Schauen Sie mal, wo im Land Gesamtschulen und wo Oberschulen entstanden sind! Trotz Ihrer Absenkung der Mindestvoraussetzungen zur Errichtung von Gesamtschulen gibt es im Land immer wieder die Situation, dass vor Ort die Schülerzahlen nicht ausreichen, um eine drei- oder vierzügige Gesamtschule zu gründen. Und genau an den Stellen ist die Oberschule ein Angebot. Die Oberschule ist die Lösung, die es ermöglicht, dass wir auch im ländlichen Raum noch Schulstandorte haben, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Das müssen Sie doch endlich einmal anerkennen. Aber nein! Sie sagen: Wir müssen vorgeben, wie die Schulen künftig pädagogisch arbeiten sollen.
- Nein, das wollen Sie nicht! Sie haben eben gesagt, Rot-Grün gibt die pädagogischen Antworten. - Wir haben eine Oberschule geschaffen, in der die Lehrkräfte unseres Landes die pädagogischen Antworten auf die Herausforderungen geben. Und genau das ist der Unterschied zwischen Ihrer Bildungspolitik und unserer Bildungspolitik.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Miriam Staudte [GRÜNE]: Deswegen haben Sie den Schulen auch aufge- drückt, G 8 umzusetzen!)
Wir haben die Oberschule mit vielen Freiheiten auf den Weg gebracht, u. a. mit der Freiheit, zwischen schuljahrgangsbezogenem und schulzweigspezifischem Unterricht zu unterscheiden. Sie schränken diese Freiheiten jetzt ein. Sie geben hier scheinbar pädagogische Antworten, indem Sie die Lehrerkompetenzen einschränken. Geben Sie doch den Oberschulen pädagogische Freiheiten! Geben Sie doch den Oberschulen die Ressourcen, die sie brauchen, um die Schülerinnen und Schüler zu unterstützen.
treffen Sie nicht die Schulform. Sie treffen über 90 000 Schülerinnen und Schüler, die jeden Tag die Oberschule besuchen, und die Lehrkräfte, die ihr Bestes geben, um diese Kinder zu unterstützen.
Geben Sie Ihren ideologischen Widerstand auf, und unterstützen Sie die Oberschulen! Unterstützen Sie diesen Antrag!
Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. - Für die SPD-Fraktion erteile ich jetzt dem Abgeordneten Christoph Bratmann das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich mache das ein bisschen weniger theatralisch als der Kollege Försterling.
Ich glaube, ich habe mich sogar noch etwas intensiver mit dem Antrag auseinandergesetzt als der Kollege Seefried. - Lieber Kollege Seefried, wenn Sie sich tatsächlich inhaltlich so intensiv mit diesem Antrag zum Thema Oberschule als Erfolgsmodell auseinandergesetzt hätten, dann wäre Ihnen ein fundamentaler Widerspruch in diesem Antrag aufgefallen. Denn in den Forderungen an die Landesregierung fordern Sie unter Punkt 1 eine wissenschaftliche Evaluation der Arbeit der Oberschulen, um dann auf Basis der Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Evaluation diese Schulform schrittweise weiterzuentwickeln.
Das klingt erst einmal logisch, und ich glaube, es ist auch bedenkenswert, in der Zukunft tatsächlich mal eine wissenschaftliche Evaluation auf den Weg zu bringen. Das sollte man aber dann machen, wenn auch alle Schulen dieser Schulform einen Abschlussjahrgang gehabt haben. Zurzeit ist das noch nicht der Fall.
Danach, nach Punkt 1, stellen Sie aber zehn mehr oder weniger konkrete Forderungen an die Landesregierung, wie diese Schulform weiterzuentwickeln sei. - Was denn nun? Sie wollen erst eine Evaluation, um dann auf Basis der Ergebnisse die Schulform zu entwickeln, aber gleichzeitig wissen Sie offenbar schon, was dabei herauskommt, und fordern, wie diese Schulform weiterzuentwickeln sei. Dieser Widerspruch allein begründet schon,
Vor allem finde ich es immer interessant, wenn Sie uns in diesem Zusammenhang ideologiegeleitetes Handeln vorwerfen; aber dazu später mehr.
