Protokoll der Sitzung vom 15.09.2016

Zu Ihrer Behauptung, mit der Kapitalisierung würden wir eine „Ganztagsschule light“ eröffnen: Sie gerieren sich immer als ein Meister der Zahlen.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Als Zahlenjongleur!)

- Als Zahlenjongleur. Das ist noch besser.

Dann machen Sie das bitte auch an dieser Stelle! Wenn wir sagen, Schulen erhalten die Möglichkeit, Lehrerstunden zu kapitalisieren, dann machen die das natürlich auf Basis der Lehrerstunden, die Ganztagsschulen im Jahre 2016 zustehen. Das sind so deutlich mehr als im Jahre 2013, dass diese Jongliererei an dieser Stelle nicht aufgeht. Da sind Ihnen beim Jonglieren alle drei - oder vielleicht auch nur zwei - Bälle auf den Boden gefallen. Pech gehabt!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Kollege Strümpel, bitte auch maximal 90 Sekunden!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Försterling, Sie polemisieren unheimlich gern. Ich fordere Sie heute auf - nachdem ich gegoogelt habe -, hier und heute zu sagen, in welchen Bundesländern die Unterrichtsversorgung besser ist oder ob da nicht genauso viele Stunden ausfallen, weil alle Bundesländer wegen der Herausforderung durch die Flüchtlingskinder Probleme haben. Das wollen wir doch gar nicht beschönigen. Aber Sie liefern da keine Alternativen. Dass Stellen nicht besetzt sind, finden Sie zurzeit in allen Bundesländern. Weisen Sie heute hier nach, dass es in anderen Bundesländern besser aussieht! - Das wird Ihnen nicht gelingen. Da bin ich ganz sicher.

Außerdem möchte ich Ihnen sagen: Ich war lange in der Schule. Zu Ihrer Regierungszeit war die Unterrichtsversorgung auch einmal unter 100 %. Sie haben dann schöngefärbt. Einzelbeispiele, dass es in manchen Schulen nicht geklappt hat, gab es auch zu Ihrer Zeit. Daran kann ich mich wohl erinnern.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das ist schon seit 20 Jahren Thema!)

Sie stellen sich überhaupt nicht der Herausforderung, mit den Flüchtlingskindern umzugehen. Sa

gen Sie heute einmal Alternativen! Woher wollen Sie die Lehrer kriegen, die es auf dem Markt gar nicht gibt?

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Strümpel. - Herr Försterling darf für 90 Sekunden auf beide Kurzinterventionen antworten. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Ganztagsschule: Es war diese Ministerin, die am Anfang der Legislaturperiode gesagt hat: Guter Ganztag muss durch Lehrkräfte gemacht werden. - Es ist diese Ministerin, die einen Erlass auf den Weg gebracht hat, dass mindestens 60 % des Ganztags durch Lehrkräfte gedeckt werden müssen.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Vor allem hat sie einen rechtskonformen Ganztag auf den Weg gebracht, Herr Försterling! Das war Ihnen egal!)

Es ist genau diese Ministerin, die davon jetzt abkehrt und wieder zu unserem Modell zurückkehrt.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will in dieser Debatte eines sehr deutlich sagen, auch in Richtung des Kollegen Uwe Strümpel: Andere Bundesländer sind deutlich besser aufgestellt. Nehmen wir einmal das Bundesland Hessen, wo die damalige FDP-Kultusministerin Nicola Beer die Unterrichtsversorgung auf 105 % angehoben hat, weil sie gesagt hat: Wir brauchen Vertretungsreserven.

Eines will ich hier noch einmal ganz deutlich sagen: Sie sollten bitte endlich aufhören, die schlechte Unterrichtsversorgung auf die 36 000 Flüchtlingskinder in den niedersächsischen Schulen abzuladen.

(Kai Seefried [CDU]: So ist es!)

