Protokoll der Sitzung vom 13.12.2016

Damit einhergehen muss, lieber Kollege Limburg, dass die ungenutzten Möglichkeiten des kostensparenden Bauens ausgeschöpft - das ist besonders im Hamburger Bereich von großer Bedeutung -, energetische Standards nicht übertrieben und Planverfahren abgekürzt werden. Dringend notwendig ist es auch, dass die Kommunen verstärkt Bauland für den Mehrfamilienhausbau ausweisen. Aus meiner Stadt Gehrden ist dazu ein gutes Beispiel zu vermelden. Dort wird gerade ein neues Baugebiet mit 50 Grundstücken für Einfamilienhäuser und Platz für bis zu acht mehrgeschossige Mehrfamilienhäuser entwickelt.

Viele Menschen fühlen sich durch ihre Langzeitarbeitslosigkeit abgehängt. Der Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit ist deshalb eine große ungelöste Herausforderung in Niedersachsen. Die Regierungsfraktionen wollen dafür einen Betrag von 10 Millionen Euro aufwenden und 1 000 Langzeitarbeitslose bei kommunalen Arbeitgebern in sozialen Betrieben sozialversicherungspflichtig beschäftigen. Das ist an sich eine gute Sache, aber es ist eben nur 1 % der rund 100 000 Langzeitarbeitslosen in Niedersachsen. Wir sind dagegen der Auffassung, dass die eingeplanten Landesmittel noch wirkungsvoller eingesetzt werden könnten, indem sie wesentlich zur Finanzierung von zusätzlichem Personal in den Kommunen aufgewendet werden. Dies kann sich dann gezielt mit Arbeitsplatzanbahnung und Qualifizierung für den Job für die Beschäftigung langzeitarbeitsloser Menschen einsetzen.

Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen. Wir als Landtag haben uns alle zusammen dabei sehr engagiert. Es sieht so aus, als wenn im neuen Bundesteilhabegesetz auch einiges von dem, was wir gefordert haben, umgesetzt wird. So wird der Behinderungsbegriff nicht eingeschränkt, bei den Pflegeversicherungsleistungen der Eingliederungshilfe bleibt Gleichrangigkeit bestehen, und ein Vorrang der Hilfe zur Pflege bleibt zumindest noch bis zur Rente erhalten. Aber nicht erreicht worden ist z. B., dass künftig Menschen mit

hohem Unterstützungsbedarf in die Werkstätten für behinderte Menschen einbezogen werden. Das bleibt leider der nächsten Reform vorbehalten.

Ich danke dem Sozialministerium vielfach für die gute Begleitung der Haushaltsberatungen, und allen Fraktionen danke ich sehr herzlich für das - bei allen unterschiedlichen Standpunkten - kollegiale Miteinander und Zusammenarbeiten im Ausschuss.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Matthiesen. - Wenn es mehrere Redebeiträge der Fraktionen zu verschiedenen Themenblöcken gibt, werde ich zur besseren Disposition jeweils nach dem Ende des ersten Redebeitrags die Restredezeit nennen. Der CDUFraktion steht im Rahmen dieses Einzelplans noch eine Restredezeit von 5:08 Minuten zu.

Für die SPD-Fraktion spricht als erster Redner der Kollege Marco Brunotte. Er startet mit dem vollen Konto von 22 Minuten Redezeit. Wir werden sehen, wie viel übrig bleibt. Bitte, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Matthiesen, das ist in der Tat der letzte Doppelhaushalt von Rot-Grün in dieser Legislaturperiode. Wir freuen uns auf weitere rot-grüne Haushalte - wenn es sein muss, auch auf Doppelhaushalte - in der nächsten Legislaturperiode.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Reinhold Hilbers [CDU]: Das ist der allerletzte Haushalt von Rot-Grün überhaupt! - Jens Nacke [CDU]: Pfeifen im Walde!)

Die Analyse der jüngsten vier Jahre Rot-Grün wird sich auch in Teilen in der Debatte zum Haushalt vollziehen. Aber eines ist klar geworden: Rot-Grün kann Sozialpolitik und das nicht nur, weil die Fraktionen bestens aufgestellt sind, sondern weil wir auch eine Sozialministerin haben, die weiß, was Sozialpolitik ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das unterscheidet sich dann schon sehr wohltuend von dem Raubbau an den Sozialsystemen in zehn

Jahren Schwarz-Gelb. Wenn man das liest, was Sie zum Haushalt vorschlagen und was hier an Forderungen auf den Tisch kommt, bekommt man fast Angst, dass Sie die Linke noch links überholen.

