In der Begründung Ihres Antrages steht ein schöner Satz. Vielleicht wollten Sie das ja unterbringen; denn das hätte noch Sinn. Da steht:
„Allerdings wird auch diese Kabelverbindung nicht dazu führen, dass Deutschland seinen derzeit betriebenen Energiemix kurzfristig umstellen muss und allein auf eine verstärkte Stromversorgung aus norwegischer Wasserkraft setzen kann.“
Wovor haben Sie denn Angst? Haben Sie Angst, dass die amtierende Bundesregierung kurzfristig ihren Energiemix umstellt? - Das tun die gar nicht; das wollen die gar nicht. Leider, muss man sagen; es wäre ja viel sinnvoller, wenn sie es tun würde.
(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Du hast in Norwegen gar nichts gelernt! - Gegenruf von Detlef Tanke [SPD]: Ihr habt nicht zugehört!)
Wenn Sie schon auf die Stromnetze hinweisen wollen, dann ist dieser Antrag deshalb völlig unzureichend, weil er nur auf die Förderung von grenzüberschreitendem Stromhandel eingeht. Mindestens genauso wichtig ist aber - das hätten Sie bei dieser Debatte auch einmal erwähnen können -, dass wir über innerdeutschen Stromhandel und die innerdeutschen Netze reden; denn an der Stelle gibt es noch unheimlich viel zu tun. Jetzt geht es gar nicht um Kabel oder anderes, sondern es geht um ein System, das in der Debatte als „Smart Grid“ bezeichnet wird. Dabei geht es um intelligente Stromversorgungssysteme, die Erzeuger, Speicher, Netzbetriebsmittel und Verbraucher steuernd und regelnd zusammenführen sollen. Das wird die Aufgabe sein!
In vielen Bereichen haben wir mittlerweile eine große Zahl von Anbietern. Da geht es darum, dass man die dezentralen Erzeuger, die zum Teil volatil anbieten, in das Netz integrieren muss.
Daneben gibt es Anbieter, die mit ihrer Technik eine stabile Produktion einspeisen. Auch die müssen integriert werden. Das ist auch ein technisches Problem. Es geht darum, dass die Überleitung zu einem Netzmanagement, das die Strom- und Informationsflüsse zusammenbringt, geregelt werden kann. Auch daran mangelt es immer noch. Es geht darum, dass die Kunden, wir als Verbraucher, von
ihrer bislang recht volatilen Nutzung - zu bestimmten Zeiten brauchen wir sehr viel Energie, zu anderen Zeiten aber kaum - bis zu einem gewissen Grade wegkommen und durch moderne Technik anders aufgestellt werden.
- Der Kollege Bäumer hat aber in seinem Antrag nichts dazu gesagt. - Es ist auch klar, dass bei den Stromspeichermedien noch ungeheuer viel zu tun ist. Dazu gibt es jede Menge Ansätze, aber das muss ausgebaut werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, an der Stelle kann ich es Ihnen leider nicht ersparen: Ihre Atomlaufzeitverlängerung ist in der Tat ein großes Hindernis auf diesem Weg, weil sie im Bereich der Übertragungsnetze genau das Gegenteil von dem bewirken wird, was man sich wünscht. Da hat man Standorte, über die dauerhaft Strom produziert werden soll. Aber genau das ist an dieser Stelle kontraproduktiv.
Mein Arbeitskreis war im letzten Monat in Berlin auf einer Veranstaltung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie und der Bundesnetzagentur. Auch das MU war vertreten. Sie sollten sich einmal die Unterlagen vom MU besorgen, was alles dort vorgetragen wurde: Viel Gutes, viel Richtiges wurde dort gesagt, nur passt das leider überhaupt nicht zu dem, was Sie hier verkünden. Von den wirklichen Problemen haben sie nichts verstanden.
Sie erzählen uns immer wilde Geschichten von der Finanzierung usw. Herr Kurth von der Bundesnetzagentur hat noch einmal darauf hingewiesen - das ist aber allgemein bekannt -, dass man Renditen von 9 % und mehr erzielen kann, wenn man in diesen Bereichen investiert; das haben auch Fi
nanzinvestoren bei dieser Veranstaltung gesagt. Wenn das richtig ist, hat man dauerhafte und kontinuierliche Einnahmen aus diesen Investitionen. Das braucht man natürlich, wenn man in die Netze investiert. Dafür braucht man eben keine Laufzeitverlängerung. Das Geld ist da, es muss nur richtig eingesetzt werden.
Wir sind im Übrigen, was die dena angeht, auf einer Linie. In der Studie dena I war noch von 850 km zusätzlichen Stromleitungen die Rede, jetzt sollen es - so wird es wohl kommen - 3 500 km werden. Kein Mensch weiß, wie das zusammengerechnet wurde. Das wird überprüft werden müssen. Richtig ist aber, dass an der Stelle natürlich mehr passieren muss als die in den vergangenen Jahren gebauten 80 km oder 90 km. Das ist in der Tat zu wenig. An der Stelle muss etwas geschehen.
