Die Kultusministerin, ist festzustellen, plappert dem Ministerpräsidenten vorsichtshalber alles nach, damit sie sich nicht wieder in die Nesseln setzt. Und Sie, Herr Ministerpräsident Weil, tauchen völlig ab.
Normalerweise versteckt er sich hinter Akten; heute versteckt er sich im Gespräch, inhaltlich, ganz intensiv, mit Finanzminister Schneider, der ihm nämlich das Geld dafür, dass die Gebührenfreiheit umgesetzt wird, nicht zur Verfügung stellen will.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Oder er versucht ihn gerade zu überzeugen! Hat Herr Schneider jetzt Ja gesagt, Herr Minis- terpräsident?)
- Ja, es wäre zu schön, wenn der Herr Ministerpräsident den Finanzminister überzeugen könnte, damit der Ministerpräsident seinen großspurigen Worten auch Taten folgen lassen kann.
Meine Damen und Herren, die Wahrheit ist also, dass der Ministerpräsident hier heute definitiv in der Glaubwürdigkeitsfalle steckt.
Er wird das mit seinem Abstimmungsverhalten auch zementieren. Ich verstehe nicht, Herr Ministerpräsident, warum Sie jetzt den Kopf schütteln. Was haben Sie gesagt? Sie wollen es umsetzen? Im Nachtragshaushalt ist kein einziger Cent dafür eingestellt. Sie wollen es zum 1. August 2018 umsetzen. Wenn Sie es tatsächlich ernst damit meinen und Sie die Eltern nicht verschaukeln wollen - das unterstelle ich Ihnen -, dann zementieren Sie es, und sagen Sie jetzt vor der Wahl: Wir machen einen Nachtragshaushalt. - Dann kommen Sie aus der Glaubwürdigkeitsfalle heraus, aber nur dann.
Wenn Sie das nicht machen, wenn Sie heute gegen diesen Antrag der FDP und gegen unseren Änderungsantrag sind, dann ist auf Ihr Wort kein Verlass.
Dann erleben wir etwas, was ich in 27 Jahren als Landtagsabgeordnete an Unverfrorenheit, an Dreistigkeit noch nicht erlebt habe. An eine größere Wählertäuschung kann ich mich überhaupt nicht erinnern.
(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD - Johanne Modder [SPD]: Unglaublich!)
Und dabei - Herr Ministerpräsident, auch das sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben - hätten Sie die Chance, ohne große Probleme dem Gesetzentwurf der FDP zur Beitragsfreiheit und unserem Änderungsantrag zum gesamten Kita-Bereich zuzustimmen. Ohne Probleme deshalb, weil es dem Land finanziell noch nie so gut ging wie heute. - Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt ist: Vom Bund erhält das Land Niedersachsen 300 Millionen Euro allein für den qualitativen Aspekt. Frau Hamburg, der qualitative Bereich wird also schon vom Bund erledigt. Was machen Sie denn überhaupt?
Sie haben in dieser Legislaturperiode keinen Cent für die Investitionen zur Verfügung gestellt, Sie stellen keinen einzigen Cent für die Beitragsfreiheit ein. Sie leisten sich hier lediglich Versprechungen an jeder Ecke und an jeder Kante, die Sie nicht umsetzen, und das ist zu kritisieren.
Vor diesem Hintergrund haben wir immer einen Stufenplan gefordert. Das machen wir mit unserem Änderungsantrag auch, weil wir ja glaubwürdig bleiben wollen. Wir können nicht alles sofort umsetzen. Wir fordern auch in unserem Änderungsantrag einen Stufenplan. Zum einen wollen wir eine Ausweitung der Kapazitäten der Erzieher. Zum anderen wollen wir eine Ausweitung der Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Wir wollen eine Erhöhung der Verfügungsstunden, und wir wollen auch die Umsetzung der gebührenfreien Kita.
Deswegen, Herr Ministerpräsident, noch einmal: Ärgern Sie sich nicht schwarz über die Grünen, die ja erst noch ihr Wahlprogramm schreiben wollen! Nehmen Sie eine klare Haltung ein! Verankern Sie, die Roten, diese hier und heute, mit Schwarz-Gelb an Ihrer Seite! Denn in dem Moment dokumentieren Sie: Sie stehen zu Ihrem Wort.
