Ich weiß, es hört sich fast banal an, aber: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch wieder heraus. - Was meine ich damit? - Es geht darum, wie man sich in einer friedlichen Demonstration gegenüber den Polizeibeamten verhält, die pflichtgemäß ihren Auftrag erfüllen. Manche gehen auch nach der dritten Aufforderung zur Räumung nicht. Ein Drittel geht freiwillig - das ist der Erfahrungswert -, der Rest lässt sich ohne Widerstand wegtragen. Und die wenigen, die Widerstand leisten, sind diejenigen, die in den Wald hineinrufen. Sie dürfen sich dann auch nicht wundern, wenn Rufe zurückkommen.
In solchen Fällen kann sich die Polizei nicht anders verhalten, als auch mit unmittelbarem Zwang - so angemessen wie möglich ausgeübt - eine solche Räumung zu vollziehen. Das ist auch unser rechtsstaatliches Verständnis.
(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das gilt aber auch umge- kehrt!)
Und wenn es stimmt - man kann als Transportbeobachter nicht überall sein; das ist so -, dass aus einem Camp direkt an den Schienen - von einer politischen Partei unterhalten - tatsächlich der schwarze Block logistische Unterstützung erfahren hat und dann zum Schottern auf die Gleise gegangen ist, wenn sich also diese Erkenntnisse bestätigen, meine Damen und Herren, dann muss das parlamentarisch aufgearbeitet werden.
(Zustimmung bei der SPD sowie Bei- fall bei der CDU und bei der FDP - Ulf Thiele [CDU]: Ja, ja, Frau Flauger!)
Die Gesamtzahl der eingesetzten Polizeibeamten hat einschließlich derer, die die Bahnstrecken gesichert haben, rund 20 000 betragen. Diese Zahl ist zum Schluss durch die Nachalarmierung zustande gekommen, die auch wir vor Ort mitbekommen und verfolgt haben. Dazu kann ich nur sagen: Herr Schünemann, wir hatten gleich Bedenken, dass bei der aufgrund Ihrer Politik zu erwartenden Zahl friedlicher Demonstranten und insgesamt in Gorleben Anwesender die Zahl der Einsatzkräfte der Polizei nicht ausreichen könnten.
Sie haben die Zahl der Einsatzkräfte aus Kostengründen begrenzt und mussten dann nachalarmieren. Das darf jetzt aber nicht dazu führen, dass jeder Nachalarmierte - dazu haben Sie ein paar Ansagen gemacht - sozusagen eine Beförderung weniger bedeutet. Das darf nicht das Ergebnis sein. Wir stehen an Ihrer Seite, wenn es um eine angemessene Kostenbeteiligung geht. Herr Schünemann, vorhin habe ich einen Begriff genannt, den ich dann zu „Hardliner“ umgewandelt habe. An dieser Stelle will ich nicht den Begriff „Memme“ verwenden - das tue ich nicht. Aber Sie müssen bei der Bundesregierung, die die gleichen Farben hat wie die Mehrheit hier im Hause, vielleicht noch etwas deutlicher werden. Sie müssen noch etwas deutlicher werden, als Sie es bisher waren.
Vielleicht sollten Sie einmal überlegen, ob in Ihr Vokabular nicht auch der folgende alte schöne Spruch aufgenommen werden muss: Wer die Musik bestellt, der muss das Orchester bezahlen und nicht nur den Stehgeiger. - Wissen Sie, wen ich mit dem, der die Musik bestellt, meine? - Die, die diesen Müll produzieren, die daran verdienen, nämlich die Atomindustrie.
Zum Schluss will ich die Fürsorgepflicht des ganzen Hauses - ich hoffe, wir sind uns da einig - gegenüber den eingesetzten Beamten ansprechen. Ich bestätige, Herr Schünemann, dass es zur Taktik der Störer gehört - und aus ihrer Sicht gibt es gute Gründe dafür, dass sie dort den Atommüll nicht haben und auch kein Endlager haben wollen; und sie greifen manchmal zu fantasievollen und manchmal zu hart an der Grenze zu contra legem liegenden Maßnahmen -, die Manövrierfähigkeit der Polizei zu treffen; deswegen errichten sie Blockaden auf den Zufahrtswegen. Sie machen das geschickt. Der Treckerfahrer sagt ja nicht: Ich will hier blockieren. - Er sagt: Ich bin just auf diesem Kreisel müde geworden und musste meinen Trecker stehen lassen. - So argumentiert er.
(Jens Nacke [CDU]: Sie hatten doch gerade die Kurve gekriegt! - Gegenruf von Detlef Tanke [SPD]: Ganz ruhig!)
