedersachsen haben ein feines Gespür dafür, was hier läuft. Am 11. September 2011 bekommen Sie die Quittung dafür.
Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention auf den Kollegen Krogmann hat sich Herr Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE gemeldet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Krogmann, nur eine klitzekleine Korrektur und eine ordentliche Bekräftigung. Die klitzekleine Korrektur betrifft Schaumburg. Dort hat es gar keiner Stichwahl bedurft, damit es für die CDU eine ordentliche Klatsche gegeben hat.
Sie hatten zwar einen netten Kandidaten, trotzdem ist er mit gut 30 % voll abgeschifft. Unser Kandidat hat ordentliche 6 % eingefahren.
Ansonsten haben Sie völlig recht, Herr Krogmann: Auch ich habe mich bei der Rede von Herrn Biallas gewundert, wie man so viel reden kann, nur um das klitzekleine Wörtchen „Lingen“ zu vermeiden.
Meine Damen und Herren, ich sehe nicht, dass die SPD-Fraktion darauf erwidern möchte. Deshalb gebe ich jetzt dem Kollegen Adler von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst eine Bemerkung zu einem Punkt in diesem Gesetzentwurf, den wir richtig finden, und zwar ist das die Regelung über die Ersatzpersonen. Dazu gab es in diesem Gesetz wirklich einen Nachholbedarf und einen Verbesserungsbedarf. Aber der Ehrlichkeit halber muss man sagen: Das hat schon das Verwaltungsgericht Lüneburg festgestellt und damit im Grunde den Weg gewiesen, dass man hier etwas regeln muss; denn die bisherige Regelung war unklar, um es einmal vorsichtig auszudrücken.
Ein anderer Punkt, auf den ich eingehen möchte, sind die Wahlbereiche. Da habe ich eine ganz andere Auffassung als Herr Krogmann.
Bei den Wahlbereichen muss man sich nämlich vor Augen halten, Herr Krogmann, dass es diese Regelung gar nicht in allen Länderwahlgesetzen gibt; in den anderen Ländern gibt es sie gar nicht. Ich meine, der Fehler dieser Wahlbereichsregelung ist, dass der Vertreter im Stadtrat oder im Gemeinderat in erster Linie als Vertreter des Stadtteils gesehen wird. Das ist aber meines Erachtens nicht richtig.
In erster Linie sind die Abgeordneten in den kommunalen Räten Vertreter der gesamten Gemeinde. Erst in zweiter Linie sind sie Vertreter eines Stadtteils. Sie überschätzen die Stadtteilproblematik völlig und verschieben diese Gewichte. Deswegen könnte die Regelung mit den Wahlbereichen aus unserer Sicht vollständig wegfallen.
Aber nun zur Stichwahl: Die Abschaffung der Stichwahl ist undemokratisch. Derjenige, der im einzigen Wahlgang den dritten oder vierten Platz bekommen hat, ist völlig aus dem Rennen, und diejenigen Wähler, die sich mit dieser Person identifiziert haben, sind außen vor. Sie haben keinen Einfluss mehr auf das Geschehen. Im Ergebnis
führt dies dann zu einer Stärkung der beiden größeren Parteien. Das sind übrigens nicht immer SPD und CDU. Übertragen Sie Ihr Modell einmal auf die Verhältnisse in Berlin. Dann werden Sie sich leicht vorstellen können, dass die beiden größten Parteien auch einmal Grüne und Linke sein können, je nachdem, in welchen Stadtteil Sie gucken.
Sie werden durch das System, das Sie jetzt einführen, im Grunde gezwungen, taktisch zu wählen. Das heißt, es gibt immer eine Tendenz dahin, demjenigen die Stimme zu geben, den man eigentlich gar nicht will, wenn man der Meinung ist, er hat doch die besseren Chancen, gewählt zu werden. Durch diese Tendenz wird indirekt der Wählerwille verfälscht. Es ist undemokratisch, wenn sich ein Oberbürgermeister dann nur noch auf diejenigen stützen kann, die ihn mehr oder weniger mit Zähneknirschen gewählt haben.
Überlegen Sie einmal, was bei diesem Wahlrecht herauskommen kann: Bei einem Fünfparteiensystem kann schon jemand mit 21 % der Stimmen gewählt werden. Wenn die Wahlbeteiligung dann nur 50 % beträgt, hat die Oberbürgermeisterin bzw. der Oberbürgermeister etwas über 10 % der Stimmen hinter sich.
(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Das ist doch großer Quatsch, Herr Kollege! - Gegenruf von Olaf Lies [SPD]: Warum ist das Quatsch?)
Der Nachteil dieser ganzen Wahlrechtsdiskussion ist, dass sie momentan getrennt von der Debatte zu der Änderung der Kommunalverfassung geführt wird, die wir derzeit in den Ausschüssen diskutieren. Es korrespondiert schon damit, dass man auf der einen Seite auf diese Weise einen Oberbürgermeister so leicht wählen kann und dass auf der anderen Seite die Stärkung des Hauptverwaltungsbeamten in der Kommunalverfassung so stark ausgeprägt ist, wie sie momentan ist.
Sie müssen sich einmal die Frage stellen: Wenn jemand mit einer so kleinen Mehrheit gewählt werden kann, wie wird man ihn wieder los? - Das Mindeste, was man dann machen müsste, ist, dass man ihn nicht mit einer Dreiviertel-, sondern mit einer Zweidrittelmehrheit abwählen kann. Das
haben wir in unserem Änderungsvorschlag zum Ausdruck gebracht. Das Mindeste wäre, dass man diesen so leicht zu Wählenden dann nicht acht Jahre, sondern nur fünf Jahre im Amt hat. Das wäre doch viel demokratischer.