Protokoll der Sitzung vom 07.12.2010

(Kreszentia Flauger [LINKE]: So sieht es aus!)

Das geht auch aus der Begründung des Gesetzentwurfs hervor - ich zitiere von Seite 18 -:

„Die Kenntnis vom Bestehen einer Vereinbarung nach § 14 JVEG ist daher für die Berechnung der aus der Landeskasse zu zahlenden Vergütung von besonderer Bedeutung.“

So haben Sie das umschrieben. Aber Ihre Zielsetzung ist klar: Sie wollen auf Kosten der Übersetzer und Dolmetscher Haushaltspolitik machen. Sie wollen bei einer Berufsgruppe von Selbstständigen sparen, die nun wirklich kein üppiges Einkommen haben. Das ist der Kern Ihrer Regelung.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Wenn man das durchschaut hat, ist auch nachvollziehbar, was der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer Ihnen dazu geschrieben hat - ich zitiere -: Ein ganzer Berufsstand wird damit ohne Not entwertet und geschwächt. § 9 Abs. 2 Satz 2 trifft alle Übersetzer und Dolmetscher ins Mark. - Diese drastische Kritik hätte Sie eigentlich aufrütteln müssen, insbesondere die Damen und Herren der FDP, die sich sonst immer gern als Interessenvertreter der Selbstständigen aufspielen. An dieser Stelle hätten Sie endlich einmal etwas für die Selbstständigen tun können.

(Zustimmung bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Der Gipfel der Unverschämtheit in diesem Gesetz ist diese Kostenregelung, in der es heißt, dass die Dolmetscher, die schon längst vereidigt sind, nun noch einmal vereidigt werden müssen und für diese nochmalige Vereidigung 150 Euro Gebühren zahlen sollen. Das ist eine Unverschämtheit, wie Sie auf diese Weise den Dolmetschern ins Portemonnaie greifen. Das können Sie mit unserer Fraktion nicht machen. Da werden Sie immer auf unseren Protest stoßen. Wir werden die sozialen Interessen der Selbstständigen, speziell der Dolmetscher an dieser Stelle, verteidigen.

Ich sage Ihnen noch eines: Wir haben im Gesetzgebungsverfahren im Ausschuss den Antrag eingebracht, an dieser Stelle wenigstens das Wort „erstmalig“ einzufügen, sodass die Gebühren nur von denjenigen erhoben werden, die noch nicht vereidigt worden sind. Das haben Sie mit der Mehrheit von CDU und FDP abgelehnt. Dafür sollten Sie sich schämen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Limburg das Wort. Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird diesem Gesetzentwurf der Landesregierung nicht zustimmen. Aber bevor ich die Gründe dafür erläutere, möchte ich doch das Positive herausstellen.

Erstens ist es ausdrücklich gut und auch in unserem Sinne, dass Sie diesen Bereich der Vereidigung der Dolmetscher und ihrer Zulassung zu Gerichtsverfahren gesetzlich regeln. Das haben uns Gerichte ins Stammbuch geschrieben. Das ist angesichts der Bedeutung, die das Übersetzen und das Dolmetschen in einem Gerichtsverfahren hat, angemessen und der richtige Weg. Im Grundsatz unterstützen wir das also.

Positiv an diesem Gesetzentwurf ist auch, dass Sie die Zulassung als Dolmetscher in Niedersachsen nicht an einen Wohnsitz oder an eine Niederlassung in Niedersachsen knüpfen. In diesem Punkt schreiben Sie in der Begründung richtig: Die Frage, ob ein Dolmetscher qualitativ hochwertige Arbeit leistet, macht sich nicht daran fest, ob er in

Niedersachsen wohnt, sondern ob er der Sprache mächtig ist. - Das kann durchaus sogar jemand mit Wohnsitz in den Niederlanden oder in Belgien sein.

(Zustimmung von Christian Meyer [GRÜNE])

Damit komme ich schon zu den negativen Punkten. Das haben Herr Politze und Herr Adler gerade bereits richtig dargestellt.

