Protokoll der Sitzung vom 02.03.2017

Vielen Dank, Herr Kollege. - Nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung erhält Herr Kollege Oetjen von der FDP-Fraktion das Wort. Eine Minute, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben gera

de in den Raum gestellt, es habe 87 Sonderkommissionen, besondere Ermittlungsgruppen und Ähnliches gegeben.

Aber Sie haben - aus meiner Sicht bewusst - nicht gesagt, dass sich diese auf Einbrüche bezogen haben. Wenn ich Sie gerade richtig verstanden habe, wollen Sie das zwar suggerieren. Aber tatsächlich handelt es sich dabei um alle Sonderkommissionen, die in Niedersachsen eingerichtet wurden.

(Minister Boris Pistorius: Nein!)

- Das finde ich faszinierend.

Ich muss dem Kollegen Adasch absolut recht geben.

(Zustimmung von Björn Thümler [CDU])

Wenn man an der Basis fragt, ob tatsächlich solche Ermittlungsgruppen eingerichtet werden können, dann sagen die Kolleginnen und Kollegen: Nein, dafür haben wir nicht das Personal.

(Björn Thümler [CDU]: So ist es!)

Im Heidekreis in Soltau sind sie beispielsweise abgeschafft worden, obwohl sie hervorragende Ergebnisse gebracht haben.

Sie haben bei anderen Fragestellungen, beispielsweise bei der SOKO Zerm, gesagt, es soll auch einmal an anderen Standorten umgesetzt werden. Das haben Sie von oben vorgegeben. Wenn Sie das wollen, können Sie das beim Einbruch genauso machen. Aber Einbruchskriminalität ist kein Schwerpunkt für Sie. Da müssen Sie nachsteuern, damit den Menschen in Niedersachsen geholfen wird.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Oetjen. - Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht, sodass ich die Beratungen schließen kann.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen zunächst über die Nr. 1 der Beschlussempfehlung ab. Wer der Nr. 1 der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 17/7273 unverändert annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimm

enthaltungen? - Der Ausschussempfehlung wurde mit Mehrheit gefolgt.

Wir kommen zur Abstimmung zu Nr. 2 der Beschlussempfehlung. Wer der Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 17/5484 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Ausschussempfehlung wurde gefolgt.

Nun kommen wir zu Nr. 3 der Beschlussempfehlung. Wer der Nr. 3 der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 17/5698 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Ausschussempfehlung wurde gefolgt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir in die Mittagspause gehen, erinnere ich noch einmal daran, dass nun die Besichtigung der Landtagsbaustelle ansteht. Wer daran teilnehmen möchte, möchte sich bitte im Flurbereich vor dem Dienstzimmer des Landtagspräsidenten einfinden.

Wir setzen die Sitzung nach der Mittagspause um 15.30 Uhr fort.

(Unterbrechung der Sitzung von 13.50 Uhr bis 15.31 Uhr)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, Sie hatten eine gute Mittagspause und haben unseren neuen Plenarsaal gesehen. Ich fand ihn beeindruckend. Alle, die ich getroffen habe, fanden das, was dort entstanden ist, beeindruckend, Herr Präsident.

Ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 19: 40. Übersicht über Beschlussempfehlungen der ständigen Ausschüsse zu Eingaben - Drs. 17/7435 - strittige und unstrittige Eingaben

Dazu liegen keine Änderungsanträge vor. Gibt es dennoch Wortmeldungen? - Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer den Beschlussempfehlungen der Ausschüsse zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das war einstimmig. Danke schön.

Ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 20: Besprechung: „Reichsbürger“ in Niedersachsen - Was passiert? - Große Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 17/6877 - Antwort der Landesregierung - Drs. 17/7385

Wir kommen jetzt zur Besprechung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Rudolf Götz. Herr Kollege Götz, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 14. November 2016 hat die CDU-Landtagsfraktion diese Große Anfrage an die Landesregierung gesandt. Die Antwort hierauf wurde am 15. Februar 2017 durch das Ministerium für Inneres und Sport gegeben. Anlass für diese Große Anfrage war der Vorfall im Landkreis Roth in Mittelfranken. Bei einer Durchsuchung wurde von einem „Reichsbürger“ geschossen. Hierbei wurde ein Polizeibeamter getötet, und drei Polizeibeamte wurden verletzt.

Aus der Presse, aber auch aufgrund von Anfragen von Thomas Adasch von der CDU-Fraktion wurde bereits im Jahr 2015 dieses Thema in Niedersachsen stärker aufgegriffen. Der CDU-Landtagsfraktion geht es darum, durch diese Anfrage ein Bild davon zu bekommen, wie sich die „Reichsbürger“Szene in Niedersachsen darstellt.

Meine Damen und Herren, bei der Einreichung dieser Großen Anfrage wurde auch auf die Urteile des Staatsgerichtshofs hingewiesen, damit unsere Fragen vollständig beantwortet werden, sodass wir aus sämtlichen vorhandenen Quellen eine ausführliche Information verlangen können. Mit insgesamt 25 Fragen und den entsprechenden Antworten darauf hoffen wir, für die Öffentlichkeit, für die Politik und auch für die Behörden ein umfassendes Bild über die „Reichsbürger“ in Niedersachsen erhalten zu haben.

