Protokoll der Sitzung vom 23.11.2016

Der Kollege Schmidt möchte erwidern. Maximal 90 Sekunden, bitte!

Lieber Herr Präsident! Lieber Herr Kollege Hilbers, ich kann Ihnen nur dazu gratulieren, dass Sie sich gerade selbst auf die Schulter geklopft haben. Das haben Sie ganz hervorragend gemacht.

Der Vollständigkeit halber müssen Sie aber auch sagen, dass zunächst der Landesrechnungshof dringend angemahnt hatte, dass die Kosten der IT in der niedersächsischen Landesverwaltung, die zu Ihrer zehnjährigen Regierungszeit über alle Häuser ohne Zusammenfassungen dargestellt waren, zusammengefasst werden. Es besteht doch gar kein Zweifel daran, dass man die IT heute nicht nur für ein Ministerium oder für eine Behörde den

ken kann, sondern dass man das für die Landesregierung insgesamt darstellen muss.

Deswegen noch einmal: Die Gründung von ITN war richtig. Die Kostendarstellung, wie wir sie jetzt dank dieser Landesregierung haben, ist genauso richtig. Und wenn Sie dem Ganzen zustimmen wollen, dann würde mich das richtig glücklich machen. Ich freue mich schon auf Ihr Abstimmungsverhalten in der Haushaltsdebatte, zumindest zu den IT-Fragen. Dort können Sie unter Beweis stellen, ob Sie richtig erfolgreich sind.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD - Reinhold Hilbers [CDU]: Das ist losgelöst von den vie- len anderen Fehlern, die Sie ma- chen!)

Vielen Dank, Herr Schmidt. - Es geht jetzt weiter mit der Wortmeldung der CDU-Fraktion zu diesem Tagesordnungspunkt. Das Wort hat der Kollege Ansgar-Bernhard Focke.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle hier im Raum haben wahrscheinlich ein Smartphone, ein iPad und wohl auch einen Laptop. So, wie es uns geht, geht es wahrscheinlich den meisten Menschen in unserem Land - im Übrigen unabhängig vom Alter -, die bereits in der digitalen Welt unterwegs sind.

Wie sieht der digitale Alltag aus? Woran haben wir uns bereits gewöhnt? - Wir tätigen Überweisungen mit unserem iPad und Handy. Arztrechnungen werden einfach fotografiert und zur Krankenversicherung zur Erstattung geschickt. Wir bestellen das Taxi per App, und es ist nach zwei Minuten da, wobei man bis dahin sogar auf einer Karte auf dem Handy sehen kann, wo es sich gerade befindet. Die Digitalisierung steht also nicht am Anfang. Wir alle sind mittendrin.

Da muss man ganz klar festhalten, meine Damen und Herren, dass die Digitalisierung in der Verwaltung selbst nicht so weit fortgeschritten ist, wie sie im Lebensalltag der Menschen bereits gegeben ist; daran sind wir selbst als Gesetzgeber und Landtag ein Stück weit mit schuld. Die Wirtschaft ist weiter, sogar Privatleute sind weiter als die öffentliche Verwaltung und als wir im Landtag. Auch der eigentlich papierlose Landtag funktioniert noch nicht

vollkommen digital. Auch dort gibt es noch viele Hürden, die überwunden werden müssen, um zu einer vernünftigen und kompletten Digitalisierung zu kommen, meine Damen und Herren.

