Wir erleben bei diesem Punkt - ich glaube, deswegen steht er heute Morgen auf der Tagesordnung - die Uneinigkeit von SPD und Grünen. Ich habe mich vorhin ehrlicherweise gefragt, warum Frau Piel und Herr Henning so gesprochen haben, wie sie gesprochen haben. Ich glaube, dabei ging es nur darum, hier im Plenum klarzumachen, was der eine von dem anderen hält.
Mir ist klar geworden: Sie sind sich bei diesem Thema nicht einig, nicht zum ersten Mal beim Thema Verkehrspolitik. Ich frage mich, ob diese Regierung beim Thema Verkehrspolitik überhaupt noch gemeinsam Politik machen kann. Dazu ist viel zu deutlich geworden, dass Sie da große Differenzen haben.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich, meine Damen und Herren: Die Bürger - wir machen ja Politik nicht für uns, sondern für die Bürger - sind diese ewigen Verbote satt, weil sie fühlen, dass die staatliche Gängelung ihre Freiheit beschneidet, ohne dass man in der Gesamtbilanz am Ende die gesteckten Ziele erreicht. Die Probleme werden nur verlagert, aber sie werden nicht gelöst. Die Bürgerinnen und Bürger sind nicht mehr bereit, diese Politik mitzumachen.
Die Fahrverbote, die Sie aussprechen wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben die gleiche Qualität wie der Veggie Day: Mal eben unüberlegt mit riesengroßen Konsequenzen hin
Egal, ob rote Plakette, gelbe Plakette, grüne Plakette - meine Kollegen haben schon davon gesprochen -: teuer eingeführt, wenig kontrolliert und am Ende noch weniger erfolgreich. Gebracht hat das überhaupt nichts, weder in Osnabrück noch in Hannover. Wir werden es erleben, dass wir diese Schilder auch ohne die Umweltzonen durch den ganz normalen technischen Fortschritt in wenigen Jahren wieder abbauen können. Da kann man sich schon fragen: Mussten die eigentlich aufgebaut werden?
Viele Menschen konnten sich neue Fahrzeuge nicht leisten. Viele Handwerker, die ihren Job machen wollten, wurden aus den Umweltzonen hinausgetrieben. Da gab es Schicksale, für die die Politik verantwortlich ist.
Ich muss Ihnen ganz klar sagen: Wenn man einmal einen Fehler macht, dann muss man erkennen, dass man diesen Fehler das nächste Mal nicht wiederholen darf. Gute Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht anders. Wir brauchen nicht noch eine neue Plakette, um Leuten zu verbieten, in bestimmte Bereiche hineinzufahren. Das muss man anders lösen.
Denn gute Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren, arbeitet mit Zielen und Anreizen, nicht mit Verboten. Gute Politik formuliert Ziele und nimmt für die Erreichung eigenes Geld in die Hand.
Beim Kollegen Henning war vorhin die Bitte zu hören, der Bund möge es doch bitte richten. Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sind die Regierungsfraktionen. Sie haben die Gewalt über den Haushalt. Sie können mit Geld erreichen, dass sich in diesem Land etwas ändert. Tun Sie es doch endlich!
Die größten Quellen für das Thema Stickoxide in den Städten sind, auch wenn Oldenburg einen Preis bekommen hat, leider noch immer auch der öffentliche Personennahverkehr und die Busse. Fragen Sie doch einmal den Kollegen Henning aus Osnabrück, wie viele Busse jeden Tag über den dortigen Neumarkt fahren! Die Kollegin König kann Ihnen das beantworten. Das sind 2 000 Fahrzeugbewegungen. Ich habe mir die Zahl vorhin vom Kollegen Jasper bestätigen lassen.
Busse verpesten dort mit Dieselkraft, mit schmutzigen Emissionen die Luft. Dort könnten Sie ganz konkret etwas tun. Aber an dieser Stelle machen Sie viel zu wenig.
Hören Sie endlich auf, die Politik der roten Wellen voranzutreiben! Wir brauchen grüne Wellen, bei denen der Verkehr fließt; denn dann gibt es wenig Emissionen. Da kann man etwas machen. Nehmen Sie also an dieser Stelle Geld in die Hand!
Ich war mit dem Kollegen Axel Miesner letzte Woche bei VW in Wolfsburg. Wir haben dort hochinteressante Konzepte für die urbane Mobilität im Jahr 2030 gehört. Aber ich frage mich: Was sollen Ingenieure von VW davon halten, dass diese Landesregierung kakofonisch unterwegs ist? - Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, da muss noch sehr viel Vernunft einkehren.
Ich habe einen ganz konkreten Vorschlag dazu, was wir tun können - damit unterscheide ich mich von meinen beiden Vorrednern von SPD und Grünen -: Wenn wir Elektromobilität wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Kollege Limburg und Frau Kollegin Piel, dann lassen Sie uns doch vorangehen!
Wir machen ja gerade Haushaltsberatungen. Wir könnten doch beantragen, dass der Landtagspräsident für den Landtagsparkplatz Geld für seine Verwaltung bekommt und dass wir dort Ladesäulen aufbauen, um so Elektromobilität zu schaffen.
