dem auch Sie, Herr Becker, gesprochen haben und der dann, wenn die Sonne scheint und der Wind weht, über die Maßen produziert wird, zu transportieren und zu speichern. Wir haben unseren Antrag betreffend „Power-to-Gas“ fördern eingebracht, um diese Technologie voranzubringen.
Sie haben dann sozusagen die ganz große Diskussion aufgemacht und zum Thema Energiewende alles, was man sich ausdenken und zur Sprache bringen kann, in einen großen Topf getan, haben das dreimal kräftig umgerührt und haben letztendlich nicht einen Antrag zu diesem spezifischen Thema formuliert, sondern in Ihrem Antrag über die Förderung von zusätzlichen Stromerzeugungskapazitäten gesprochen.
Ich sage Ihnen ganz ausdrücklich: Man kann doch unterschiedlicher Auffassung sein, wenn es um die Frage geht, ob man zusätzliche Stromerzeugungskapazitäten aus erneuerbaren Energien benötigt oder nicht. Trotzdem kann man einen Konsens darüber finden, dass es in Niedersachsen des Jahres 2017 erforderlich ist, insbesondere bei den Themen Speicherung und Transport zusammenzufinden. Ich verstehe nicht, warum Sie hier immer alles miteinander vermengen müssen, Herr Kollege Becker.
Ich sage Ihnen ganz ausdrücklich: Natürlich können wir bei verschiedenen Punkten nicht mitgehen. Wenn Sie z. B. fordern, regionale Ausnahmen beim EEG ausdrücklich zurückzudrehen und den Menschen noch mehr Propeller in den Vorgarten zu stellen, dann wissen Sie ganz genau - wahrscheinlich auch ganz bewusst -, dass wir bei diesem Punkt nicht mitgehen können. Wenn Sie Schlupflöcher für vorgesehene Ausbaugrenzen schaffen wollen, dann wissen Sie, dass wir bei diesem Punkt nicht mitmachen können. Ich glaube, dass das, was Sie gerade bei den Punkten 3, 4 und 5 formuliert haben, Klientelpolitik reinsten Wassers für die Windenergie ist, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und das können wir nicht unterstützen.
Da Sie, Herr Kollege Becker, oder gern auch die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen mit so moralinsaurem Gesicht so trefflich davon sprechen, dass es doch ein Gemeinschaftsprojekt wäre, dass man gemeinsame Lösungen finden müsste und dass man parteiübergreifend zusammenarbeiten müsste,
möchte ich, Herr Kollege Bajus, an Sie einfach einmal appellieren, sich die Mühe zu machen, solche Entscheidungsfindungsprozesse und einzelne Elemente eines Antrages abzuschichten. Ich sage es Ihnen ganz ausdrücklich: Bei den Punkten 1, 2 und 6 Ihres Antrags hätte ich sofort mitgemacht und hätte sie unterschrieben. Bei den Themen Speicherung und Transport hätten wir einen fraktionsübergreifenden Konsens erzielt.
(Volker Bajus [GRÜNE]: Sie haben ja nicht einmal gefragt! Das ist das erste Mal, dass Sie das sagen!)
Weil Sie das aber gar nicht wollen, haben Sie Themen wie z. B. Stromerzeugung in Ihren Antrag mit hineinformuliert. Das wird dazu führen, dass Sie diesen Antrag heute wieder nur mit Ihrer Einstimmenmehrheit verabschieden werden. Das ist traurig.
Ich sage Ihnen eines: Hören Sie auf, davon zu sprechen, die Energiewende sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zu der jeder seinen Beitrag zu leisten hätte, wenn Sie überhaupt kein Interesse daran haben, dass es hier in diesem Hohen Hause tatsächlich zu gemeinsamen Beschlussfassungen über solche Themen kommt!
Vielen Dank, Herr Dr. Hocker. - Nun hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Bajus. Bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! An einem Punkt gibt es in diesem Haus offensichtlich keinen Zweifel: Niedersachsen ist das Land der erneuerbaren Energien Nummer eins. Hier ist die Energiewende zu Hause. Das ist nicht nur so, weil für uns als Küsten- und Agrarland der Klimaschutz eine Existenzfrage ist. Das ist nicht nur so, weil wir wegen Gorleben, Schacht Konrad, der Asse und den alten AKWs wissen, welchen hochriskanten Wahnsinn die Atomenergie mit sich bringt. Und das ist nicht nur so, weil wir als Erdöl- und Erdgasregion wissen, was Erdbeben,
Lagerstättenwasser, Verpressung und Frackingrisiken bedeuten. Wir sind auch deswegen das Land der Energiewende, weil wir darin eine Riesenchance sehen, und zwar umweltpolitisch wie industrie- und wirtschaftspolitisch.