Die Beratungen zum Sozialhaushalt im Sozialausschuss waren relativ schnell abgeschlossen, weil von der Opposition wenig Kritikpunkte und noch weniger Alternativvorschläge kamen. Das unterstreichen auch noch einmal die Änderungsanträge zum Haushalt, die von der CDU und von der FDP vorgelegt wurden, in denen relativ wenig enthalten ist. Wir haben in mehreren Bereichen Akzente gesetzt und in mehreren Bereichen deutlich gemacht, dass wir die Politik von CDU und FDP nachhaltig korrigieren.

Ich will im Bereich Gesundheitspolitik mit der hausärztlichen Versorgung beginnen. Sie haben 600 000 Euro pro Jahr in den Haushalt eingestellt, aber scheinbar übersehen, dass längst 1 Million Euro jährlich zur Verfügung stehen, die gemeinsam mit den Kassen, der Kassenärztlichen Vereinigung und dem Sozialministerium im Niedersachsenfonds, der als Strukturfonds zur Verfügung steht, verwaltet werden. Wir erproben damit u. a. in 32 Landkreisen, in den sogenannten Gesundheitsregionen Niedersachsens, sektorenübergreifende Versorgungsmodelle, um für eine gute medizinische und pflegerische Versorgung vor allem in den ländlichen Regionen zu sorgen und die Situation dort zu verbessern. Ein absolutes Erfolgsmodell dieser Landesregierung!

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir haben in diesen Haushalt außerdem 4 Millionen Euro neu für den Aufbau eines neuen klinischen Krebsregisters eingestellt; das ist für uns ein sehr wichtiges Anliegen.

Wir haben uns - sozusagen als Querverbindung zum Sonderausschuss „Patientensicherheit“ - unter dem Eindruck der erschütternden Mordserie in mindestens einem Krankenhaus - eher in mehreren Krankenhäusern - mit dem Thema Patientenfürsprecher, Patientenschutzbeauftragte befasst und uns auf den Weg gemacht, Lösungen für einen besseren Patientenschutz zu finden. Aufgrund des entsprechenden Antrags von SPD und Grünen gibt es mittlerweile in 169 von 182 niedersächsischen Krankenhäusern Patientenfürsprecherinnen und -fürsprecher;

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

das sind weit über 90 %. Das begrüßen wir sehr; auch das ist ein guter Erfolg nicht nur für diese Landesregierung, sondern vor allem auch für die Patientinnen und Patienten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zum Thema Gesundheitswirtschaft sei daran erinnert, dass es diese Landesregierung war, die in einem Querschnitt von Sozial- und Wirtschaftsministerium einen Masterplan Gesundheitswirtschaft vorgelegt hat; denn in diesem Bereich arbeiten ca. 600 000 Menschen, und damit ist es einer der größten Wachstumsmärkte insgesamt. Wir betreiben an der Stelle nicht nur aktive Gesundheitspolitik, sondern vor allem auch aktive Arbeitsmarktpolitik. Aber auch mit diesem Thema beschäftigt sich die Opposition in diesem Haus offenbar nicht.

Zum Thema Wohnungsbau: Lieber Kollege Matthiesen, ich glaube, dass wir uns in der Analyse der Situation auch aufgrund der fundierten Zuarbeit der NBank in Teilen wahrscheinlich sogar einig sind. Was mich nur wundert, ist, dass Sie all das, was Sie in der Analyse auch bei Ihrer heutigen Rede dargestellt haben, in zehn Jahren eigener Regierungsverantwortung nicht umgesetzt haben.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie haben sich - völliges Desinteresse! - mit diesem Thema überhaupt nicht auseinandergesetzt und auch keine Mittel dafür vorgesehen. Sie haben höchstens für eine Fehlsteuerung der vorhandenen Bundesmittel gesorgt. Wir haben seit dem Regierungswechsel 2013 umgesteuert. Wir haben dafür gesorgt, dass bezahlbares Wohnen zum Thema gemacht wurde. Und wir sorgen dafür, dass 800 Millionen Euro zur Verfügung stehen,

(Gudrun Pieper [CDU]: Wo stehen die denn?)

