Protokoll der Sitzung vom 22.11.2016

(Glocke des Präsidenten)

- Ich komme zum letzten Satz, Herr Präsident.

Dieses Instrument heißt Zertifikatehandel. Der Markt, also Angebot und Nachfrage, senden über

den Preis für ein Zertifikat das Signal aus, ob ein Unternehmen kostenintensiv, aber auch emissionsintensiv produzieren kann. Dieses Prinzip sollten Sie beherzigen - und nicht planwirtschaftliche Pläne über 34 Jahre erstellen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Hocker. - Für die Landesregierung hat jetzt Minister Stefan Wenzel das Wort. Bitte, Herr Minister!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Hocker, Ihre Rede geht leider am Thema vorbei.

(Jörg Bode [FDP]: Was?)

Es ist nämlich sehr viel gesprochen worden, auch miteinander, im europäischen Kontext. Noch nie zuvor ist ein internationales Abkommen innerhalb so kurzer Zeit in Kraft getreten wie das Pariser Klimaabkommen. Damit hat die französische Präsidentschaft eine diplomatische Meisterleistung vollbracht, und das mit maßgeblicher Unterstützung auch der deutschen Delegation.

Meine Damen und Herren, das Abkommen ist in schwierigen politischen Zeiten ein sehr hoffnungsvolles Signal. 195 Staaten haben erkannt, dass die Menschheit vor einer beispiellosen Herausforderung steht. Das Abkommen wird eine zentrale Rolle spielen für den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen, aber auch für soziale Gerechtigkeit, für die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und nicht zuletzt auch für die Sicherung des Friedens in Europa und auf der Welt.

Eine Kollegin aus Schleswig-Holstein hat kürzlich auf der Norddeutschen Klimakonferenz darauf hingewiesen, dass die Hamburger Insel Neuwerk die erste sein könnte, die möglicherweise aufgegeben werden muss. Das, meine Damen und Herren, war ein Fanal. Wir wollen unsere Inseln verteidigen. Wir wollen alles tun, um unsere Küsten zu sichern. Deswegen müssen wir beim Klimaschutz alles tun, was möglich ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mittlerweile ist klar, dass Investitionen in Kraftwerke, die Sonne und Wind nutzen, deutlich wirtschaftlicher sind als Investitionen in fossile und

nukleare Projekte. Die Stromgestehungskosten sind deutlich niedriger, wenn man neu investiert. In Chile liegen wir im Bereich Solar/Photovoltaik bei 2,9 Cent. In den Offshoreregionen Dänemarks ist die neueste Ausschreibung mit 4,9 Cent ausgegangen. Deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass sich die Transformation des Energiesystems nicht mehr stoppen lässt - auch nicht durch eine große Nation jenseits des Atlantiks, die gerade einen neuen Präsidenten gewählt hat.

Der Klimaschutz wird immer mehr zum Garanten für nachhaltige Entwicklung. Es ist bezeichnend, meine Damen und Herren, dass 48 Länder, die zu den ärmsten in der Welt gehören, sagen, sie setzen auf Wind und Sonne und nicht mehr auf fossil und erst recht nicht auf nuklear.

2015 sind fast zwei Drittel aller Neuinvestitionen in den Bereich der erneuerbaren Energien gegangen. Das ist mittlerweile ein Markt von 250 Milliarden Euro. Hier spielt die Musik in Bezug auf Arbeitsplätze, in Bezug auf Innovationen und Technologieführerschaft. Umso wichtiger ist es, dass eine Industrienation wie die unsrige ganz vorn mit dabei ist.

(Zustimmung von Susanne Menge [GRÜNE])

Deshalb ist es bedauerlich, dass der Geist von Paris die Bundesregierung noch nicht erfasst hat. Man hat die Kollegin Hendricks, die hier wirklich gut gekämpft hat, fast ohne einen Klimaschutzplan nach Marrakesch fahren lassen. Auch der Plan, der jetzt auf dem Tisch liegt, ist in weiten Teilen nicht mit den notwendigen Maßnahmen, mit den notwendigen Instrumenten untersetzt.

Wenn Sie in den Plan gucken, dann sehen Sie, dass es an Schritten zur Umsetzung mangelt. Und das ist der entscheidende Punkt: Wir brauchen diese Umsetzung auch, um Planungssicherheit in dem Zieldreieck von Wirtschaftlichkeit, Umweltfreundlichkeit, Versorgungssicherheit zu gewinnen. Das ist von entscheidender Bedeutung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das gilt auch für die zentrale Aufgabe des Kohleausstiegs, der mit ein paar dürren Sätzen auf eine Kommission delegiert wurde, die noch gar nicht besteht, sondern erst Anfang 2018 ihre Arbeit aufnehmen soll.

Auch hier braucht es Planungssicherheit für die Beschäftigten einerseits - das ist mir ganz wichtig -, aber andererseits auch für die Klimaziele.

Mangelnde Klarheit führt am Ende zu erhöhten Kosten für alle Beteiligten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Von daher hoffe ich, dass es gelingt, hier an einem Strang zu ziehen, dass auch die Bundesregierung vom Geist von Paris erfasst wird, weil das am Ende ein gesamtgesellschaftliches Projekt ist. Es wird nur gelingen, wenn man auch immer wieder darum kämpft, dass die Akzeptanz breit abgesichert ist, dass man hier alle Sektoren, alle Teile der Gesellschaft mitnimmt. Denn dies ist eine gigantische Herausforderung, und die fordert auch eine große, große gemeinsame Anstrengung.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Zu Punkt 4 b gibt es keine weiteren Wortmeldungen. Daher ist die Aktuelle Stunde zu diesem Thema beendet.

