Protokoll der Sitzung vom 09.12.2010

In der Gemeindefinanzkommission, hier speziell in der Arbeitsgruppe „Kommunalfinanzen“ und in den ihr zuarbeitenden Arbeitskreisen „Administrierung“, „Quantifizierung“ und „Strukturanalyse“, sind die Überprüfungen und Berechnungen des Koalitionsmodells unter Einbeziehung von Modulen des Finanzierungsmodells der Stiftung Marktwirtschaft und des Kommunalmodells zurzeit leider noch nicht abgeschlossen. Die Vorlage gemeindescharfer Berechnungen für beide Modelle erwarte ich in diesem Jahr nicht mehr. Damit kann ich für die Landesregierung gegenwärtig keine belastbare Aussage treffen, welches der zur Prüfung vorliegenden Finanzierungsmodelle am wirkungsvollsten zur Verstetigung und Verbesserung der Kommunalfinanzen führen wird.

Die Ergebnisse der einzelnen Berechnungen der einzelnen Finanzierungsmodelle sind von der Kommission sorgfältig zu prüfen und gegeneinander abzuwägen. Eine Festlegung der Landesregierung auf ein bestimmtes Finanzierungsmodell ist vor diesem Hintergrund zum jetzigen Zeitpunkt seriöserweise nicht möglich.

Wie wichtig der Landesregierung das Anliegen ist, unterschiedliche Ansätze zur Verstetigung der kommunalen Finanzen in die Erwägungen einzubeziehen, wird auch dadurch deutlich, dass ich gegenwärtig das Modell der Stiftung Marktwirtschaft beim Bundesamt für Statistik für die niedersächsischen Kommunen gemeindescharf ergänzend berechnen lasse. Das erscheint mir sinnvoll,

weil dieses Modell nach meinem Eindruck in den Gremien der Gemeindefinanzkommission bisher nicht die gebührende Aufmerksamkeit genießt. Es bleibt aber dabei: Die Landesregierung wird sich nicht drängen lassen, Position zu einem bestimmten Finanzierungsmodell zu beziehen, solange ihr keine konkreten Ergebnisse und die Auswirkungen auf die Gemeindefinanzen auch für dieses Modell vorliegen.

Auch die Notwendigkeit der Reform der Grundsteuer ist von Bund und Ländern unbestritten.

Die Schaffung zeitgemäßer Bemessungsgrundlagen für Zwecke der Grundsteuer ist dabei das Hauptanliegen. Da die Finanzminister der Länder auf der Finanzministerkonferenz am 28. Januar 2010 eine länderoffene Arbeitsgruppe zur Reform der Grundsteuer unter der Federführung von Nordrhein-Westfalen eingesetzt und das Bundesministerium der Finanzen gebeten haben, sich an dieser Arbeitsgruppe zu beteiligen, wird das Thema Grundsteuerreform nicht vorrangig in die Arbeit der Gemeindefinanzkommission einbezogen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Dringliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Welches Finanzierungsmodell letztlich zur Verstetigung und Verbesserung der kommunalen Finanzsituation führen wird, kann erst beurteilt werden, wenn der Gemeindefinanzkommission die Ergebnisse der Berechnungen für alle zu prüfenden Finanzierungsmodelle vorliegen.

(Björn Thümler [CDU]: So ist es!)

Diese Ergebnisse bleiben auch von der Landesregierung abzuwarten.

Eine Positionierung zu einzelnen Finanzierungsmodellen wird die Landesregierung daher nicht vornehmen, bevor nicht sämtliche Auswirkungen auf die kommunalen Finanzen durch entsprechende Berechnungen nachgewiesen sind. Das gilt konsequenterweise auch für den in der nordrheinwestfälischen Bundesratsinitiative verfolgten Ansatz zur Verstetigung der Kommunalfinanzen.

Zu Frage 2: Aus Sicht der Landesregierung werden kommunalspezifische Themen bereits jetzt angemessen berücksichtigt und den Vertretern der kommunalen Spitzenverbände angemessene Möglichkeiten der Mitwirkung im Rechtsetzungsverfahren ermöglicht. Ich weise darauf hin, dass den kommunalen Spitzenverbänden bereits heute umfangreiche Beteiligungsrechte eingeräumt sind und

diese an Gesetzesvorhaben und Verordnungen, die die Kommunen betreffen, mitwirken. Die Mitwirkung der kommunalen Spitzenverbände an der Rechtsetzung im Land Niedersachsen ist sowohl in der Landesverfassung als auch in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Landesregierung und der Ministerien in Niedersachsen ausdrücklich verankert.