Dieser Transformationsprozess darf auf keinen Fall eine Generation lang dauern. Es darf nicht heißen: Wir beschäftigen uns nicht damit! - In der Verwaltung sagen Menschen vielleicht: Ich möchte das nicht mehr oder möchte das nicht so weit vorantreiben. Das alles geht nicht! - Digitalisierung lebt vor allem vom Mitmachen, Digitalisierung lebt vor allem vom Machen, Erleben und Tun - und nicht vom Verhindern. Deswegen ist es wichtig, dass die Digitalisierung der Landesverwaltung schnell durchgeführt wird, dass es einen konkreten Zeitplan gibt. Den vermisse ich in diesem Antrag, nämlich ein konkretes Zeitfenster, in dem ein Konzept vorgelegt werden soll, bis wann ein Konzept umgesetzt werden soll. Dass man das festlegt, ist sehr wichtig. Ansonsten reden wir in fünf Jahren am Ende der nächsten Legislaturperiode weiterhin darüber, wie wir die Verwaltung digitalisieren wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Wofür die Menschen kein Verständnis haben - vielleicht ist das auch Ihnen schon einmal passiert -: Man erledigt alles mit dem Handy, mit dem Laptop und mit dem iPad, und dann muss man etwas bei einer Behörde machen. Dann sucht man auf der Internetseite wie wild nach einem Onlineformular oder wie auch immer man das hinkriegt. Dann wird man darauf verwiesen, dass man sich ein PDF-Formular herunterladen und am Laptop ausfüllen kann, aber dann muss man es ausdrucken und per Post zusenden. Zur Identitätsklärung muss man sowieso zur Behörde.

Meine Damen und Herren, das ist heute in einer modernen digitalen Welt überhaupt nicht mehr up to date, das ist aus der Zeit gefallen. Wenn man heute ein Konto eröffnen will, wenn man heute ein Depot bei einer Direktbank eröffnen will und eine Identitätskontrolle benötigt wird, dann macht man das per Facetime, also Face-to-face-messaging. Dann wird man identifiziert, indem man seinen Personalausweis neben das Gesicht vor die Kamera des Handys hält, damit ein digitaler Abgleich stattfinden kann. All das ist heutzutage in der digitalen Welt völlig normal.

In der Verwaltung ist das nicht möglich. Man muss oftmals ein Formular ausdrucken, damit in die Behörde gehen, und dort wird ein Stempel draufge

setzt. Das ist keine digitale Verwaltung, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU)

Deswegen ist es wichtig - das ist im Antrag richtigerweise benannt -, dass die Schnittstellen passen. Ich will ein Beispiel nennen: Sie wollen ein Haus bauen und gehen zu Ihrem Architekten, der Ihnen alles, was Sie sich wünschen, schön am Computer zeigt. Er projiziert das auf eine große Leinwand in seinem Büro. Dann gehen Sie zur Gemeinde- oder Landkreisverwaltung. Dort heißt es: Sie müssen das erst einmal ausfüllen, und die großen Pläne müssen erst einmal geplottet werden. - Dann kommen Sie dort mit einem Aktenordner an und fragen: Und was machen Sie jetzt damit? - Dann heißt es: Das wird eingescannt, damit das allen beteiligten Abteilungen zur Verfügung steht. - Das kann natürlich nicht der richtige Weg sein!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Daran muss gearbeitet werden! Formulare müssen in einer digitalen Verwaltung reibungslos in digitaler Form weitergenutzt werden können. Digitalanaloge Schnittstellen müssen wegfallen, meine Damen und Herren.

Wichtig ist auch, dass wir mit dem Klein-Klein aufhören. Die Gemeinde verwendet ein erstes System. Das Land nutzt ein zweites. Der Bund verwendet ein drittes. Der Landkreis nimmt sogar ein viertes. Wenn dann - das ist genannt worden - die Schnittstellen nicht passen, stehen wir alle vor einem Desaster. Deswegen darf das Konzept nicht vom Land allein entwickelt werden, sondern die kommunalen Spitzenverbände müssen daran beteiligt werden; denn schließlich ist es ja auch wichtig, dass das reibungslos funktioniert. Von daher werden wir noch darüber reden müssen.

Digitalisierung funktioniert natürlich nur, wenn Sie Daten austauschen. Das sind vor allem Daten von Menschen. Das sind persönliche Daten. Das sind Daten über bestimmte Vorgänge. Also reden wir an diesem Punkt insbesondere über Datenschutz. Digitalisierung ist auch ein anderes Wort für Schnelligkeit. Wenn wir solche Wege in eine digitale Verwaltung gehen wollen - auch gemeinsam, Herr Kollege Schmidt -, dann müssen wir uns natürlich gegen Bremser wenden, die sagen: „Wir stellen alles unter den Deckmantel des Datenschutzes“; denn dann kommen wir kein Stück weiter.

