Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

(Johanne Modder [SPD]: Deswegen ist es aber nicht richtig!)

Das ist auch die Situation der Oberschulen in Niedersachsen.

Um noch einmal einige Zahlen zu nennen und auch die Bedeutung dieser Schulform für Niedersachsen deutlich zu machen: Wir haben in Niedersachsen mittlerweile 280 Oberschulen. Über 93 000 Schülerinnen und Schüler werden an den Oberschulen in Niedersachsen unterrichtet; das ist - nach den Gymnasien - die zweithöchste Anzahl von Schülerinnen und Schülern, die an einer Schulform unterrichtet werden.

Dementsprechend kann man heute schon sehr deutlich sagen - und das erst wenige Jahre nach Einführung der Oberschule -: Die Oberschule ist in Niedersachsen eine der beliebtesten Schulformen, und sie verdient Wertschätzung und Anerkennung für die dort geleistete Arbeit.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Da ich mit Blick auf die rot-grünen Fraktionen und auch mit Blick auf die erste Beratung im Plenum gleich wieder eine gewisse Unruhe verspüre, weil wir an dieser Stelle die Oberschule so hervorheben, will ich eines ganz deutlich betonen: Dass wir die Form der Oberschule in unserem Entschließungsantrag so hervorheben, das heißt eben nicht, dass wir andere Schulformen schlechterstellen wollen, dass wir sie missachten.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Aber es ist doch eben auch wichtig, dass wir neben einem starken Abitur, neben starken Gymnasien, neben Gesamtschulen, neben Haupt- und Realschulen, neben der beruflichen Bildung auch diese Schulform in den Mittelpunkt dieses Parlamentes stellen und diese Schulform nicht so alleinlassen, wie Rot und Grün das in ihrer Regierungsverantwortung bisher getan haben.

(Beifall bei der CDU)

Nicht ohne Grund betonen wir diese Schulform in unserem Entschließungsantrag so: Die Oberschule hat eine ganz besondere Aufgabe in Niedersachsen. Im Unterschied zu anderen Schulformen, die in unserem Land lange gewachsen sind, die sich entwickelt haben, die ihre eigenen Strukturen und teilweise eine fast jahrhundertelange Tradition

haben, ist die Oberschule in Niedersachsen immer noch ein ganz junges System, eine ganz neue Schulform, die so erst 2012 in Niedersachsen auf den Weg gebracht wurde. Sie hat auch mit ganz besonderen Herausforderungen vor Ort zu tun. Die Oberschule ist gerade im ländlichen Raum Niedersachsens das Schulangebot, das in den Kommunen, in den Gemeinden flächendeckend vorhanden ist und eine wohnortnahe Unterrichtungsversorgung und eine entsprechende Bildung vor Ort gewährleistet. Eine Oberschule bündelt die Angebote, die früher in Haupt- und Realschulen vorgehalten worden sind. Sie meistert durch ihre Wohnortnähe ganz viele zusätzliche Aufgaben - ob es die Inklusion ist, ob es die Sprachförderung und die Integration von Flüchtlingen ist.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Glauben Sie, dass das auf Gesamt- schulen nicht zutrifft?)

Es ist an keiner anderen Schulform eine solche Aufgabenbreite vorhanden, wie sie an den Oberschulen in Niedersachsen vorhanden ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Unruhe)

Herr Seefried, ich möchte Ihnen die nötige Ruhe verschaffen. - Es ist zu viel Unruhe im Parlament. Ich sehe die Gesprächsgruppen. Wenn Sie das bitte einstellen wollen! Wenn Sie dringenden Gesprächsbedarf haben, dann sprechen Sie bitte vor der Tür! Hier redet jetzt Herr Seefried und nicht die Kolleginnen und Kollegen im Saal. Wir setzen fort, wenn wirklich Ruhe ist. - So, Herr Seefried, bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident. - „Ruhe“ ist tatsächlich ein gutes Stichwort. Was ich gerade beschrieben habe, was an Herausforderungen in den Oberschulen gemeistert wird, das meistern diese Oberschulen tatsächlich in großer Ruhe - nahezu geräuschlos. Da wird nicht immer nur gerufen: Wir müssen dieses und jenes neu gestalten! Wie könnt ihr uns am besten helfen? - Ich möchte deutlich betonen, dass gerade das System der Oberschule durch die hohe Flexibilität, die wir diesem System gegeben haben, alle diese Herausforderungen nahezu geräuschlos bewältigt. Dafür gebührt unseren Lehrerinnen und Lehrern, gerade auch an dieser Schulform, ein besonderer Dank.