Es ist Ihre Verantwortung und nicht die Verantwortung der geflüchteten Kinder. Mit einer solchen Argumentation stärken Sie den rechten Rand der Gesellschaft, aber lösen nicht die Probleme.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Redezeiten der Fraktionen sind damit erschöpft. - Für die Landesregierung hat jetzt Frau Kultusministerin Heiligenstadt das Wort. Bitte, Frau Ministerin!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich ist es das Ziel der Landesregierung, weiterhin die Versorgung der Schulen mit Lehrkräften landesweit nachhaltig zu sichern. Nun stehen wir allerdings derzeit vor Herausforderungen, die man weder 2012 noch 2014 erahnen konnte. Das haben meine Vorgänger hier durchaus deutlich gemacht. Von daher sollte man in der Tat sehr sachlich darüber sprechen, wie wir mit dieser Herausforderung - immerhin 36 000 zusätzliche Schülerinnen und Schüler innerhalb kürzester Zeit - am sinnvollsten umgehen können - möglicherweise gemeinsam, trotz der Tatsache, dass ich aufgrund der Debatte den Eindruck gewonnen habe, dass die Opposition nicht dazu bereit ist.

Es ist eine historische Situation, in der sich unsere Schulen und unser Land befinden. Wenn man 100 000 Menschen in Niedersachsen aufnimmt - das geschah vor einem Jahr unter schwierigsten Bedingungen; ich erinnere mich noch an die Debatten über die Unterbringung der Flüchtlinge -, dann kann man nicht erwarten, dass ein halbes Jahr später alles ganz einfach weitergeht, und dann kann man nicht so tun, als wäre nichts geschehen. So ist das nicht. Diese Menschen kommen in unseren Schulen, in unseren Kindertagesstätten an. Wir sollten in dieser Debatte diese besondere Herausforderung entsprechend diskutieren.

Wir haben diese Herausforderung angenommen. Wir haben deshalb mit dem Nachtragshaushalt 2015 und mit dem Haushalt 2016 zusätzliche Lehrerstellen zur Verfügung gestellt. Im Übrigen stellen wir mit dem in diesem Plenarabschnitt vorgelegten Entwurf des Haushaltes 2017/2018 noch einmal 2 160 zusätzliche Lehrerstellen zur Verfügung, um die Herausforderungen an unseren niedersächsischen Schulen annehmen zu können.

Zu der Behauptung, dass Rot-Grün nicht eingestellt habe, will ich nur eine Zahl nennen. Sie sagen, Sie hätten weitere Lehrkräfte für Sprachförderung gefordert. Wir haben einfach ganz hohe zusätzliche Zahlen bei den Einstellungen gehabt. Mit 4 243 Einstellungen im Schuljahr 2015/2016 haben

wir die höchste Zahl an Einstellungen seit dem Schuljahr 2009/2010 gehabt.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, bereits das macht deutlich, welche Investition wir hier tätigen.

Wir haben im Übrigen die 1 800 geplanten Stellen, die für das Schuljahr zur Verfügung standen, noch einmal um 930 Stellen erweitert, d. h. gut 2 800 Stellen zur Verfügung gestellt. Davon können wir aber in der Tat nicht alle besetzen. Das haben wir gestern schon diskutiert. Nehmen Sie aber doch bitte zur Kenntnis, dass wir immerhin über 500 Stellen nutzen konnten, zum Teil über Kapitalisierung, aber zum Teil auch mit Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern oder auch mit weiteren Einstellungen! Mehr als 500 Stellen konnten wir zusätzlich zu den 1 800 Stellen nutzen, um den Schulen eine deutliche Unterstützung zu geben.

Der 17-Punkte-Plan hat insofern seine Wirkung schon entfaltet. Wir haben z. B. in diesem Schuljahr 300 Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger. Sonst haben wir eigentlich immer knapp unter 100. Das ist dreimal mehr, als wir sonst an Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern zulassen. Das ist eine ganz wichtige Zahl. Wir müssen dabei aber natürlich auch immer die Qualität im Auge behalten. Wir haben 50 zusätzliche Quereinsteiger allein an Grundschulen eingestellt. Das war vorher überhaupt nicht möglich. Auch diese Maßnahmen haben wir im Rahmen des Aktionsplanes zusätzlich aufgelegt.