Vielen Dank, Frau Kollegin Vockert. - Nun hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Hamburg das Wort. Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ihr Beitrag, Frau Vockert, macht einmal mehr deutlich, warum es gut ist, dass wir Grünen auf Personalunionen verzichten. Sie scheinen leider nicht auseinanderdividieren zu können, welche Rolle der Landesvorsitzende Stephan Weil hat, welche Rolle die Partei SPD hat und welche Rolle der Ministerpräsident Stephan Weil hat, der einen Koalitionsvertrag umzusetzen hat.
(Lachen und Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Ist er schizophren? - Christian Dürr [FDP]: Als Landesvorsitzender darf er etwas erzählen, als MP aber nicht machen! - Zurufe von der CDU)
Ich bin für meine Fraktion sehr froh, dass bei uns noch die Partei die Wahlprogramme macht, mit der die Partei zur Wahl antritt, und dass das nicht etwa irgendwelche Landtagsabgeordneten vorwegnehmen.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Jens Nacke [CDU]: Besser hätten Sie es nicht zum Ausdruck bringen kön- nen, Frau Kollegin! - Weitere Zurufe von der CDU - Unruhe - Glocke der Präsidentin)
Einen Moment, Frau Kollegin! Wir fahren erst fort, wenn Ruhe im Plenarsaal eingekehrt ist. Ihre Redezeit wird angehalten, sodass sie Ihnen voll zur Verfügung steht.
(Jens Nacke [CDU]: Besser kann man es nicht beschreiben! - Christian Dürr [FDP]: Bei VW ist das auch so! Da sind Aufsichtsrat und Ministerpräsi- dent auch zwei verschiedene Persön- lichkeiten!)
- Herr Kollege Dürr, Sie haben jetzt nicht das Wort. Vielmehr werde ich jetzt die Frau Kollegin fragen, ob Sie dem Wunsch des Kollegen Thiele und des Kollegen Grascha nach einer Zusatzfrage entsprechen will.
- Das entscheidet ausschließlich Frau Kollegin Hamburg und nicht Sie! - Bitte sehr, Frau Kollegin Hamburg!
(Jens Nacke [CDU]: Reicht schon! Wir haben alles gehört, was wichtig ist! - Jörg Bode [FDP]: Mehr Beifall kommt nicht!)
Herr Stephan Weil achtet den Parlamentarismus offensichtlich mehr als Sie; denn ihm ist bewusst, dass es im nächsten Jahr Koalitionsverhandlungen geben wird, dass er dann das Programm für die nächsten fünf Jahre auf den Weg bringen wird
und jetzt erst einmal um jede Stimme für Rot-Grün streiten wird, um dann diese Regierung fortsetzen zu können.
Wir haben deutlich gemacht - das sagen Sie auch immer wieder -: Wir haben uns im Koalitionsvertrag viel vorgenommen. Insbesondere die Bildungspolitik und hier auch der frühkindliche Bereich nehmen in unserem Regierungshandeln und auch im Koalitionsvertrag zu Recht eine große Rolle ein.
Sie von Schwarz-Gelb haben vorrangig auf Quantität gesetzt und die Qualität dabei komplett vernachlässigt. Auch die Personalgewinnung aufgrund des Fachkräftemangels, der schon prognos
tiziert war, haben Sie einfach nicht ernst genommen. Es gibt gar nicht genug Fachkräfte auf dem Markt. Dafür tragen Sie die Hauptverantwortung.
All diese Themen gehen wir jetzt an und bringen die Qualität und auch die Fachkräftegewinnung offensiv nach vorn.
Denn wir sind angetreten, um es besser zu machen. Ich kann Ihnen sagen - das wird immer wieder deutlich -: Rot-Grün wirkt an dieser Stelle.
(Christian Dürr [FDP]: Sie haben das Versprechen eines neuen Kinderta- gesstättengesetzes gebrochen!)