(Beifall bei der CDU - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Sie wollen doch gerade diese Flexibilität einschrän- ken!)

Die Rahmenbedingungen - insbesondere gesetzt durch die Unterrichtsversorgung - werden für alle Schulen in Niedersachsen, auch für die Oberschule, immer schlechter. Dieses Thema diskutieren wir hier im Parlament nun dauerhaft in den letzten vier Jahren. Die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen ist im vierten Jahr in Folge weiter abgesunken. Wir haben derzeit die schlechteste Unterrichtsversorgung in Niedersachsen seit 15 Jahren.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Wer hätte denn die Lehrer ausbilden müs- sen, die jetzt fehlen?)

Während die Unterrichtsversorgung im Durchschnitt aller Schulformen - diese Zahl ist schon ein Zeichen der Bankrotterklärung - bei 98,9 % liegt, liegt sie bei den Oberschulen bei 95,9 % und damit 3 % unter dem Landesdurchschnitt. Wer ein wenig Ahnung von der Praxis hat, kann sich vorstellen, was in den Schulen los ist.

Diese 95,9 % sind aber auch trügerisch, wenn wir uns die Schulen im Einzelnen anschauen. Ich betone auch hier noch einmal: Das sind die Daten und die Zahlen, die diese Landesregierung uns selber mit dem Schuljahresbeginn des letzten Jahres zur Verfügung gestellt hat. Die Oberschule an der Ellerbäke in Oldenburg liegt bei 75,9 % Unterrichtsversorgung. Die Oberschule Lastrup liegt bei 79,2 % Unterrichtsversorgung. Die Oberschule Dorum liegt bei 82,4 % Unterrichtsversorgung.

(Astrid Vockert [CDU]: Unverschämt- heit!)

Wie soll unter diesen Bedingungen noch gute Bildung möglich sein? - Die Liste ließe sich weiter fortsetzen. Die Oberschule ist die Schulform, die von dieser Landesregierung vernachlässigt wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Sie haben es verpasst, die Lehrer auszu- bilden!)

Genauso wie die Landesregierung die Oberschule vernachlässigt, so haben sich die regierungstragenden Fraktionen mit unserem Entschließungsantrag befasst. Während in der ersten Beratung noch gesagt worden ist, man müsse sich damit einmal auseinandersetzen, und im Kultusausschuss sogar gesagt worden ist, man könne gegebenenfalls noch einen eigenen Änderungsantrag einbringen, können wir nun einfach nur festhalten: Rot-Grün

hat sich inhaltlich mit diesem Antrag überhaupt nicht befasst, auch nicht in der Beratung im Kultusausschuss.

Ich möchte Sie alle auffordern: Gehen Sie doch endlich einmal selber in die Schulen! Gehen Sie endlich einmal vor Ort in den Unterricht!

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Es ist unverschämt, dass Sie uns immer wieder vorwerfen, dass wir das nicht tun! - Anja Piel [GRÜNE]: Kommen Sie doch mal von Ihrem hohen Ross herunter!)

Schauen Sie sich die Situation vor Ort an, wie es aussieht bei der Inklusion, wie es aussieht bei der Integration von Flüchtlingen, wie es aussieht mit der Unterrichtungsversorgung! Malen Sie nicht immer wieder hier im Parlament die Gesamtsituation in rosaroten Farben, so wie gerade auch Ihre Fraktion das tut, Frau Piel!

(Beifall bei der CDU)

Zu den größten Aufgaben in der Bildung insgesamt gehört derzeit mit Sicherheit die Umsetzung der Inklusion. Auch hier kann ich wieder nur dazu aufrufen: Schauen Sie sich die Realität in unseren Schulen an! Unsere Gesellschaft verändert sich, auch unsere Schülerschaft verändert sich, gerade auch die Förderbedarfe im Bereich emotionalsoziale Entwicklung nehmen deutlich zu. Die Schulen stehen heute vor ganz anderen Aufgaben, aber ihnen werden nicht die nötigen Instrumente gegeben, um mit diesen zusätzlichen Aufgaben umzugehen.

