Der Petent kritisiert im Wesentlichen zwei Regelungen, nämlich zum einen den Friedhofszwang für Urnen und zum anderen das Verbot der Verstreuung von Asche.
Meine Fraktion hat diese Regelungen im Niedersächsischen Bestattungsgesetz bereits in den Beratungen im Jahr 2005 kritisiert. Damals wurde in Niedersachsen nur eine halbherzige Reform durchgeführt; denn die Interessen der vielen Menschen in Niedersachsen, die möchten, dass ihre Asche an einem Ort verstreut, in ihrem Garten bestattet oder bei einem Angehörigen aufbewahrt wird, wurden in Ihrem Gesetz nicht berücksichtigt.
Das Verbot dieses Umgangs mit der Urne entspricht nicht - davon bin ich überzeugt - den Anforderungen einer liberalen Gesellschaft, in der Trauerrituale immer mehr an Verbindlichkeit verlieren.
Mit der Aufhebung des Friedhofszwangs für Urnen würden wir dem Wunsch von etwa 35 % der Bevölkerung nachkommen. Das ist deutlich mehr als eine Minderheit.
Was der Petent fordert, ist bei unseren europäischen Nachbarn selbstverständlich. Warum hier nicht gehen soll, was in Großbritannien, den Niederlanden, Spanien, Italien, Portugal, in der Schweiz, in den USA und in vielen anderen Ländern möglich ist, ist bereits in den Beratungen im Jahr 2005 Ihr Geheimnis geblieben; das haben Sie uns nicht deutlich machen können.
Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen damals vorgeschlagen, dass die Aufhebung des Friedhofszwangs nur gelten sollte, wenn der Verstorbene dies selbst testamentarisch verfügt hat. Gegen den Letzten Willen eines Menschen einen von Ihnen angenommenen Mehrheitspietätsbegriff durchgesetzt zu haben, verletzt aus unserer Sicht in eklatanter Weise die Würde und das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Menschen und
auch ihrer Hinterbliebenen, die den Letzten Willen nicht erfüllen können, weil Sie sie daran hindern.
Sie verpflichten alle Menschen in Niedersachsen dem Geist einer konservativen Leitkultur und verweigern ihnen das Selbstbestimmungsrecht und die Akzeptanz ihrer eigenen Lebens- und in diesem Fall auch Sterbensentwürfe.
Wir Grüne möchten respektieren, dass Menschen vielfältige Formen der Trauerarbeit entwickeln. Wir möchten ihnen einen legalen Gestaltungsrahmen für Beerdigungsriten ihrer eigenen Art ermöglichen. Dies sollte in einer toleranten und offenen Gesellschaft möglich sein.
Deswegen beantragen wir, diese Petition mit „Material“ zu bescheiden, damit dies bei einer in Zukunft anstehenden Änderung des Bestattungsrechts entsprechend berücksichtigt werden kann.
Danke schön, Frau Kollegin Helmhold. - Ebenfalls zu dieser Petition hat Herr Kollege Schwarz von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Niedersächsische Landtag und der zuständige Fachausschuss haben es sich bei der Beratung des Friedhofsgesetzes und Bestattungsrechts in Niedersachsen seinerzeit nicht einfach gemacht. Es ist in allen Facetten sehr ausführlich debattiert worden. Ich kann mich noch daran erinnern, dass wir damals die Abstimmung für unsere Fraktion freigegeben haben, weil wir gesagt haben: Hier geht es nicht um Fraktionsdisziplin und Fraktionsmeinung, sondern es ist eine höchstpersönliche Einschätzung, wie dieses Thema beurteilt wird. Da geht es um eine persönliche christliche Einschätzung oder vielleicht um andere weltliche Vorstellungen.
Es ging aber auch um die Thematik der Friedhofsruhe auf der einen Seite und der Totenruhe auf der anderen Seite. Weiterhin ging es um die Frage der Würde im Umgang mit dem Verstorbenen. Ich
kann mich noch sehr genau daran erinnern, dass u. a. darüber diskutiert wurde, was passiert, wenn die Urne auf dem Sims steht und beim nächsten Umzug nicht mitgenommen wird. - Das ist hier ein sehr ernstes Thema gewesen, das wir, wie ich finde, sehr würdevoll diskutiert haben.
Ich kann für unsere Fraktion nur sagen: Für uns gibt es momentan keinen Handlungsbedarf, dieses Gesetz wieder zu ändern. Es hat Änderungen gegeben. Ich denke nur an die Friedwälder, die wir als Möglichkeit in das Gesetz eingebaut haben.
Diese Praxis sollte sich erst einmal weiterentwickeln. Wenn es dann aus der Mitte des Hauses einen interfraktionellen neuen Antrag gibt, kann man darüber nachdenken. Aber dies nach dem Schema Opposition und Regierung abhandeln zu wollen, ist falsch.
Deshalb werden wir uns heute bei dieser Petition genauso verhalten, wie wir uns seinerzeit bei der Verabschiedung des Gesetzes verhalten haben: Jeder stimmt so, wie er es mit seinem Gewissen vereinbaren kann, meine Damen und Herren.
Danke schön, Herr Kollege Schwarz. - Weitere Wortmeldungen zu strittigen Eingaben liegen nicht vor, sodass wir jetzt zur Abstimmung kommen.