Da, glaube ich, ist die Antwort, dass wir dem mündigen Bürger ein Tool, ein Werkzeug, an die Hand geben, natürlich ein Onlinewerkzeug, mit dem er seine Daten selbst verwalten, freigeben und jederzeit nachvollziehen kann, wer von der Verwaltung seine Daten wann wie genutzt hat. Das gibt es bereits. Das Baltikum macht es mit einem digitalen Datenraum für jeden Bürger, indem für jeden Bürger jederzeit genau nachvollziehbar ist, wer seine Daten abgerufen hat und wohin sie gegangen sind. Das brauchen wir auch, wenn wir die Menschen mitnehmen wollen, in der digitalen Verwaltung in unserem Land, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich möchte zum Abschluss, da meine Redezeit um ist, sagen: Wir freuen uns auf die Beratung im Ausschuss und hoffen, dass wir zu einem gemeinsamen Zeichen und zu einer gemeinsamen Beschlussempfehlung kommen werden. Wichtig ist: Ein konkreter Zeitplan muss her. Und: Das wird viel Geld kosten. Wir müssen bereit sein, nicht über Hunderttausende, sondern über Millionen von Euro zu reden, wenn wir digitale Verwaltung machen wollen. Es ist gut investiertes Geld in die Zukunft. Darüber sollten wir uns im Ausschuss austauschen. Wir freuen uns auf eine gute Diskussion.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Focke. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Herr Kollege Belit Onay. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dank der FDP konnten wir gestern schon im Rahmen der Aktuellen Stunde über das Thema Digitalisierung sprechen. Da ging es ja um das Leitpapier „digital.niedersachsen“, das von der Landesregierung herausgegeben worden ist.

Herr Focke hat es richtig gesagt: Sämtliche Lebensbereiche - im Grunde ohne Ausnahme - sind von der Digitalisierung erfasst. Wir sind bereits mittendrin und stehen nicht erst am Beginn. Gleichzeitig ist es natürlich ärgerlich, dass Deutschland - auch das hatte ich gestern in der Debatte schon erwähnt - europaweit auf Platz 18 steht, was die Digitalisierung angeht. Das heißt, wir

haben da bundesweit insgesamt noch einiges zu machen. Ich glaube, dass sowohl das Leitpapier, das wir gestern diskutiert haben, aber auch unser Antrag, der ja gerade den Bereich der Verwaltung in den Fokus nimmt, gute Grundlagen dafür sind. Ich freue mich auch über die bisherigen Beiträge, die gut und konstruktiv waren. Ich glaube, dass wir im Ausschuss weiter gut darüber diskutieren können.

Ich glaube, der vorliegende Antrag enthält sehr gute Punkte. Wir haben zum einen - das hat Herr Focke richtig angesprochen - den Punkt „Sicherheit“. Ich hatte es gestern erwähnt: Wir waren in Estland. Der Hauptmotor dafür, dass die Digitalisierung dort so gut läuft und auch angenommen wird, ist das Vertrauen der Menschen in dieses System. Sie wissen, ihre Daten sind sicher. Bei Missbrauch kann es nachverfolgt werden. CyberAngriffe werden dort nachverfolgt. Sie bleiben nicht aus, aber sie werden gut nachverfolgt - auch rechtlich nachverfolgt - und aufgearbeitet. Es gibt gute Regelungen für den Datenschutz und die informationelle Selbstbestimmung.

Das alles ist, glaube ich, auch eine Kulturfrage. Wir müssen den Menschen hier ein Stück weit vermitteln, dass das ein gutes System ist, dass es auch für sie, gerade in einem Flächenland wie Niedersachsen, viele Vorteile bringt. Deshalb muss es von Anfang an gut aufgestellt sein und unter Sicherheitsaspekten gut begleitet werden.