Der Niedersächsische Landtag hat die besondere Bedeutung der kommunalen Spitzenverbände dadurch betont, dass er ihnen ein Anhörungsrecht in der Niedersächsischen Verfassung verankert hat. Dieses in Artikel 57 Abs. 6 der Niedersächsischen Verfassung den kommunalen Spitzenverbänden eingeräumte Anhörungsrecht wird in § 31 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Landesregierung und der Ministerien in Niedersachsen näher ausgestaltet. Danach sind bei der Vorbereitung von allgemeinen Regelungen, insbesondere von Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die kommunalen Spitzenverbände über die gesetzlichen Beteiligungspflichten hinaus zu beteiligen, soweit deren Belange berührt sind.

Den kommunalen Spitzenverbänden wird eine regelmäßige Mindestfrist von sechs Wochen für eine Stellungnahme eingeräumt. Eine verkürzte Frist ist den Ressorts nur in zu begründenden Ausnahmefällen gestattet. Bei wesentlichen Änderungen der jeweiligen Entwürfe ist den kommunalen Spitzenverbänden nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Diese Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände an Rechtsetzungsverfahren hat sich aus Sicht der Landesregierung bewährt. Die bestehenden Regelungen tragen erheblich zur Qualität und Transparenz der niedersächsischen Rechtsetzungsverfahren bei. Die im Rahmen des Anhörungsverfahrens von den kommunalen Spitzenverbänden abgegebenen Stellungnahmen werden von der Landesregierung als wertvolle Anregung betrachtet und gewährleisten, dass die kommunalen Belange bei Gesetzgebungsverfahren wirksam berücksichtigt werden. Neben den formellen Beteiligungsregelungen gewährleistet darüber hinaus der ständige Dialog der Landesregierung mit den kommunalen Spitzenverbänden eine angemessene Berücksichtigung kommunaler Belange.

Zusätzlich zu diesen bereits gesetzlich verankerten Beteiligungsverfahren hat die Staatskanzlei den kommunalen Spitzenverbände in ihrem Schreiben vom 11. Oktober 2010 angeboten, diese - ebenso wie bereits den Landtag - über Vorhaben der EU

zu unterrichten. Die im Wege dieser Unterrichtung zur Verfügung gestellten Informationen würden es den kommunalen Spitzenverbänden erleichtern, sich gegenüber der Landesregierung mit einer Stellungnahme einzubringen.

In diesem Zusammenhang hat sie die Installierung eines informellen Ansprechpartners für Subsidiaritätsbedenken der kommunalen Spitzenverbände in der Staatskanzlei vorgeschlagen und hierfür einen Mitarbeiter der Staatskanzlei konkret benannt.

Darüber hinausgehende Maßnahmen zur Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände sind aus Sicht der Landesregierung vor diesem Hintergrund nicht erforderlich.

Zu Frage 3: Die Arbeitsgruppe „Standards“ hat inzwischen einen vom 3. November 2010 datierten und abgestimmten Abschlussbericht vorgelegt, der zwischenzeitlich auch den Mitgliedern der Gemeindefinanzkommission übersandt worden ist. Der Beschlussvorschlag enthält u. a. eine Empfehlung an die Kommission, den Bundesfinanzminister mit der Weiterverfolgung von insgesamt 87 gesetzlichen Standards zu beauftragen. 38 Maßnahmen sind dem Bereich Arbeit und Soziales zuzurechnen und sollen zur Senkung der kommunalen Ausgaben beitragen. Eine finanzielle Bewertung der einzelnen Standards ist bisher nicht möglich gewesen; eine deutliche Entlastung der Kommunen bei Umsetzung dieser Vorschläge liegt aber auf der Hand.

Der Bericht befasst sich im Übrigen auch mit der Höhe und Verteilung der Sozialausgaben und spricht Möglichkeiten der Entlastung der kommunalen Haushalte an. Der Bund hat jedoch konkrete Festlegungen möglicher Entlastungen durch Lastenverschiebungen zum Bund in der Arbeitsgruppe abgelehnt und hält diese nur als Gesamtpaket in Verbindung mit den Ergebnissen der anderen Arbeitsgruppen für möglich. Das Bundesfinanzministerium beabsichtigt, die Berichte der Arbeitsgruppen „Standards“ und „Rechtsetzung“ vorab per Umlaufbeschluss von der Gemeindefinanzkommission beschließen zu lassen.

Zusammenkommen wird die Gemeindefinanzkommission wohl erst wieder im Februar 2011, nach den für den 8. Februar 2011 vereinbarten Koalitionsgesprächen in Berlin.

Abschließend ist zu sagen, dass die Bundesregierung auch namens der Bundeskanzlerin vor Einsetzung dieser Gemeindefinanzkommission eindeutig erklärt hat, dass eine Entlastung der Kom

munen stattfinden soll. Das kann auf der Ausgabenseite sein, aber genauso auch auf der Einnahmenseite.