Nach Darstellung der Landesregierung sind die sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter keine einheitliche Bewegung. Sie sollen sich aus autark handelnden Einzelpersonen und Gruppierungen zusammensetzen. Meine Damen und Herren, das Spektrum wird so beschrieben, dass es von politisch interessierten Trachtenvereinen über

esoterisch geprägte Gruppen bis hin zu rechtsextremistisch motivierten Personenzusammenschlüssen reicht.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich kritisieren, dass in diesem Zusammenhang der Begriff „Trachtenvereine“ benutzt worden ist. Wir wissen, dass es in Niedersachsen wohlorganisierte Trachtenvereine gibt, die beispielsweise auch am Niedersachsentag teilnehmen. Ich gehe davon aus, dass diese Vereine an dieser Stelle von der Landesregierung bzw. vom Innenministerium nicht gemeint sind.

Die Landesregierung erwähnt auch, dass die bekannten „Reichsbürger“ durch den Verfassungsschutz beobachtet werden. Schwierig scheint es, diese Gruppierungen unter dem Begriff „Rechtsextremismus“ zusammenzufassen. Es ist allerdings bekannt, dass in diesen Kreisen rechtsextremistische Bestrebungen vorhanden sind.

An dieser Stelle möchte ich einen zusätzlichen Gedanken aufnehmen: Sollte man bei „Reichsbürgern“ mit ihrem Weltbild von gestern davon ausgehen, dass sie ihre Nachrichten mithilfe von Brieftauben austauschen könnten, so ist dies leider nicht der Fall. Gerade in diesen Kreisen bedient man sich der Vernetzungsmöglichkeiten der neuen Medien. Auf diesem Weg erhält man Anregungen, Hilfen, Handlungsanleitungen und vieles andere mehr. Das Alte und das Neue verknüpfen sich zu einem gefährlichen Beziehungsgeflecht.

Es ist wohl davon auszugehen, dass sich dieses frühere Einzelphänomen, wenn es nicht entsprechend bekämpft wird, schnell auszubreiten vermag. Man fühlt sich in der Szene nicht mehr allein und erhält möglicherweise ständig Bestätigungen und Anregungen. Hierdurch kommt es zu Verstärkungseffekten.

Meine Damen und Herren, Verfassungsschutz, Polizei, Justiz und Steuerverwaltungen sind gefordert. Die entsprechenden Instrumente sind anzuwenden. Fehlbeurteilungen sind zu vermeiden. Gerade das polizeiliche Eingreifen ist sensibel vorzubereiten. Nach Angaben des niedersächsischen Verfassungsschutzes werden seit 2005 die Anhänger dieser Szene beobachtet. Inzwischen - das ist in Niedersachsen seit zwei Jahren der Fall - ist eine Zunahme der Aktivitäten festzustellen. Eine Steuerung ist zurzeit nicht erkennbar. Gefahrenprognosen können nur für Einzelpersonen abgegeben werden.

Es wird auch bestätigt, dass die sogenannten Querulanten durch die „Reichsbürger“-Szene ein Informationswissen erhalten haben und sich ein neues Betätigungsfeld öffnen könnte. Für die meisten Anhänger der „Reichsbürger“- und „Selbstverwalter“-Szene ist davon auszugehen, dass sie staatliches Handeln nicht akzeptieren. Sie lehnen staatliches Handeln einfach ab.

Meine Damen und Herren, ein großes Problem bei den „Reichsbürgern“ entsteht auch dadurch, dass sie sich aus scheinbar nichtigen Anlässen mit dem Staat und seinen Organen anlegen und sich immer tiefer verstricken. Das geht zum Teil so weit, dass sie in sich selbstzerstörerische Kräfte entwickeln und entstehen lassen, die bis hin zur eigenen Existenzbedrohung führen. Anfänglich scheinbar harmlos erscheinende Personen radikalisieren sich immer stärker. Sie werden dadurch nicht nur eine Gefahr für sich selbst, sondern auch eine Gefahr für die handelnden staatlichen Organe und auch für die betroffenen Bürger.

Das Gefahrenpotenzial, das von ihnen ausgeht, ist schwer einschätzbar. Es ist deshalb richtig, dass entsprechende Handlungsempfehlungen und Handreichungen erarbeitet werden, die ein erfolgreiches Einschreiten und Bearbeiten vorbereiten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

- Danke schön.

Meine Damen und Herren, neben der allgemeinen Bewertung der sogenannten Reichsbürger können die Fragen der CDU-Landtagsfraktion zu einer besseren Beurteilung dieser Bewegung führen.

Im gesamten Bundesgebiet gibt es verschiedene Organisationsbezeichnungen. In Niedersachsen selbst wurden die „Exilregierung Deutsches Reich“, der „Freistaat Preußen“, das „Amt für Menschenrechte“ und der „Osnabrücker Landmark e. V.“ gegründet.

Aus der Antwort auf die Fragen geht auch hervor, dass in Deutschland mehrere sogenannte Reichsregierungen gegründet wurden. So soll auch im Raum Hildesheim eine „Reichsregierung“ gegründet worden sein. Diese besteht seit ca. 2004. Zu dieser Organisation gehören etwa 25 Mitglieder. Bereits seit 2005 werden die Aktivitäten durch den Verfassungsschutz beobachtet.