Protokoll der Sitzung vom 20.06.2013

(Beifall bei der SPD)

Als letzten Punkt möchte ich noch die Haftung ansprechen. Vielleicht fehlte der CDU an dieser Stelle ein Stück weit der Mut, sich auch einmal mit dieser Frage zu beschäftigen. Wenn es Ihnen wirklich ernst ist, Aktionärsrechte zu stärken, dann dürfen Sie die Haftungsfrage nicht außer Acht lassen. Daher müsste es eigentlich auch in Ihrem Sinne sein, dass die Nrn. 3 a bis 3 c unseres Änderungsantrags in eine solche Entschließung mit aufgenommen werden. Denn sie sorgen in einem sinnvollen Maße und detailliert dafür, dass alle Anleger geschützt werden.

(Beifall bei der SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht hier um Gerechtigkeit. Gerecht ist es aber nicht, wenn man, wie Sie es vorschlagen, eine Hauptversammlung über eine fehlgeleitete Anreizstruktur entscheiden lässt. Gerecht ist es auch nicht, wenn Unternehmenswerte zugunsten von Bilanzen veräußert werden. Aber wissen Sie, was das Ungerechteste ist? - Wenn Sie vorschlagen, indirekt und durch die Blume, Arbeitnehmervertretungsmacht schmälern zu wollen. Das ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich zum Abschluss meiner Rede noch kurz aus meiner eigenen beruflichen Erfahrung berichten. Wir alle wissen, unsere Gesellschaft wird älter. Viele ältere Menschen, auch in Niedersachsen, haben dieses Land nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut. Viele dieser älteren Menschen haben ihr Leben lang gearbeitet. Viele dieser älteren Menschen erhalten heute eine Rente, die nicht selten zwischen 600 und 1 000 Euro liegt. Viele dieser älteren Menschen wissen

manchmal nicht mehr, wie sie die steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten noch bezahlen können. Und das geht nicht nur Älteren so, fragen Sie auch einmal die jungen Menschen in unbezahlten Praktika und solche, die in prekärer Beschäftigung stecken.

Ich sage ganz deutlich: Viele dieser Menschen verstehen es nicht, warum es Manager gibt, die 800-, 900- oder sogar 1 000-mal so viel Geld verdienen wie sie. Sie verstehen es nicht - und ich verstehe es auch nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns daher heute unseren Beschlussvorschlag mit großer Mehrheit beschließen, und sorgen wir gemeinsam für ein gerechtes Miteinander.

Herzlichen Dank.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Heymann, das war auch für Sie Ihre Premiere im Hohen Hause. Wir gratulieren Ihnen sehr herzlich zu Ihrer ersten Rede.

(Beifall)

Nun hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Westphely das Wort. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! All denjenigen, die bisher gesprochen haben, war gemeinsam, dass exorbitant hohe Gehälter die Gesellschaft spalten und deswegen nicht gut sind. Das ist, finde ich, schon einmal ein guter Konsens.

Die CDU geht in ihrem Antrag von der Annahme aus, um exorbitant hohe Gehälter zu begrenzen, müsse man nur die Aktionäre stärken und die Entscheidung über die Höhe der Gehälter in die Hauptversammlung geben.

Diese Annahme möchte ich infrage stellen. Ich halte es sogar für sehr unwahrscheinlich, dass das funktioniert. Schließlich werden auch heute schon die Vergütungsgrundsätze in den Hauptversammlungen beschlossen. Das gilt jedenfalls für DAX30-Unternehmen und viele andere. Zu dem daraus folgenden Effekt möchte ich einmal den Vorsitzenden der Corporate-Governance-Kommission,

Klaus-Peter Müller, aus der HAZ vom 15. Mai 2013 zitieren:

„Selbst die Gehälter, die in der Öffentlichkeit für Unmut gesorgt haben, sind von der Hauptversammlung mit mehr als 95 % gebilligt worden.“

Vielleicht ist Deutschland in diesem Punkt ja auch einfach anders als die Schweiz.

Das heißt, die Frage, wo die Entscheidung über die Gehälter getroffen wird, bestimmt nicht, wie die Entscheidung am Ende ausfällt. Deshalb wird der Antrag der CDU meiner Meinung nach auch keine Wirkung in die gewünschte Richtung entfalten und ist daher überflüssig.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Aktuell haben wir doch die folgende Situation: Unternehmen haben die Möglichkeit, Gehälter und Abfindungen in unbegrenzter Höhe von der Steuer abzusetzen. Daher ist es für sie sehr praktisch, beliebig hohe Gehälter zu zahlen; denn dadurch reduzieren sie den Gewinn und damit auch die zu zahlende Steuer. Das heißt im Prinzip, dass die Allgemeinheit diese exorbitanten Gehälter indirekt auch noch subventioniert; denn ihr, der Allgemeinheit, gehen ja Steuereinnahmen verloren.

Das, liebe Abgeordnete, ist unserer Meinung nach der Hebel, an dem wir ansetzen sollten. Die steuerliche Abzugsfähigkeit ist ein falscher Ansatz, der zulasten der Allgemeinheit geht, und deshalb ist ihre Begrenzung auch die wichtigste Forderung unseres Antrags.