- Herr Nacke, nun mal langsam! Ich will doch deutlich machen, dass auch die Blockaden dazu führen, dass Ablösekräfte nicht vor Ort kommen können und keine Versorgung möglich ist. Die Blockaden führen auch dazu, dass solche langen Dienstzeiten erreicht werden. Das müssen die Störer wissen. Sie müssen auch wissen, das Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, die über 24 Stunden im Einsatz sind, vielleicht nicht mehr so konzentriert und angemessen reagieren können wie frische Kräfte. Dann muss man nach dem alten deutschen Wort „Wat den eenen sin Uhl’, is den annern sin Nachtigall“ in Kauf nehmen, dass es vielleicht auch einmal zu einer unangemessenen Reaktion kommt.
(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Nein, dann muss man die Kräfte abziehen! - Gegenruf von Karl-Heinrich Lang- specht [CDU]: Das ist wieder typisch! Das geht doch gerade nicht!)
- Ja, wenn man es kann, lieber Kollege. Denn es war ja zum Teil nicht möglich, die Kräfte auszuwechseln und ihre Versorgung sicherzustellen. Also liegt der Schlüssel zum Erfolg doch in einer Erhöhung der Akzeptanz dieser Transporte,
vielleicht auch in der Frage von anderen Zwischenlagerstandorten. Heute wurde ja erstmals durch Herrn Schünemann angedeutet, dass auch die Union bereit ist, über andere Zwischenlagerstandorte nachzudenken. Vielleicht sollte das auch im Sinne von „Return to Sender“ bei den Kernkraftwerken selber sein, Herr Schünemann; denn das sind die Sender.
Deswegen muss es darum gehen, die Zahl der Transporte zu minimieren und durch eine veränderte Atompolitik mit Blick auf die Laufzeiten - das würde ich mir wünschen - zu einer erhöhten Akzeptanz solcher Transporte zu kommen. Denn dass wir den Müll lagern müssen, darüber sind wir alle uns doch im Klaren. Der Abfall ist doch da. Aber es darf nicht durch Ihre politische Entscheidung von Jahr zu Jahr noch mehr werden, meine Damen und Herren!
Deswegen, Herr Schünemann, erwarten wir von Ihnen, dass Sie das, was die GdP in einer Presseerklärung am 9. November gefordert hat, 1 : 1 umsetzen. Es kann nicht um Freizeitausgleich und Überstundenbezahlung gehen. Für die effektiven Einsatzzeiten muss die Vollvergütung fließen. Bitte berücksichtigen Sie das bei Ihrer Prüfung! Eine Minderbezahlung haben die Beamtinnen und Beamten nicht verdient.
Wir werden Sie auch daran messen - auch diesen Wunsch hat die GdP als größte Gewerkschaft der Betroffenen geäußert -, ob Teile dieser Zahlungen noch vor Weihnachten fließen. Sie haben das zugesagt, und wir werden Sie daran messen.
Sie haben die Zukunft angesprochen: Legen Sie den Grundstein für mehr Akzeptanz! Sorgen Sie für einen Ausstieg aus der Laufzeitverlängerung! Ich hoffe, Sie haben mittlerweile wie einige andere CDU-Politiker auch - beispielsweise Herr Lam
(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der SPD sowie Zustimmung von Stefan Wenzel [GRÜNE] und Ursula Helmhold [GRÜNE] - Johanne Mod- der [SPD]: Die Regierungserklärung ist nach hinten losgegangen!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Bachmann, wir haben gerade einen Braunschweiger Löwen erlebt, den wir hier im Hause selten so kampfbereit gesehen haben.
Aber wenn Sie beobachtet haben, woher bei Ihren Rechtsstaatspassagen der meiste Applaus gekommen ist, dann hätten Sie die rechte Seite des Hauses noch etwas mehr loben müssen als die linke Seite des Hauses, Herr Bachmann.
Zudem, lieber Herr Bachmann, habe ich heute mit Interesse gelernt, dass Sie sowohl als Einsatzleiter als auch als Schafhirte tätig geworden sind. Ich finde, das ist schon beachtlich, lieber Herr Bachmann.
(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Quatsch! So ein Quatsch! Sie sind ja gar nicht tätig geworden, Herr Thüm- ler! Das unterscheidet uns!)
Eines will ich Ihnen allerdings deutlich sagen - das lasse ich Ihnen so nicht durchgehen -: Zu behaupten, dass unsere Fraktion überhaupt nicht dort gewesen wäre, ist nachweislich falsch.
Kollegen von uns sind drei Tage vor Ort gewesen, und wir haben am Samstag auch die größte Gruppe aller Abgeordneten gestellt. Das sage ich, damit das hier einmal klar ist.
Meine Damen und Herren, eines sage ich Ihnen dazu: Wenn Sie davon sprechen, dass der Innenminister durch Aufrufe und Ähnliches Leute einschüchtert oder dass er zu wahnsinnigen Taten aufruft, dann weise ich das hier aufs Schärfste zurück.
Eines muss auch Ihnen klar sein: Die Ursache für das, was wir dort erleben, ist doch die Politik, die Sie gemeinsam mit den Grünen gemacht haben.
Lieber Herr Bachmann, Sie haben gerade dieses schöne Transparent „Return to Sender“ erwähnt und haben am Ende Ihrer Rede offenbart, was Sie darunter verstehen,