Herr Bäumer, mich würde auch noch interessieren - das werden wir im Ausschuss beraten -, was Sie von der Forderung unseres EU-Kommissars Oettinger halten, der eine Zentralisierung der Energieinfrastruktur gefordert hat. Das hat er in der Frankfurter Rundschau am 8. November veröffentlicht. Originalton Oettinger:
„Das Beste wäre, wir hätten einen einzigen Eigentümer für die gesamte Energieinfrastruktur in der Union.“
Das ist doch einmal eine Aussage! Ich bin wirklich gespannt, was Sie im Ausschuss dazu sagen, ob Sie auch das unterschreiben.
Danke schön, Herr Meyer. - Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Herr Kollege Herzog zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bäumer, ich kann mich noch sehr gut erinnern, als mir in diesem Hause bei einer Debatte über erneuerbare Energien das ewige Totschlagargument entgegenschallte: Und was ist, wenn der Wind nicht weht? - Da haben Sie wieder einmal den Wald vor lauter Fichten nicht gesehen.
Immerhin: Sie lernen offensichtlich dazu, vielleicht auch, weil ich Ihnen damals ein Zitat von Angela Merkel vorhielt, das sie bei der Einweihung eines Kombikraftwerks im Jahre 2009 aussprach. Sie sagte dort: Wir sind auf dem besten Wege, die Windenergie grundlastfähig zu machen. - Obwohl Sie als CDU im Bundestag die Einführung eines Kombi-Bonus ins EEG verhinderten, haben auch Sie wohl mitbekommen, dass damit nicht nur viel Spitzenleistung und Regelenergie eingespart werden kann, sondern auch der Umfang des notwendigen Netzausbaus verringert wird.
Leider machen Sie aber den gleichen Fehler wie so oft. Sie klotzen mit Großtechnik, anstatt zunächst Einsparungen und Effizienzsteigerungen und vor allen Dingen regional gebundene, dezentrale Lösungen voranzutreiben. Die Nutzung kleiner modularer hiesiger Potenziale wie Repowering und Stoffstrommanagement muss Vorrang haben. Bei der Nutzung der Windkraft im Binnenland mauern die süddeutschen Bundesländer doch genauso wie bei Endlagerstandorten. In BadenWürttemberg ist das ja nun bald vorbei, aber bei Horst müssen Sie noch wirklich dicke Nachhilfebretter bohren.
Meine Damen und Herren, es nützt nichts, den Gürtel weiter zu machen, um gegen Fettleibigkeit anzugehen. Zunächst einmal geht es also darum, den unsicheren AKW-Methusalem Unterweser abzuschalten und die dann freien Netzkapazitäten für das NorGer-Kabel zu nutzen.
Apropos HGÜ-Technik: Zu HGÜ findet sich kein Wort in Ihrem Antrag. Warum wohl nutzt ein Privater wie NorGer HGÜ? - Richtig, es ist verlustarm, es rechnet sich, und als Nebenprodukt erspart es der Welt ein Gutteil CO2.
Bevor Sie mit hohem Aufwand zum Ärger der Bürger diesen riesige Freileitungsnetze vor die Nase bauen, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass sicht durch die Nutzung von Freileitungsmonitoring - Temperaturmessungen, Feuchtemessungen etc. - die Stromübertragungsmengen um 50 bis 100 % steigern ließen.
Meine Damen und Herren, die Art des Netzausbaus bildet exakt die Erzeugungs- und Verbrauchsstruktur ab. Vermeintliche Heilsbringer wie Desertec bedienen nur die Großkonzerne mundgerecht, sichern die Vorherrschaft der Industriestaaten und fressen eine Unmenge öffentlicher Mittel, die dann in der kommunalen Breite fehlen. Das ist volkswirtschaftliche Verschwendung und ressourcenpolitischer Blindflug.
Bemerkenswert ist an Ihrem Antrag, dass Sie den Stellenwert grenzüberschreitender Kabelprojekte gegenüber Ihrer Bundesregierung herausarbeiten wollen. Hat diese nicht gerade ein bejubeltes Energiekonzept inklusive Netzausbau auf den Markt geworfen? Einen ordentlichen politischen Tritt brauchen Merkel und Brüderle doch eher dort, wo es um den Netzzugang geht. Was würden Sie denn sagen, wenn Norwegen bei hohem deutschen Windangebot sagen würde: Och nöö, jetzt gerade nicht. - Genau das ist aber die restriktive deutsche Rechtslage gegenüber dem skandinavischen Partner. Partnerschaft und Protektionismus schließen sich aber bekanntlich aus.
Ihr Antrag ist technisch oberflächlich, inhaltlich löcherig, er zementiert die Atompolitik und zeigt Ihre Sucht nach Gigantomanie. Return to sender!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! In diesen Tagen treffen sich die 20 bedeutsamsten Wirtschaftsmächte in Südkorea, um u. a. darüber zu diskutieren, wie sie mit ihren Exportüberschüssen umgehen wollen. Die Zahl derjenigen Nationen, die sich bewusst vom Welthandel abschotten, können Sie mittlerweile an den Fingern einer Hand abzählen. Die Überzeugung, dass internationaler Handel für die Menschen im eigenen Land Vorteile bringt, hat sich nicht nur in den Ländern des ehemaligen Ostblocks durchgesetzt. Auch das kommunistische China gehört mittlerweile zu den Ländern mit den höchsten Exportüberschüssen. Weltweit hat sich die Erkenntnis
durchgesetzt: Was andere besser und effizienter herstellen können als man selbst, sollte man lieber importieren als selbst produzieren, meine Damen und Herren.