Protokoll der Sitzung vom 20.06.2013

Wie viel darf ein Mensch verdienen? Darf ein Topmanager mehr als das Dreihundertfache des Durchschnittseinkommens eines Angestellten in seinem Unternehmen verdienen?

Diese Gehaltsentwicklungen empfinden die meisten Bürgerinnen und Bürger in unserem Land als ungerecht. Sie finden sie überzogen, und sie fragen sich: Ist das noch angemessen?

Wenn noch dazu in Studien veröffentlicht wird, dass diese enorm angestiegenen Managergehälter nicht so sehr die Entwicklung von Leistung widerspiegeln, sondern eher auf unzureichende Kontrollen zurückzuführen sind, dann wird Akzeptanz verspielt. Mehr noch: Misstrauen breitet sich aus.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Damit jetzt keine Missverständnisse aufkommen - das ist, ganz klar, auch unsere Meinung -: Leistung muss sich lohnen, Leistung muss honoriert werden. - Bei unserem Thema Managergehälter müssen wir allerdings neu überlegen, wie diese Gehälter festgelegt werden. Denn leider müssen wir konstatieren, dass wir vergeblich auf eine freiwillige Selbstbeschränkung gesetzt haben, dass das

Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung nicht ausreichend war und dass die Entsendung der Arbeitnehmervertreter in die paritätisch besetzten Aufsichtsräte leider auch nicht zum gewünschten Ziel geführt hat.

Die Schweizer Bürgerinnen und Bürger, die gemeinhin als wirtschaftsliberal gelten, reagierten auf dieses Thema mit einem Volksentscheid. Das Ergebnis dieses Entscheids hat eine ganz klare Botschaft gezeigt: In Zukunft sollen die Aufsichtsräte nicht mehr alleine über die Gehaltsangelegenheiten der Vorstandsmitglieder entscheiden. Dieses Thema soll zukünftig in den Hauptversammlungen der Aktiengesellschaften erörtert und beschlossen werden. Das Referendum besagt weiterhin eindeutig, dass die Mitspracherechte der einzelnen Eigentümer erweitert werden sollen. Das heißt, meine Damen und Herren, die Willensbildung wird auf eine breite demokratische Grundlage gestellt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Aufgabe der Politik innerhalb der sozialen Marktwirtschaft, meine Damen und Herren, besteht nicht darin, in den ökonomischen Entscheidungsprozess über die Höhe der Managergehälter einzugreifen, wie Sie - SPD und Grüne - es in Ihrer Beschlussempfehlung formulieren. Die Aufgabe der Politik besteht vielmehr darin, dafür Sorge zu tragen, dass die Unternehmenseigentümer, nämlich die Aktionäre, an der Festlegung der Gehälter mitwirken können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wohlgemerkt: die Aktionäre, die Eigentümer der Gesellschaft, und eben nicht die Allgemeinheit, wie Sie von Rot-Grün es in Ihrer Beschlussempfehlung fordern! Das ist auch die Meinung der CDUFraktion. Wir wollen, dass die Einflussnahme der Eigentümer, die mit ihren Einlagen haften, gestärkt wird. Deshalb heißt unser Antrag „Aktionärsrechte stärken!“.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir wollen keine Doppelbesteuerung aufgrund einer Beschränkung von Betriebsausgabenabzügen, wie von Rot-Grün gefordert. Wir wollen keine komplizierten staatlichen Regelungen. Wir wollen nicht, dass die Allgemeinheit per Gesetz Einfluss auf die Willensbildung in einem Unternehmen nimmt. Hinsichtlich Ihrer Forderung, zusätzliche Haftungsregelungen einzubauen: Wenn Eigentümer über Manager und deren Gehälter entscheiden, dann tragen sie auch die Verantwortung für diese Entscheidung. Falls diese falsch war, müs

sen sie auch die Verantwortung dafür tragen, und dann haften sie mit ihren Einlagen.

(Beifall bei der CDU)

Es ist richtig, dass wir wirkungsvolle Maßnahmen brauchen, um exzessive Managergehälter zu begrenzen. Das erreichen wir aber nicht, wenn wir mit starren Regulierungen, wenn wir mit Verboten und wenn wir mit Beschränkungen direkt in die Unternehmenspolitik eingreifen, sondern das erreichen wir nur durch strukturelle Veränderungen, die zur Stärkung der Aktionärsdemokratie führen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb mein Appell, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD: Werfen Sie einmal einen Blick zurück! Denken Sie an Willy Brandt, und denken Sie an das, was seine Leitlinie war! - Das scheint Sie nicht so besonders zu interessieren, aber vielleicht hören Sie doch mal zu.

(Zuruf von der SPD: Wissen wir ja!)

- Super!

Er sagte nämlich: Mehr Demokratie wagen! - Und ich sage: Meine Damen und Herren, wagen Sie es wieder!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hövel. Dies war Ihre erste Rede in diesem Hohen Hause. Ich möchte Ihnen im Namen des Präsidiums sehr herzlich gratulieren. Glückwunsch!

