Protokoll der Sitzung vom 02.03.2017

Meine Damen und Herren, wie Sie wissen, liegen die gegenwärtigen Einbruchszahlen weit hinter jenen der 1990er-Jahre. Im Jahr 1993 hatten wir in Niedersachsen mit 32 045 Wohnungseinbruchsdiebstählen in etwa die doppelte Anzahl der Einbrüche des vergangenen Jahres. Im Jahr 2006 gab es in Niedersachsen nur noch 10 555 Einbruchsdiebstähle. Seitdem gibt es einen Anstieg auf 16 405 Fälle im vergangenen Jahr. Das bedeutet für Niedersachsen eine Steigerung auf circa die Hälfte des Höchststandes aus dem Jahr 1993.

Die bundesweite Entwicklung ist demgegenüber allerdings deutlich steiler verlaufen. Der bundes

weite Anstieg lag im Jahr 2015 bereits bei zwei Dritteln der Fallzahlen des Jahres 1993.

Meine Damen und Herren, halten wir also fest: Erstens. Die Einbruchsdiebstähle nehmen bundesweit zu und in Niedersachsen deutlich langsamer als im Bundesdurchschnitt. Ich finde, das muss man zunächst einmal zur Kenntnis nehmen, bevor man Bewertungen abgibt.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE] - Martin Bäumer [CDU]: Oh, ist das ein Er- folg?)

Zweitens. Die Aufklärungsquote bei Einbruchsdiebstählen ist in Niedersachsen um ca. 50 % höher als im Bundesdurchschnitt. Herr Bäumer, ja, ich finde, das ist ein Erfolg.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP] lacht)

Drittens. Der Anstieg der Einbruchskriminalität konnte in Niedersachsen im Jahr 2016 mit einem Rückgang der Fallzahlen um 1,04 % gestoppt werden.

Meine Damen und Herren, anhand dieser Entwicklung wird deutlich, dass in Niedersachsen von einem polizeilichen Mangel bei der Bekämpfung des Einbruchsdiebstahls keine Rede sein kann.

Noch absurder wird die Kritik, wenn über den phänomenologischen Tellerrand hinaus auf die gesamte Kriminalitätsentwicklung in Niedersachsen geschaut wird. Ausweislich der Kriminalitätsstatistik ist die Gesamtzahl der Straftaten in Niedersachsen während der vergangenen zehn Jahre um 7,43 % zurückgegangen. Parallel konnte die Aufklärungsquote in den vergangenen zehn Jahren von 56,9 % auf 61,4 % gesteigert werden. Der bundesweite Durchschnitt liegt bei ca. 55 %. Auch das, Herr Bäumer, können Sie durchaus als Erfolg werten.

Meine Damen und Herren, das sind sehr gute Leistungen unserer Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, für die wir ihnen an dieser Stelle auch einmal Dank sagen sollten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn die Kritik der Opposition zuträfe, die Landesregierung sei irgendwie für angebliche Schlechtleistungen der Polizei verantwortlich, wären wohl entsprechende Auswirkungen auf alle Phänomenbereiche zu erwarten. Genau das, meine Damen und Herren, trifft nicht zu. Selbst Sie loben, die

Polizei arbeite das allgemeine Einsatzgeschehen bei Fußballspielen und Großdemonstrationen prima ab und habe das allgemeine Kriminalitätsgeschehen voll im Griff. Nur den Anstieg der Einbruchsdiebstähle soll die Polizei bzw. die Landesregierung zu verantworten haben? - Meine Damen und Herren, das ist doch völlig unplausibel.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Aber die Konsequenzen einer so verschrobenen Lagebeurteilung sind natürlich klar: Man kommt zwangsläufig zu fragwürdigen und in der Sache nicht zielführenden Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen.

Meine Damen und Herren, wir sind anhand der sicherheitsspezifischen Kennzahlen der begründeten Überzeugung, dass die niedersächsische Polizei eine hervorragende Arbeit abliefert.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Weil sie das tut und weil das der objektive Sachverhaltsbefund ist, werden wir anders, als Sie es in Ihren Anträgen nahelegen, selbstverständlich nicht in die operativen Entscheidungen der Dienststellenebene eingreifen und beispielsweise vorgeben, spezielle Ermittlungsgruppen einzurichten.

Ob solche Sonderkommissionen sinnvoll oder nicht sinnvoll sind, müssen wir nicht beurteilen. Das können die Polizeiinspektionen und die Polizeikommissariate vor Ort aus ihrer eigenen Kompetenz heraus viel besser beurteilen, als wir dazu in der Lage sind.

Wir haben uns darum mit unserem Antrag auf die zielführenden politischen Impulse konzentriert, die die Ausschussanhörung zutage gefördert hat, nämlich zuerst die vorbeugende technische Sicherung von Wohnobjekten, den ersichtlich wirksamsten Ansatz zur Bekämpfung der Wohnungseinbruchskriminalität.

Ferner sollen Wohnungsmieter im Hinblick auf die technische Einbruchsprävention nicht länger schlechtergestellt werden, weil sie für einen Einbau von technischen Einbruchsmaßnahmen auf die Zustimmung des Vermieters angewiesen sind und diese Einbauten bei einem Auszug aus der Wohnung im Zweifel wieder entfernen müssen.

In die gleiche Richtung zielt auch der Ansatz, das Programm zur KfW-Förderung für den Einbau von Sicherheitstechnik über 2017 hinaus zu fördern

und die zur Verfügung stehenden Mittel auch für private Neubauten aufzustocken.

