Protokoll der Sitzung vom 08.12.2010

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der überörtlichen Kommunalprüfung zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Erste war die Mehrheit. Dem Entwurf des Gesetzes ist zugestimmt worden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Vormittagssitzung angelangt. Wir setzen die Sitzung um 15 Uhr mit dem Tagesordnungspunkt 17 fort.

Ich wünsche Ihnen eine angenehme Mittagspause und unterbreche die Sitzung.

(Unterbrechung der Sitzung von 13.41 Uhr bis 15.01 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich eröffne die Sitzung wieder.

Bevor ich zu Tagesordnungspunkt 17 komme, folgende Bemerkung von mir: Ausweislich des Vorläufigen Stenografischen Berichts hat sich der Kollege Rolfes, CDU, zu einem Mitglied des Landtages wie folgt geäußert: „Holt diesen Primitivling da weg!“ Dafür erteile ich ihm im Nachhinein einen Ordnungsruf.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 17:

29. Übersicht über Beschlussempfehlungen der ständigen Ausschüsse zu Eingaben - Drs. 16/3100 (unstrittige und strittige Eingaben) - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/3139 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/3140 (neu) - Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/3142

Wir beginnen mit den unstrittigen Eingaben. Ich rufe zunächst die Eingaben aus der 29. Eingabenübersicht in der Drs. 16/3100 auf, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen. Wer zu diesen Eingaben der Ausschussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung gefolgt worden.

Wir kommen jetzt zur Behandlung der strittigen Eingaben und treten in die Beratung ein. Als Erster erteile ich der Kollegin Polat zur Eingabe 1525/11/16 das Wort. - Frau Kollegin, ich bitte Sie, die entsprechende Eingabennummer mitzuteilen, wenn Sie zu einer weiteren Petition Ausführungen machen möchten. Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Ich spreche zunächst zu der Eingabe 1525/11/16. Dabei geht es um die Unterrichtsversorgung der IGS Roderbruch mit sonderpädagogischen Förderstunden.

Ich möchte eingangs kurz aus der Petition zitieren. Die Petition ist im Auftrag von verschiedenen Personen des Elternrates der IGS Roderbruch gestellt worden. Ich zitiere:

„Wir stellen damit fest, dass die Landesschulbehörde den Bedarf an sonderpädagogischer Förderung bei der IGS Roderbruch nicht nach dem Bedarf der SchülerInnen mit Behinderung bemisst, sondern offensichtlich danach, wie viele Lehrer gerade zur Verfügung stehen.“

Meine Damen und Herren, wie schon gesagt, es geht hier um die Unterrichtsversorgung mit sonderpädagogischen Förderlehrkräften. Die Petition macht exemplarisch zwei gravierende Probleme in der Praxis von Regelschulen deutlich, die mit sonderpädagogischen Lehrkräften und mit Schülerinnen und Schülern mit Behinderung arbeiten:

Erstens. Die Förderstunden, die den Regelschulen zur Verfügung gestellt werden, sind extrem knapp, zu knapp berechnet. So bekommt beispielsweise die IGS Roderbruch für einen Schüler, der bis zu den Augen gelähmt ist, zusätzlich zu einer Integrationshelferin, die aber keine pädagogischen Aufgaben übernehmen kann, ganze drei Förderstunden. Für ein an Leukämie erkranktes, also todkrankes Kind bekommt die IGS gar keine Zusatzstunden, weil die zusätzliche Förderung, die dadurch erforderlich wird, nicht durch den Behindertenbegriff erfasst wird.

Wenn es der Kultusminister ernst damit meint, dass ihm die Integration sehr am Herzen liegt, dann muss er mehr als eine minimale Billigausstattung bereitstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das ist der erste Grund, warum wir diese Petition zur Berücksichtigung überwiesen haben wollen. Wir haben im Übrigen nach der Ausschusssitzung noch einmal mit dem Schulleiter gesprochen. Er hat festgestellt, dass die Situation immer noch unbefriedigend ist.