Die Energiewende, die erneuerbaren Energien sind eben nicht nur klimapolitisch das Gebot der Stunde, sondern auch Innovationsmotor und Zukunftsperspektive für unser Land, für unsere Wirtschaft, ja, für die Menschen. Die neuen Energietechnologien sind zentrale Zukunftsbranche: 60 000 Arbeitsplätze im Bereich der Erneuerbaren allein in Niedersachsen - Tendenz steigend.
Meine Damen und Herren, und genau dafür steht Rot-Grün. Wir wollen, dass diese Erfolgsgeschichte weitergeht. Dazu gehört aber weit mehr, als nur die Produktion von Ökostrom aus Wind, Sonne, Biogas und Wasser. Dazu müssen wir endlich auch bei den Themen Speicherung und Energiesteuerung weiterkommen und dazu die Sektorkopplung, also die intelligente Verknüpfung der Bereiche Strom, Wärme, Verkehr und Industrieprozesse, weiter vorantreiben. Hier humpelt der Bund mit seiner Politik leider weiter hinterher.
Wir brauchen endlich mehr Wissen, mehr Forschung und mehr Pilotprojekte genau in diesen Bereichen. Und darüber reden wir - auch heute hier in diesem Parlament. Hierzu macht Niedersachsen schon sehr viel. Wir können aber mehr! Die Idee mit dem Pilotprojekt Nordseeinsel haben wir im Ausschuss gerne aufgenommen und konstruktiv diskutiert. Dafür an dieser Stelle schon mal vielen Dank an alle Mitglieder!
Nirgendwo in Niedersachsen ist die Bedrohung durch den Klimawandel letztlich realer und existentieller als auf unseren Inseln. Auch wenn wir alle uns über die angenehmen Märztemperaturen freuen. Sie erinnern uns aber wieder einmal daran, dass auch dies ein Monat mit neuen Wärmerekorden war; wieder ein Beleg, wie weit die Klimaerwärmung schon fortgeschritten ist.
Insofern ist das Thema Klimaschutz gerade auf unseren Inseln schon lange verankert und täglich präsent. Pilotprojekte zur Energiewende bieten sich angesichts der vielen Besucherzahlen zu Zwecken der Demonstration und Information ja geradezu an. Zudem liegen die Inseln in einer Region, die bereits heute - Herr Becker hat das gut beschrieben - weit mehr Ökostrom produziert, als
dort verbraucht wird. Hier jetzt eine Ökoenergievollversorgung auf den Weg zu bringen, ist eine technisch und organisatorisch anspruchsvolle und äußert spannende Aufgabe.
Allerdings - ich kann nicht verstehen, warum wir uns darüber mit der CDU am Ende nicht einigen konnten -: Als Modell eignen sich die Inseln nicht; denn die Bedingungen dort - ohne produzierendes Gewerbe, ohne Industrie und stattdessen mit sehr viel Tourismus - sind eben sehr spezifisch und nicht auf den Rest des Landes übertragbar, es sei denn, der CDU-Antrag zielt wirklich auf die Deindustrialisierung Niedersachsens. Allein ich will es nicht glauben.
Im Ernst: Modell - das macht nicht wirklich Sinn. Aber Pilotregion - Her Bäumer, da sind wir doch zusammen -, also Pionier- und Testregion, auf jeden Fall. Ich bin froh, dass wir als Landtag uns insgesamt dahinter versammeln können.
Vor gut 20 Jahren hieß es in einer Werbekampagne der Atom- und Kohlestromerzeuger - ich zitiere -: Sonne, Wasser oder Wind können auch langfristig nicht mehr als 4 % unseres Strombedarfs decken. - Wir Grüne haben dieser Lügen-PR schon damals nicht geglaubt, andere leider schon, z. B. die damalige Umweltministerin Angela Merkel, dummerweise aber auch die Stromkonzerne, die auf ihre eigene PR-Abteilung hereingefallen sind und nicht auf die neue Ökoenergie gesetzt haben, sondern auf die alte fossile Technik. Sie wollten die Wende der Energietechnik nicht wahrhaben mit dem Ergebnis, dass heute alle am finanziellen Abgrund stehen. Die Energiewende, den Trend zu Einsparung, Effizienz und Ökoenergie, haben sie komplett verpennt.