Meine Damen und Herren, auch in der Gestaltung unserer Städte und des öffentlichen Raums sehen wir weitere Potenziale für eine wirksame Kriminalprävention. Dazu wollen wir das Erfahrungswissen und die statistische Datenbasis der Polizei den Stadtplanern und Architekten, den Bauverwaltungen und der Wohnungswirtschaft im Rahmen von Sicherheitspartnerschaften im Städtebau noch offensiver anbieten, um bestehende kriminalpräventive Potenziale wirksamer nutzen zu können.

Nicht zuletzt wollen wir die polizeiliche Zusammenarbeit und den Datenaustausch über die Ländergrenzen hinweg erleichtern und intensivieren. Wenn Täter international agieren, muss auch die Polizei ihre Arbeit grenzüberschreitend organisieren können. Die Zusammenarbeit Niedersachsens mit den Nachbarstaaten Belgien und den Niederlanden sowie mit den Bundesländern NordrheinWestfalen und Rheinland-Pfalz ist genau das richtige Beispiel für weitere Kooperation.

Meine Damen und Herren, ich denke, das sind wichtige ergänzende Impulse für die bisher schon hervorragende Arbeit, die die niedersächsische Polizei in diesem Phänomenbereich leistet. Ich denke, wir werden genau mit diesem Ansatz ein Stück weiterkommen, um die Sicherheit in Niedersachsen weiter zu erhöhen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. - Das Wort für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Adasch. Bitte!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren in diesem Hohen Hause heute abschließend drei Anträge zum Thema Einbruchskriminalität - ein Thema, das die Menschen in Niedersachsen bewegt und das für die Opfer oftmals mit langjährigen psychischen Folgen einhergeht. Denn das Eindringen der Täter in den persönlichen Lebensbereich führt bei den Opfern oftmals zu einer schweren Traumatisierung und einer bleibenden Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität.

Der Antrag meiner Fraktion zu diesem Thema stammt vom 5. April letzten Jahres. Der Antrag der

FDP-Fraktion, über den wir heute beraten, stammt vom 4. Mai letzten Jahres.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Das ist aber schon der zweite!)

- Das ist schon der zweite, völlig richtig. - Der Antrag von SPD und Grünen stammt vom 24. Januar dieses Jahres.

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Immer wieder die gleiche Leier!)

Dass Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, gut vier Jahre nach Regierungsübernahme, kurz vor Toresschluss, nun doch noch mit einem solchen Antrag daherkommen, ist purer Aktionismus, für die Polizei höchst unbefriedigend und für die Opfer von Einbruchskriminalität ein sehr schwacher Trost.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben die Entwicklungen der vergangenen Jahre schlicht verschlafen oder aus rein ideologischen Gründen ignoriert. Ich habe Ihnen dies bereits in der letzten Debatte zu diesem Thema - im vergangenen Plenum - ausführlich dargelegt. Während Sie auf dem Feld der inneren Sicherheit in den vergangenen vier Jahren politisches Stückwerk produziert haben, das immer nur eine notwendig gewordene Reaktion auf Ereignisse, Vorstöße der Opposition oder Kritik aus den Gewerkschaften und Berufsverbänden darstellte, haben wir als CDU-Landtagsfraktion eine Sicherheitsstrategie aus einem Guss für Niedersachsen vorgelegt.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir fordern in unserem Antrag, die personelle Ausstattung der Staatsanwaltschaften und Justiz zur Bekämpfung der Einbruchskriminalität zu verbessern. Denn auf eine geringe Aufklärungsquote folgt laut Kriminologischem Forschungsinstitut Niedersachsen eine noch einmal deutlich geringere Verurteilungsquote.

Wir fordern, Sonderkommissionen der Polizei - Teams mit Ermittlern, Bereitschaftspolizei, mobile Einsatzkommandos, Zivilfahnder - nach dem Vorbild Hamburgs und Nordrhein-Westfalens.

Wir fordern die Einrichtung einer Koordinierungsstelle für den Bereich der Wohnungseinbrüche beim LKA.

Wir fordern, die Aufnahme von DNA-Spuren an Tatorten deutlich auszuweiten.

Wir fordern eine Bundesratsinitiative zum Wegfall des minder schweren Falls beim Wohnungseinbruchsdiebstahl im Strafgesetzbuch.

Wir fordern eine Bundesratsinitiative, um Wohnungseinbruchsdiebstahl als Katalogstraftat für die Vorratsdatenspeicherung einzuführen.

Wir fordern den verstärkten Einsatz von Zivilfahndern auf den Autobahnen und Bundesstraßen, um so die Reiserouten von Einbruchsbanden gezielt zu überwachen und durch Kontrollen den Fahndungsdruck zu erhöhen.

Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von RotGrün, haben nach wie vor kein Konzept, wie man internationale Banden, die entlang unserer Autobahnen auf Raubzug gehen, effektiv bekämpfen soll.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Kennzeichenlesegeräte wollen Sie für die niedersächsische Polizei künftig verbieten, während sie für die Bundespolizei gerade angeschafft werden.

Außerdem fordern wir nach wie vor ein echtes 1 000er- bzw. - bis 2022 - ein 3 000er-Programm für unsere niedersächsische Polizei, die im letzten Jahr erneut 60 Überstunden pro Beamtem angehäuft hat.

Das 1 000er-Programm von Rot-Grün ist eine echte Mogelpackung. Auch das habe ich Ihnen im vergangenen Plenum bereits erläutert. Sie widmen Mehreinstellungen von Polizeianwärtern aus dem Nachtragshaushalt 2015 um, nehmen Luftbuchungen durch Aufgabenübertragungen oder Freisetzungen vor, rechnen Stellen ein, die nur aufgrund des Hinausschiebens des Ruhestands auf dem Papier als scheinbar neue Stellen auftauchen, und basteln sich damit etwas zusammen, das den Namen 1 000er-Programm nicht verdient hat, das unsere Polizei nicht entlastet und den Bürgern nicht mehr Sicherheit bringt.