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Andretta übernimmt den Vorsitz)

Natürlich kann das Land nicht - auch das wurde angesprochen - als alleiniger Akteur auftreten; das funktioniert nicht. Die Digitalisierung muss natürlich ineinandergreifen, z. B. auf Landes- und kommunaler Ebene. Auch die haben wir hier erwähnt. Da muss es sowohl bei der Sicherheitskooperation, aber auch darüber hinaus gute Schnittstellen geben. Auch darauf gehen wir in unserem Antrag ein. Die Schnittstellen müssen beispielsweise auch medienbruchfrei sein, damit es dort keine Effizienzverluste gibt, damit es schnell und gut abwickelbar ist, damit die Dokumente für jeden verwertbar sind und man darauf zugreifen kann.

Ebenfalls wichtig ist die Transparenz des Verwaltungshandelns, das offener, nachvollziehbarer und barrierefrei möglich ist. Ganz wichtig ist natürlich auch die Infrastruktur. Wenn wir Digitalisierung wollen und wollen, dass Bürgerinnen und Bürger daran teilhaben, dann muss es letztendlich auch eine Infrastruktur - sprich: in diesem Fall Breit

band - geben, sodass man darauf zugreifen kann. Aber auch da sind wir - darüber haben wir gestern ja diskutiert - als Land sehr gut unterwegs.

Ein weiterer wichtiger Punkt, den Herr Focke schon angesprochen hat, ist das Bankkonto, das man mit Skype oder anderen Programmen direkt eröffnen kann. In der Verwaltung tut man sich da noch schwer. Ich glaube, da wird es ganz wichtig sein, solche Sachen rechtlich verwertbar zu machen. Da muss es vielleicht noch eine rechtliche Nachsteuerung geben. Aber wir haben ja die Möglichkeit, uns noch einmal anzuschauen: Wo hapert es da? Wo sind da vielleicht Hürden rechtlicher Natur, sodass man noch einmal nachsteuern muss?

Alles in allem glaube ich, dass wir mit diesem Antrag zumindest eine gute Grundlage für die weitere Diskussion haben. Ich freue mich auch schon sehr auf die Beratung. Ich habe es gestern schon gesagt: Wir betreten hier kein Neuland, sondern es handelt sich um einen Bereich, der ständig in Bewegung ist. Wir dürfen dem als Land, als Politik nicht hinterherhecheln. Wir müssen da, glaube ich, endlich Strukturen schaffen, die jederzeit up to date sein können bzw. schnell und unkompliziert aktualisiert werden können. Wie gesagt, ich freue mich auf die weiteren Beratungen im Ausschuss.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Onay. - Nun hat für die FDP-Fraktion Herr Kollege Oetjen das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal vielen Dank an die Fraktionen von SPD und Grünen für diesen Antrag, wobei ich mich ehrlicherweise frage, ob es Ihnen als Regierungsfraktionen nicht ein bisschen zu wenig ist, nur das nachzuvollziehen, was von der Landesregierung schon auf den Weg gebracht wurde, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Maximilian Schmidt [SPD]: Das stimmt ja nicht!)

Denn dieser Entschließungsantrag bezieht sich auf zwei Beschlüsse der Landesregierung. Der erste ist vom 28. September; dabei geht es um die ITStrategie. Der zweite ist vom 15. November; dabei

geht es um die Leitlinien, die der Kollege Onay gerade schon angesprochen hat. Ganz ehrlich: Überlegen Sie sich doch einmal, ob Sie nicht vielleicht als Fraktionen Positionen in den Landtag einbringen können, um zu erreichen, dass die Landesregierung etwas tut, statt nur das nachzuvollziehen, was die Landesregierung sowieso schon tut, verehrte Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Im Übrigen: Wenn man sich die Homepage des Innenministeriums im Hinblick auf das Thema E-Government anguckt, wird man dort fündig. Dort wird man auf verschiedene Projekte verwiesen, die im Bereich E-Government heute schon durchgeführt werden: Beispielsweise edin-gewerbe hat die Landesregierung 2007 gemacht. Elektronischer Rechtsverkehr basiert auf einem Beschluss von 2011. E-Akte basiert auf einem Beschluss von 2012. Das alles hat die Landesregierung im Bereich E-Government schon auf den Weg gebracht. Aber halt - das war ja die Landesregierung davor von CDU und FDP, verehrte Kolleginnen und Kollegen.