Wenn man den Gesetzentwurf der Landesregierung und die Begründung dazu liest, dann stellt man fest, dass Sie auf Seite 10 unter Nr. 7 schreiben, dass Sie aufgrund der vorgeschlagenen Gebührenregelung dieses Gesetzes mit jährlichen Mehreinnahmen von 11 500 Euro rechnen.

Meine Damen und Herren, woher kommen denn diese 11 500 Euro? - Diese 11 500 Euro werden Jahr für Jahr aus den Kassen der kleinen Dolmetscherbüros in Niedersachsen und anderswo genommen. Das können wir auf diesem Niveau nicht mitmachen!

(Beifall bei den GRÜNEN - Christian Meyer [GRÜNE]: Abzocke durch die Landesregierung!)

Weiter hinten in der Begründung zu dem Gesetzentwurf gehen Sie dann näher auf die auch hier schon kritisierte Vergütungsvereinbarung ein. Auf Seite 18 oben schreiben Sie ganz eindeutig, dass Sie ein Verzeichnis ins Internet einstellen wollen, in dem dargestellt ist, wer mit dem Justizministerium eine von den Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes abweichende - geringere - Vergütungshöhe vereinbart hat.

Meine Damen und Herren, was ist das denn anderes als Lohndumping! Das können wir in diesem Bereich unmöglich unterstützen.

(Zustimmung von Christian Meyer [GRÜNE] und Hans-Dieter Haase [SPD])

Zum Letzten - auch das ist bereits angesprochen worden -: Warum entziehen Sie ohne Not den seit Jahren aktiven Dolmetscherinnen und Dolmetschern quasi ihre Zulassung? Es gibt zwar eine Übergangsregelung bis 2015, aber dann müssen sie neu beeidigt werden.

Sind Sie ernsthaft der Auffassung, dass die bislang geleistete Beeidigung nicht für qualitativ hochwertige Arbeit spricht? Dann müssten Sie konsequenterweise auch die von ihnen bislang geleisteten

Übersetzungen anzweifeln und neu in die ganzen Gerichtsverfahren gehen.

Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Die Leute sind beeidigt, und sie haben gute Arbeit geleistet. Sie sagen zu Recht, dass über den Einsatz der Dolmetscher letztendlich die Gerichte entscheiden. Sie sollten weiterhin die Gerichte, wie bislang, entscheiden lassen und das nicht nachträglich sozusagen diskreditieren, indem Sie eine Neubeeidigung vorschreiben, meine Damen und Herren.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Kreszentia Flauger [LINKE] - Hans-Dieter Haase [SPD]: Das ist doch nur Kostenschinderei!)

Jetzt hat Herr Professor Zielke für die FDPFraktion das Wort. Bitte sehr!

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Jetzt für die kleinen Selbstständigen!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn etwas erstmalig durch ein Landesgesetz geregelt wird, dann gibt es meist mehrere Möglichkeiten, diese oder jene Einzelheit zu regeln. Die Version, die die Koalitionsparteien der CDU und der FDP heute beschließen wollen, ist sachlich begründet und vernünftig.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Und teuer!)

Lassen Sie mich, nachdem Kollege Lammerskitten die Sachverhalte schon ausführlich dargestellt hat, nur einzelne Punkte hervorheben.

Wir regeln in diesem Gesetz nur, was unbedingt geregelt werden muss. Wir regeln die allgemeine Beeidigung, also wer vor Gericht, bei Behörden und bei Notaren landesweit übersetzen oder sprachmitteln, d. h. dolmetschen, darf. Daneben jedoch kann jedes Gericht in freier Würdigung auch andere Personen, die ihm geeignet erscheinen, als Sprachmittler oder Übersetzer im Einzelfall hinzuziehen und beeiden, und das natürlich völlig unabhängig von der Position auf irgendeiner Liste. Wir wollen aber ausdrücklich nicht generell regeln, wer irgendwo sonst sozusagen in der freien Wildbahn übersetzen oder dolmetschen darf.