Stattdessen findet weiterhin das Auslaufen der Förderschule Lernen statt und wird durch die jetzige Landesregierung sogar noch weiter forciert, indem zum Schuljahresbeginn dieses Jahr nach den Sommerferien auch in dem Jahrgang 5 in den Förderschulen Lernen keine Schülerinnen und Schüler mehr eingeschult werden können. Die Belastung verschiebt sich auf andere Schulen, die nicht entsprechend darauf vorbereitet sind.

Wir brauchen einen ganzen Strauß an Maßnahmen, die wir den Schulen jetzt zur Verfügung stellen müssen. Deswegen fordern wir in unserem Entschließungsantrag die Möglichkeit, eigene Lerngruppen bilden zu können oder auch Förderklassen Lernen an den Oberschulen - aber auch im Sek-1-Bereich insgesamt - einrichten zu können, damit die Förderung auch bei den Kindern ankommt, die sie benötigen.

Rot-Grün hat im Kultusausschuss gesagt, unsere Ideen seien rückwärtsgewandt oder damit verstießen wir gegen die Philosophie, die hinter der rotgrünen Bildungspolitik steht. Aber wenn Sie genauso weitermachen, wie das bisher der Fall ist, und den Schulen keine flexiblen Handlungsmöglichkeiten geben, gefährden Sie die Umsetzung der Inklusion, dann ist die Umsetzung der Inklusion in Niedersachsen gefährdet.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Sie engen doch die Handlungsmöglichkei- ten mit diesen Maßnahmen ein!)

Und das Schlimmste dabei ist: Sie werden vor allen Dingen den Kindern nicht gerecht; denn um die muss es an allererster Stelle gehen.

(Beifall bei der CDU - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Da sind wir uns einig!)

Wegen all der Herausforderungen, die ich aufgezählt habe, und der immer schlechter werdenden Rahmenbedingungen brauchen unsere Schulen - das gilt nicht nur für die Oberschule - deutlich mehr Unterstützung, mehr Entlastung, die pädagogisch im Unterricht Unterstützung gibt - einen deutlichen Ausbau der Schulsozialarbeit. Da kann man an dieser Stelle wieder feststellen, dass diese Landesregierung in Sachen Sozialarbeit nichts tut, außer darüber zu reden.

(Renate Geuter [SPD]: Und was ha- ben Sie gemacht?)

Wir haben heute - auch mit Ihren Umstellungen - kein Mehr an Schulsozialarbeit in den Schulen. Da findet nicht mehr statt als auch vorher stattgefunden hat.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Und Sie ha- ben gehandelt?)

Nehmen Sie die Hannoversche Allgemeine Zeitung von gestern! Dort wird über die Situation in Hannover berichtet, dass die Stadt jetzt sagt: Wir müssen mit dem, was zur Verfügung steht, einen Pool bilden, um die Schulen dann irgendwie gerechter zu versorgen.

Nun noch zu dem Vorwurf, wir hätten nichts getan: Wir haben das Hauptschulprofilierungsprogramm gemacht, wir haben die Schulsozialarbeit an Oberschulen ausgebaut.

(Johanne Modder [SPD]: Aber nicht weiterfinanziert!)

Und heute, Frau Modder, ist nicht ein Schulsozialarbeiter mehr in den Schulen, als es zu unserer Zeit der Fall gewesen ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Gerd Ludwig Will [SPD]: Unseriös!)

Ein weiteres Instrument wäre die Einbindung von pädagogischen Mitarbeitern in den Schulen. Die Regierung stellt sich hin und sagt: Der Lehrermarkt ist leer, wir finden keine Lehrer mehr. - Dazu sage ich, man müsste auch mal konsequent ausschreiben, dann wäre die Situation eine andere.

Wenn hier gesagt wird, dass der Lehrermarkt leer ist, dann kann ich nur sagen: Gebt den Schulen doch zusätzliche Möglichkeiten zur Unterstützung: Pädagogische Mitarbeiter in den Oberschulen, in den Sek.-I-Schulen, der Einsatz von multiprofessionellen Teams - das wären Entlastungsmöglichkeiten! Ich höre hier immer nur den Begriff „multiprofessionelle Teams“ - das hört sich toll an -, aber gemacht wird nichts an dieser Stelle.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weiter geht es mit der Entlastung der Schulleitungen, die alle diese Aufgaben bewerkstelligen müssen. Wir fordern in unserem Entschließungsantrag eine didaktische Leitung an allen Oberschulen - unabhängig von der Größe -

(Zustimmung bei der CDU)