- Ja, das ist eine gute Idee. Dann lassen Sie uns das doch gemeinsam machen! Wir haben ja im Dezember Haushaltsberatungen. Ich schlage Ihnen das vor. Wir werden das konkret unterlegen. Man muss gute Dinge tun und darf nicht ständig nur über gute Dinge reden. Wir machen Vorschläge. Sie hingegen haben keine Ideen. Aber das wird sich ab 2018 ändern.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Wir fahren jetzt fort. Für die Landesregierung hat das Wort Herr Umweltminister Wenzel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bäumer, wenn Sie einstweilen Bedarf haben, dann können Sie gerne vor dem Wirtschaftsministerium oder vor dem Umweltministerium Ihr Fahrzeug auftanken. Dort stehen jeweils Ladesäulen und haben Sie die Gelegenheit dazu.
Die Landesregierung spricht über Förderung und nicht über Verbote, meine Damen und Herren. Wie ich weiß, Herr Bäumer, sind Sie ja auch kommunal aktiv. Der Bundesgesetzgeber hat Grenzwerte im Bundes-Immissionsschutzgesetz festgelegt. In Niedersachsen sind die Kommunen für Luftreinhaltepläne verantwortlich, die dafür sorgen, dass diese Grenzwerte auch eingehalten werden.
Insofern bin ich gespannt, was Sie in Ihrer kommunalen Verantwortung vorschlagen werden, um der Großstadt, die in Ihrer Region liegt, zu den entsprechenden Luftqualitätswerten zu verhelfen. Darauf bin ich gespannt. Niedersachsen hatte ja die Fristverlängerung von fünf Jahren, die möglich waren, in Anspruch genommen. Ab 2015 mussten die Werte eingehalten werden. Dann hat sich leider herausgestellt, dass es in sieben Städten nicht gelungen ist, innerhalb dieser Frist zum Ziel zu kommen. Es gibt nach wie vor Überschreitungen der Grenzwerte, wie die Gewerbeaufsicht in Hildesheim, die für uns hier die Messungen vornimmt, feststellen musste.
Die ursprünglichen Annahmen, dass diese Grenzwerte eingehalten werden können, dass das Bundesrecht tatsächlich auch dann in der Praxis in den Kommunen zur Umsetzung kommt, sind nicht eingetreten, weil sich die Annahmen über die Emissionen der Fahrzeugflotte als falsch erwiesen haben. Sie wissen alle, wo die Gründe liegen. Die Hauptverursacher - der Verkehr, wozu sowohl Pkw, Lkw als auch Busse gehören - haben höhere reale Emissionen gehabt, als vor fünf Jahren erwartet wurde.
Meine Damen und Herren, deshalb hat sich die Umweltministerkonferenz schon mehrfach mit dieser Frage befasst, um denjenigen, die am Ende Verantwortung tragen - in diesem Fall den Kommunen -, Instrumente an die Hand zu geben, die es ihnen ermöglichen, hier zu handeln und dafür Sorge zu tragen, dass die gesetzlichen Anforderungen auch für ihre Bürgerinnen und Bürger Geltung erlangen.
Als eine mögliche und sinnvolle Maßnahme hat die Umweltministerkonferenz dabei auch eine blaue Plakette für Fahrzeuge mit geringen NOx-Realemissionen, z. B. Benziner oder Diesel mit Euro-6Norm, Elektro-, Hybrid-, Fuel-Cell-Fahrzeuge oder Verbrennungsmotoren mit Wasserstoff empfohlen. Damit könnte in belasteten Regionen sichergestellt werden, dass die Grenzwerte eingehalten werden.
Aus Gründen des Vertrauensschutzes für die Käufer von neuen Fahrzeugen könnte die Plakette aber erst etwa fünf bis sieben Jahre nach Einführung tatsächlich in Kraft treten. Das wird manchmal in der öffentlichen Debatte verkannt. Es handelt sich daher um eine vorsorgende Maßnahme, die eine Kommune nutzen kann, die den Verbraucherinnen und Verbrauchern Orientierung beim Fahrzeugkauf und den Herstellern Anreize zur Produktion emissionsarmer Antriebe geben würde.
Die Kommunen müssen aber darüber hinaus wegen dieses langen Zeitraums dafür Sorge tragen, dass in der Zwischenzeit die Maßnahmen jenseits einer solchen vorangetrieben werden. Das kann beispielsweise heißen, Radschnellwege und den Fußverkehr zu fördern oder den ÖPNV auszubauen. All das liegt am Ende in der Verantwortung der Kommunen.
Meine Damen und Herren, ich möchte nicht, dass am Ende Gerichte darüber entscheiden, was hier passiert. Ich bin vielmehr der Auffassung, dass
dies die Politik entscheiden muss. Die muss dafür sorgen, dass wir hier Planungssicherheit bekommen,
dass die Kommunen Möglichkeiten haben, dass die Bürgerinnen und Bürger wissen, woran sie sind, dass sie sich langfristig orientieren können,
dass sich die Hersteller rechtzeitig auf eine solche Situation einstellen können. Deshalb, meine Damen und Herren - - -
Einen Moment, bitte, Herr Minister Wenzel! Sie haben noch Redezeit. - Ich darf noch einmal um Ruhe im Plenarsaal bitten. Das betrifft die umfangreichen Beratungen in den Reihen und an den Rändern. - Jetzt ist Ruhe eingekehrt. Vielen Dank.