Insofern sind wir zwar auf einem guten Weg, aber bis zum Ende dieses Jahres sind noch keine konkreten Beschlüsse zu erwarten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die erste Zusatzfrage stellt der Kollege Adler von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben zwar eben gesagt, dass die Reform der Grundsteuer nicht vorrangig auf der Tagesordnung der Gemeindefinanzkommission steht. Trotzdem stellt sich die Frage, wie die Landesregierung politisch zur Reform der Grundsteuer steht, insbesondere zu den Vorschlägen, den bisherigen Einheitswert durch den Verkehrswert als Bemessungsgrundlage zu ersetzen und eine besondere Zersiedelung von Landschaft oder übermäßigen Flächenverbrauch als steuererhöhend in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Schünemann. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe ja darauf hingewiesen, dass in der Gemeindefinanzkommission die Grundsteuerfrage quasi ausgeklammert ist. Wir haben uns in dem Zusammenhang nicht damit beschäftigt; das ist Sache der von der Finanzministerkonferenz eingerichteten Arbeitsgruppe. Wir müssen zunächst einmal die Antworten aus dieser Arbeitsgruppe abwarten.

Grundsätzlich ist es natürlich schon sinnvoll, die Verkehrswerte genau zu prüfen; denn die Einheitswerte sind - ich sage es einmal überspitzt - von anno dazumal, und insofern ist eine Gerechtigkeit nicht klar zu erkennen.

Aber man muss sich das Gesamtpaket anschauen und schauen, wie die Grundsteuer auf Basis des Verkehrswertes bemessen wird. Insofern bitte ich um Verständnis dafür, dass wir erst einmal die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe unter Federfüh

rung von Nordrhein-Westfalen abwarten. Die Tendenz habe ich Ihnen, glaube ich, dargestellt.

(Zustimmung bei der CDU)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Hagenah.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, wie denn das begrüßenswerte Bekenntnis des Innenministers in seiner Antwort eben gerade, diese Landesregierung wolle die Finanzausstattung der Kommunen sichern, stärken und verstetigen, zur jüngsten Maßnahme seines Kabinettskollegen Möllring passt, der durch die staatliche Steuerflucht der HanBG von Hannover nach Groß Berßen die Steuereinnahmen der Kommunen in der Verteilmasse insgesamt deutlich reduziert hat.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Minister Schünemann, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe unterschiedliche Stellungnahmen, gerade auch der kommunalen Seite, gesehen. Es gibt zu dieser Bewegung ein ganz klares Bekenntnis des Städte- und Gemeindebundes, der eindeutig erklärt hat, dass das ein wichtiges Signal ist. Diese Landesregierung ist 2003 mit dem klaren Bekenntnis angetreten, den ländlichen Raum mit im Auge zu haben und durchaus Behördenverlagerungen von Ballungsgebieten in die Fläche vorzunehmen. Das ist schon Teil unseres Programms 2003 gewesen, und das ist ein Teil davon, wie wir das umsetzen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege HumkeFocks.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schünemann, vor dem Hintergrund der deutlich gestiegenen Sozialausgaben auch für die Kommunen - das haben Sie gerade beschrieben -

interessiert mich besonders, welche konkreten Forderungen Sie gegenüber der Bundesregierung und dem Bundesrat im Hinblick auf die Ausgestaltung der Übernahme der sogenannten Kosten der Unterkunft durch den Bund formuliert haben und welche Maßnahmen Sie fordern. Denn das ist ja ein wichtiges Thema, das auch die vielen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker in diesem Lande interessiert.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Minister Schünemann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte in meiner Antwort ja schon darauf hingewiesen, dass bei der Arbeitsgruppe „Standards“ rund 80 Standards identifiziert worden sind. 37 Maßnahmen betreffen den sozialen Bereich.

Der Vorschlag, der insbesondere auch von Bundesfinanzminister Schäuble selbst gemacht worden ist, in einem Gesamtpaket die Grundsicherung im Alter zu übernehmen und dafür 1 % Mehrwertsteuer von der Agentur für Arbeit sukzessive zu übernehmen, ist meiner Ansicht nach gut und richtig. Insofern unterstützen wir diesen Bereich nachhaltig.

Die Landesregierung selbst hat konkret über 30 Maßnahmen in diese Arbeitsgruppe eingebracht, die nun überprüft werden müssen. Insofern werden wir jetzt abwarten müssen. Wir werden mit Blick auf die Finanzierung und darauf, was der Bund in die Gemeindefinanzkommission einbringt, alle Maßnahmen zu berücksichtigen haben. Aber zum jetzigen Zeitpunkt ist es zu früh, zu einer konkreten Maßnahme detaillierte Vorschläge zu machen.

(Zustimmung bei der CDU)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Möhrmann.