Zweiter Punkt. Das Verfahren, dass Sonderpädagogiklehrkräfte nicht an den Regelschulen angestellt werden, sondern von Förderschulen abgeordnet werden, ist praxisuntauglich. Denn es führt aus nachvollziehbaren Gründen dazu, dass für die abordnende Förderschule die Vertretung der abgeordneten Lehrkräfte nachrangig ist gegenüber der Vertretung der Lehrkräfte, die an der Förderschule selbst unterrichten. Das hat an der IGS Roderbruch wiederholt dazu geführt, dass von den insgesamt sieben abgeordneten Förderlehrkräften vier krank waren und nur drei tatsächlich zur Verfügung standen. So ist ein verlässlicher integrativer Unterricht nicht möglich. Wir beantragen deshalb, die Eingabe der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben eine zweite Eingabe strittig gestellt, zu der ich gleich sprechen möchte. Das ist die Eingabe 1699/02/16. Dabei geht es um die Änderung der Härtefallkommissionsverordnung.

Der Petent ist aktiv bezüglich einer Familie, die von Abschiebung bedroht ist. Sie war auch schon einmal Thema hier im Landtag. Er hat auf einen Passus in der Härtefallkommissionsverordnung aufmerksam gemacht, den auch wir immer wieder kritisch betrachtet haben, nämlich der Ausschlussgrund Abschiebetermin. Wir haben mehrfach - auch in dem Gesetzentwurf, den wir eingebracht haben - darum gebeten, dass dieser Ausschlussgrund aus der Verordnung herausgenommen wird. Das Problem ist, dass immer wieder die Situation entsteht - wie im Moment beispielsweise für mehrere Familien, die sich im Kirchenasyl befinden -, dass der Abschiebetermin schon verstrichen ist. Ihnen wird der Zugang zur Härtefallkommission mit dem Argument verwehrt, dass ein Abschiebetermin vorlag.

Wir haben das mittlerweile vom GBD prüfen lassen, der sich unserer Rechtsansicht angeschlossen und zumindest gesagt hat: Wenn der Abschiebetermin in der Vergangenheit gelegen hat, dann kann er nicht mehr als Ausschlussgrund gelten. - Somit haben wir diesen Tatbestand hoffentlich ausgeräumt. Ich bitte daher die Kolleginnen von CDU und FDP, darauf hinzuwirken, dass die neue Vorsitzende der Härtefallkommission dieser Rechtsansicht des GBD folgt.

Nichtsdestotrotz bleibt immer noch der Tatbestand, dass dann, wenn ein aktueller Abschiebetermin vorliegt, der Zugang zur Härtefallkommission verwehrt ist. Wir hatten in der Vergangenheit immer

wieder die Situation - ein Fall wird in der Petition genannt -, dass sich die Härtefallkommission und auch viele Abgeordnete für einen Fall eingesetzt haben, der Zugang aufgrund des Abschiebetermins aber nicht möglich war. Ich glaube, wir sollten uns dieser Möglichkeit nicht durch einen einzigen Passus in einer Verordnung verschließen; denn es geht hier um humanitäre Fälle. Deshalb bitten wir, diese Petition zur Berücksichtigung zu überweisen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich erteile dem Kollegen Deppmeyer von der CDUFraktion ebenfalls zur Eingabe 1525 das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Die Eingabe 1525 ist schon erwähnt worden. Hierbei geht es um die IGS Roderbruch.

Nach den allgemeinen Regeln, die für alle Schulen gleichermaßen gelten, sind 156 Stunden Bedarf festgestellt worden. Zur Verfügung gestellt werden 164 Unterrichtsstunden. Das ist etwas mehr als der festgestellte Bedarf und somit nicht zu knapp berechnet.

Die Abordnung von Lehrkräften von Schulen, die sich mit diesem Angebot beschäftigen, wird im ganzen Land so vorgenommen und hat sich allgemein bewährt. Deshalb können wir die Begründung der Grünen nicht nachvollziehen und plädieren für „Sach- und Rechtslage“.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Herr Deppmey- er, das hat im Ausschuss aber ganz anders geklungen!)

Ebenfalls zu dieser Petition erteile ich dem Kollegen Borngräber von der SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Deppmeyer, die Ministerialvorlage darf man eben nicht kopflos und unkritisch studieren. Es ist ja schon aufgefallen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass sich der Petitionsausschuss mit der Petition 1525/11/16 zweimal befassen musste; denn in der ersten Stellungnahme des Kultusministeriums zu dieser Eingabe wurde noch fast allein der IGS Roderbruch in die Schuhe ge

schoben, dass sie nicht für einen ausreichenden Förderunterricht Sorge getragen hat. Da wurde sogar auf die sogenannte Personalkostenbudgetierung zurückgegriffen, die an dieser Stelle aber überhaupt keine Rolle spielt und übrigens zum 31. Dezember dieses Jahres ausläuft.