Sie haben in Ihrer Regierungszeit zunächst das Hohelied auf die Dreigliedrigkeit gesungen. Sie haben versucht, die Hauptschulen zu stärken, indem Sie Mittel aus dem Konjunkturprogramm bereitgestellt haben. Sie haben aus ideologischen Gründen die Errichtung weiterer Gesamtschulen damals verboten - im Übrigen ohne jemals eine wissenschaftliche Evaluation der Gesamtschulen auf den Weg zu bringen. Und Sie werfen uns ideologiegeleitetes Handeln vor? - Meine sehr verehrten Damen und Herren, das kann doch wohl nicht wahr sein!
Sie mussten aber auch erkennen, dass Sie den Trend nicht aufhalten konnten. Die Entwicklung der Schülerzahlen war in Niedersachsen landauf, landab eindeutig. Beliebt waren Gymnasium und Gesamtschule, die Realschule fiel demgegenüber deutlich ab, und an letzter Stelle lag die Hauptschule, die - diese Begrifflichkeit wurde vor einigen Jahren geprägt - zur Restschule verkommen war. Ich finde diese Begrifflichkeit hässlich. Sie wird den Schülerinnen und Schülern der Hauptschule und vor allen Dingen den engagierten Lehrkräften, die an Hauptschulen unter schwierigen Bedingungen arbeiten, nicht gerecht.
Aber die Schülerzahlen sprachen nun einmal eine eindeutige Sprache. Auf diese Entwicklung haben Sie reagiert. Sie haben mit heißer Nadel eine Schulform gestrickt, die nicht „Gesamtschule“ heißen durfte, aber dem Umstand gerecht wurde, dass die Eltern Schulformen wollen, die mehrere Bildungsabschlüsse unter einem Dach ermöglichen.
Lieber Kollege Försterling, ich teile ausdrücklich Ihre Einschätzung und die des Kollegen Seefried, dass sich die Oberschulen mittlerweile bewährt haben. Da gibt es überhaupt keinen Widerspruch. Wir von den Fraktionen der SPD und der Grünen haben auch im Ausschuss immer wieder deutlich
gemacht, dass wir überhaupt gar kein Interesse daran haben, die Oberschulen zu schwächen. Die Oberschulen haben sich bewährt. Sie sind insbesondere im ländlichen Raum wichtig für die Schulträger, um beispielsweise Schulstandorte zu erhalten, die sonst bedroht wären. Das ist völlig klar!
Sie haben den Schulträgern mehr Flexibilität gegeben, und das entspricht unserem Verständnis und vor allem auch dem der Kultusministerin Heiligenstadt, die immer wieder sagt, was die Schulträger angeht, handeln wir nach dem Motto „Ermöglichen, statt verordnen“.
So gibt es im ländlichen Raum etliche Oberschulen - insgesamt sind es ungefähr 100 - mit einer Mindestgröße von zwei Zügen. Wie gesagt, das sind Schulstandorte, die andernfalls wahrscheinlich vielfach nicht mehr vorhanden wären.
In den großen Städten im Umfeld von Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen, die gut erreichbar sind, spielen die Oberschulen dagegen eher eine untergeordnete oder, wie in meiner Heimatstadt Braunschweig, gar keine Rolle.
Ich will auf die eingangs angesprochenen zehn Forderungen aus dem Antrag eingehen. Sie lassen sich aus meiner Sicht in drei Kategorien einteilen. Zum einen gibt es die Kategorie der Forderungen, die bereits geltender Erlasslage entsprechen und damit überflüssig sind. Das gilt für den Unterricht in Französisch als zweite Fremdsprache oder den Profilunterricht ab Jahrgang 9, den Sie flexibilisieren wollen. Das ist bereits geschehen und muss deshalb nicht mehr in einem Antrag gefordert werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Sie fordern, die didaktische Leitung unabhängig von der Schulgröße zu installieren. Das ist die zweite Kategorie: Sie fordern eine einseitige Besserstellung der Oberschule als Schulform. Wir wollen die Oberschule nicht benachteiligen, wir wollen sie aber auch nicht einseitig besserstellen. Von daher gilt, was die didaktische Leitung angeht, für die Oberschule genau das Gleiche wie für Haupt- und Realschulen.