Inzwischen hat die Ökostromproduktion die 4 % schon recht lange hinter sich gelassen. Rund ein Drittel beträgt die Erzeugung bundesweit, in Niedersachsen sind wir auf dem Weg zu 50%. Und? - Das Licht geht nicht etwa aus, sondern Deutschland exportiert sogar noch Strom - seit Fukushima und der Abschaltung von acht Atomkraftwerken übrigens so viel wie nie.
Doch es geht eben nicht allein um den Ökostromausbau. Diese Erfolgsgeschichte muss weitergehen, aber nicht ohne die anderen wichtigen Themen. Wir haben keine Zeit zu verlieren und dürfen nicht - wie jetzt in der Autoindustrie wieder festgestellt - einen neuen Technologiepfad vertrödeln.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege, bevor Sie sich weiter in Rage reden, habe ich eine Frage: Können Sie mir sagen, wer das Stromeinspeisegesetz wann auf den Weg gebracht hat?
Das erste Stromeinspeisegesetz von 1992, wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe: Das war die Regierung Kohl.
Aber die richtige Dynamik ist mit dem ErneuerbareEnergien-Gesetz von der rot-grünen Koalition im Bund auf den Weg gebracht worden. Erst seitdem reden wir über relevante Zahlen. Erst seitdem haben wir diese 4-%-Hürde überschritten. Und erst seitdem - das wissen auch Sie - reden wir hier über eine Branche, die wirklich auf dem Weg nach vorn ist.
Ich will doch gar nicht bestreiten, dass auch Sie daran Anteile haben. Wenn Sie sich aber auf 25 Jahre alten Erfolgen ausruhen und seitdem nichts dazugelernt haben, Herr Thiele, dann tut es mir leid. Das ist nicht unsere Verantwortung. Strengen Sie sich selber an, haben Sie selber Ideen, und bringen Sie das Land einmal nach vorn! Nur den Verweis auf die kleinen „Erfölgchen“ von vorgestern haben Sie eigentlich nicht nötig. Da könnten Sie eigentlich mehr. Versuchen Sie es doch einfach mal!
Meine Damen und Herren, wir müssen endlich den nächsten großen Schritt in der Energiewende gehen. Das sind die Themen Speicher, die intelligente Steuerung von Angebot und Nachfrage, und das ist die Flexibilisierung. Mit der Koppelung des Strom-, Wärme- und des Mobilitätssektors können die Kosten für das Netzmanagement endlich sinken, weil z. B. die nicht nachvollziehbaren, für viele Leute Kopfschütteln erzeugenden RedispatchMaßnahmen, also die Windkraftabschaltung, überflüssig würden. Zudem stabilisiert eine erfolgreiche Sektorkoppelung die Stromnetze. Instrumente dafür können sowohl die intelligente Steuerung von Energieangeboten und Nachfrage als auch die Umwandlung und Speicherung von elektrischer Energie sein.
Herr Dr. Hocker, wir haben Ihnen das im Ausschuss ausführlich erklärt. Es geht eben nicht nur um „Power-to-Gas“. Es geht um alle Speichertechniken und um alle Technologien. Anders als Sie setzen wir nicht einseitig auf einen Technologiepfad, sondern uns geht es um die ganze Breite, um den Wettbewerb der besten Technologien, um hier nach vorn zu kommen.
Nötig sind dafür geeignete Preisanreize, damit z. B. das gezielte Aufladen von privat und öffentlich genutzten E-Fahrzeugen in Zeiten hoher Stromerzeugung endlich attraktiver wird.
Genau darum geht es auch beim Projekt enera im Nordwesten unseres Landes, wo sich über 70 Akteure zusammengetan haben, um zu zeigen: Ja, wir können Energiewende effizient und intelligent.
Und genau dafür steht unser Antrag, steht unsere rot-grüne Politik in Niedersachsen: Energiewende nur mit uns.