Protokoll der Sitzung vom 13.12.2016

Beim Thema Einzelhandel haben wir erst mit dem Landes-Raumordnungsprogramm eine klare Grundlage dafür geschaffen, dass eben nicht nur Marktinteressen regieren, sondern dass wir Nahversorgung auch im kleinräumigen Bereich haben. Ich will einmal den Rundblick zitieren. Der hat Ihre Vorschläge, verehrte Opposition, so bezeichnet:

„Wenn man dem Laissez-faire-Ansatz der Opposition folgen würde, wäre ein

schonungsloser Wettbewerb der Kommunen untereinander die Folge. Das kann in einer schrumpfenden Region nicht gelingen. Der Wettbewerb wäre ruinös.“

Dieses Politikverständnis von Ihnen zieht sich durch alle Politikfelder, die den ländlichen Raum betreffen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben 2013 wirklich die Schubumkehr gestartet, Herr Schünemann.

(Jörg Bode [FDP]: Zurück in die Ver- gangenheit, jawohl!)

Wir haben ein richtig starkes Breitbandausbauprogramm an den Start gebracht, mit dem jetzt flächendeckend in ganz Niedersachsen investiert wird. Wir stärken den Einzelhandel im ländlichen Raum durch eine vernünftige, maßvolle Raumordnungspolitik.

(Zurufe von der FDP: Bitte?)

Wir stärken die Mobilität im ländlichen Raum durch ein neues Nahverkehrsgesetz, mit dem flächendeckend in Niedersachsen mehr Geld für Schülerbeförderung und ÖPNV im Allgemeinen bereitgestellt wird.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Und weniger für den kommunalen Straßenbau!)

Herr Schünemann, Sie ärgern sich darüber, dass wir moderieren und mit den Leuten reden. Ich glaube, Sie brauchen wirklich einen Stuhlkreis, damit Sie es endlich einmal verstehen. Wir machen Regionalentwicklungspolitik und nichts anderes.

Schönen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Schmidt. - Es geht weiter mit der Fraktion der FDP. Das Wort hat Herr Hermann Grupe. Bitte sehr!

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Der er- klärt uns jetzt, wie das mit der Privati- sierung und dem Wettbewerb ist, wa- rum es heute keine Postfilialen mehr gibt! - Helge Limburg [GRÜNE]: Wel- cher Beitrag wurde von der FDP zur Privatisierung geleistet?)

Ich muss erst einmal das Redepult etwas höher beamen, Herr Kollege - das auf ein etwas höheres Niveau heben.

(Lachen bei der SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erst schließt die Post, dann stirbt das Dorf. Ich habe mich gefragt: Was will der Dichter uns mit diesen Worten sagen?

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es wurde bereits gesagt: Dies steht natürlich als Synonym für die Infrastruktur im gesamten ländlichen Raum. Ich sage Ihnen: Hier tickt eine Zeitbombe, wenn wir nicht endlich wirklich entschlossen handeln. Die ländlichen Räume drohen weiter zurückzufallen. Gleichwertige Lebensbedingungen, liebe Kolleginnen und Kollegen - nicht gleiche, aber gleichwertige Lebensbedingungen - im ländlichen Raum müssen das Ziel sein. Daran müssen wir intensiv arbeiten.

(Beifall bei der FDP)

Ich bin weit davon entfernt, hier ein Klagelied anzustimmen. Der ländliche Raum, das Leben auf unseren Dörfern, hat unschlagbare Vorzüge. Dies hängt aber auch damit zusammen, wie attraktiv die jeweiligen Räume sind, wie die knallharten ökonomischen Grundlagen sind, meine Damen und Herren.

Ich will Ihnen ein anderes Beispiel nennen als der Kollege Schmidt. Herr Kollege Schmidt, wenn Sie hier ausgerechnet die Privatisierung als das Hauptproblem anführen, weil die Post vor 20 Jahren privatisiert worden ist, ist das wirklich hanebüchen. Sie haben vom Problem offensichtlich überhaupt nichts verstanden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Das war auch postfaktisch!)

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen ein anderes Beispiel nennen: Die Menschen ziehen in die Städte. Dann denkt man sich: Gut, der Wohnraum wird knapp, das wird teurer, die ökonomischen Bedingungen verschieben sich langsam. - Die Menschen überlegen sich, wie die Lebenshaltungskosten sind. Auf dem Dorf braucht man das

Auto, um zur Arbeit zu kommen. Das kann man in der Stadt einsparen, aber die Miete ist etwas teurer. Was wird gemacht? - Es wird nach dem Staat geschrien. Es wird nach Programmen geschrien, sozialer Wohnungsbau in den Städten. - Okay, das kann alles sein.

Wenn der ÖPNV auf dem Land - auch der müsste Ihnen am Herzen liegen - äußerst unattraktiv und sehr teuer ist, dann muss auch da etwas getan werden. Ich kann Ihnen sagen: Wenn ich mit dem ÖPNV 20 km in unsere Kreisstadt zurücklegen möchte, zahle ich dafür 6 bis 8 Euro. Ich bekomme natürlich auch etwas geboten für das Geld. Es dauert eine Stunde, wenn ich über die Dörfer zuckele. Da darf man wirklich nicht viel vorhaben. Da muss dringend etwas gemacht werden! Wer hier eine Politik gegen das Auto macht, der macht eine Politik gegen das platte Land, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn der Kollege Schünemann anführt, dass die Post als Synonym steht, dann will die Union vielleicht an das Goldene Zeitalter erinnern, als noch die Postkutschen die Mobilität sicherstellten. Wir brauchen bessere Verkehrsanbindungen. Das kann niemand besser darlegen als jemand, der aus dem Kreis Holzminden kommt. Wer bei uns war, der weiß, welch schöne Landschaft wir haben und durch welch schöne Gegenden wir auf geschlungenen Straßen fahren können. Es ist ein Hauptproblem für viele - aber ganz besonders für das Weserbergland -, hier Abhilfe zu schaffen.