Außerdem hat der ersten Stellungnahme des Kultusministeriums - wieder einmal - eine anonymisierte Liste des erheblichen Umfangs der Förderbedarfe an der in Rede stehenden Integrierten Gesamtschule nicht beigelegen. Diese Liste haben wir nachgefordert. Sie ist dann auch nachgeliefert worden. Allerdings war diese Liste hoch intransparent und hat uns im Nachgang der zweiten Befassung des Petitionsausschusses mit dieser Eingabe am vergangenen Donnerstag heftig und kritisch dazu angeregt, vor Ort einmal nachzufragen, was da denn los ist. Und siehe da, es kommt heraus: Die rein rechnerische Unterrichtsversorgung vom 1. August stimmt, was den dortigen sonderpädagogischen Unterricht betrifft, vorne und hinten nicht.

(Johanne Modder [SPD]: Aha! - Grant Hendrik Tonne [SPD]: Genauso ist das!)

Meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dort ist von sieben Förderschullehrkräften eine längerfristig erkrankt, und eine zweite Förderschulkraft fehlt seit fünf bis sechs Wochen. Wie da noch eine vernünftige sonderpädagogische Förderung erfolgen soll, ist zumindest mir schleierhaft.

(Zustimmung von Johanne Modder [SPD])

Wenn ich dann, verehrte Kolleginnen und Kollegen, auch noch einige wichtige Hinweise hinsichtlich der veränderten Rahmenbedingungen mitnehme, muss ich dem Kultusminister an dieser Stelle vielleicht das mit auf den Weg geben, was die Inklusionsdebatte im Land betrifft. Da ist nämlich eine Umstellung erfolgt. Bisher war es so, dass die Förderschullehrkräfte im Rahmen der Unterrichtsversorgung dieser Schule als Stammschule komplett zur Verfügung standen. Das ist geändert worden. Mittlerweile handelt es sich bei allen Kräften um reine Abordnungen. Was das für ein integriertes Beschulen und auch für das Miteinander derjenigen Lehrkräfte bedeutet, die an dieser Schule tätig sind, und derjenigen Lehrkräfte, die dorthin abgeordnet worden sind, brauche ich den Praktikern nicht weiter zu erläutern.

Wir schließen uns dem Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an und bitten, diese Eingabe der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Hilfsweise will ich den Koalitionsfraktionen aber gern noch mit auf den Weg geben: Meines Erachtens macht es vielleicht sogar Sinn, einmal darüber nachzudenken, ob es nicht sinnvoll wäre, diese Eingabe noch einmal an den Petitionsausschuss zurückzuüberweisen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ebenfalls zur Petition 1525 erteile ich der Kollegin König von der FDP-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade in der ersten Stellungnahme zu der Petition des Elternrates der IGS Roderbruch wurde darauf hingewiesen, dass die Schule es nicht geschafft hat, ihren Förderbedarf so zu deklarieren, dass man ihn hätte nachvollziehen können. Es sind absolut keine vernünftigen Zahlen genannt worden. Außerdem lagen für einige Schüler keine Gutachten vor. Von daher hat sich hinterher ein Bedarf von 180 Stunden herausgestellt. 188 Stunden sind aber erteilt worden. Insofern ist der Stundenbedarf übererfüllt worden. Von daher war das kein Problem; denn dem Bedarf ist mehr entsprochen worden als notwendig.

Wir haben Informationen darüber nachgefordert, wie sich die Situation im neuen Schuljahr darstellt. Wir haben gesagt: Wir wollen nicht über die alten Fälle sprechen, sondern wissen, wie die aktuelle Situation ist. - Auch dazu kamen die Meldungen erst sehr spät. Zum Teil auch wieder ohne Gutachten. Die Gutachten haben ergeben, dass 158 Stunden hätten erteilt werden müssen. Erteilt worden sind aber 165 Stunden. Also auch hier ist eine Übererfüllung zu verzeichnen. Ich weiß nicht, wo Sie das Problem sehen.

Wir haben nur feststellen müssen: Wenn irgendwo eine Lehrkraft fehlt und die Schule keine Vertretung anfordert, dann können auch wir ihr leider nicht helfen. Dann kann auch die Landesschulbehörde oder das Kultusministerium nichts daran ändern. Insofern schlagen wir ganz klar „Sach- und Rechtslage“ vor.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zur Petition 1699 erteile ich dem Kollegen Bachmann von der SPD-Fraktion das Wort.