Ich rufe die Änderungsanträge einzeln bzw. bei gleichem Sachinhalt im Block auf und lasse zunächst über die Änderungsanträge und, falls diese abgelehnt werden sollten, dann über die Ausschussempfehlungen abstimmen.
Hierzu liegen gleichlautende Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE vor. Sie lauten auf „Material“. Wer ihnen zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist den Änderungsanträgen nicht gefolgt worden.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses. Sie lautet auf „Sach- und Rechtslage“. Wer ihr zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Beschlussempfehlung des Ausschusses wurde gefolgt.
Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Er lautet auf „Material“. Wer ihm zustimmen möchte, denn bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dem Änderungsantrag nicht gefolgt worden.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses. Sie lautet auf „Sach- und Rechtslage“. Wer ihr zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Beschlussempfehlung des Ausschusses wurde gefolgt.
Meine Damen und Herren, ich wünsche Ihnen jetzt einen gesegneten Appetit. Wir sehen uns nach der Mittagspause um 14.30 Uhr wieder.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach der Mittagspause treten wir nun wieder in die Beratungen ein.
Abschließende Beratung: Bürgerbusse fördern - Gemeinnützigkeit anerkennen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2763 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 16/3230
Wir treten jetzt in die Beratung ein. Dazu erteile ich dem Kollegen Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn die erste Rede nach der Mittagspause nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig ist, möchte ich trotzdem noch einmal versuchen, Sie für unser Anliegen zu gewinnen.
Ziel des Antrages ist es, die Förderung der öffentlichen Mobilität durch Bürgerbusse - und zwar unter den Bedingungen, die die Landesnahverkehrsgesellschaft vorgegeben hat - in die gesetzliche Liste der gemeinnützigen Zwecke aufzunehmen. In dieser Liste für gemeinnützige Zwecke finden sich z. B. unter Nr. 23 solche durchaus nützlichen und sinnvollen Dinge wie die Förderung der Tierzucht, der Pflanzenzucht, der Kleingärtnerei, des Karnevals, des Amateurfunkens, des Modellflugs oder des Hundesports.
Über den Wert der Bürgerbusvereine muss ich, glaube ich, kein Wort mehr verlieren; sie sind allseits anerkannt und gelobt. Ich erinnere an die Verleihung des NordWest Awards 2009 für dieses Konzept. Sie haben soziale Wirkungen, weil sie natürlich vorrangig von Personen mit entsprechenden Mobilitätseinschränkungen genutzt werden. Sie haben ökologische Wirkungen, weil sie den Individualverkehr zurückdrängen und den Zweit- oder Drittwagen überflüssig machen. Und sie haben natürlich ganz erhebliche Wirkungen mit Blick auf die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements, weil ihr Prinzip letzten Endes auf der Ehrenamtlichkeit der Fahrerinnen und Fahrer beruht.
Meine Damen und Herren, der zentrale Einwand, der gegenüber unserem Anliegen erhoben wird, lautet, die Gemeinnützigkeit würde Bürgerbusvereinen unverdiente Vorteile gegenüber dem ÖPNV und privaten Taxiunternehmen verschaffen. - Das aber ist eine ideologische Schutzbehauptung, die falsch und unsinnig ist.
Das gilt auch für die Stellungnahme des Finanzministeriums. Da trieft die Privatisierungsideologie nur so heraus wie das Wasser aus einem nassen Schwamm.
Das Prinzip Bürgerbusse funktioniert nach dem Prinzip „ergänzen statt ersetzen“. Bürgerbusse haben mit dem klassischen ÖPNV zwar Berührungspunkte - das ist richtig -, aber dort gibt es keine Überschneidungen. Für eine Förderung müssen die Bürgerbusvereine sogar einen Kooperationsvertrag mit dem örtlichen Busunternehmen vorlegen.
Befürchtungen, Bürgerbusse könnten den ÖPNV verdrängen, sind realitätsfremd und grotesk. Das Gegenteil ist der Fall: Die Bürgerbusse verschaffen dem ÖPNV einen gewissen Zubringereffekt, und dort, wo sie Linien durch ihre Leistung erhalten,
besteht immerhin die Chance, dass diese Linien vielleicht später einmal - bei positiver Entwicklung - wieder wirtschaftlich vom ÖPNV betrieben werden können.
Auch das Beklagen von Wettbewerbsvorteilen gegenüber Taxiunternehmen ist absurd, meine Damen und Herren. Gemeinnützigkeit zielt hier auf das Einwerben steuerbegünstigter Spenden. Körperschaftsteuer oder Umsatzsteuer sind für Bürgerbusvereine überhaupt nicht relevant. Und es gibt auch keine relevante Konkurrenz. Ein barrierefreier Liniendienst gehört nun einmal nicht zum Leistungsangebot privater Taxiunternehmen. Eine Umfrage unter Nutzern der Bürgerbusse hat ergeben, dass für 82 % der Nutzer das Taxi keine Alternative gewesen wäre.
Meine Damen und Herren, die Förderung über Steuertatbestände ist bei uns gang und gäbe. Wenn Sie auf der rechten Seite dieses Hauses, CDU und FDP, aber auch die SPD, diesen Antrag heute ablehnen, dann müssen Sie uns schon erklären, warum eine solche Förderung für gesellschaftspolitisch positive Bürgerbusvereine ordnungspolitisches Teufelswerk ist,