In mindestens dem gleichen Maße - vielleicht noch dringender für die Zukunft und vielleicht schneller umsetzbar - brauchen wir den intensiven Breitbandausbau. Es darf nicht sein, dass wir in der Fläche höhere Kosten pro Einwohner haben, weil dort weniger Menschen leben. Für uns ist das Breitbandnetz wie eine Lebensader, an die wir angeschlossen werden müssen. Das ist absolut wichtig dafür, dass wir eine wirtschaftliche Entwicklung in unseren ländlichen Räumen haben, die mit der Entwicklung in den städtischen Ballungsgebieten mithalten kann.

Meine Damen und Herren, aus aktuellem Anlass möchte ich ein weiteres Beispiel anführen. Der Bürgermeister von Bienenbüttel hat uns darauf hingewiesen - Sie haben es in der Presse vielleicht gelesen -, dass 5 000 Seiten Anträge für ein Feuerwehrhäuschen gestellt werden müssen.

Meine Damen und Herren, diese Form von Bürokratie schadet insbesondere den kleinen Kommunen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Auch wenn man in den großen Städten diesen ganzen Unfug - ich sage es mal auf Deutsch - vielleicht noch irgendwie bewältigen kann, so stehen unsere kleineren Gemeinden jedoch vor unlösbaren Aufgaben. Wenn dieser Bürgermeister sagt: „Es wird in der Bürokratie Geld verbrannt“, dann hat er recht! Wenn er sagt, dass die Bestimmungen teilweise „lebensfremd“ sind, dann hat er genauso recht.

Wenn er anführt - da wird es, glaube ich, genau auf den Punkt gebracht -: „Über eine Verschärfung der Bürokratie kann man erreichen, dass kleine Gemeinden irgendwann nicht mehr lebensfähig und arbeitsfähig sind.“, dann trifft er den Nagel genau auf den Kopf. Hier müssen wir für Abhilfe sorgen.

Wir brauchen Schulen, die in erreichbaren Entfernungen sind. Wir brauchen eine ganz andere Versorgung mit Ärzten, eine ganz andere Struktur; denn auch die Ärzte sind Menschen, und sie wollen anders als früher leben. Wir brauchen Gesundheitszentren. Der klassische Landarzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, kommt oft nur noch im Fernsehen. Hierfür brauchen wir ganz andere Lösungsansätze. Hier müssen wir handeln! Wir alle sind aufgerufen gegenzusteuern.

Auch wenn uns manche einreden wollen, dass wir in einer postfaktischen Zeit leben, sage ich optimistisch: Vielleicht schließt die Post, aber das Dorf stirbt nie!

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Grupe. - Jetzt folgt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Janßen. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich, meine Damen und Herren von der CDU, greifen Sie mit dieser Aktuellen Stunde ein durchaus wichtiges Thema auf. Nur so, wie Sie es heute dargestellt haben, wird das eher zur Klamaukstunde. Das hat das Thema eigentlich nicht verdient, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie können dieser Landesregierung nicht vorwerfen, diese Misere verursacht zu haben, zu verstärken oder Ähnliches mehr. Genau das Gegenteil ist der Fall. Einer negativen Entwicklung auf dem Lande steuert diese Landesregierung mit allen Mitteln entgegen! Es bedarf integrierter und langfristiger Ansätze, und genau das macht diese Landesregierung. Das Land erkennt die Unterschiedlichkeit seiner Regionen an und bekennt sich zu regional differenzierter Struktur- und Raumordnungspolitik.

Dafür stehen ganz besonders die seit 2014 existierenden Ämter für regionale Landesentwicklung. Ihre Aufgabe ist es, die Akteure zusammenzubringen - - -

(Lachen bei der CDU und bei der FDP)

- Ich weiß nicht, wie das bei Ihnen ist. In WeserEms hat man es durchaus gut geschafft.

(Christian Grascha [FDP]: In Südnie- dersachsen nicht!)

Der Auffassung bin ich durchaus!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Weil Sie da den Regionalbeauftragten behal- ten haben, den wir eingesetzt haben!)

Gerade das Südniedersachsenprogramm steht beispielhaft für Partizipationsmöglichkeiten und die Vernetzung relevanter Akteure. Seit dem Start des Programms wurden 27 Projekte beantragt, und 18 davon sind bereits bewilligt. Dazu zählen Projekte im Tourismus wie das UNESCO-Welterbe Harz - es wird nun mit Infozentren als attraktive Anlaufpunkte ausgestattet - oder das EcoBus-Projekt, das die Modernisierung des öffentlichen Nahverkehrs über intelligente Netzwerksteuerung einer Flotte von Taxis und Kleinbussen anstrebt.

(Christian Grascha [FDP]: Als wenn es diese Ideen nicht schon früher ge- geben hätte!)