(Zustimmung von Filiz Polat [GRÜ- NE])

Wir haben 300 vorzeitig abgeschlossene Vertretungsverträge. Das war unter Ihrer Regierungszeit nicht möglich. Solche Vorschläge könnten Sie machen. Das tun Sie aber nicht. Stattdessen nutzen Sie lieber Ihre Zeit mit dem Erzählen von Anekdoten. Die Anekdoten, die Herr Seefried hier erzählt hat, vermittelten jedenfalls den Eindruck, dass Sie Ihre Redezeit mit irgendwelchen Märchen füllen mussten. Mehr kam dabei eigentlich nicht rum.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Daher schließe ich die Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt 19.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 17/6239 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich frage nach den Gegenstimmen. - Gibt es Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Sie sind der Ausschussempfehlung gefolgt.

Ich rufe dann auf den

Tagesordnungspunkt 20: Abschließende Beratung: Stärkung der Patientensicherheit und des Patientenschutzes - Niedersächsisches Krankenhausgesetz (NKHG) muss weiter verändert werden - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/5835 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration - Drs. 17/6328

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag unverändert anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Im Rahmen der Beratung hat für die ursprünglichen Antragsteller der Abgeordnete Uwe Schwarz, SPD-Fraktion, das Wort. Bitte, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben am 8. Juni 2016 hier einstimmig den Abschlussbericht des Sonderausschusses „Stärkung des Patientenschutzes und der Patientensicherheit“ zur Kenntnis genommen. Anlass waren die Massenmorde des ehemaligen Krankenpflegers Niels Högel im Krankenhaus Delmenhorst und - wie zwischenzeitlich bestätigt - auch im Oldenburger Klinikum. Wir waren uns einig, dass solche Morde auch in Zukunft nicht verhindert werden können, aber dass wir gemeinsam alles unternehmen wollen, um mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln solche Verbrechen deutlich zu minimieren.

Nach dem von uns dann gemeinsam vorgelegten Bericht konnten und durften wir nicht zur Tages

ordnung übergehen. Vielmehr wollten wir schnellstens die notwendigen Konsequenzen ziehen, um gesetzgeberische Maßnahmen einzuleiten. Genau das hat die rot-grüne Koalition zeitgleich mit dem Abschlussbericht am 8. Juni getan. Heute steht dieser Antrag zur Abstimmung.

Wir waren und sind der Auffassung, dass wir den Opfern und deren Angehörigen eine schnelle Umsetzung aufgrund der vorliegenden Ergebnisse schuldig sind.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben in unserem Entschließungsantrag von Rot-Grün 1 : 1 Punkte übernommen, die wir alle gemeinsam im Abschlussbericht festgestellt hatten. Wir sind deshalb davon ausgegangen, dass wir den Antrag relativ schnell auch beraten können. Dann haben wir aber zur Kenntnis nehmen müssen, dass die CDU auf einmal wieder neue Anhörungen wollte. Wir hatten allerdings im Sonderausschuss monatelang Anhörungen. Es macht für uns überhaupt keinen Sinn, die daraus gewonnenen und gemeinsam formulierten Forderungen nun ein weiteres Mal durch Anhörungen selbst infrage zu stellen. Das hätte im Übrigen auch nur unnötig zu Verzögerungen geführt. Ich will aber nicht verhehlen, dass wir über dieses Verhalten der CDU sehr irritiert waren und auch noch sind, meine Damen und Herren.

Zwei wesentliche Änderungen haben wir schon letztes Jahr umgesetzt. Seit dem 1. Januar 2016 müssen alle Krankenhäuser verpflichtend Patientenfürsprecherinnen oder -fürsprecher haben. Diese Funktion ist mit einer externen unabhängigen und ehrenamtlichen Person zu besetzen, an die sich Patientinnen und Patienten sowie Angehörige im Konfliktfall wenden können.