Ich rufe jetzt das nächste Thema auf

c) Leitlinien „digital.niedersachsen - den digitalen Wandel für unser Land gestalten“ - Wo ist die Strategie? - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/6932

Die FDP-Fraktion spricht als Erste zu diesem von ihr beauftragten Thema. Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende Christian Dürr.

(Vizepräsident Karl-Heinz Klare über- nimmt den Vorsitz)

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, vor einer Woche haben Sie Ihre Leitlinien zur Digitalisierung vorgestellt. Kein Zweifel: Es braucht eine digitale Strategie, auch hier in Niedersachsen. Aber was war das? - Es war eine Aufzählung von bereits laufenden Einzelprojekten und Prüfaufträgen. Es soll eine neue Steuerungsgruppe geben, aber Sie haben nicht gesagt, wer eigentlich darin sitzen soll und bis wann sie Ergebnisse abliefern soll.

Und wenn es in Ihrer Strategie dann doch einmal konkret wird, dann ist das schlicht zu unambitioniert. Ich nenne beispielsweise die Breitbandver

sorgung. Herr Weil, Sie sagen, bis zum Jahr 2020 soll jeder Haushalt mindestens mit 50 Mbit/s versorgt sein. Zum Vergleich: In Südkorea ist jeder Haushalt bereits heute mit 100 Mbit/s versorgt. Bis 2020 sollen dort alle Haushaltsanschlüsse bis auf 1 GBit/s gehoben werden, und wer es sich wünscht, kann sogar einen 10 GBit/s-Anschluss bekommen. Das ist das Zweihundertfache von dem, was das Land Niedersachsen plant. Herr Ministerpräsident, ich will das in aller Deutlichkeit sagen: Sie sind mit Ihrer Strategie zur Internetgeschwindigkeit näher an Nordkorea als an Südkorea.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Dann zur Digitalisierung in der Schule: Was ist das Neue bei Ihren Leitlinien? - Wir haben Ihnen dazu Vorschläge gemacht, insbesondere auch zur Finanzierung, wie Digitalisierung endlich im Unterricht ankommen kann. Denn die Realität in Niedersachsen ist heute doch so: Auf dem Pausenhof, also da, wo die Schülerinnen und Schüler mit ihrem Smartphone unterwegs sind, ist das 21. Jahrhundert angekommen, aber wenn die Schülerinnen und Schüler nach der Pause in ihr Klassenzimmer zurückgehen, bricht wieder die Kreidezeit an.

Wir brauchen auch andere Formen der Didaktik - aber Sie reden lediglich von zusätzlicher Medienkompetenz bei Lehrerinnen und Lehrern.

Ein anderes Thema: eHealth, Gesundheitswirtschaft. Nicht ein Sterbenswörtchen dazu, wie wir den ländlichen Raum an dieser Stelle wirklich voranbringen wollen!

Ein weiterer Bereich: das Arbeitsrecht. Herr Ministerpräsident, Sie waren ja in der letzten Woche beim Tag der Niedersächsischen Wirtschaft. Dort ging es um das Thema Digitalisierung und um die Frage des Arbeitsrechts. Wo ist die Initiative der Niedersächsischen Landesregierung, das Arbeitsrecht in Deutschland zu modernisieren und auf die Digitalisierung vorzubereiten? - Nichts, gar nichts!

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Stattdessen will die SPD in Berlin gemeinsam mit Frau Nahles genau das Gegenteil: weniger Flexibilität, mehr Vorschriften.

Ich will das in aller Deutlichkeit sagen: Herr Weil, Sie klammern sich an eine Industriearbeitswelt, die es heute teilweise schon nicht mehr gibt und die es

in Zukunft gar nicht mehr geben wird. Sie bereiten dieses Bundesland nicht auf das digitale Zeitalter vor.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Und was tun Sie eigentlich im eigenen Bereich, Herr Weil? Wo ist die Initiative dieser Landesregierung für eine Behörden-App, mit der man alles vom Sofa aus erledigen kann: sich an- oder ummelden, seinen Pass beantragen oder sein Auto anmelden? - Davon ist in Ihren Leitlinien zur Digitalisierung keine Rede.

Oder: Wo, Herr Weil, ist die Strategie zur Weiterentwicklung der öffentlichen Verwaltung, insbesondere auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels?

(Maximilian Schmidt [SPD]: Haben Sie es überhaupt gelesen?)

Wir wissen doch ganz genau, dass wir in Zukunft große Probleme bekommen werden, qualifizierten Nachwuchs für die öffentliche Verwaltung zu bekommen. Der Vorsitzende des Niedersächsischen Beamtenbundes, Friedhelm Schäfer, hat Ihnen doch eine Brücke gebaut, hat einen Schritt auf Sie zu gemacht. Er hat gesagt, wir müssen die öffentliche Verwaltung endlich vernünftig digitalisieren, weil wir in Zukunft nicht mehr die benötigte Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen werden. - Herr Weil, nicht einmal auf die Gewerkschaften gehen Sie an dieser Stelle zu. Ihre Digitalisierungsstrategie verdient diesen Namen nicht, um das deutlich zu sagen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)