Zur vermeintlich fehlenden Qualitätsverbesserung: Es wäre verfehlt, wenn wir versuchen wollten, abschließend aufzuzählen, welche Nachweise der

fachlichen Eignung für die allgemein Beeidigung zulässig sein sollen. Es reicht völlig aus, wenn wir uns der Formulierung der Stufe C2 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen des Europarates anschließen und daneben - dies dürfte selbstverständlich sein - eine sichere Kenntnis der deutschen Rechtssprache fordern. Dieser Rahmen deckt analog das Dolmetschen in extrem seltenen Sprachen wie Rätoromanisch oder Saterfriesisch ab.

Zu der Frage, ob schon derzeit allgemein vereidigte Personen erneut nach diesem Gesetz vereidigt werden sollen und dafür eine Bearbeitungsgebühr zahlen sollen: Zum einen bleiben die alten Beeidigungen noch fünf Jahre gültig.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Aber da- nach müssen sie neu beantragt wer- den!)

Zum anderen ist es nicht unüblich, dass für die Ausstellung öffentlicher Zeugnisse oder Urkunden, wie polizeiliches Führungszeugnis oder Personalausweis, den man ebenfalls in regelmäßigen Abständen neu braucht, eine Gebühr erhoben wird. Auch für Berufszeugnisse muss man normalerweise zahlen.

Insgesamt erschließt sich mir nicht, warum die Opposition trotz letztlich geringer Meinungsunterschiede unserem Entwurf nicht zuzustimmen vermag. Der Vorwurf des Lohndumpings in diesem Bereich ist wirklich an den Haaren herbeigezogen.

Ihre Ablehnung ist letztlich das Gegenteil von konstruktiver Oppositionsarbeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das Wort hat Herr Minister Busemann. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem jetzt zur Abstimmung vorliegenden Gesetzentwurf verfolgen wir vor allem ein wichtiges Anliegen im Bereich des Gerichtsdolmetscherwesens, aber nicht nur dort. Der Titel ist zugegebenermaßen etwas sperrig: Gesetz zur Änderung des Ausführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz und anderer Gesetze. - Das löst natürlich bei allen eine besondere Spannung aus, Herr Kollege Haase; ich weiß das.

Mit dem Entwurf sollen im Schwerpunkt gesetzliche Grundlagen für die allgemeine Beeidigung von Dolmetscherinnen und Dolmetschern sowie für die Ermächtigung von Übersetzerinnen und Übersetzern in Niedersachsen geschaffen werden.

Warum das Ganze jetzt plötzlich? - Bislang ist das alles durch Verwaltungsvorschriften geregelt worden. Aber irgendwann hat das Bundesverwaltungsgericht bemerkt, dass es sich hier um Berufsausübungsregelungen nach Artikel 12 des Grundgesetzes handelt mit der Konsequenz: Ihr dürft das nicht über Verwaltungsvorschriften regeln; ihr müsst das in einem Gesetz regeln. - Das machen wir jetzt.

Der Entwurf wird der hohen Bedeutung des Dolmetschens gerade im gerichtlichen Verfahren gerecht. Die Gewährleistung einer richtigen Sprachübertragung ist Bestandteil der Gewährung des rechtlichen Gehörs nach Artikel 103 des Grundgesetzes. Ein Gericht kann regelmäßig nur dann materiell richtige Entscheidungen treffen, wenn es den Sachvortrag der Parteien und die Aussagen von Zeuginnen und Zeugen zutreffend erfasst. Im fremdsprachlichen Kontext setzt dies gut ausgebildete Dolmetscherinnen und Dolmetscher bzw. Übersetzer voraus, die auch noch justizbezogene Grundkenntnisse haben sollten.

Zur Fremdsprachenkompetenz bezieht sich der Entwurf auf die Stufe C2 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen des Europarates und setzt hierdurch einen hinreichend konkreten und durchaus anspruchsvollen Standard voraus. Hier werden Standard und Qualität gewünscht. Wo ein neuer Standard ist, muss über das eine oder andere neu nachgedacht werden.