Und die dritte Kategorie Ihrer Forderungen ist aus unserer Sicht aus pädagogischen Gründen abzulehnen, wie z. B. die Forderung nach eigenen Förderschulklassen im Bereich Lernen unter dem Dach der Oberschule oder die Einrichtung eigener L-Kurse neben den G-, E- und Z-Kursen an der Oberschule.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, hieran wird wieder eines deutlich: Die Inklusion im Schulbereich - das vorweg geschickt - stellt uns, stellt vor allem die Lehrkräfte und stellt mitunter auch die Schülerinnen und Schüler vor große Herausforderungen. Das ist völlig unbestritten. Wir müssen alles dafür tun, die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Inklusion gut umgesetzt werden kann. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, was Sie fordern - eigene L-Klassen unter dem Dach der Oberschule -, ist keine Inklusion. Das muss man hier mal feststellen. Das ist keine Inklusion.
In allen Ihren Anträgen, die Sie zu diesem Thema stellen, in allen Reden, die der Kollege Försterling oder der Kollege Seefried zu diesem Thema halten, ist immer wieder festzustellen: Was Sie fordern, bedeutet, dass wir hinter das zurückfallen, was Sie selber einmal im Jahr 2012 mitbeschlossen haben. Das ist mit uns nicht zu machen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Inklusion ist nun einmal die gemeinsame Beschulung - nicht nur unter einem Dach, sondern in einer Klasse, in einer Lerngruppe - von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderung. Das wollen wir umsetzten, das müssen wir umsetzen. Alles andere, was Sie fordern, ist Exklusion. Das machen wir nicht mit, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Vielen Dank, Herr Kollege Bratmann. - Für die Landesregierung erteile ich jetzt Frau Kultusministerin Heiligenstadt das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Oberschule hat sich als Schulform mit mehreren Bildungsgängen in Niedersachsen fest etabliert. Durch sie werden die Stärken der einzelnen Schulformen im Sekundarbereich I zusammengeführt und gut herausgearbeitet, z. B. bei der Berufsorientierung, oder aber auch neue Stärken durch die Organisationsmöglichkeiten der Oberschule entwickelt. Zum Beispiel denke ich da an die Möglichkeit des längeren gemeinsamen Lernens im jahr
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben im Rahmen der Anhörung zur Änderung der Grundsatzerlasse für die Hauptschule, die Realschule und die Oberschule viele Hinweise, Anregungen und Wünsche von Eltern- und Lehrerverbänden und auch von anderen Organisationen und Verbänden bekommen, die wir gerne aufnehmen.
So sollen beispielsweise die Gestaltungsmöglichkeiten der Schulen in vielen Bereichen erweitert werden. Ich verweise hier z. B. auf den Profilunterricht im jahrgangsbezogenen Unterricht, an dem im Schuljahrgang 9 auch Schülerinnen und Schüler mit berufspraktischem Schwerpunkt teilnehmen können. Weiter verweise ich auf die Möglichkeit, die klasseninterne Differenzierung in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik sowie in den Fächern Chemie und Physik auszuweiten. Und ich nenne die Möglichkeit des Ersatzes einer schriftlichen Lernkontrolle in Fremdsprachen durch eine Sprechprüfung.
Bewährtes, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie die zweite Fremdsprache Französisch, ist unverändert geblieben. Im Übrigen stand diese zweite Fremdsprache - anders, als der Entschließungsantrag der CDU suggeriert - auch nie zur Disposition.
Grundlage für die Überarbeitung der Grundsatzerlasse sind immer die Vorgaben des Schulgesetzes; denn auch hier werden Aussagen über die Organisationsform getroffen. Der § 10 a des Schulgesetzes, in dem die Organisationsform der Oberschule geregelt ist, ist auch im Rahmen der Schulgesetznovelle nicht verändert worden. Den Oberschulen ist damit ihre Gestaltungsmöglichkeit erhalten geblieben. Es ist nicht so, wie Sie, die Kollegen der Opposition von CDU und FDP, behaupten, dass wir die Gestaltungsmöglichkeiten einschränken. Das ist schlicht und ergreifend eine Falschbehauptung. Wir erweitern die Gestaltungsmöglichkeiten für die Oberschule, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Im Schulgesetz ist im Übrigen auch geregelt, wer über die Einrichtung eines gymnasialen Angebots an Oberschulen zu entscheiden hat. Hier ist es genauso wenig beabsichtigt, Änderungen herbeizuführen, wie bei der Frage der Umsetzung der Inklusion in Schulen, wie das alles gerade in Ihren Wortbeiträgen suggeriert wurde.