(Beifall bei den GRÜNEN)

An dieser Stelle will ich auch klarstellen, dass das, was die Kollegin von der CDU gesagt hat, nicht so ganz richtig ist. Wir fordern keine staatliche Begrenzung der Höhe der Gehälter, sondern wir fordern die Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit und die Begrenzung des variablen Anteils am Gesamtgehalt und die persönliche Haftung. Das ist ein Unterschied.

Wir sollten unserer Meinung nach einen wirtschaftspolitischen Rahmen setzen, der darauf zielt, dass verantwortungsvolle Unternehmensstrategien gefördert werden, und nicht umgekehrt.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Bode das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat hat sich in Bevölkerung ein gewisser Unmut über die Höhe der Vorstandsvergütungen breit gemacht. Zum Teil ist dieser Unmut darauf zurückzuführen, dass man immer das Gefühl hatte, dass die Vorstandsvergütungen in Kungelrunden in Hinterzimmern festgelegt worden sind und daher nicht mehr nachvollziehbar waren.

Genau deshalb geht der Antrag der CDU-Fraktion in die absolut richtige Richtung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es geht darum, dass man das nicht in kleinen Runden entscheidet, sondern dass die Eigentümer in einer großen, öffentlichen und transparenten Versammlung die Vorstandsvergütungen - und nicht nur die Grundsätze der Vorstandsvergütung - festlegen.

Ich bin auch durchaus bei Herrn Heymann, der gesagt hat, dass man darüber nachdenken könnte, die Haftungsregeln auszuweiten. Denn natürlich gehört zur Verantwortung auch, dass man für etwas haftet, wenn es schiefgegangen ist.

Die Hauptversammlung ist auch der richtige Ort, um Boni zu deckeln, um langfristige Entwicklungen als Berechnungsgrundlage festzulegen etc.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! SPD und Grüne haben aber etwas anderes gewollt und mit einem Änderungsvorschlag den Antrag der CDU, der für uns zustimmungsfähig gewesen wäre, in sein komplettes Gegenteil verkehrt. Deshalb können wir dem Ganzen heute nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, gehört auch zur Demokratie. Sie haben eine EinStimmen-Mehrheit, und deshalb können Sie diese politische Grundrichtung hier im Landtag auch beschließen. Aber Sie müssen bedenken, dass Sie jetzt nicht mehr Opposition sind, sondern in der Regierungsverantwortung stehen.

Und das heißt: Das Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ gilt für Sie nicht mehr. Wenn Sie das heute beschließen - der Beschluss des Landtages steht -, dann liegt darin auch die Selbstverpflichtung, dass alle Vertreter des Lan

des, insbesondere der Landesregierung, und alle anderen vom Land Entsandten diese Grundsätze umsetzen oder zumindest die Initiative für die Umsetzung ergreifen. Darauf werden wir Sie auch festnageln.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Um es einmal ganz deutlich zu machen: Sie sagen, eine Vergütung in Höhe eines solchen Vielfachen einer Facharbeitervergütung ist ungerecht. Aber was war denn eine der ersten Amtshandlungen sowohl von Wirtschaftsminister Lies als auch von Ministerpräsident Weil? - Als es um die Vergütung des VW-Vorstandes ging, hat man bei einem einfachen Vorstandsmitglied wie beispielsweise Herrn Klingler das 84-Fache der Facharbeitervergütung festgesetzt und bei Herrn Winterkorn das 213-Fache. Das ist ja ein schönes Stück! - Und was war das Nächste, was die Landesregierung gemacht hat? - Sie hat weiter gegen ihre Grundsätze verstoßen. Sie sagen zwar, alles soll langfristig betrachtet werden, aber tatsächlich beziehen sich die festgesetzten Boni nur auf zwei Jahre. Von wegen langfristig! Nur der kleinste Teil der Bonivergütung ist an den langfristigen Unternehmenserfolg gekoppelt.

Und was haben Sie weiterhin gemacht? - Sie beschließen hier heute, maximal 25 % der Vergütung darf variabel sein. - Ich darf Ihnen das einmal vorrechnen: Nach Ihren Vorstellungen hätten Sie Herrn Klingler statt 5,76 Millionen Euro lediglich 1,3 Millionen Euro Jahresvergütung gewähren dürfen

(Dirk Toepffer [CDU]: Unglaublich!)

und Herrn Winterkorn statt 14,5 Millionen Euro lediglich 2,5 Millionen Euro.

(Dirk Toepffer [CDU]: Hört, hört!)

Wenn Sie das heute beschließen, erwarte ich, dass Sie, Herr Weil, Herr Lies, die Initiative ergreifen und sich im nächsten Jahr genau an diese Grundsätze - die ich persönlich für falsch halte - halten: maximal ein Viertel der Jahresvergütung variabel!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erwarte das übrigens nicht nur bei Volkswagen. Ich erwarte das genauso bei der Salzgitter AG, wo der Vorstandsvorsitzende im Jahr 2011 - die letzte veröffentlichte Zahl - 700 000 Euro Fixgehalt und 900 000 Euro Boni hatte. Nach den Grundsätzen, die Sie hier festlegen, hätten das höchstens insgesamt 900 000 Euro sein dürfen.