um den berechtigten Interessen der Menschen, die sich nicht aus eigener Kraft auf den Wohnungsmärkten versorgen können und die nach bezahlbarem Wohnraum suchen, nachzukommen. Das hätten Sie auch in eigener Verantwortung im Haushalt darstellen können. Wir haben es zum Thema gemacht und setzen es um.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir kümmern uns auch um Querschnittsthemen wie das Thema studentisches Wohnen. Mittlerweile haben wir den dritten Haushalt mit Zuschüssen für die Studentenwerke versehen, weil wir meinen, dass das ein ganz wichtiges Thema ist. Kollegin Lesemann wird beim Haushaltsschwerpunkt Wissenschaft noch mehr dazu sagen. Wir machen das einfach.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das Gleiche gilt für das Thema Tilgungszuschüsse. Lieber Kollege Matthiesen, Rot-Grün kann das umsetzen, weil Cornelia Rundt, Peter-Jürgen Schneider und Stephan Weil gute Verhandlungsergebnisse aus Berlin mitgebracht haben. Sie haben dafür gesorgt, dass Mittel zur Verfügung stehen, die genutzt werden können. Sie haben in Ihrer eigenen Regierungszeit in die Kasse der Wohnraumförderung gegriffen; bei uns kommen Mittel dazu, um Tilgungszuschüsse möglich zu machen. Wenn Sie beim Thema AfA, steuerliche Abschreibungen für Geschosswohnungsbau mal die Bayern überzeugen würden, wären wir da vielleicht schon etwas weiter.

Zum Thema Städtebauförderung: Es macht sich bemerkbar, dass die Sozialdemokratie sowohl im Bund als auch im Land Regierungsverantwortung mit übernimmt;

(Jörg Bode [FDP]: Das stimmt! Das macht sich bemerkbar!)

denn wir haben endlich wieder eine vernünftige Städtebauförderung. Die Zeiten, Herr Bode, in denen die Soziale Stadt von der FDP geschliffen wird, sind in diesem Land endgültig vorbei.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Im Bereich Inklusion muss man über Frau von der Leyen reden. Sie war es, die als Sozialministerin des Landes Niedersachsen das Blindengeld komplett abschaffen wollte. Nach schweren Protesten musste sie es dann fortführen - wenn auch verringert. Wir erhöhen das Blindengeld um 4 Millionen Euro - und damit bereits zum zweiten Mal in dieser Wahlperiode - auf insgesamt 29 Millionen Euro und setzen damit ein zentrales Wahlversprechen dieser rot-grünen Landesregierung um.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das bedeutet im Konkreten eine Erhöhung von 300 auf 375 Euro im Monat, um Teilhabe von Menschen zu garantieren. Wir haben gleichzeitig die Förderung für taubblinde Menschen verbessert. Damit ist Niedersachsen im Vergleich der Bundesländer endlich vom letzten Platz auf einen mittleren Platz vorgerückt, so wie es versprochen wurde. Wir halten Wort!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir halten auch Wort, wenn es darum geht, die Behinderteneinrichtungen endlich wieder im Rahmen des Landeshaushalts an den jährlichen Tarif- und Sachkostensteigerungen partizipieren zu lassen. In Ihrer Regierungszeit gab es indirekte Kürzungen von 86 Millionen Euro, weil die Übernahme der Tarif- und Sachkostensteigerungen verweigert wurde. Wir machen das über den regulären Haushalt möglich.

Zum Bereich Pflege: Wir haben gestern ja schon einiges in diesem Zusammenhang diskutiert. Ich will an der Stelle noch einige besondere Punkte erwähnen.

Wir haben die Schulgeldfreiheit in der Altenpflege mit 8 Millionen Euro pro Jahr gesetzlich abgesichert. Wir haben Pflege- und Seniorenstützpunkte für die Pflegeberatung zusammengeführt. Wir fördern jedes Jahr mit 1 Million Euro alternative Wohnformen in der Pflege. Wir haben für ein modernes Heimgesetz gesorgt. Und wir werden in den jetzt vorliegenden Haushaltsentwurf für die Jahre 2017 und 2018 zusätzlich jeweils 6 Millionen Euro zur Stärkung ambulanter Pflege im ländlichen Raum einstellen. Insgesamt stehen im Jahr 2017 damit erstmalig mehr als 50 Millionen Euro Landesmittel für ambulante Pflege zur Verfügung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Und wenn wir dann noch den Tarifvertrag Soziales schaffen, sind wir noch ein Stückchen weiter. Auch in der Pflege kann sich die rot-grüne Bilanz also sehen lassen.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Da haben Sie doch gar nichts hingekriegt! - Ge- genruf von Petra Tiemann [SPD]: Herr Hilbers, haben Sie auch was dazu zu melden?)

Zum Bereich Jugendpolitik und Familie: In der Jugendpolitik haben wir dafür gesorgt, dass es wieder einen Landesjugendhilfeausschuss gibt -

ein Thema, das Sie komplett ignoriert haben oder noch schlimmer.

Wir haben für die Förderung der Landesstelle Jugendschutz gesorgt, wir haben zwei Präventionsprojekte im Bereich Pädophilie verstetigt, und wir haben als zweites Bundesland eine Kinderkommission eingerichtet, die in der vergangenen Woche ihre Arbeit aufgenommen hat.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)