(Beifall)

Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Kollege Heymann das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Bischof Wolfgang Huber, hatte schon 2006 recht eindeutig formuliert, als er sagte - ich zitiere -:

„Das Durchschnittseinkommen liegt in Deutschland bei rund 40 000 Euro im Jahr. Wenn ein Manager 20 Millionen Euro verdient, dann sprengt das jede Vorstellung von Gerechtigkeit.“

Und recht hat er, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung von Dirk Toepffer [CDU])

Was Herr Huber da anspricht, hat mit einer Diskrepanz zwischen den Einkommen zu tun. Mit anderen Worten: Die Menschen spüren doch, dass die Schere zwischen Arm und Superreich immer weiter auseinandergeht, und das darf in unserer Gesellschaft nicht sein, meine lieben Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich bin wirklich erfreut darüber, dass dies nun auch vermeintlich die CDU erkannt und den Antrag „Aktionärsrechte stärken!“ eingebracht hat, der auch schon in die richtige Richtung geht, aber in seinem Weitblick und seinem Mut bei Weitem nicht ausreicht. Daher ist es unseres Erachtens nötig, diesen Antrag an den entscheidenden Stellen weiterzuentwickeln. Er muss die Thematik auch wirklich im Sinne einer sozialen Marktwirtschaft regeln, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen doch an dieser Stelle entschlossener sein und auch aus den Erfahrungen mit der Finanzkrise und aus der Vergangenheit lernen, um in Zukunft dafür zu sorgen, dass Unternehmen nicht nur kurzfristig, punktuell in Vierteljahresbilanzen gut dastehen, sondern dass sie auch für die nächsten Jahre ein solides Fundament zum Wachstum haben, wodurch auch Wohlstand und Arbeitsplätze gesichert werden.

(Beifall bei der SPD)

Das erreichen wir mit unserem Änderungsvorschlag „Managergehälter wirksam begrenzen“, der zur Beschlussvorlage des Wirtschaftsausschusses geworden ist.

Freiwillige Selbstverpflichtungen der Unternehmen waren schon in der Vergangenheit möglich, spätestens seit 2009, haben es aber nicht geschafft, zur systematischen und vollständigen Anwendung durch die Unternehmen gebracht zu werden. Daher fordern wir ganz klare und gesetzliche Regelungen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Das ist nur einer der Punkte, in denen unser Antrag nachhaltiger ist. Er fordert die Bundesregierung ganz konkret auf, Gehälter, Boni und die Abzugsfähigkeit nach einem durchdachten und intel

ligenten Vorgehen zu begrenzen. Auch die Forderung, die Maßnahmen der EU-Kommission zu berücksichtigen, gehen nicht verloren, sondern diese Maßnahmen sind in unserem Änderungsvorschlag enthalten.

Aber es gibt noch einen gravierenden Unterschied, nämlich die Kontrolle der Bezüge durch die Hauptversammlung. Diese ist doch häufig nur eingeschränkt möglich, da institutionelle Anleger, z. B. Hedgefonds, die nicht selten mit über 60 % in den Hauptversammlungen vertreten sind, gar nicht - überhaupt nicht! - am langfristigen Erfolg, an einem soliden Fundament eines Unternehmens interessiert sind. Sie interessieren nur der Vierteljahresgewinn und steigende Aktienkurse. Das aber geht zulasten dieses soliden Fundaments, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dieses Fundament eines Unternehmens, von dem ich spreche, nämlich seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, deren Ausbildung, deren Fortbildung, die Sachwerte, die langfristig zu generierenden Innovationen sind durch die Begrenzung der häufig anzutreffenden Kultur der kurzfristigen Gewinnorientierung in den Vorstandsetagen gesetzlich zu regeln, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Aber unser Änderungsvorschlag geht noch einen Schritt weiter; denn es bedarf Mut und auch Klugheit, damit unsere Gesellschaft nicht aus den Fugen gerät. Die Letztentscheidung über die teilweise wirklich nicht mehr vermittelbaren Gehälter und Boni soll unserer Ansicht nach nicht vom Aufsichtsrat in die Hauptversammlung verlagert werden. Wir möchten an dieser Stelle entschieden darauf hinweisen, dass dadurch der Einfluss von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsbereich vermindert wird. Das kann nicht die Auffassung von betrieblicher Mitbestimmung sein! Das ist für uns nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Besser ist es doch, den Arbeitnehmervertretern, die nun wirklich ein immenses Interesse daran haben, dass ihr Unternehmen erfolgreich ist und dass der Fortbestand gesichert ist, eine gesetzliche Argumentationsgrundlage zu bieten.

Unser Änderungsvorschlag ergänzt auch, dass die Bundesregierung aufgefordert wird, der steuerlichen Absetzbarkeit überzogener Gehälter zu begegnen. Auf der Bundesebene haben wir das schon ins Spiel gebracht, und wir machen auch in unserer vorliegenden Beschlussvorlage darauf aufmerksam, speziell in Bezug auf die wirklich sehr hohen Gehälter.

Nicht zuletzt durch dieses langfristige Denken werden dann auch die Aktionäre gestärkt. Dieses kluge und langfristige Denken ist es doch auch, was eine Volkswirtschaft stark macht: Die Unternehmenswerte werden erhalten und nicht zugunsten von kurzfristigen Aktienkurssteigerungen geschmälert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)